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Sextourismus in MarokkoIn verschlossenen Hotelzimmern

In Städten wie Marrakesch gehört Sextourismus für viele Ausländer zum Programm. Dabei kommt es häufig zu sexualisierter Gewalt an Kindern.

Auf dem zentralen Platz Djemaa el Fna in Marrakesch suchen Männer nach Sex­arbei­ter*in­nen Foto: Lutz Jaeckel/laif

Wer an den marokkanischen Touristenattraktionen in Städten wie Agadir oder Tanger genau hinschaut, wird eine verstörende Beobachtung machen: Der Sextourismus gehört hier wie dort zum Standardrepertoire für viele Touristen. Das ist an sich gut für professionelle Sexarbeiter*innen. Doch vor allem aus Europa fahren Männer nach Nordafrika, um sich an die verletzbarste aller Gruppen zu vergehen: Minderjährige.

Besonders in der marokkanischen Tourismushauptstadt Marrakesch hat sich ein Markt etabliert, der die Flugzeuge der Billigfluggesellschaften aus Paris, Mailand oder Berlin mit Tätern füllt. Am zentralen Platz, dem Djemaa el Fna, oder in der Neustadt Gueliz suchen Männer nach billigem Sex und vor allem Sexarbeiter*innen, die ihnen jeden Wunsch erfüllen.

In der Neustadt ist es eine Filiale der US-amerikanischen Kaffeehauskette Starbucks, die sich als Hotspot für den Sextourismus etabliert hat. Französische, italienische oder deutsche Touristen in kurzen Hosen, Sandalen – und manchmal mit dem typischen Sonnenbrand im Gesicht – nehmen Platz und müssen nicht lange warten, bis sie von Frauen oder Queers angesprochen werden. Man wechselt Telefonnummern aus, die Verhandlungen und Verabredungen finden meist über Chats statt. Eine Nacht kostet 30 bis 80 Euro, je nachdem wie gut die Männer verhandeln.

Mit der ­Coronakrise und dem ausbleibenden Tourismus sind die Preise in den vergangenen Jahren eher gefallen. Zwar ist es offiziell verboten, dass marokkanische Staats­bür­ge­r*in­nen mit Ausländern in Hotels aufs Zimmer gehen, die meisten Herbergen drücken aber beide Augen zu, wenn weiße Touristen mit Begleitung in der Lobby erscheinen.

An den Rezeptionen vieler Hotels in Marokko kleben häufig Plakate, auf denen informiert wird, dass fremde Minderjährige auf den Zimmern nicht geduldet und Verstöße geahndet werden. Einige der Männer im Starbucks in Gueliz­ und anderen öffentlichen Prostitutionsbörsen schauen dennoch gezielt nach Mädchen und Jungs, die deutlich unter 18 Jahre alt sind und manchmal selbst aktiv nach Kundschaft suchen. Laut Menschenrechtsorganisationen wie „Touche pas à mon enfant“ (Fass mein Kind nicht an) handelt es sich hierbei oft um Straßenkinder, die aus Dörfern in die Stadt gekommen sind, um ihre Familien finanziell zu unterstützen.

Bei der pädosexuellen Ausbeutung der Jugendlichen kulminieren alle Probleme Marokkos: das Stadt-Land-Gefälle, fehlende Aufstiegschancen durch Bildung, die Jugendarbeitslosigkeit und ein Staat, der gewähren lässt. Die Prostitutionsbörsen sind meist nur einen Steinwurf von Polizeiwachen entfernt. Alle wissen, was passiert, niemand greift ein.

So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen und Kinderschutzvereine beschreiben, dass die Zahl der europäischen Sextouristen in Nordafrika schon immer hoch war, vor allem in Marokko und in Ägypten. Doch habe sich das Problem im Maghreb nach dem Jahrhundert-Tsunami 2004 sprunghaft vergrößert. Damals starben mehr als 230.000 Menschen Tausende Kilometer entfernt in südostasiatischen Ländern. In Indonesien und Thailand lag danach der Tourismus – wie auch der dort florierende Sextourismus – brach.

Viele europäische Sextouristen orientierten sich gen Nordafrika und kamen seitdem immer wieder zurück: der Maghreb ist näher und somit günstiger, weiße Touristen genießen quasi Narrenfreiheit, außerdem bekommt Mann in Agadir oder Scharm al-Scheich alles geboten. Und mit alles sind auch ausbeuterische Praktiken bis hin zu Kindesmissbrauch gemeint.

„Ich habe am Anfang nicht verstanden, was passiert“

Soufiane Hennani ist marokkanischer Autor und Aktivist. Er beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Sextourismus auf sein Land. „Mittlerweile ist es sogar in kleineren Städten im öffentlichen Raum sichtbar, dass es immer mehr Touristen gibt, die Sex kaufen wollen. Viele Zuhälter haben sich auf die Nachfrage der Ausländer spezialisiert und bieten alles an: Frauen, Queers und leider auch Kinder“, sagt Hennani. Er berichtet von einigen Fällen, bei denen die Polizei eingeschritten sei. Die Touristen würden dabei selten belangt, die Sex­ar­bei­te­r*in­nen kämen dagegen in Gewahrsam. Deswegen seien Korruptionszahlungen an Polizisten weit verbreitet, damit der Markt weiter funktionieren könne.

„Die Betroffenen werden im Stich gelassen. In Marokko reden wir so überhaupt nicht über die Probleme, die der Sextourismus mit sich bringt. Über den Schutz der Kinder vor den Tätertouristen aus dem Ausland schon mal gar nicht“, sagt Henanni. Dabei bedrohe diese Ausbeutung das Leben vieler Jugendlicher im Land.

In einer Reportage des Fernsehsenders France24 spricht einer der jungen Prostituierten von Marrakesch anonymisiert über sein Schicksal. Er nennt sich Samir und erzählt, dass er in die Szene ­gerutscht sei, weil ihn ein europäischer Tourist in einem Café Geld angeboten habe. Als Jugendlicher aus armen Verhältnissen sei er dem Ausländer naiv gefolgt. „Ich habe am Anfang überhaupt nicht verstanden, was passiert“, sagt Samir. Er habe damals nur funktioniert, er habe nur das Geld im Blick gehabt.

Seine Eltern hätten nicht hinterfragt, wie er plötzlich den Unterhalt für die Familie verdient habe. „Die Europäer sind reich, wir haben nichts.“ Jetzt fühle er sich nur noch leer. Samir ist mittlerweile erwachsen, der Missbrauch wird ihn aber lebenslang verfolgen: psychologisch und körperlich. Denn er habe sich beim Sex mit einem Europäer mit HIV angesteckt, sagt er.

In einem Büro einer Aids-Hilfsorganisation in Casablanca trifft man viele Samirs. Sie alle wollen anonym bleiben, eigentlich ist das ein geschützter Raum. Jour­na­lis­t*in­nen haben normalerweise keinen Zutritt. Am Empfang begrüßt ein netter Mitarbeiter, erklärt, dass die Selbsthilfegruppe der HIV-positiven Sex­ar­bei­te­r*in­nen bald Feierabend mache. HIV/Aids ist an sich kein absolutes Tabuthema in Marokko, findet doch jedes Jahr zum Beispiel eine riesige Benefizgala für HIV-positive Menschen im Staatsfernsehen statt. Der Sextourismus und die Gewalt gegen Jugendliche ist dagegen kein Thema, das öffentlich diskutiert wird.

Im Arabischen – eine Sprache, die für jede Sache meist mehrere Begriffe kennt – gibt es für das Wort Pädophilie keine direkte Übersetzung. Offizielle Statistiken oder belastbare Zahlen gibt es für das Problem mit den gewalttätigen Ausländern nicht. Und so winken alle Sex­ar­bei­te­r*in­nen ab. Zum Thema HIV/Aids würden sie durchaus mit dem Reporter sprechen, über ihre Arbeit und Ausbeutung nicht. Unter den zehn Betroffenen an diesem Tag sind viele, die erst vor Kurzem volljährig geworden sind.

Reiche Golf-Araber nicht bei Starbucks

Ab und zu tauchen Fälle in der marokkanischen Boulevardpresse auf, die das ganze Land aufwühlen. Ein Imam, der sechs Schutzbefohlene in einer Moschee bei Tanger missbrauchte, machte im Jahr 2020 zum Beispiel Schlagzeilen.

