Schroeder und Somuncu schwer beleidigt: Gekränkte Eitelkeit
Serdar Somuncu und Florian Schroeder verdienen mit Witzen Geld. Sinn für Humor haben die beiden allerdings nicht – wie ein jüngstes Beispiel zeigt.
Wer sich gerne 20 Minuten peinliche Prominente auf der Bühne anschaut, hat seit letzter Woche neues Youtube-Material. Während einer Live-Show ihres Radio1-Podcasts „Schroeder & Somuncu“ geifern und ätzen die Komiker, Kabarettisten, Satiriker – ja was eigentlich genau? – gegen die Zuschauerin Gabriele Frydrych und ihre zwei Freundinnen. Frydrych hatte es gewagt, vor die Bühne zu treten und zu fragen, ob denn noch Kabarett zu erwarten sei – und löste dadurch einen klassistischen und misogynen Aggrorausch der beiden Künstler aus.
Das Publikum johlte. Und entlarvte damit auch den eigenen fragwürdigen Humor. Lustig fand das Frydrych aber nicht. „Eher armselig“, sagt sie der taz. 10 Euro bot ihr Somuncu an, wenn sie sofort gehe. Sie verlangte 40 Euro. „Ich wollte kein Schweige-, sondern mein Eintrittsgeld.“
Am Ende zog Somuncu einen Fuffi aus dem Geldbeutel. Schroeder echauffierte sich über C&A-Mäntel und vermutete, die drei Freundinnen könnten die Kohle jetzt in Marzahn versaufen. „Ich hielt ihn immer für intelligent, aber das ist würdelos“, findet Frydrych. Die 50 Euro landeten tatsächlich in Marzahn auf dem Tresen. Frydrych findet, die beiden sollten sich bei den Menschen aus Marzahn und denen, die Klamotten preiswert einkaufen, entschuldigen.
Es ist nicht Schroeders oder Somuncus Problem, wenn sich Frydrych nicht unterhalten fühlt. Aber Personen des öffentlichen Lebens müssen souveräner mit Kritik umgehen. Die Lehrerin und Autorin schrieb im Nachgang mehrere Briefe, unter anderem an diese Zeitung, an den RBB und an Florian Schroeder. Antworten bekam sie zunächst keine. Bis Radio1 am Dienstag die neue Podcastfolge veröffentlichte.
Zur besten Sendezeit
In dieser lassen Schroeder und Somuncu keinen Zweifel, dass der Frust immer noch tief sitzt. Sie beziehen sich immer wieder auf Frydrych und ihren Brief. „Das ist gekränkte Eitelkeit. Wie kann man sich nur so an einer Person abarbeiten?“, fragt Frydrych. „Ich bin ja nicht der Bundespräsident.“ Kabarett soll die Mächtigen angreifen und Missstände humoristisch darlegen. Doch funktioniert das noch?
Nerviges und prominentes Beispiel für das diffuse Machtverständnis des deutschen Kabaretts ist Dieter Nuhr. Ein Mann mit bester Sendezeit in der ARD, der fürchtet, er könne wegen Cancel Culture bald nicht mehr losledern gegen woke Weltverbesser*innen. Da kann es schon mal passieren, dass Dieter von Rassismus gegen Weiße schwadroniert.
Die lokalen öffentlich-rechtlichen Sender strahlen immer wieder Kabarettist*innen mit markanter Mundart aus. Aber wenn wir ehrlich sind, wer schaut das noch? Die magische Zielgruppe der Menschen im Alter zwischen 14 und 30 Jahren sehr wahrscheinlich nicht. Die klickt sich, wenn überhaupt, dann auf Youtube zum „ZDF Magazin Royale“ oder neuerdings „Reschke Fernsehen“. Alles Sendungen mit Satireanspruch, die Menschen lustig finden. Aber wie viel Satire und wie viel Nachrichten stecken in diesen Sendungen? Schließlich präsentieren die Redaktionsteams häufig hintergründige Recherche und journalistische Aufdeckung – nur eben humoristisch verpackt.
Vielleicht ist das die Zukunft der Nachrichten. Wenn die Konzentrationsspanne von Generation zu Generation nachlässt, dann muss Wissen neu vermittelt werden. Über Kacheln auf Instagram oder schlechte Wortwitze bei der „heute-show“. Oder durch einen TikTok-Kanal der „Tagesschau“. Um zu beweisen, dass seine Sendung satirisch und nicht nachrichtlich sei, tanzte Jan Böhmermann auch schon nackt auf der Bühne. Ob das wirklich Eindruck hinterlassen hat?
„Kabarett ist nicht Comedy“, sagt Frydrych. Lustig will und kann beides sein. Nach unten treten und auf Menschen rumhacken dagegen nicht. Und der Podcast „Schroeder & Somuncu“, der schon in der ersten Folge 2020 mit rassistischen und sexistischen Aussagen entgleiste, war es letzte und diese Woche erst recht nicht.
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