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Schwarz-rote KoalitionScheitern ist gestattet

Peter Unfried
Kommentar von Peter Unfried

Diese Bundesregierung muss Bestand haben, sonst regiert bald die AfD. Dieses Narrativ ist falsch und so etwas wie eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Finanzminister Lars Klingbeil (l, SPD) spricht am 14. 5. 2025 in Berlin mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Foto: Michael Kappeler/dpa

D iese Bundesregierung darf nicht scheitern. Das hat Friedrich Merz seiner Wahlperiode als Kanzler vorangestellt. Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht das so. Der Hintergrund hierfür ist die Annahme: Wenn sie scheitert, dann gewinnt die AfD die nächste Bundestagswahl, führt dann wohl auch die nächste Bundesregierung an und baut die liberale Demokratie ab. Oder man kratzt für eine Mehrheit noch mal alles zusammen – von CSU bis Linkspartei – und ist dann aber so disparat, uneins, schwach, dass das AfD-Szenario bei der übernächsten Wahl passiert.

Es gibt nur einen Weg, das zu verhindern: Diese Bundesregierung muss scheitern dürfen. So wie jede Regierung in einer liberalen Demokratie scheitern dürfen muss – und dann eine neue liberaldemokratische Regierung gewählt wird, in der Hoffnung, dass sie nicht alles anders, aber einiges besser macht.

Zunächst mal: Darf-nicht-Ultimaten sind Metaphysik, spekulative Predigten und gern auch negative self fulfilling prophecies. Bestes Beispiel: Trump darf nicht Präsident werden, so lautete die Wahlbeschwörung der Demokraten. Das war der Grundstein für Trumps erneute Präsidentschaft. Ein Darf-nicht-Ultimatum ist der Versuch, mit einer hochmoralischen Verneinung durchzukommen, wenn man selbst kein attraktives Angebot zu machen hat. Darf-nicht ist keine Grundlage für Politik und politisches Gespräch, denn was soll man mit der Vorgabe noch inhaltlich diskutieren?

Mit dem Darf-nicht-Ultimatum versucht man durchzukommen, wenn man selbst kein attraktives Angebot hat

Ein besserer Ansatz scheint daher erst einmal, zu klären, worin das „Scheitern“ bestehen würde. Wenn sich das allein darauf bezieht, dass die AfD nicht weiter wachsen darf, könnte die Regierung zum Beispiel eine gescheiterte Klimapolitik als Voraussetzung dafür behaupten. Oder einen Rückbau der emanzipatorischen Moderne. Nach dem Motto: Leider keine postfossile und konkurrenzfähige Wirtschaft, sonst wächst die AfD. Leider keine offene Gesellschaft mehr, sonst wächst die AfD. Und so weiter. In diesem Denken wäre dann nicht Kanzler Merz gescheitert, aber die liberale Ordnung des Westens. Das Aufgeben von Zukunft und Politik wäre alternativlos, denn Zukunftspolitik hieße, dass die AfD wächst.

taz talk zum AfD-Verbot

Über Pro & Contra eines Verbots der AfD diskutieren aus linker Perspektive Ricarda Lang, Angela Furmaniak, Thorsten Mense und Lukas Wallraff – am Mittwoch, 28.05.2025, 19:30 Uhr, in der taz-Kantine.

Der Eintritt ist frei, aber eine Platzreservierung erforderlich. Bitte nutzen Sie dafür das Reservierungstool von Pretix hier.

Die Veranstaltung wird auch live gestreamt auf dem Youtube-Kanal der taz.

🐾 Ricarda Lang ist Bundestagsabgeordnete des Bündnis 90/Die Grünen und ehemalige Parteivorsitzende.

🐾 Angela Furmaniak ist Rechtsanwältin und als Strafverteidigerin tätig. Sie ist im Vorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV), der die Initiative „AfD-Verbot Jetzt!“ mitträgt.

🐾 Thorsten Mense ist Soziologe, Autor und als Journalist unter anderem für Jungle World und konkret tätig. Er findet Antifa sinnvoller als Verbote.

🐾 Lukas Wallraff ist seit 1999 bei der taz – zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt als Titelseiten-Redakteur bei tazeins. Er steht einem AfD-Verbot skeptisch gegenüber.

🐾 Lotte Laloire moderiert diesen taz Talk. Sie ist taz-Redakteurin und Herausgeberin eines Buchs über die extreme Rechte.

