Spanien verbietet Riesenfarmen: Ein Schritt gegen Massentierhaltung
In Spanien dürfen Agrarbetriebe künftig höchstens 850 Milchkühe haben. Das hilft Klima- und Umweltschutz – und bedeutet das Aus für eine Riesenfarm.
Pérez lebt als Bauer vom Getreideanbau und ist Sprecher einer Bürgerinitiative, die gegen die sogenannten Macrogranjas – zu Deutsch: Riesenfarmen – kämpft. Sein Heimatort Noviercas in der zentralspanischen Provinz Soria ist Synonym für Tierhaltung ohne Grenzen. Das Gesetz „stärkt die kleinen und mittleren Landwirte und schützt die Umwelt“, so glaubt Pérez.
In Noviercas sollte eine Macrogranja mit 23.520 Kühen auf einer Fläche etwas größer als die Hälfte des Berliner Tiergartens entstehen. Es wäre die größte in Europa und die Nummer 5 weltweit gewesen. Die Gegner fürchten um Natur, Wasser und Luft, kurz: um ihre Zukunft.
„Jetzt kann der Betrieb nicht gebaut werden“, sagt Pérez. Denn alle Projekte, die nicht bereits im April 2022 sämtliche Baugenehmigungen beisammenhatten, fallen unter das neue Gesetz. Auch der Ausbau bestehender Großbetriebe ist künftig nicht mehr möglich. Aktuell betriebene größere Massentierhaltungen dürfen weitermachen, sollen künftig aber strengeren Kontrollen unterliegen.
Zu hohe Obergrenze
Weitere Erklärungen will Pérez aber nicht abgeben. Das Thema Massentierhaltung hat im 156-Seelen-Ort Noviercas für zu viel Ärger zwischen den Gegnern und denen, die ihr Land an das Projekt verkauft haben, gesorgt.
Das neue Gesetz sieht vor, dass maximal 850 sogenannte große Viehzuchteinheiten in einem Betrieb gehalten werden dürfen. Eine Milchkuh oder ein ausgewachsener Bulle sind jeweils eine Einheit. Bei Mastkälbern ist das je nach Alter unterschiedlich. So gelten ganz junge Kälber nur als 0,4, schlachtreife Kälber als 0,7 Einheit.
Für Luis Ferreirim, Viehzuchtspezialist bei Greenpeace Spanien, ist das neue Gesetz „ein klares Signal“, aber er sieht dennoch einen „weiten Weg zu einem wirklich nachhaltigen und klein- und mittelgroßen Tierhaltungsmodell“. Greenpeace und die Vereinigung kleiner und mittlerer Landwirte (COAG) hatten eine Begrenzung auf die maximale Kapazität von 180 Einheiten gefordert.
Außer den zu hohen Obergrenzen macht Ferreirim eine Lücke im Gesetz aus. „Es geht nicht auf die Gesamtbelastung einer Region ein“, sagt er. 25 Betriebe mit jeweils 850 Einheiten ergäben zusammen auch ein Volumen ähnlich dem gestoppten Großbetrieb in Noviercas. Dieser habe jährlich 574.200 Tonnen CO2 ausgestoßen, so viel wie 122.000 Autos. „Wir brauchen weniger Tiere und nicht ständig mehr“, sagt Ferreirim.
In Spanien werden jährlich rund 900 Millionen Tiere geschlachtet, 58 Millionen davon sind Schweine, aber auch Kaninchen, Hähnchen, Lämmer und Kühe werden getötet. 66 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche dienen der Produktion von Tierfutter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen