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Sozialwissenschaftler über Rente mit 70„Kein Sachzwang, das Rentenalter anzuheben“

Die Diskussion um das Renteneintrittsalter blende manches aus, sagt Florian Blank von der Hans-Böckler-Stiftung. Er fordert, mehr über die Gestaltung von Arbeit zu sprechen.

Im Homeoffice für die Elektronikwerkstatt Foto: Panama Pictures/imago
Tatjana Söding
Interview von Tatjana Söding

taz: Herr Blank, neue Zahlen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigen, dass weniger Menschen im höheren Alter im Beruf bleiben. Das hat eine Debatte über das Renteneintrittsalter ausgelöst.

Florian Blank: Die Daten bestätigen erst einmal den Trend des letzten Jahrzehnts, dass die Erwerbstätigkeit älterer Menschen deutlich zugenommen hat. Gleichzeitig zeigen sie, dass diese Erwerbstätigkeit aktuell nicht mehr so stark ansteigt – in der Pressemitteilung wurde das als Stillstand beschrieben. Allerdings wurden die Coronajahre 2020 und 2021 auch in die Auswertung einbezogen: Da die Pandemie ein externer Schock war, ist nicht sicher, ob es sich wirklich um eine Stagnation handelt oder lediglich um eine Schwächung oder kurze Unterbrechung des Aufwärtstrends.

Im Interview: Florian Blank

arbeitet im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf zu Fragen der sozialen Sicherung.

Wie kam es zu dem Trend, dass ältere Menschen länger arbeiten?

In der Nachwendezeit wurde die Frühverrentung verwendet, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder unsichtbar zu machen. Dieser Zugang wurde abgelöst durch Regelungen, die auf ein längeres Erwerbsleben abzielen. Nun steigt das Renteneintrittsalter stetig an und Menschen arbeiten tatsächlich länger. Außerdem haben ältere Menschen aufgrund einer höheren Nachfrage an Arbeitskraft heute bessere Chancen, länger im Beruf zu bleiben. Aus Forschungsergebnissen wissen wir aber auch, dass gerade Ältere oft keinen Berufseinstieg mehr schaffen, wenn sie arbeitslos werden. Es gibt immer noch viele Fälle von Menschen, die aus der Arbeitslosigkeit in die Rente wechseln. Es gibt also noch Luft nach oben, über 50-Jährige länger in Arbeit zu halten.

Ist es also irreführend, jetzt über ein höheres Renteneintrittsalter zu diskutieren?

Natürlich sind die Themen Erwerbstätigkeit von älteren Menschen und Rente eng miteinander verbunden, aber trotzdem unabhängig voneinander zu behandeln. Die vom BiB ausgewerteten Zahlen berichten erst einmal nur über Erwerbstätigkeit, nicht aber darüber, ob Menschen, die aufhören zu arbeiten, direkt in die Rente gehen, erst mal arbeitslos sind oder auf die Enkel aufpassen, was ja auch eine Art der Arbeit ist. Mich ärgert es, dass wir so schnell über die Rente und die Finanzierung des Sozialsystems reden, anstatt darüber, wie wir Menschen darin unterstützen können, möglichst lange arbeitsfähig zu bleiben. Was können Arbeitgeber tun, um Menschen länger im Betrieb zu halten, wie müssten der Gesundheitsschutz und die Weiterbildungsmöglichkeiten reformiert werden? Die Forschung zeigt ja, dass der Ausstieg aus dem Erwerbsleben ganz stark mit den Arbeitsbedingungen verbunden ist.

Ähnlich äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er sagte, es gelte den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können – was vielen bis heute schwerfalle. CSU-Politiker Stefan Müller kommentierte sogleich, damit beginne die SPD, „ihr Prestigeprojekt Rente mit 63 abzuwickeln“.

Ich finde, Scholz’ Aussage ist erst mal nicht verwerflich. Er hat ja auf die Beschäftigungsmöglichkeit hingewiesen, spricht von „können“. In seiner Aussage geht es also eher darum, wie man die Einsatzfähigkeit älterer Beschäftigter sichern kann. Darum direkt eine Debatte über das Renteneintrittsalter loszutreten, finde ich falsch.

