piwik no script img

Spahn und die MaskenaffäreMehr Fragen als zuvor

In der Maskenaffäre sorgt die Vorladung von Sonderermittlerin Margarete Sudhof für wenig Aufklärung. Linke und Grüne fordern weiterhin einen Untersuchungsausschuss.

Bedingt sprechbefugt: Sonderermittlerin Sudhof musste bei ihrer Befragung ihre Antworten schwärzen

Die Sonderbeauftragte Margarete Sudhof (SPD) hat am Dienstag im Haushaltsausschuss zur Maskenaffäre ausgesagt. Nach knapp zwei Stunden vertraulicher Sitzung sehen Grüne und Linke weiter Aufklärungsbedarf. „Wir sind heute nicht fertig geworden – es gibt mehr offene als beantwortete Fragen“, sagte Haushaltspolitikerin Paula Piechotta (Grüne). Die Befragung Sudhofs habe „nicht ausgereicht“, erklärte auch Linken-Chefin Ines Schwerdtner. Ende Juli will der Haushaltsausschuss Sudhof erneut befragen.

Grüne und Linke hatten Sudhof eingeladen, um sie zu ihrem Untersuchungsbericht zu befragen. Darin hatte sie Unionsfraktionschef Jens Spahn schwere Vorwürfe gemacht. Als Gesundheitsminister habe er während der Coronapandemie die Abnahme von Masken zu überhöhten Preisen zugesagt, Überbeschaffung verursacht und dafür gesorgt, dass bestimmte Unternehmen bevorteilt wurden. Später habe er auf Schadenersatz verzichtet. Dabei entstanden Milliardenschäden, teilweise streitet der Bund noch heute mit Maskenhändlern vor Gericht.

Spahns Parteikollegin, Gesundheitsministerin Nina Warken, hatte den Bericht mit Schwärzungen an den Ausschuss gegeben. Ende letzter Woche wurde dann der gesamte Bericht bekannt: Das Ministerium hatte auch Fußnoten zensiert, die zeigten, dass Spahn persönlich in Entscheidungen zur überteuerten Beschaffung verwickelt war.

Das sagt auch schon wieder viel darüber, wie offen und transparent die Union bei diesem Thema mit der Öffentlichkeit kommunizieren möchte

Paula Piechotta, Grüne

Sudhof selbst erklärte am Dienstag vor der Sitzung, das Gesundheitsministerium habe ihr „keine vollständige Aussageerlaubnis“ erteilt, auch öffentlich dürfe sie nicht sprechen. Ihre Aussage im Haushaltssausschuss war ebenfalls vertraulich. „Das sagt auch schon wieder viel darüber, wie offen und transparent die Union bei diesem Thema mit der Öffentlichkeit kommunizieren möchte“, kommentierte Piechotta. Sudhofs Aussage stehe gegen die von Spahn und Warken – „und einer lügt.“

Die SPD könnte sich bald bewegen

Spahn, Warken und weitere Uni­ons­po­li­ti­ke­r*in­nen hatten Sudhof immer wieder angegriffen und behauptet, ihr Bericht sei „parteipolitisch motiviert“. Auch am Dienstag sah sich das Gesundheitsministerium berufen, Sudhof öffentlich zu widersprechen. Ihre Aussage, sie habe „keine unbeschränkte Aussagegenehmigung“, sei falsch, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Sudhof hätte im nichtöffentlichen Ausschuss vollumfänglich „zu den Themen ihres Berichts“ befragt werden und Auskunft geben können.

Weil der Bericht vom Ministerium aber weiterhin als Verschlusssache eingestuft wird, darf Sudhof sich öffentlich tatsächlich nicht äußern – auch nicht zu den Vorwürfen des Gesundheitsministeriums.

Linke und Grüne fordern weiterhin einen Untersuchungsausschuss, der Zeugen vorladen und sie unter Eid befragen könnte, auch Privatpersonen wie die Maskenhändler. Den beiden demokratischen Oppositionsparteien fehlen dazu jedoch neun Stimmen, weil sie mit der AfD nicht zusammenarbeiten wollen. Trotzdem werde ein Untersuchungsausschuss „von Tag zu Tag wahrscheinlicher“ sagte ­Piechotta. Auch die SPD sehe das so.

