Sozialpolitik von Grünen und FDP: Mehr Zuverdienst bei Hartz IV

Bei den Sondierungen zwischen FDP und Grünen könnten Berührungspunkte in der Sozialpolitik helfen. Aber Fragen der Finanzierung sind unklar.

Männer sitzen in einem Stuhlkreis

Therapiegespräch in einer Stuhlrunde Foto: Felix Kästle/dpa/picture alliance

BERLIN taz | Zuerst gute Nachrichten: Kommen Grüne und FDP in die Bundesregierung, könnte es mehr kassenfinanzierte Psychotherapie geben und auch mehr Möglichkeiten ärztlicher Suizid­hilfe am Lebensende. Menschen, die Hartz IV beziehen, könnten mehr Geld aus einem Hinzuverdienst behalten dürfen.

Diese Gemeinsamkeiten ergeben sich, wenn man die Sozialpolitik in den Wahlprogrammen von FDP und Grünen vergleicht. Die Freidemokraten wollen generell „bessere Hinzuverdienstregeln beim Arbeitslosengeld“, die Grünen die „Anrechnung von Einkommen“ für Be­zie­he­r:in­nen von Grundsicherung „deutlich attraktiver gestalten“.

Eine Ausweitung der Hinzuverdienstmöglichkeiten würde bedeuten, den Kreis der Erwerbstätigen, die Anspruch auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen hätten, erheblich auszuweiten, was auch von den Gewerkschaften nicht unkritisch gesehen wird.

Nicht unterschlagen sollte man, dass die FDP einst ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, worin vorgeschlagen wurde, die Freibeträge nur bei höheren Hinzuverdiensten zu steigern, sie aber bei kleinen Nebenjobs bis 100 Euro zu vermindern. Dieser Vorschlag würde Hartz-IV-Empfänger:innen mit Kleinstjobs schlechterstellen. Leichter umsetzbar ist der Vorschlag von FDP und Grünen, für Jugendliche in Familien, die Hartz IV beziehen, einen Nebenverdienst bis zur Minijobgrenze zuzulassen.

Abgaben sollen sinken

Für die knallharten Finanzierungsprobleme in den Sozialkassen finden sich in den Parteiprogrammen von FDP und Grünen hingegen nur wenig Vorschläge, die auf Gemeinsamkeiten hindeuten – und das ist die schlechte Nachricht. Die FDP beharrt darauf, dass die „Abgabenquote“, also die Abgabenbelastung für die Ar­beit­neh­me­r:in­nen und Ar­beit­ge­be­r:in­nen, sinken müsse. Eine Wiederbelebung der Vermögensteuer lehnt sie ab, der Solidaritätszuschlag soll komplett abgeschafft werden.

Für eine „Bürger­versicherung“ im Gesundheitssystem gibt es von der FDP keine Zustimmung

Die FDP möchte eine „gesetzliche Aktienrente“ einführen, wobei etwa 2 Prozent des Bruttoeinkommens in eine „langfristige, chancenorientierte, kapitalgedeckte Altersvorsorge“ fließen sollen. Die Grünen schlagen zur Altersvorsorge einen öffentlich verwalteten „Bürgerfonds“ vor, durch den die Menschen vom „Wertezuwachs der Wirtschaft“ profitieren sollen.

Man erinnert sich nicht ohne Unbehagen an die Zeiten von Rot-Grün in den nuller Jahren, als grüne Fi­nanz­po­li­ti­ke­r:in­nen erklärten, dass die Bür­ge­r:in­nen nur mehr in Aktien investieren müssten, um am Wohlstand teilzuhaben. Dann kam der Crash.

Keine „Bürgerversicherung“

Für die von den Grünen propagierte Idee der „Bürgerversicherung“, womit private und gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zusammengelegt würden, gibt es von der FDP keine Zustimmung. Die Liberalen wollen weiterhin ein „duales Gesundheitssystem“. Allerdings mit mehr „Wahlfreiheit“, was Selbstständige freuen könnte, die im Alter liebend gern von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln würden.

Statt die großen Finanzfragen anzugehen, könnten sich Grüne und Gelbe womöglich nur auf kleinere Verbesserungen einigen. Die FDP schlägt vor, dass Pflegehaushalte künftig mehr selbst darüber bestimmen können, wie sie das Geld aus der Pflegeversicherung einsetzen. Die Grünen wollen mehr gemeinnützige Wohnungsbauträger. Debatten darüber würden vom Waffenstillstand im Großen ablenken.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bei wieviel Prozent liegen die Parteien? Wer hat welche Wahlkreise geholt?

▶ Alle Zahlen auf einen Blick

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.