Die Debatte kommt aber immer wieder hoch. Warum ist die Sorge, dass Renteneintrittsalter würde in Deutschland zu niedrig liegen, so groß?

Es gibt verschiedene Stellschrauben, um das Rentensystem in Einklang zu bringen: Man kann über den Beitragssatz, die Leistungshöhe und den Renteneintritt nachjustieren. Die Ampelkoalition hat festgelegt, den Beitragssatz in dieser Legislaturperiode nicht über 20 Prozent ansteigen zu lassen – das sollten sie vermutlich auch erreichen. Das Rentenniveau soll über 2025 hinaus stabilisiert werden. Und das Renteneintrittsalter soll nicht länger angehoben werden. Vielen in der Wissenschaft und Politik ist das ein Dorn im Auge: Sie fordern, dass wir länger arbeiten sollten, weil wir heutzutage auch länger leben. Sonst, so die Logik, könnte ein „tragbares“ Verhältnis zwischen Bei­trags­zah­le­r:in­nen und Ren­te­r:in­nen nicht mehr aufrechterhalten werden und das Rentensystem würde kollabieren.

Und ist da was dran?

Was häufig in der Debatte ausgeblendet wird, ist, dass die „Tragbarkeit“ oder „Bezahlbarkeit“ des Rentensystems im Grunde politische Begriffe sind. Denn eigentlich geht es doch darum, was wir uns als Gesellschaft leisten wollen. Rein technisch betrachtet ist es nützlich für das Rentensystem, wenn die Menschen länger arbeiten. Es gibt aber keinen Sachzwang, das Rentenalter beispielsweise auf 70 anzuheben. Eine Ausweitung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung auch unterhalb der Altersgrenze kann ebenfalls die Einnahmen der Sozialversicherung erhöhen. Wir könnten die gewonnen Jahre auch beispielsweise für längere Bildungszeiten oder Familienphasen nutzen. Und dass der Ruhestand wirklich ruhig ist, ist doch auch ein Klischee: Viele Menschen arbeiten bei der Betreuung der Enkel, der Unterstützung der Kinder oder in sozialen und politischen Ämtern weiter.

Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, wünscht sich ein „flexibles Renteneintrittsalter und verschiedene Arbeitszeitmodelle“. Ermöglicht Flexibilisierung wirklich mehr Freiheit?

Ich sehe die Forderung der FDP nach mehr Flexibilität eher als Versuch, das System so zu verändern, dass mehr Arbeitskräfte verfügbar sind. Das aktuelle Rentensystem gibt Menschen bereits verschiedene Möglichkeiten, um die Bedingungen ihres Renteneintritts zu bestimmen und auch länger zu arbeiten, wenn sie können und wollen.

Wie zum Beispiel?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, über den Renteneintritt zu bestimmen. Zum einen gibt es die Altersrente, die ab einer gewissen Altersgrenze bezogen werden kann – gerade liegt sie bei 65 Jahren und elf Monaten. Die Rente für langjährig Versicherte darf man ab einem Alter von 63 Jahren und nach 35 Versicherungsjahren mit Abschlägen beziehen. Dafür müssen es sich die Menschen aber leisten können, auf einen Teil ihrer Rente dauerhaft zu verzichten. Drittens gibt es die Rente für besonders langjährig Versicherte: Nach 45 Versicherungsjahren können Menschen aktuell mit 64 aufhören zu arbeiten.

Ab einem gewissen Alter ist aber Schluss?

Nein, es gibt kein Gesetz, das den Menschen verwehrt, länger zu arbeiten, vorausgesetzt, sie wollen, sind körperlich und psychisch in der Lage und der Arbeitgeber beschäftigt sie auch weiter. Nachdem Sie die Regelaltersgrenze erreicht haben, können sie sowohl ihre Rente beziehen als auch arbeiten und unbegrenzt dazuverdienen. Auch bei den vorgezogenen Altersrenten sollen die Hinzuverdienstgrenzen wegfallen. Sollten Menschen sogar ihren Renteneintritt nach hinten verschieben, werden sie durch Aufschläge belohnt. Insgesamt bietet unser Rentensystem also sehr viel Flexibilität.