Der Politiklieferdienst soll Normalität bringen

Genau dieses Prinzip, Politik beziehungsweise deren Vermeidung zu sehr an der Stimmungsgesellschaft und der AfD auszurichten, hat die AfD groß gemacht. Man muss hier nicht nostalgisch mit dem früheren SPD-Kanzler Willy Brandt und seiner Ostpolitik gegen eine aufgeheizte Stimmungsgesellschaft kommen. Aber die These wäre schon, dass der weitgehend macht- und zu wenig inhaltsorientierte Opportunismus von Union und SPD (und zuletzt auch in geringerem Maße von den Grünen) die liberale Demokratie geschwächt hat.

Die Verärgerung von Leuten ist im System angelegt, solange man wie ein Mantra behauptet, dass man als Politiklieferdienst die veränderte Realität wieder auf „normal“ stellen werde. Das war eine Lüge angesichts der Realität militärischer Kriege, Wirtschaftskriege, des Kampfs um Rohstoffe, der bröckelnden Sozialsysteme und Infrastrukturen. Da hilft auch der riesige Kredit auf die Zukunft vermutlich nur bedingt. Die Wahrscheinlichkeit in dieser Lage ist hoch, dass das Regieren von Union und SPD die Ränder stärken wird. Den einen wird es so oder so „zu links“ sein, einem kleineren Teil nicht links genug.

Fehler der Regierung zahlen auf die AfD ein

Der Trick der Union in den vergangenen Jahren bestand darin, die veränderte Realität den Grünen in die Schuhe zu schieben. Der Trick der AfD besteht darin, die veränderte Realität der liberalen Demokratie in die Schuhe zu schieben, zunächst den Grünen, inzwischen volle Pulle ihrem Hauptfeind, der Union.

Das macht die Lage für die letzte verbliebene Mittepartei in der Opposition extrem schwierig, wenn die Fehler der Regierung eben nicht auf die Grünen einzahlen, sondern auf die AfD – und vielleicht noch auf die Linkspartei. Noch schwieriger: Zum einen ist es essenziell, einen Umgang mit der unionsgeführten Regierung zu finden, die deren Arbeit aus Sicht des bedingt aufbruchsbereiten Teils der gesellschaftlichen Mitte in der Sache kritisiert. Zum anderen aber eine künftige Zusammenarbeit nicht ausschließt, schon gar nicht mit dem tödlichen Gift der Hochmoral. Denn eine liberaldemokratische Mehrheit ohne Union ist mathematisch schwer vorstellbar. Und würde eine Aufgabe der Mitte bedeuten und damit feindliche Polarisierung.

Selbstverständlich werden die üblichen Verdächtigen nichtsdestotrotz eine „linke Mehrheit“ beschwören, okay, das ist ihr Job. Aber bitte, wo sollten die dafür notwendigen Linken plötzlich herkommen? Sie müssten schon einwandern (aber woher?). Oder von der Union konvertieren (statt zur AfD zu gehen). Die entscheidende Frage ist: Wie handelt eine linke Mehrheit realpolitisch mit Blick auf das Projekt der liberalen Moderne, der emissionsfreien Marktwirtschaft, des komplizierten Handlings der geopolitischen Krisen des 21. Jahrhunderts? „Antikapitalismus“ und „Antifaschismus“ sind keine sachpolitischen Zukunftsprojekte, sondern allenfalls Vaterunser.

Die erste Frage ist: Wozu?

Die Lage ist verzwickt: Die Regierung aus Union und SPD muss scheitern dürfen, ohne dass deshalb die liberale Demokratie gescheitert wäre. Dafür braucht es ein Bewusstsein dafür, dass Angst vor und Orientierung an der AfD der sicherste Weg sind, sie immer größer zu machen. Die Frage ist, wer 2029 noch eine Mehrheit gegen die AfD bilden kann. Davor steht aber die Frage: Wozu? Die AfD ist ein Problem, keine Frage, aber sie wird auch benutzt, um von der eigenen Politik- und Zukunftslosigkeit abzulenken. Wenn diese Regierung tatsächlich unsere „letzte Chance“ wäre, dann gnade uns Gott.

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Es braucht jetzt ein öffentliches und politisches Gespräch über die zentralen Probleme, die prioritär gelöst werden müssen. Und was gemäßigt Konservative wie bedingt Aufbruchsbereite bereit sind, dafür gemeinsam zu tun und was hintanzustellen. Daran und nur daran muss man diese Bundesregierung messen. Und dann entweder bestätigen oder abwählen.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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14 Kommentare

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  • …ansonsten - thnx a lot for photo - 🙀🥳🤣 -



    Der agressiv schmallippige Außenbordchancellor & der von mir wenig geschätzte FinVize mit fein verstecktem Schmunzeln im Augenwinkel! Wollnich

    Lars 'Moritz‘ Klingebiel - was ist er?