Doch bisher sind es vor allem Ausländer, die pädokriminell auffallen: Wie der berühmte Fall eines Spaniers zeigt, der vor rund zehn Jahren Tausende Ma­rok­ka­ne­r*in­nen auf die Straße trieb. Er hatte mehrere Kinder in der Küstenstadt Kénitra am Atlantik sexuell missbraucht und seine Straftaten dabei gefilmt. Im Jahr 2013 wurde er zu dreißig Jahren Haft durch ein lokales Gericht verurteilt.

Kurz darauf wurde er vom marokkanischen König ­Mohammed VI. auf das persönliche Bitten des damaligen spanischen Königs Juan Carlos begnadigt. Der Täter durfte nach Spanien ausreisen. Dank einer breiten Social-Media-Kampagne fanden kurz darauf in ganz Marokko Proteste gegen die Begnadigung statt.

Der König Marokkos, ein absoluter und unfehlbarer Monarch, beteuerte wenige Stunden nach den Protesten, dass er angeblich nichts von den Straftaten des Spaniers gewusst habe. Der König entschuldigte sich bei den Familien der Angehörigen und revidierte seine Begnadigung. Der spanische Sexualstraftäter wurde daraufhin in der spanischen Stadt Murcia aufgrund eines internationalen Haftbefehls der marokkanischen Behörden erneut festgenommen und sitzt seitdem mutmaßlich in einem spanischen Gefängnis.

Eine andere Tätergruppe erscheint aber nie wirklich im öffentlichen Raum auf ihrer Suche nach der ausbeuterischen Befriedigung: Sextouristen aus dem Golf. Meist sind es wohlhabende Männer aus Saudi-Arabien, Katar oder den Vereinigten Arabischen Emiraten, die in Ägypten oder Marokko ihrer Fantasie grenzenlosen Lauf lassen. Dieser Missbrauch findet meist in exklusiven Anwesen, hinter hohen Mauern statt. Reiche Golf-Araber begeben sich nicht zu Starbucks, um ihre Opfer zu finden. Sie bestellen ihre Opfer über Mittelsmänner in ihre luxuriösen Ferienresidenzen, wie Menschenrechtsorganisationen in ihren Berichten festhalten.

Laut dem „Trafficking in Persons Report“ vom Jahr 2014 begnügen sich die entsprechenden organisierten Banden aber nicht nur damit, dass ihre Kunden anreisen. Auch ein Export von Kinderkörpern wird auf Wunsch organisiert. Mädchen ab sechs Jahren werden in den Nahen Osten, aber auch nach Europa verschleppt. In Katalogen können die reichen Männer im Globalen Norden und am Arabischen Golf aussuchen, wen sie sich „liefern“ lassen.

Laut einem Report der Unitersität Yale sind in den vergangenen Jahren immer mehr minderjährige afrikanische Flüchtende in den Markt integriert worden. Auf ihren Wegen von ihren Herkunftsländern Kamerun, Elfenbeinküste oder Senegal Richtung Europa stecken sie oft jahrelang in Marokko oder Ägypten aufgrund der unüberwindbaren EU-Außengrenzen fest. Die sexualisierte Gewalt sucht sich die Schwächsten als Opfer aus.

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31 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Marokko war immer legendär für solche Sachen. Auch das berühmte Hashish und dazu noch käuflicher Sex.

    Das wird sich leider erst ändern, wenn Marokkaner das bekämpfen und so Druck aufbauen, dass es reguliert wird.

    Die Armut dieses Landes ist eben auch legendär und die hohen islamischen Moralnormen fallen dann schnell, wenn hartes Geld fließt.

    Es gibt sowieso viele marokkanische Jugendliche, die perspektivlos leben, viele leben dort auch teilweise auf der Straße, nehmen Drogen oder bieten sich an. Bislang kann sich dieses Land kein Herz nehmen, soziale Problemlagen wirklich zu bekämpfen und echte Lösungen zu entwickeln. Selbst Kinderschutz funktioniert da nicht. Und auch die normalen, weiblichen Prostituierten haben kein leichtes Auskommen und werden ausgepresst, missbraucht und schlecht behandelt, leben oft am Ende in bitterer Armut. Weil die Polizei korrupt ist und keine Standards durchsetzt, sondern laufen lässt.

    Ich würde das aber insgesamt als eine Art Menschenhandeln, eine Art Sklaverei bezeichen wollen.

