Noch eine Seilbahn für Berlin: Eine luftige Idee

Die SPD Treptow-Köpenick will den Müggelturm per Seilbahn erschließen. Der Vorschlag stößt auf Skepsis.

Das Bild zeigt den hohen, schmalen, weißen Müggelturm

Vom Müggelsee zum Müggelturm wünscht sich die SPD Treptow-Köpenick eine Seilbahn Foto: dpa

Geht es nach dem Willen der SPD in Treptow-Köpenick, soll zum Müggelturm in Zukunft eine Seilbahn führen – und das gleich von zwei Seiten aus. Eine Strecke soll von der Ausflugsgaststätte Rübezahl am Müggelsee auf den 115 Metern hohen Müggelberg führen, immerhin die höchste natürliche Erhebung in Berlin. Hinunter soll man dann in einer Gondel über den Köpenicker Forst und den Langen See schweben bis zu der Bammelecke, dem FKK-Strand an der Dahme in Grünau. Dort könnte man dann im Sommer nicht nur ein Bad nehmen, sondern gleich von der Seilbahn in die Straßenbahn umsteigen, Fahrradmitnahme inklusive.

„Das haben wir als SPD Treptow-Köpenick in unserem Verkehrskonzept beschlossen“, erläutert Lars Düsterhöft, Abgeordneter aus dem Südostbezirk. „Noch im Januar wird unsere BVV-Fraktion eine Machbarkeitsstudie beantragen.“

Überhaupt scheint die Seilbahn als Verkehrsmittel in Berlin an Beliebtheit zu gewinnen: Auch in Pankow könnte sich der dortige Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) eine solche vorstellen, um damit dort geplante neue Wohngebiete anzubinden. Am 27. Januar soll das auch mit einem Fachvortrag des Verkehrswissenschaftlers Heiner Monheim über urbane Seilbahnsysteme diskutiert werden.

Attraktion für Touristen

In Köpenick soll die Seilbahn laut Düsterhöft die touristische Attraktivität verbessern. „Wir haben zwar touristische Highlights mit viel Potenzial, aber sie sind wenig bekannt und stehen auch nicht in vielen Berlin-Reiseführern. Mit einer Seilbahn könnten sie attraktiver werden.“ Bisher ist der Große Müggelberg, auf dem der Müggelturm steht, nur über einen schönen, aber beschwerlichen Wanderweg erreichbar.

IGA-Bahn 2017 wurde zur Erschließung der Internationalen Gartenbauausstellung IGA in Marzahn eine 1,5 Kilometer lange Seilbahn gebaut. Sie reicht von der U-Bahn-Station Gärten der Welt über das Wuhletal und den 102 Meter hohen Kienberg zur IGA. Bis Ende 2020 ist die Finanzierung der Seilbahn gesichert.

Zum ÖPNV Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf und das Land Berlin wollen die Seilbahn erhalten. Es wird geprüft, ob sie in den ÖPNV integriert werden kann, sodass man ab 2021 mit einem BVG-Ticket mitfahren kann. Die Kosten dafür stehen noch nicht fest. Außerdem müsste die Seilbahn dann auch während des Berufsverkehrs fahren und nicht nur während der Öffnungszeiten der Gärten der Welt. Auch über eine Verlängerung der Strecke nach Alt-Marzahn oder über das Wuhletal bis Köpenick wird diskutiert. (taz)

Allerdings scheint es für die Seilbahn-Idee außerhalb der SPD wenig Begeisterung zu geben. Philipp Wohlfeil, Frak­tions­chef der Linken in der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick – jener Partei, mit der die SPD in dieser Legislaturperiode eine Koopera­tions­vereinbarung getroffen hat –, sieht darin „einen amüsanten Vorschlag, der erst mal für die Öffentlichkeitsarbeit der SPD gut ist“, sagt er der taz. „Ich habe allerdings nichts gegen eine Seilbahn, falls diese privat finanziert wird und für ihren Bau keine Bäume im Köpenicker Forst gefällt werden müssen.“

Noch skeptischer ist der grüne Verkehrspolitiker Harald Moritz aus dem Abgeordnetenhaus, der ebenfalls aus Treptow-Köpenick kommt. „Eine Seilbahn zum Müggelturm können wir bauen, wenn wir alle anderen verkehrspolitischen Vorhaben umgesetzt haben und uns danach gar nichts Dringlicheres mehr einfällt.“

Eine Finanzierung dieses rein touristischen Anliegens aus dem Landeshaushalt lehnt Moritz ab. „Wir müssen vordringlich das Geld aus dem Verkehrsetat für die Tariferhöhung bei der BVG bereitstellen. Wir müssen neue S- und U-Bahn-Fahrzeuge anschaffen und neue Busse, und wir müssen die Taktung an vielen Stellen im ÖPNV erhöhen. Das hat Priorität.“ Dann sei da noch die bereits bestehende Seilbahn am Kienberg in Marzahn-Hellersdorf, die Berlin erhalten und bezahlen will, sagt Moritz. „Aber es ist noch unklar, was uns das kostet. Im Unterschied zu einer Müggelturm-Seilbahn hat diese nicht nur eine touristische, sondern auch eine verkehrliche Funktion, auch wenn nicht jeder diese Position teilt.“

Der Verkehrspolitiker weist darauf hin, dass die BVG diese vorhandene Seilbahn unter keinen Umständen betreiben will, weil ihr das Fachpersonal für Seilbahnen fehle. „Auch dieses Personalproblem muss Berlin lösen, bevor es eine neue Seilbahn bauen kann.“

Entlastung der Busse

Falls es eine neue geben sollte, würde Moritz eine Strecke präferieren, die Verkehrsströme auffangen kann und nicht rein touristischen Zwecken dient, beispielsweise eine zur Entlastung der Busse in Spandau. „Etwas anderes wäre es natürlich, wenn sich der touristische Bedarf am Müggelturm rechnen würde. Vielleicht wären ja Touristen bereit, für das Erlebnis Seilbahn 10 Euro und mehr zu berappen, oder es gibt private Fördergelder.“

Die Idee von einer Seilbahn zum Müggelberg ist nicht ganz neu. Schon 1998 brachte der damalige Köpenicker Bezirksbürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) sie ins Spiel. Sie scheiterte, weil sich kein Investor fand. Damals lag allerdings auch der Müggelturm brach, der inzwischen einen neuen Betreiber hat.

So werden die Berliner vermutlich noch lange das Kleinod um Müggelsee, Teufelssee, Müggelberge und die Köpenicker Wälder und Seen nicht mit Touristen zu teilen brauchen. An Sommerwochenenden kann es aber auch schon jetzt richtig voll auf den Wanderwegen werden.

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