    Mit dem New York Wortspiel auf den Lippen 👄



    “Wat regste plusterste dich denn so auf? Alter



    Du bist doch nur so sauer! Wollnich



    Weil du weißt, daß du vor mir sterben wirst!“ 😎

    unterm—-



    Da nichts treibsatzartiges Neues über Christian 🏎️ Lindner “der alte 🤬“ ©️ PU sei Perle -



    von sei Superhyperpiper (remember!;) auffindbar - ende ich hier



    (“Treibsatz Modellrakete



    Als Treibsatz bezeichnet man einen fertig konfektionierten Antrieb für Modellraketen. Treibsätze für Modellraketen bestehen stets aus einer Treibladung und meist auch aus einer Verzögerungsladung und einer Ausstoßladung. Als Treibstoff kommt im Regelfall bei kleineren Treibsätzen Schwarzpulver! zum Einsatz.



    & dazu gern & unerreicht - Oskar Wilde - Gelle



    »Jetzt steig' ich auf!« rief die Rakete und machte sich ganz steif und gerade. »Ich weiß, daß ich viel höher steigen werde als die Sterne, viel höher als der Mond, viel höher als die Sonne. Ich werde so hoch stei……



    Aber niemand sah sie •

  • „Denn eine liberaldemokratische Mehrheit ohne Union ist mathematisch schwer vorstellbar. Und würde eine Aufgabe der Mitte bedeuten und damit feindliche Polarisierung.“



    Mit Verlaub, DAS halte ich für Humbug. Warum sollte eine Mitte-Links-Konstellation eine Aufgabe der Mitte und damit politische Polarisierung bedeuten?



    Ist Polarisierung denn Teufelswerk für eine liberale Demokratie, so dass sie immer nur „Mitte-Mitte“ - also jetzt in Gestalt der kleinen GroKo - funktionieren kann? Lebt Demokratie nicht vielmehr auch von Polarisierung?



    Und überhaupt: ist die Mitte in der liberalen Gesellschaft etwas Statisches, für ewig an die Unionsparteien gebunden? Oder nicht doch etwas Dynamisches, wie sich ständig verändernde politische Konstellationen.



    Der Verweis Unfrieds auf Brandts sozialliberale Koalition ist von daher nicht bloß ein rein nostalgischer - gesellschaftspolitische Paradigmen können sich ändern, wie auch parteipolitische Mehrheiten.



    Vor noch nicht allzu langer Zeit war Rot-Grün noch so was von Mitte (und R2G halt linke Mitte) - jetzt müssen wir schon aufpassen, dass „gesichert rechtsextrem“ nicht die neue Mitte wird.



    Es geht dabei auch stets um den Kampf um die Köpfe.

  • Das ist sehr gut beobachtet: "Scheitern" kategorisch ausschließen zu wollen ist zutiefst undemokratisch.

    Ergebnisoffenes Ausprobieren und dann wieder Revidieren macht doch gerade Demokratie aus.

  • Komisch, das Narrativ "die Grünen sind zu blöd zum regieren.." hat sich rasant schnell verbreitet (obwohl faktisch falsch, sogar in den eigenen Reihen). Klimawandel ist heute schon "zweitrangig". Ein "Verliererthema" "Verbote" halt... Und wo kommt denn das Narrativ "Alle Demokraten sind zu blöd, am Ende dann doch lieber AfD" her? Oder "die CDU/FDP versteht was von Wirtschaft" Bitte WER verbreitet denn jeden Tag aufs Neue solche Narrative? Frisch geschminkte Moderator:innen reden davon das "Eier zu teuer sind" und die "AfD ist die neue Arbeiterpartei" Hm und wieso verbreitet sich das Narrativ "... Abgesehen von dem ganzen Nazikram, die AfD ist doch schlicht zu dumm einen Eimer Wasser auszukippen und hat mit Arbeitern - ausser beim Rassismus - gar nichts am Hut" nicht? Es wird Zeit, dass in den Redaktionen dieses Landes ein paar Leute aufwachen. Spot on facts und nicht nur Nebelkerzen, Tabus und Mysterien verbreiten. Ja nu, aber wo bleiben sie denn "die Medien" wo hin laufen sie denn?