    Es werden auch jedes Jahr junge Mädchen als Bräute verkauft und dann in anderen Ländern geheiratet. Üblich ist in islamischen Staaten die Heirat mit bekannten Familien und eine räumliche Nähe, wenn Frauen aus diesem Land am Golf oder in der Türkei heiraten, sind sie weit weg von ihren Familien und der 'übliche' Schutz für sie, reduziert sich, oft werden sie auch für die Polygamie geholt, heiraten alte Männer, was bedeutet, dass andere Ehefrauen ihnen höher gestellt werden und sie in den Haushalten ziemlich wenig Macht haben. Auch dieser Aspekt gehört m.M. zu diesem Themenkomplex, weil das Geld an die Familien der jungen Frauen fließt.

  • Sexuelle Ausbeutung und Gewalt gegen Minderjährige im Ausland wird ggf. in Deutschland verfolgt!

    Wer Zeugin von Straftaten wird, sollte die Beobachtungen hier an das BKA melden:

    www.nicht-wegsehen.net/

    Die Website wird von der EU gefördert.

  • Es ist immer wieder ein Grund für Wut. Was tun?

  • 6G
    657969 (Profil gelöscht)

    Danke für den Bericht, ich hatte keine Ahnung davon.

  • "Das ist an sich gut für professionelle Sexarbeiter*innen. "

    Terre de Femme schreibt zu den "Sexarbeiterinnen": Eine Studie von 2015 zeigt, dass manche Frauen ebenfalls von ihren Familien oder anderen VermittlerInnen in die Prostitution gezwungen werden. Undokumentierte Migrantinnen, besonders aus Sub-Sahara Afrika und eine kleine jedoch steigende Zahl von Frauen aus Südasien werden in die Prostitution und Zwangsarbeit genötigt. Kriminelle Netzwerke arbeiten in Oujda an der algerischen Grenze und im Norden in der Küstenstadt Nador und zwingen undokumentierte migrantische Frauen zu Prostitution und Betteln. Manche Migrantinnen, besonders Nigerianerinnen, die Oujda durchqueren, werden zu Prostitution gezwungen, nachdem sie in Europa ankommen.



    Internationale Organisationen, lokale NGOs und Migrantinnen berichten, dass unbegleitete Minderjährige und Frauen von der Elfenbeinküste, aus der Demokratischen Republik Kongo, Nigeria und Kamerun am vulnerabelsten sind und Sexhandel sowie Zwangsarbeit in Marokko ausgesetzt sind.



    Ausländer aus Europa und dem Nahen Osten sind in den Kinder-Sextourismus in großen marokkanischen Städten involviert." ( www.frauenrechte.d...id=17&catid=2&m=0)

    Das soll gut sein für diese Frauen?

  • 4G
    49242 (Profil gelöscht)

    Reden Sie nicht von Sexarbeiterinnen! Keine Frau, weder in Marokko noch sonst wo, verrichtet diese zutiefst erniedrigende "Arbeit" freiwillig. Immer stecken Zwang, Erpressung, Kriminalität dahinter. Das Gerede von "Sexarbeit" entspringt dem Vokabular der Täter - Täter, die auch vom Missbrauch von Kindern nicht zurückschrecken. Dass sich gerade die Wohlhabenden (Reichen) hier skrupellos bedienen, hat eine jahrhundertelange Tradition. Und dass diejenigen, die öffentlich Einhaltung strengster religiöser Normen einfordern, die widerwärtigsten Täter sind, ist gar ein „alter Hut“. Gleiches gilt für die im Beitrag wieder bestätigte Tatsache, dass Päderasten mit kleinem Budget per Billigflieger ihre Sehnsuchtsorte ansteuern. Die Globalisierung und das Internet machen es ihnen leicht. Aber auch die marginalisierend-woke Rhetorik, die gerade wieder einmal(!) in Politik und Medien um sich greift, wenn es um bestimmte Milieus geht, tut hier ein Übriges.

    • @49242 (Profil gelöscht):

      Sexarbeit dürfte in den meisten Fällen kein Traumjob sein, aber sie wird oft genug freiwillig ausgeübt — natürlich aufgrund des Zwangs im Kapitalismus Geld verdienen zu müssen. Ohne diesen Zwang, diese Erpressung, gäbe es weniger Sexarbeit und niemand arbeitete noch für Tönnies oder bei "Netto" an der Kasse.

