Seilbahn in Berlin wird ÖPNV: Billiges Vergnügen in luftiger Höhe
In Berlin gibt es eine Seilbahn. Pläne der neuen Landesregierung sehen vor, dass man diese bald mit einem normalem Nahverkehrsticket benutzen kann.
Bislang gilt die gerade einmal 1,5 Kilometer lange Schwebestrecke eher als Touristenattraktion. Sie verbindet die U-Bahn mit den Gärten der Welt, einem beliebten Ausflugsziel im Plattenbaubezirk Marzahn-Hellersdorf. Als Teil des ÖPNV wäre die Seilbahn dann auch im Berufsverkehr im Betrieb und würde nicht länger um 17 Uhr (sowie im Winter) den Betrieb einstellen.
Die Seilbahnstrecke wurde nicht etwa gebaut, weil der Kienberg, den sie überwindet, besonders hoch ist. Die ursprünglich nur kleine Erhebung wurde beim Bau der sie umgebenen Plattenbauten durch Bauschutt künstlich auf eine Höhe von lediglich 102 Metern über Normalhöhennull aufgeschüttet. Die Seilbahn soll vielmehr verhindern, dass das den Berg umgebende wertvolle Feuchtbiotop von den Besuchern der weitläufigen Parkanlage mit Gärten aus aller Welt zertrampelt wird.
Seilbahnen als Teil des öffentlichen Nahverkehrs kennt man bisher aus lateinamerikanischen Städten, innerhalb derer große Höhenunterschiede herrschen. Aber auch in Bremen, Bonn und München gab oder gibt es Überlegungen, Seilbahnen zur Lösung von Verkehrsproblemen zu nutzen.
Klimafreundlich, leise, schnell zu bauen
Eine Studie der neuen Bundesregierung soll nun bis 2023 zeigen, ob Seilbahnen den ÖPNV sinnvoll ergänzen können. Auch der Bund kann dem Verkehrsmittel etwas abgewinnen. Es ist klimafreundlich, leise, schnell zu bauen und kann den Verkehrskollaps auf den Straßen entlasten. Studienautor Sebastian Beck vom Beratungsunternehmen Drees & Sommer meint, der ÖPNV der großen Städte sei zwar gut organisiert, stoße aber an seine Grenzen. „Bei der Seilbahn geht es darum, Lücken zu schließen, zu entlasten, zu verlängern, zu überbrücken.“ Laut Lars Wagner vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen ist der verkehrliche Nutzen wichtig – weil dann eine Förderung durch den Bund möglich werde.
Der unmittelbare Nutzen ist für die 1,5 Kilometer kurze Ministrecke in Berlin eher bescheiden. Aber es gibt Überlegungen, sie zu verlängern. BezirkspolitikerInnen in Berlin fordern zudem, Seilbahnen an anderen Orten Berlins zu bauen, beispielsweise zur Erschließung neuer Wohngebiete in Berlin-Pankow und -Spandau, wo es weder S- noch U-Bahn gibt und die Straßen verstopft sind.
Auch Überlegungen von Seilbahnstrecken über den Wannsee, das Tempelhofer Feld oder zum Müggelturm am Müggelsee waren schon aufgekommen; hier wäre der Nutzen eher ein touristischer.
Seit 2018 haben inzwischen alle demokratischen Parteien in Marzahn-Hellersdorf gefordert, die Marzahner Seilbahn in den ÖPNV zu integrieren. Es erwies sich als sehr praktisch, dass die Bezirksvorsitzenden von SPD und Linken, Iris Spranger und Kristian Ronneburg, gleichzeitig FachpolitikerInnen ihrer Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus waren und sie auf Landesebene pushen konnten.
Widerstand gab es jedoch von der BVG. Für sie würden Seilbahnen eine neue Sparte bedeuten – mit neuen Ausbildungsberufen und bisher nicht vorhandener Fachkompetenz. Als Kompromiss wurde die Marzahner Seilbahn bislang nicht der bremsenden BVG zugeschlagen, sondern Grün Berlin GmbH, die auch die Gärten der Welt betreibt. Das müsste sich mit der Integration in den ÖPNV aber ändern.
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