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Entscheidung vom BundesfinanzhofSoli ist nicht verfassungswidrig

Der Bundesfinanzhof hält den Solidaritätszuschlag in seiner seit 2020 geltenden Form für rechtmäßig. Ein Paar aus Bayern hatte dagegen geklagt.

Verstößt laut Bundesfinanzhof nicht gegen das Gesetz: der Solidaritätszuschlag Foto: Sven Hoppe/dpa

München dpa | Der Bundesfinanzhof (BFH) hält den Solidaritätszuschlag in der seit 2020 geltenden Form nicht für verfassungswidrig. Das urteilte das höchste deutsche Steuergericht am Montag in München. Damit kann die Bundesregierung weiter jährliche Soli-Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe einplanen.

Hätte der Bundesfinanzhof den Zuschlag für verfassungswidrig gehalten, hätte sich das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe damit befassen müssen. Eine Vorlage des Falls beim Bundesverfassungsgericht sei aber nicht geboten, entschied nun der Bundesfinanzhof.

Das klagende Ehepaar aus Aschaffenburg hatte mit Unterstützung des Bunds der Steuerzahler die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gefordert.

„Im vorliegenden Fall ist das Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags für die Jahre 2020 und 2021 überzeugt“, sagte BFH-Präsident Hans-Josef Thesling – gegen die Steuerbescheide dieser beiden Jahr richtete sich die Klage. Bloße Zweifel rechtfertigten keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Laut Urteil hat der Bund schlüssig dargelegt, dass die Wiedervereinigung weiter erhöhten Finanzbedarf verursacht, auch wenn die früheren Solidarpakte zur Finanzierung der Einheitslasten ausgelaufen sind.

Der Bund hatte laut BFH zuletzt elf Milliarden Euro jährlich mit der mittlerweile noch von Besserverdienern und Unternehmen bezahlten Abgabe eingenommen. Kläger und Steuerzahlerbund argumentierten, dass der Solidaritätszuschlag in doppelter Hinsicht verfassungswidrig sei.

Die Klage berief sich darauf, dass der ursprüngliche Zweck des Soli entfallen sei: Die Abgabe diente zur Finanzierung des Ende 2019 ausgelaufenen Solidarpakts II, mit dem der Aufbau der Infrastruktur in Ostdeutschland finanziert werden sollte. Dem folgte der Bundesfinanzhof jedoch nicht: Die Bundesregierung darf den Solidaritätszuschlag wegen des erhöhten Finanzbedarfs für die Einheit demnach weiter erheben, auch wenn es keinen Solidarpakt mehr gibt. „Eine Ergänzungsabgabe muss nicht von vornherein befristet oder für einen kurzen Zeitraum erhoben werden“, sagte Thesling.

Darüber hinaus warfen Steuerzahlerbund und Kläger dem Bund einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vor, weil nur noch eine kleine Minderheit der Steuerzahler die Abgabe zahlen muss, die große Mehrheit jedoch nicht.

Im Gesetz zur Rückführung des Solidaritätsausgleichs aus dem Jahr 2019 beschloss die damalige Große Koalition, dass Besserverdiener – die oberen zehn Prozent der Einkommen – den Zuschlag weiter zahlen müssen, die übrigen 90 Prozent wurden ausgenommen. Der Steuerzahlerbund kritisiert den Solidaritätszuschlag deswegen als eine durch die Hintertür eingeführte Reichensteuer. Auch in dieser Hinsicht folgte der BFH der Klage jedoch nicht.

Zumindest stillschweigend wurde die Klage von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) unterstützt, der den Soli abschaffen will. Das Ministerium war dem Verfahren vor dem Bundesfinanzhof ursprünglich beigetreten. Das ist in Fällen üblich, in denen das Ministerium eine Klage zurückweist. Lindner hatte das jedoch rückgängig gemacht, das Finanzministerium ist an dem Soli-Verfahren nicht mehr beteiligt.

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15 Kommentare

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  • @REMA

    Stimmt Die CDU hat gelogen Ge-lo-gen, sage ich Ihnen! Unerhört!

  • Der Soli wird nicht mehr im Sinne dessen eingezogen, zu was er geschaffen wurde. Also halte ich ihn für unzulässig.