    • @49242 (Profil gelöscht):

      "Das Gerede von "Sexarbeit" entspringt dem Vokabular der Täter"



      Der Begriff wurde von der Feministin und Aktivistin Carol Leigh geprägt um stigmatisierenden und abwertenden Bezeichnungen etwas entgegenzusetzen. Verwendet wird er uA von etlichen Berufsverbänden, ProFamilia, der Aidshilfe, Human Rights Watch, Amnesty International, ... Alles Täter*innen?



      "Keine Frau [...] verrichtet diese zutiefst erniedrigende "Arbeit" freiwillig. "



      "Stephanie: Lange bevor ich mit der Sexarbeit angefangen habe, habe ich mich als Feministin verstanden und mich auch für unsere Rechte eingesetzt. Meine Diplomarbeit als Sozialarbeiterin schrieb ich zu dem Thema „Macht Prostitution frei? Eine vergleichende Analyse weiblicher Prostitution aus feministischer und marxistischer Sicht“. So war es für mich auch immer selbstverständlich, mich als feministische Sexarbeiterin zu verstehen und unter Feministinnen zu werben, sich auch für die Rechte von Sexarbeiter*innen einzusetzen und den Respekt für die Arbeit und die Entscheidung zu dieser Arbeit zu fordern."



      care-revolution.or...t-als-care-arbeit/

      • @Ingo Bernable:

        Sie hat den Begriff mit Sicherheit nicht eingebracht um damit Zwangsprostitution und Kinderprostititution zu relativieren oder diese aufzuwerten.

        Der Begriff wurde vor dem Hintergrund der Sex-/Pornoindustrie von Leigh eingeführt.

        Zwangsprostitution und Kinderprostititution sollten schon mit den treffenden Begriffen benannt werden.

        • @Rudolf Fissner:

          Um Zwangs- und Kinderprostitution ging es RadikalerZweifel aber auch nicht, sondern um Kritik am Begriff der Sexarbeit und die These, dass diese immer und ausnahmslos Zwang und Erniedrigung bedeuten würde.

    • @49242 (Profil gelöscht):

      Gut auf den Punkt gebracht. Ich frage mich auch immer wie Woke das auch psychisch macht: das Ausblenden des Leides und der Gewalt, das die Missbrauchten erfahren. Sie sind oft krankC haben Unterleibsbeschwerden, sind Traumatisiert etc etc.



      Bspw Teresa Bücker, in ihrem unsäglichen Artikel, dass schwangere Frauen (in Prostitution) endlich wieder (nach Covid) arbeiten dürften (bloss die Vorstellung von Freier mit Schwangerschaftsfetisch …). Ich frage mich echt wie kann man sein Mitgefühl so selektiv abspalten, dass sowas okay ist, aber bei jeder „Mikroaggression“ Aufschreie erfolgen? Das ist unter ethischen Aspekten do lost und gleichzeitig wird eine moralische Überlegenheit zelebriert.

    • @49242 (Profil gelöscht):

      "Keine Frau, weder in Marokko noch sonst wo, verrichtet diese zutiefst erniedrigende "Arbeit" freiwillig."

      Aha, woher wissen Sie das so genau? Ich kenne zufällig zwei entfernte Freundinnen von früher (30-40 Jahre), die das freiwillig machen. Eine Ist Krankenschwester, hatte aber keine Lust mehr auf die Bürokratie, da sie Krankenschwester geworden sei um mit Menschen zu arbeiten und nicht Berichte zu schreiben. Sie hat also den Beruf gewechselt. So kann sie auch arbeiten, wann sie möchte. Eine andere, Kosmetikerin, verdiente zu wenig und wollte keinesfalls hinter eine Supermarktkasse. Und arbeitet lieber so. Beide mieten sich in abwechselnden Städten Zimmer und arbeiten jeweils alleine, sind offiziell angemeldet. Also ohne

      "Zwang, Erpressung, Kriminalität"

      denn sie zahlen auch ganz normal ihre Steuern.

      Das mag natürlich in Marokko anders sein. Das ist aber bei den Bauarbeiter aus Indien, der für quasi Nichts in Katar und anderen arabischen Ländern täglich sein Leben riskiert im Prinzip nicht anders. Sie sind alle durch Armut getrieben. Also muss die Armut bekämpft werden. Und die Polizei müsste in den Ländern - nicht in Deutschland, wo es ein normaler Beruf ist (s. o.) - durchgreifen.