Bislang hat sich aber kei­n*e Ab­ge­ord­ne­te*r der SPD näher dazu erklärt. Offenbar will man die Regierung nicht gefährden. Schwarz-Rot plant stattdessen, eine Enquetekommission zum Thema Corona einzusetzen, schon am Donnerstag soll der Bundestag das beschließen. Eine solche Kommission hat weniger Rechte als ein Untersuchungsausschuss. Trotzdem werden wohl auch Grüne und Linke dafürstimmen, nicht zuletzt, weil es grundsätzlich um die Pandemie gehen soll.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • Nicht vergessen, der Staat sind wir Bürger und wenn unsere , von uns legitimieren Abgeordneten, Minister in Ministerein walten und schalten wie es ihnen gerade gefällt und sich nicht an vorgegebe Regularien / Richtlinien bei der Ausübung ihres Amtes halten, begehen sie Amtsmissbrauch ! Also ab dafür !

  • Da kann man nur hoffen, dass die Linken und die Grünen standhaft bleiben wenn die Korrupten auf ihre Stimmen angewiesen sind.

    Und dann wird sich auch zeigen ob überhaupt noch eine Brandmauer existiert ...

  • Ich habe soeben die Berichterstattung der taz direkt zur Maskenaffäre verfolgt und fand den Beitrag sehr gut.

    Ich denke, dass das Aussmass des Schadens mit bis zu geschätzt 7 Mrd. € einzigartig hoch für einen Minister ausfällt.

    Weiterhin halte ich Minister Spahn CDU weitgehend persönlich verantwortlich für diesen Skandal. Ein fachlich vollkommen überforderter Minister mit übersteigertem Ego, agiert entgegen fachlichen Warnungen aus anderen Ministerien vollkommen losgelöst und eigenmächtig mit lauter Unkenntnis und falschen Entscheidungen zum Schaden der Bürger.

    Bitte bleiben Sie an diesem Fall dran und bringen sie die Wahrheit ans Licht.

  • Was wäre wenn? Wenn dieser Bericht vor den Bundestagswahlen schon öffentlich geworden wäre?



    Ich glaube CDU/CSU und AFD hätten beim Wahlergebniss die Plätze getauscht und ein Herr Jens Spahn wäre ganz leise ins hinterste Glied der Partei gerückt. ''Um Schaden von der CDU abzuwenden'' oder so.



    Man kann wirklich nur an die SPD appellieren, dass sie einem Untersuchungsausschuss zustimmt.



    Wenn nicht füttert man das Narrativ der AFD von den Altparteien, die alle unter einer Decke stecken.



    Die Linke und die Grünen können noch so scharf verbal schießen gegen Spahn. Wenn es am Ende keinen Ausschuss geben sollte, warum auch immer, war es nur heiße Luft.



    Und gegenüber dem Steuerzahler der die Zeche zahlen darf, unterlassende Hilfeleistung.

  • Frau Warken riskiert, selbst vor einen U-Ausschuss zitiert zu werden, so wie sie gerade das falsche Spiel betreibt.



    Wo ist die Courage von Spahn, den selbst zu fordern, denn er hat ja nichts zu verbergen, meinte er mal lauthals?

  • Die Wählerschaft wird auch ohne Untersuchungsausschuss zu dem Schluss kommen, dass die Milliarden an Schadensersatz, die nicht eingeklagt wurden, der Grund für die Nichtsenkung der Stromsteuer mitverantwortlich ist. Und ein Politiker stürzt nur dann, wenn andere Politiker aus den eigenen Reihen bereit sind, ihn fallen zu lassen. Ds reicht manchmal ein Einkaufswagenchip oder ein Bobbycar.

  • Dass Grüne und Linke nicht mit der AfD reden, ist nachvollziehbar. Aber warum reichen sie nicht einen Antrag für einen Untersuchungsausschuss ein und lassen darüber im Bundestag abstimmen? Der Untersuchungsausschuss ist richtig und notwendig, und wenn Abgeordnete der AfD dann über ihren Schatten springen und zustimmen würden, gäbe es den auch. Aber wahrscheinlich gilt das schon auf beiden Seiten als böse, böse Zusammenarbeit.