    Wenn man Sehr-Gut-Verdiener höher besteuern will, dann reicht eine Korrektur der Steuerprogression. Wäre sogar weniger Verwaltungsaufwand und die mit ganz hohen Gehältern zahlen noch mehr. Sollte eigentlich den Linken gefallen.

  • Tja, einige Wohlhabende lobbyieren für mehr Steuern, einigen ist die Gesellschaft weiterhin egal.

  • Ich kann mich noch gut erinnern, dass Helmut Kohl versprach, dass der Solidaritätszuschlag nach ZWEI Jahren beendet sei... kann sich keiner mehr daran erinnern?..

    • @Rema:

      Helmut Kohl hat viel versprochen und obendrein nie erwähnt, wo der Bimbes her kam.

    • @Rema:

      Und? Die Schaumweinsteuer gibt es auch noch, obwohl die Flotte, für die sie eingeführt wurde, längst auf dem Grund des Meeres liegt.

      Der Staat braucht nun mal Geld. Eine Einnahmemöglichkeit ist der Soli. Man könnte Ähnliches unter einem anderem Namen einführen. Aber wozu der Aufwand?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        "Aber wozu der Aufwand?"



        Es wäre dann ehrlicher. Sollte doch ansonsten so moralinsaurer Politik einleuchten.

        • @sollndas:

          Wir reden also über Bezeichnungen?

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Nö. Über so altmodisches Zeugs wie Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit, Seriosität etc.



            "Der Zweck heiligt die Mittel" gehört m.E. nicht dazu.

  • 》Im Gesetz zur Rückführung des Solidaritätsausgleichs aus dem Jahr 2019 beschloss die damalige Große Koalition, dass Besserverdiener – die oberen zehn Prozent der Einkommen – den Zuschlag weiter zahlen müssen, die übrigen 90 Prozent wurden ausgenommen《

    Und:

    》Zumindest stillschweigend wurde die Klage von BundesfinanzministerChristian Lindner (FDP) unterstützt, der den Soli abschaffen will. Das Ministerium war dem Verfahren vor dem Bundesfinanzhof ursprünglich beigetreten. Das ist in Fällen üblich, in denen das Ministerium eine Klage zurückweist. Lindner hatte das jedoch rückgängig gemacht, das Finanzministerium ist an dem Soli-Verfahren nicht mehr beteiligt《

    Es ist eben immer noch die Partei der Besserverdienenden. Deshalb klappt's auch so gut mit den Grünen.

  • 6G
    669638 (Profil gelöscht)

    Dann kommt’s wohl auf Karlsruhe an.

    • @669638 (Profil gelöscht):

      Laut Artikel nicht.

      • @moonwatcher:

        Das kommt im Artikel vielleicht etwas missverständlich rüber.

        Die Klage hatte zum Inhalt, dass die Finanzgerichtsbarkeit die Sache selbst vor das BVerfG zu bringen habe, was eine Abkürzung des Rechtswegs bedeutet hätte (eine Verfassungsbeschwerde darf erst nach Erschöpfung aller Instanzen eingelegt werden). Dies hat der Bundesfinanzhof abgelehnt. Da dies mittlerweile die letzte Instanz ist, haben die Kläger jetzt ihrerseits vier Wochen Zeit, selbst Verfassungsbeschwerde einzulegen. Und das werden sie mit Sicherheit tun, davon ist fest auszugehen.

        Also wird die Sache letztlich doch in Karlsruhe entschieden werden.

        • 6G
          669638 (Profil gelöscht)
          @Cerberus:

          Danke. Es liegt ja schon in Karlsruhe. Allerdings ein anderes Verfahren, aber gleicher Inhalt.

      • 6G
        669638 (Profil gelöscht)
        @moonwatcher:

        Was der Artikel aussagt ist unerheblich. Was juristisch möglich ist, ist maßgebend.



        Ich zitiere aus dem Spiegel zu diesem Fall:



        »Über den Solidaritätszuschlag wird das Bundesverfassungsgericht in einem anderen Verfahren entscheiden«, hieß es. »Die Bundesregierung hat ein Interesse an einer verfassungsgerichtlichen Klärung.«