Was wären sinnvolle Maßnahmen, die statt einer Flexibilisierung getroffen werden können, um Menschen länger im Beruf zu halten?

Wir müssen über die Gestaltung von Arbeit sprechen. Arbeitsplätze sollten nicht kaputt machen, Menschen müssten beispielsweise frühzeitig aus der Schichtarbeit genommen werden können. Und wir sollten auch an die Arbeitgeber appellieren, das Potenzial, das in älteren Menschen steckt, zu nutzen. Bei einem sektorübergreifenden Fachkräftemangel ist es unverständlich, warum ältere Beschäftigte entlassen werden, die dann geringere Chancen haben, auf dem Arbeitsmarkt eine neue Stelle zu finden.

Durch den demografischen Wandel wird sich das Verhältnis von Ren­tne­r:in­nen auf Beitragszahlende verschieben. Gibt es eine Alternative zum längeren Arbeiten, um das Rentensystem zu finanzieren?

Ganz grundsätzlich sollte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gestärkt werden. Wenn es darüber hinaus um die Details der Finanzierung der Rente geht, muss vor allem gefragt werden, wer genau die Lasten trägt und tragen soll. Die Rentenversicherung finanziert sich aus zwei Töpfen: den Beiträgen der Beschäftigten und der Arbeitgeber auf der einen Seite und einem Zuschuss durch den Staatshaushalt auf der anderen. Häufig wird argumentiert, dass ein Anstieg der Beiträge als Teil der Lohnnebenkosten dazu führt, dass Arbeitskraft in Deutschland zu teuer wird und damit Entlassungen oder weniger Neueinstellungen möglich sind – weil Arbeitgeber entweder den Standort verlagern oder rationalisieren. So einfach ist das aber nicht. Viele Arbeitgeber haben Spielräume: Wenn der Beitragssatz zur Sozialversicherung hochgeht, könnten andere Ausgaben eine Nummer kleiner ausfallen. Und volkswirtschaftlich gesehen können höhere Rentenausgaben die Nachfrage stärken. Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten und Unwägbarkeiten, die sich in manchen ökonomischen Rechnungen einfach nicht niederschlagen. Häufig werden auch die Potenziale des Arbeitsmarktes vernachlässigt. Stattdessen reden wir immer wieder über das Renteneintrittsalter. Das ist doch verkürzt.

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31 Kommentare

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  • In dem Artikel wird gut dargestellt das wir natürlich am Umfeld für Arbeit mit 65+ arbeiten müssen. Das Problem der Verfügbarkeit von Facharbeitern blendet er leider aus. Falls die Arbeitskosten in Deutschland steigen muss der Unternehmer überlegen nicht mehr in Deutschland zu produzieren. Er kann Kosten nicht einfach umschichten. Die Kosten entstehen im globalen Vergleich und wenn man ein chinesisches Auto kauft, weil es zu geringeren Arbeits- und Energiekosten gefertigt werden kann, muss sich die deutsche Autoindustrie Gedanken machen. Eine maßvolle Steigerung des Renteneintrittsalter entsprechend der Lebenserwartung wird notwendig sein. Viele europäische Nachbarländer arbeiten daran aber wir vetreiben Nabelschau. Das unsere Industrie heute internationalen Investoren anstatt zum Beispiel Rentnern gehört, ist ein systematisches Problem.

    • @jogi19:

      Die Lohnkostenanteile bei der Massenfertigung im Automobilbau sind ohnehin gering, da gibt es eher das allgemeine Problem, dass die Menscheit von Anbeginn begleitet, die Gier. Es geht ja nicht um Arbeitsplätze und Produkte, sondern einzig um mehr Gewinn.