  • Wenn die SPD auch hier einknickt und hilft, den Herrn Spahn ungestraft davonkommen zu lassen, kann sie einpacken, hoffentlich endgültig.

  • taz: *Offenbar will man die Regierung nicht gefährden.*

    Mit "man" ist wohl die SPD gemeint. Was hat das eigentlich noch mit einer Demokratie zu tun, wenn "man" (siehe oben) es einem CDU-Mann so einfach durchgehen lässt, dass er 'mal eben' zig-Milliarden Euro Steuergelder verbrennt und "man" (siehe oben) nicht einmal für einen Untersuchungsausschuss ist, nur damit die Koalition nicht gefährdet wird? Die SPD muss wirklich schon am Ende sein, wenn sie 'auf Teufel komm raus' sich so an eine Partei festklammert, die in Zeiten von Willy Brandt und Helmut Schmidt noch der politische Gegner war.

    taz: *Sudhof selbst erklärte am Dienstag vor der Sitzung, das Gesundheitsministerium habe ihr „keine vollständige Aussageerlaubnis“ erteilt, auch öffentlich dürfe sie nicht sprechen.*

    Auf gut deutsch bedeutet das, dass Sonderermittlerin Margarete Sudhof (SPD) gefälligst den Mund halten soll, damit die Karriere von Jens Spahn (CDU) nicht gefährdet wird und er vielleicht irgendwann doch noch Bundeskanzler werden kann. In was für einem Land befinden wir uns eigentlich?

    Im Grunde müsste nicht nur Jens Spahn (CDU), sondern auch Nina Warken (CDU) zurücktreten.

    • @Ricky-13:

      👍👍👍👍👍👍

    • @Ricky-13:

      Es geht nicht nur um den schon angerichtet Schaden von Jens Sphan, sondern auch um Schadensvermeidung für die Zukunft. Also hier sollte schon etwas Weitsicht von unseren Abgeordneten gefordert werden dürfen. Oder soll Jens Spahn nun ständig beaufsichtigt werden ?

      • @Alex_der_Wunderer:

        Wenn man sich anschaut, was Jens Spahn so alles "fordert", dann sollte der Mann ohnehin ständig beaufsichtigt werden.

        ***Jans Spahn fordert ...*** jens-spahn-fordert.de/

        • @Ricky-13:

          Aber einen Untersuchungsausschuß zu seiner eventuellen Entlastung fordert Jens nicht ? ...tzzzz🫣

  • Wenn die Grünen und Die Linke einen Untersuchungsausschuß fordern, können sie doch einfach einen beantragen. Das ist ihr gutes Recht als Opposition.

    • @DiMa:

      Für die Einsetzung eines Untersuchungsauschussesn braucht es einen Antrag von einem Viertel der Abgeordneten, das wären 158 Abgeordnetete. Grüne und Linke haben zusammen aber nur 149 Abgeordnete. Es müssten also Abgeordnete der AfD oder der Regierung den Antrag unterstützen. Mit der AfD wollen aber Grüne und Linke nicht reden, und die Regierung will (auf Betreiben von CDU/CSU) keinen Untersuchungsausschuß.



      Siehe: www.bundestag.de/s...ters_aussch-245546

      • @Offebacher:

        Ganz genau.

        Die Grünen und Die Linke müssen halt entscheiden, ob sie als Opposition im Rahmen der dafür vorgesehen Möglichkeiten gestalterisch tätig werden wollen oder es halt sein lassen.

        Solange sie keinen Antrag auf einen U-Ausschuß stellen, obwohl sie antragsberechtigt sind, scheint das Thema der sogenannten Maskenaffäre jedenfalls nicht wichtig genug zu sein.

        Das Ergebnis ist dann wohl, dass wir in dieser Legislaturperiode keinen einzigen U-Ausschuß sehen werden.

        So kann man sich ideologisch motiviert selbst lahm legen.