  • Scheitern ist unter keinen Umständen gestattet----



    ===



    genauso wie Kretschmann (Grüne) vorausschauend warnt. Es gibt auch niemanden in der Regierung und bei den Grünen die glauben, Realität wieder auf „normal“ stellen zu können -- allein schon deswegen, weil niemand eine Glaskugel besitzt Zukunft vorrauszusagen. Die ""Zeitenwende"" von Olaf Scholz beschreibt es treffend - ohne Sicherheit nach aussen kann es keine innere Sicherheit geben -- auch unabhängig davon, ob es gelingt die innenpolitischen und wirtschaftlichen Probleme mit mehrheitlicher Zustimmung der Wähler zu lösen .

    Es ist die CDU die gefährdet ist nach rechtsaussen abzudriften. Entscheidend sind die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Beispiel: Ohne die Einstufung als komplett rechtsextremistisch hätte der Wendehals nach rechts mit dem Namen Jens Span, wie er es vorher angekündigt hatte, für die 151 Rechtsextremisten im Bundestag gestimmt den Vorsitz von Ausschüssen übernehmen zu dürfen.

    Das VS - Gutachten ist ein wirksamer Warnschuss auch in Richtung Christdemokraten - wobei die Koalitionsbereitschaft der Sozialdemokraten der Damm ist der die CDU hindert mit Rechtsextremisten Bündnisse einzugehen.

  • Spiel ohne Flanken



    CDU und SPD bewegen sich viel zu sehr in der Mitte der Mitte und haben die linke und die rechte Flanke gar nicht mehr besetzt. Der "ab in die Mitte" Kurs der CDU begann mit Merkel. Da wurde um die Gunst der Wähler am linken Ufer gefischt Der "ab in die Mitte" Kurs der SPD begann mit Schröder. Beide Parteien sind bisher voll in der Mitte geblieben.



    Selbst die Grünen würde ich heute eher als konservative Partei einordnen, sie hat nichts mehr von früher.



    Unter Merz hat man zum ersten mal den Eindruck, dass er die Partei (zusammen mit Söder) wieder etwas mehr nach rechts aufstellt, was der AfD zum ersten mal seit langem Stimmen in der Sonntagsfrage gekostet hat. Während Klingbeil vollends in die Mitte steuert und die Wähler zu den Linken abwandern.



    Diese Koalition muss liefern und wieder rechts und links mehr klare Kante zeigen. Sie darf streiten, aber bitte nicht öffentlich.



    Aber sie muss liefern, was unter der Ampel zu wenig der Fall war. Und liefert sie nicht und sucht den Feind beim Koalitionspartner, statt bei der AfD, dann wäre ein Scheitern aus meiner Sicht eine Eintrittskarte für die AfD.

    • @Hans Dampf:

      Ich wuerde ja eher sagen die CDSU ist komplett auf der rechten Flanke, SPD in der Mitte mit leichten Drift nach Rechts. Die AFD ist nicht mal mehr auf dem Spielfeld. Die CDSU kann auch noch so weit nach Rechts Ruecken die Erwartungen von deren Waehlern kann eine demokratische Patei nicht erfuellen.



      .



      Das es Veraenderungen bei den Umfragen fuer die AFD gibt wuerde ich nicht ueberbewerten. Das ist doch alles Kaffeesatzleserei. Die Partei hat ihren Senit erreicht, mehr Potential gibt es schlicht nicht zu erschliessen. Eine Partei die deutlich weniger Frauen als Maenner waehlen sind klare demographische Grenzen gesetzt.

    • @Hans Dampf:

      Liefern statt labern soll also diese Koalition … gut, von mir aus, einverstanden.



      Aber was sehen wir aktuell gerade bei der neu aufflammenden Debatte um Taurus-Lieferungen für die Ukraine und Reichweitenbegrenzung von Waffensystemen: der Kanzler und CDU-Vorsitzende prescht vor, der Finanzminister und SPD-Vorsitzende rudert zurück.



      Beide Parteien sind halt darauf angewiesen, sich in der Koalition eigenständig zu profilieren, notfalls auch auf Kosten des anderen. (Und für die SPD hängt davon noch weitaus mehr ab als für die Unionsparteien.)



      Das funktioniert nicht ohne Reibungsverluste und insofern hat Unfried ja recht, dass man dabei nicht ständig auf die AfD wie das Kaninchen auf die Schlange starren sollte.