      Was man jetzt nicht unterschätzen sollte sind auch die Dienstleistungen und das Handwerk, da nützt es sicher nichts den Heizungsbauer der sinngemäß für eine Schale Reis arbeitet aus Asien einzufliegen, da benötigt man schon heimische Kräfte.



      Ansonsten sollte man sich verschärft darum Gedanken machen, wie man dafür sorgt, dass die Menschen lange arbeiten können und das geht sicher nicht, wenn man andauernd einen Knochenjob ausführen muss, da muss eine Entwicklung möglich gemacht werden, dass man mit zunehmendem Alter weniger anstregenden Arbeiten ausführen muss.

    • @jogi19:

      Es gibt nur vier Länder in Europa mit dem Renteneintrittsalter 67, außer Deutschland Irland, Island, Italien und Norwegen. Alle anderen Staaten haben ein niedrigeres Renteneintrittsalter, viele bei 65 und einige sogar deutlich darunter, zum Beispiel Luxemburg oder Frankreich. Und die Staaten mit dem hohen Renteneintrittsalter haben das vielleicht auch nur theoretisch. Außerdem steht im Artikel nichts von einem Zwang, länger arbeiten zu müssen, im Gegenteil das Renteneintrittsalter ist Politik, sprich das wird so entschieden, es muss absolut nicht so sein.

  • Mit einem höheren Renteneintrittsalter gehen einige Menschen KO, sie haben einfach weniger.

    Nicht in jedem Beruf schaffen es die Menschen, so lange zu arbeiten.

    Und da dieses Thema vehement von der SPD bearbeitet wird, jener Partei die um die 2000er Jahre ja die Rente drastisch gesenkt hat, durch eine 'Reform' - vermute ich deutlich mehr hinter den Regierungsplänen, als der Experte hier anmerkt.

    Aber OK aus einer wissenschaftlich-rationalen Sicht kann es so sein, aber es geht ja auch um Macht und Machtverhältnisse, um Klassen- und Reichtumsverhältnisse.

    Hier wirken sich diese Reformen negativ auf Menschen mit niedriger Qualifikation und niedrigem Einkommen aus.

    Und durch die neuen Renten sind viele Rentner viel schneller arm als vor 20 oder 30 Jahren.

    Für micht fällt eben auf, dass dieser Sachverhalt die Politik nicht groß bewegt, weil ja Sozialleistungen abrufbar sind, aber eben nur, wenn Vermögen aufgebraucht ist.

    Damit wird materiell die Vererbung und der Wohlstand der unteren Mittelschicht attakiert.

    Das ist in meiner Sicht hier so und da stelle ich mir die Frage, warum und warum so vehement?

    Warum will das die SPD?



    Warum machen die Grünen dabei mit. Diese Fragen stelle ich mir.

    Für mich wird Rente, höheres Renteneintrittsalter und materieller Wohlstand älterer Mensch in eine neoliberale Umverteilungsmaschine gepackt, Ergebnis ist der Abstieg vieler Rentner, die mal in der Mittelklasse waren oder die zur oberen Unterschicht gehörten.

    Das Ganze ist selbstverständlich in viele Bedingungen eingebunden, aber für mich ganz klar so sichtbar und auch nachweisbar.

    Und viele Rentner werden hart und länger arbeiten, dennoch am Ende sehr wenig haben. Einige werden von der Arbeit auf den Friedhof wechseln und damit die Kasse 'entlasten'.

    P.S. Vielleicht müssen Tafeln nur für Rentner gegründet werden, damit sie was abkriegen.

  • Aktuell in unserer Firma:



    Unter dem Euphemismus "Verdichtung" sollen speziell Menschen mit Behinderungen und/oder längeren Krankheiten aussortiert werden (Kündigung schwierig, also werden Auflösungsverträge angeboten und es eher nicht so dezent Druck aufgebaut).



    Darunter ein Kollege, der nur noch zwei Jahre bis zur Rente hat und einige jenseits der 50 Jahre.



    Also Menschen, die wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.