      Aber selbst im Iran soll Prostitution normal sein. Sie heißt dort nur Ehe auf Zeit - die man auf Zeit, also Stunden, abschließen kann und danach automatisch endet.

      Man muss also differenzieren und in Deutschland zwischen regulärer Arbeit und Kriminalität unterscheiden.

      • @Test6:

        Genau: Ehe auf Zeit, war vor längerer Zeit im ZEIT Magazin eine Reportage aus Kairo: alten reichen Männern wurden von Familien minderjährige Mädchen zugeführt. Überlegen Sie doch mal für wessen Gunsten existiert so eine Regelung? Kaum zum Wohl der armen Frauen, das patriarchale System hat sich ein Schlupfloch geschaffen das kompatibel zur Sittenmoral erscheint. Und apropos Prostitution im Iran. Zur Zeit läuft auf Netflix dazu eine Doku über das Elend , dem die Frauen ausgesetzt sind.

  • Eigentlich braucht man_frau nicht weiterlesen, nach professionelle Sexarbeit und das sei auch gut so. (Habe den Artikel aber doch zu Ende gelesen).



    Diese Idealisierung und Verleugnung tut so, als zwischen guter und missbräuchlicher Prostitution zu trennen wäre. Egal wo man hinschaut: es kommt nämlich immer beides Hand in Hand, Korruption, Wegschauen inclusive. Da müssen wir gar nicht bis nach Marokko gehen, in D sind es zwar keine Kleinkinder, aber Zwang, Gewalt, Missbrauch allgegenwärtig, der grösste Teil der Frauen sind aus armen Ländern.



    Und in Marokko ist es auch grösstenteils Armutsprostitution in der sich westliche, europäische Männer sexuell (pädophile) austoben können. Wie kann der Autor diese sexistische, rassistische Arrangement abfeiern? Der Hinweis auf den Missbrauch wirkt wie ein Feigenblatt.

    • @Bär Lauch:

      "People worry that selling sex is degrading. Ask yourself: is it more degrading than going hungry or seeing your children go hungry? There's no call to ban rich people from hiring nannies or getting manicures, even though most of the people doing that labor are poor, migrant women."

      Aus: "The laws that sex workers really want" www.ted.com/talks/...orkers_really_want Ca. Minute 13.

      • @Odine Mohl:

        „Sex-Arbeit“ verteidigen und dabei exakt auf den Punkt bringen, warum die Mär der selbstbestimmten Sex-Arbeit eben nur das ist…



        Ein Märchen…von einer privilegierten selbstbestimmte High-Class Prostituierten, die sich ihre Freier selbst aussuchen kann und damit ihr Studium finanziert…Blablabla…



        „Ist es erniedrigender Hunger zu haben oder zuzusehen wie die eigenen Kinder hungern?“



        DAS ist eine reale Aussage zu Prostitution!



        Der Verkauf des eigenen Körpers mangels Alternativen.



        Setzten sechs liebe*r @Odine Mohn!

        • @Frau B aus Z:

          In der Sexarbeit werden keine Körper verkauft, sondern Dienstleistungen.

          Wer behauptet, daß Sexarbeit eine tolle Sache sei? Ich jedenfalls nicht, schon mangels eigener Erfahrung.

          Im Kapitalismus ist aber kaum eine Arbeit "selbstbestimmt" und kaum eine Erwerbsarbeit wird als Glück empfunden. Warum sollte das bei Sexarbeit anders sein? Es gibt aber keinen Grund, sie mehr zu kritisieren als andere Ausbeutungsverhältnisse.

          Im Gastgewerbe herrschen z.T. unsägliche Arbeitsbedingungen. Viele Menschen arbeiten halblegal, illegal, oft durch Arbeitszeitricks unter Mindestlohn. Sollte man deshalb die ganze Gastronomie infragestellen?

          • @Odine Mohl:

            Natürlich werden in der Sexarbeit auch Körper verkauft, es geht mehr als um Ausbeutungsverhältnisse, Frauen erfahren dabei ift Gewalt, werden verletzt etc.. Die Diskussion auf diese abstrakte Ebene zu heben hilft natürlich das Ganze zu relativieren.



            Daran kranken diese Diskussionen, die materielle Dimension wird abstrakt wegkonstruiert.