  • Wenn die SPD nicht ganz untergehen will, MUSS sie ihr Profil auch zeigen. Wenn das dann zum scheitern der Merz-Regierung führt, dann hat das halt nicht gepasst. Aber jeder Kröte schlucken nur um nicht zu scheitern, kann schon dazu führen, dass man sich verschluckt. Und das ist dann eben nicht das Ziel.

  • "Ein Darf-nicht-Ultimatum ist der Versuch, mit einer hochmoralischen Verneinung durchzukommen, wenn man selbst kein attraktives Angebot zu machen hat. Darf-nicht ist keine Grundlage für Politik und politisches Gespräch, denn was soll man mit der Vorgabe noch inhaltlich diskutieren?"



    Dem pflichte ich vollumfänglich zu. Die Lösung all unserer Probleme kann nicht das Verbot der Opposition sein, sondern einzig eine Politik die der Bevölkerung Lösungen der mannigfaltigen Probleme bietet.



    Ein Verbot löst kein einziges Problem, es verschiebt maximal die Konsequenz nach hinten - zum Preis von Glaubwürdigkeit und Misstrauen.



    Und genau da kommt das "Darf-nicht-Ultimatum" dann doch ins Spiel, denn Regierungen werden immer noch aus Mehrheiten gebildet - und wenn diese ohne die AfD nicht mehr gebildet werden können, wird sie natürlich mitregieren - oder schlimmstenfalls gar allein regieren.



    Das ist keine "Metaphysik" und auch keine "spekulative Predigt", sondern dann schlicht Tatsache.

  • "Diese Bundesregierung muss scheitern dürfen." Auf konservativer Seite hat man der "Ampel von Anfang an nicht über den Weg getraut und vermutet, dass die Fliehkräfte in einer Verbindung von "Ökoaktivisten der Herzen" und "radikalen Marktliberalen" zu groß werden würden und auch "Buddha" Hr. Scholz als "Moderator" (Eigenbeschreibung) deutlich überfordern werden. Und so kam es, nur schneller als erwartet.



    Jetzt kann man wenige Tage nach Vereidigung der neuen Regierung aus Lust am Ränkespiel oder Wurschtigkeit von Links das Ganze zurückgeben und der "GroKo" schon das Leichentuch weben. Ob es jetzt bei der AfD einzahlt oder nicht: Was der Wähler erwartet, sind Lösungen, die sich an den Problemen und nicht den Wahlprogrammen orientieren. Das ist eigentlich leicht zu verstehen. Scheitern ist ein Prozess und im Koalitionsvertrag nicht eingepreist.

    • @Vigoleis:

      "Was der Wähler erwartet, sind Lösungen, die sich an den Problemen und nicht den Wahlprogrammen orientieren."



      So einfach, so logisch - und doch unverständlich für unsere Parteien, denn da hört man nach Wahlniederlagen niemals 'unser Programm hat anscheinend den Bedürfnissen der Wähler kein adäquates Angebot untwrbteitet', sondern man hört ausnahmslos Floskeln a la 'wir sind mit unserem Programm nicht zum Wähler durchgedrungen' - hinter dieser Floskel versteckt sich die Schuldzuweisung an die Wähler, die zu doof oder taub waren, das Wahlprogramm und den Sinn dahinter zu verstehen...



      So lange das so bleibt, wird sich wenig am Niedergang der Parteien ändern

  • "Es braucht jetzt ein öffentliches und politisches Gespräch über die zentralen Probleme, die prioritär gelöst werden müssen. "

    Die Antworten aus dem Gespräch werden vielleicht anders ausfallen, als dem Autor lieb ist. Die Mehrheit scheint an gutem Leben, ausgehend von Wirtschaftswachstum und einem Leben in Sicherheit interessiert zu sein. Wer oder was fördert das? Die Antworten können sehr unterschiedlich ausfallen.

    • @fly:

      Gute Idee, aber was meint die Mehrheit mit einem "guten Leben" wirklich?



      Wirtschaftswachstum für Bullshit-Konsum, um den Preis der Anheizung des Klimawandels, auf Kosten von Gesundheit und Menschenrechten hier und andernorts?



      Ein Leben in Sicherheit durch "Ausländer raus" und "Grenzen dicht" unter Missachtung der demografischen Entwicklung und mit einer beispiellosen Unbarmherzigkeit gegenüber politisch Verfolgten und geflüchteten Menschen und ihrer Familien unter Verstoß gegen internationales Recht?



      Sie sehen schon, wie entsetzlich weit diese Mehrheit von sich selbst und der Vorstellung, was ein wirklich "gutes" Leben - auch langfristig - ist, entfremdet ist?