    Die offiziellen Firmenwerte: Ehrlichkeit, Fairness, Respekt, Inklusion (!)

  • Ich vermute mal, daß es da eine ganze Reihe von Zeitgenossen gibt, deren langfristiges Ziel es ist, die Rentenbeiträge zu verdoppeln und als Gegenleistung gar keine Rente mehr zu zahlen.

    Diese Vermutung hört sich vielleicht absurd an, doch in Anbetracht bereits sehr vieler Beitragszahler, die es offensichtlich schick finden, bis zum Tod voll durchzuarbeiten, scheint ja die kognitive Manipulation bereits jetzt ihre Wirkung zu entfalten.

    • @wxyz:

      Das nennt sich private kapitalgedeckte Altersvorsorge und macht Allianz und Konsorten reich :-)

  • Dazu mal ein Zitat der deutsch-schweizer postpatriarchalen Theologin Ina Praetorius:



    "Wenn "Arbeit" bedeutet, in Büros und Fabriken Bullshit zu produzieren, dann bin ich für lebenslange Pensionierung. Wenn "Arbeit" bedeutet, für sich, für andere und für die Welt sinnvolle Dinge zu tun, dann bin ich für Arbeit bis zum Lebensende."



    - dem ich mich nur vollumfänglich anschließen kann.



    twitter.com/InaPra...554372799325667329

    • @Eric Manneschmidt:

      Wer genau definiert denn was "Bullshit" ist? Für die einen mögen das aufblasbarer Planschbecken, Sextoys oder Gemüsehobel sein, andere produzieren in Büros Statistiken, Texte oder wie ich Illustrationen, die niemand existenziell braucht und manche sicher als "Bullshit" definieren würden. Was sind sinnvolle Dinge in einer satten Gesellschaft? Das gelte es halt ersteinmal zu klären - und auch für die Produktion von so sinnvollen Dingen wie -wees ick - Operationsbesteck möchte ja wohl keiner bis 89 in der Werkhalle stehen. Was produzieren eigentlich Theologen, ggf. bisweilen auch Bullshit?

      • @Pitta:

        Das ist in der Tat eine interessante Frage. Bei David Graeber, der den Begriff geprägt hat (de.wikipedia.org/wiki/Bullshit_Jobs), sind Bullshitjobs solche, die von ihren eigenen Inhabern als sinnlos oder sogar schädlich wahrgenommen werden.



        Eine bessere Definition ist mir auch noch nicht eingefallen.

  • Warum schafft man die Regelaltersgrenze nicht ganz ab? So könnten Arbeitnehmerrechte (insbesondere Kündigungsschutz) auch noch mit 68 voll in Anspruch genommen werden. Nach heutiger Regelung muss mich der Arbeitgeber nicht mehr weiterbeschäftigen. Faktisch is das ist Altersdiskriminierung.

  • Die Anhebung des Renteneintrittsalters ist reines Kapitalgelaber.

    Die Arbeitsproduktivität hat sich in den letzten Jahrzehnten ver zigfacht - und damit die aus der Arbeitskraft ausgepressten Gewinne.

    Und was ist dem kleinen Mann davon geblieben ?

    Millionen Menschen haben im Alter noch nicht mal ein auskömmliche Rente.

    Aber Erbschaftssteuer, Reichensteuer oder gar die in der Versenkung verschwundene Übergewinnbesteuerung sind ja bei den Damen und Herren in unseren Parlamenten wahre Hassworte.

  • Als Regelaltersrentner mit Zusatzjob über der Minijobgrenze kenne ich nur ein Problem, das an der Tätigkeit oberhalb des Minijobs hindert: Mit Steuerklasse 6 zahle ich rund 30% Steuern und habe jährlich im Jahresausgleich Nachzahlungen bis zur Höhe eines Monatsnettos.



    Da zahl ich mehr Steuern als Christian Lindner ...........



    Wer will denn da tatsächlich zusätzlich arbeiten?

  • Betrachtet man Österreich oder die Schweiz, ist Standort Deutschland rententechnisch international schon lange nicht mehr wettbewerbsfähig - so oder so muss nachgebessert werden.