            Die Verkäuferin an der Kasse wird ausgebeutet, aber sie wird weder verletzt noch erfährt sie physische Gewalt.



            Mit diesem Relativismus kann fast jede Menschenrechtsverletzung schön geredet werden. Gibts viele Beispiele, Judith Butler hat da den Steigbügel gehalten.

  • Wieso ist das „gut für professionelle Sexarbeiter*innen“?



    Ab wann ist jemand denn ein*e professionelle*r Sexarbeiter*in?



    Wenn er/sie sich aus allen Jobs der Welt die Sexarbeit aussucht, weil er/sie schon immer davon geträumt hat für Sex bezahlt zu werden und hier ihr/sein Hobby zum Beruf wird?



    Oder wenn er/sie die Familie damit finanziell unterstützt?



    Oder wenn er/sie sich als Minderjährige*r freiwillig im Starbucks anbietet?



    Wie kann man einen Bericht über die sexuelle Ausbeutung von Menschen und deren Folgen schreiben und gleichzeitig schon wieder Prostitution als „professionelle Sexarbeit“ glorifizieren?!?!

    • @Frau B aus Z:

      Ich habe im Artikel keine Glorifizierung der Sexarbeit entdecken können. Daß Sexarbeiter/innen die bestmöglichen Arbeitsbedingungen haben sollen, darüber sind wir uns doch hoffentlich einig? Wäre die bloße Erwähnung von Arbeit in der Landwirtschaft oder im Bergbau, beides in Marokko sehr harte Jobs, bereits eine Glorifizierung?

    • @Frau B aus Z:

      Sie sprechen mir aus dem Herzen. Ich habe dasselbe gedacht.

    • @Frau B aus Z:

      +1

  • Als ein Burkini in Spanien vor 4 Jahren am Strand gesichtet wurde, hatte die Yellow Press (hierzulande Bild ect) monatelang darüber berichtet. Weiten Teilen der Europäischen Konservativen blieb dann nichts anders mehr übrig, als das Kreuz bei Rechts Extremen zu machen.

    Dieser Artikel, bzw die geschilderten Verbrechen, wird es nicht ansatzweise in solche Medien schaffen. Geschweige denn in die Köpfe unserer Wutbürger.

    • @SimpleForest:

      Das ist alles richtig, und die Tatsachen sind entsetzlich.



      Nichtdestotrotz der Hinweis, dass es auch einen marokkanischen Staat gibt, dem der Schutz seiner Bürger obliegt oder obliegen sollte.



      Das ganze ist meines Erachtens im übrigen auch eher eine Angelegenheit für die Strafverfolgung als für die Presse.

      • @Carsten S.:

        Schon richtig, andererseits sind es ja vielfach europäische Täter, die dorthin fliegen, daher ist Aufklärung hier auch geboten.

        Ich finde im Übrigen auch einige Begrifflichkeiten in dem Artikel kritikwürdig, obwohl er weitgehend korrekt von Opfern und Tätern, von Ausbeutung etc. spricht. Der Begriff "Sextourimus" beispielsweise normalisiert m.E. die Täterseite des Phänomens. Es handelt sich um Gewalttäter, die das, was sie suchen, in Europa nicht (so einfach) bekommen können. Also um Kriminelle, nicht um Touristen.

        Generell zu bestreiten, dass es selbstbestimmte Sexarbeit gibt, halte ich aber auch für fragwürdig, daher finde ich einige der Kommentare hier überzogen. Aber im Kontext dieses Artikels und der Situation in Marokko, die dort beschrieben wird, ist der Begriff doch eher fehl am Platz. Es ist auch kaum davon auszugehen, dass die "Sextouristen" sich füt die Freiwilligkeit der "Sexarbeit" dort interessieren.

        Und bei den Mädchen und Frauen in der Selbsthilfegruppe frage ich mich, ob "HIV-positive Sexarbeiter*innen" die Selbstbezeichnung ist. Ich vermute eher nein. Das wird im Text nicht klar, wäre aber wichtig.

        • @sàmi2:

          Das können dann auch deutsche Staatsanwälte übernehmen, wenn die Täter hier bei uns leben.

          Ich wage zu behaupten, dass die Berichterstattung ohne angemessene rechtliche Konsequenzen schon fast eine Werbeveranstaltung ist.