  • Herr Blank macht es sich leicht. Die Lohnnebenkosten gehen (zu weit) hoch? Einfach Spielräume nutzen und woanders sparen... Als wenn permanent woanders mit Geld um sich geschmissen würde.



    Die Menschen gehen früher in Rente? Liebe Arbeitgeber (warum wird der Begriff eigentlich anders als andere nicht gegendert?), da müsst ihr euch bitte etwas mehr anstrengen und die Menschen umsorgen... Ein andere Möglichkeit taucht nicht auf.

    Dafür l der pauschale Vorwurf, dass 'die Arbeitgeber' das Potential Älterer endlich mal nutzen sollen...



    Das ist doch ein Klischee, dass das in den meisten Fällen nicht auch passiert. Aber es lässt sich so schön pauschal über Arbeitgeber:innen (?) herziehen.

    Ich gehe davon aus, dass in der Böckler-Stiftung niemand vorzeitig (mit oder ohne Abschläge) in Rente geht...

    Und frage mich immer mehr, wieso jemand in unserem Land noch auf die Idee kommt, Arbeitgeber:in sein zu wollen.

    Es lebe der deutsche Traum, vom Studienabbrecher zum Parlamentarier.

    • @Josef Robert:

      Herr Blank macht es sich leicht. Die Lohnnebenkosten gehen (zu weit) hoch? Einfach Spielräume nutzen und woanders sparen... Als wenn permanent woanders mit Geld um sich geschmissen würde.

      Verschwendung hat es noch bei jeder Firma gegeben bei der ich gearbeitet habe, das meiste davon war/ist irgendwelchen Eitelkeiten oder Prinzipien des Managements geschuldet, die sich prinzipiell gegen Veränderung von Prozessen gestellt haben.

    • @Josef Robert:

      "warum wird der Begriff eigentlich anders als andere nicht gegendert?"



      Vielleicht um darauf aufmerksam zu machen, dass der Frauenanteil in den Vorständen von MDax- und SDax-Unternehmen noch immer gerade mal rund 11% ausmacht und die sich zudem so ungleich verteilen, dass rund 60% dieser Unternehmen ausschließlich von Männern gelenkt werden.



      www.handelsblatt.c...tand/27954140.html

      • @Ingo Bernable:

        Ungeachtet dessen sind die meisten "Arbeitgeber" in Form von Kapitalgesellschaften organisiert und damit per se Arbeitgeberin.

      • 6G
        650228 (Profil gelöscht)
        @Ingo Bernable:

        Wen interessiert denn, wer im Vorstand sitzt? Entscheidend ist, wem die Unternehmrn gehören.

        • @650228 (Profil gelöscht):

          Mich interessiert das schon, weil sich daraus doch immer noch eine ganze Menge über die tatsächlichen Machtverhältnisse in dieser Gesellschaft ablesen lässt. Bei Unternehmens- und Aktienbesitz finden sie aber ebenfalls noch immer einen recht heftigen Genderbias.

    • @Josef Robert:

      Wenn man bei der Linkspartei nachfragt, dann braucht es keine Arbeitgeber. Der Staat kümmert sich um alles.



      Das ist etwa genau so naiv wie zu sagen: "Der Markt kümmert sich um alles"..

  • Mir fehlt hier eine offensichtliche Frage: Wieso müssen Beamte nicht in die Pensionskasse einzahlen? Das würde doch schon viel mildern.

    • @__tester:

      Nein würde es nicht.

      Das verschiebt nur das Problem (und macht es nebenher auch noch größer). Durch die Einzahlungen der Beamten müssten die dann später auch Renten bekommen.

      Das bessert natürlich die Lage heutiger Rentner, macht die Lage für die Rentner von morgen dann aber umso schlimmer

      • @Kriebs:

        Kriegen die Beamten Heute keine Rente? Ich dachte, dass sie aus der Rentenkasse beziehen, aber nichts einzahlen.

        • @__tester:

          Beamte erhalten sowohl ihre Gehälter als auch die Pensionen (genauer: Ruhegehälter) direkt aus Steuermitteln des jeweiligen Bundes- oder Landeshaushalts.

          Sie sind für die Rentenkasse vollkommen neutral, weil sie weder einzahlen, noch auszahlen.

        • @__tester:

          Nein, Pensionen werden direkt vom Staat gezahlt, nicht von der Rentenkasse.

      • @Kriebs:

        Genau, was in anderen Länder möglich ist, geht ja hier nie nicht und nimmermals, wenn man den Beamten glauben darf. Die wollen halt gerne ihre 70%+ als Pension und nicht 40%+ wie in der GRV üblich. Das sind haushaltstechnische Taschenspielertricks, mit langer Tradition, weil man den offensichtlichen Zusammenhang zwischen dem "eingesparten" Arbeitgeberanteil für die GRV bei den Beamten und dem später aus dem Hut bzw. dem Steuertopf zu zaubernden Pensionen negiert.



        /gebetsmühle an/



        Wenn auf alle Einkommensarten Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind, was wäre so schlimm? Funktioniert z.B. in der Schweiz.



        /gebetsmühle aus/

        • @Axel Schäfer:

          Natürlich kann man Beamte in alle staatlichen Töpfe einzahlen lassen. Das ist - gesetzgeberisch - ein Leichtes (auch wenn es vielleicht eines kleinen Federstriches im Grundgesetzes bedürfte).

          Allerdings gehört zur Wahrheit, dass die Gehälter dann erheblich erhöht werden müssten, nicht nur um den lächerlich geringen Teil der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge sondern insgesamt. Denn die Beamten müssen nach dem Versorgungsgedanken immer 15 % mehr netto als Grundsicherung haben und zwischen den Gehaltsklassen müssen ausreichende Vergütungsabstände herrschen.

          Auf die 15 % mehr als Grundsicherung kommt der Beamte des einfachen Dienstes aber ohnehin schon kaum. Ganz davon abgesehen, dass kaum ein Polizist seinen Kopf für das Tarifgehalt hinhalten will.

          Noch drastischer wird dann das Problem im höheren Dienst, wo bereits jetzt mit den vergleichsweise hohen Nettogehältern und hohen Pensionen erhebliche Personallücken sind. Hier wird es ohne die erforderlichen Gehaltsanpassungen dann wahrscheinlich vollkommen unmöglich Personal zu bekommen.

          Wenn es für alle okay ist, dass dann der normale Regierungsrat mit A 13 90.000 - 120.000 Euro brutto bekommt, was zumindest für Juristen und IT-Fachkräfte mit Master in der Freien Wirtschaft durchaus realistische Gehälter sind, dann kann man die ganze Umstellung unproblematisch vornehmen.

        • @Axel Schäfer:

          Einkommen erwächst zum Beispiel auch aus Aktien, die ich mit hohem Gewinn verkaufe, oder der Miete, die ich für meine Eigentumswohnung bekomme, aus Dividendenzahlungen, aus dem, was dem Selbständigen unterm Strich übrig bleibt...



          Es gibt zu viele Einkommensarten, die nicht sozialversicherungspflichtig sind.

  • Jeder sollte in Rente gehen wann immer er will.



    Einzige Bedingung: Der Rentenanspruch ist zu diesem Zeitpunkt so hoch, dass der Rentner ohne Zuschüsse des Staates leben kann.



    Leider ist es aber doch eher so, dass durch 400€ Jobs und Mindestlohn immer mehr Menschen gar nicht mehr von der Rente leben können. Also sollte das Ziel nicht Rente mit 70 heißen, sondern Löhne welche einem eine Armutsrente ersparen.

    • @Rudi Hamm:

      Alles hängt mit Allem zusammen. Höhere Löhne, höhere Beiträge, höhere Stützung durch den Steuerzahler, eine Rentenkasse für Alle und oder länger arbeiten. Die einfache Lösung gibt es nicht.