SPD-Generalsekretär meldet sich krank: Kevin Kühnert tritt zurück
Der SPD-Generalsekretär legt aus Gesundheitsgründen sein Amt nieder. Die Parteivorsitzenden wollen noch am Montag ein:e Nachfolger:in vorschlagen.
„Ich selbst kann im Moment nicht über mich hinauswachsen, weil ich leider nicht gesund bin“, schrieb Kühnert in der Mail am Montag. „Die Energie, die für mein Amt und einen Wahlkampf nötig ist, brauche ich auf absehbare Zeit, um wieder gesund zu werden. Deshalb ziehe ich die Konsequenzen.“
Die kommende Wahl sei offener, als viele das heute glauben wollen, schrieb Kühnert weiter. Die Chancen für die SPD ergäben sich dabei aber nicht aus Abwarten, sondern einzig und allein aus Anpacken.
Der Generalsekretär schrieb weiter, dass er die beiden Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil „vor wenigen Tagen informiert“ habe, dass er vom Amt des SPD-Generalsekretärs am Montag zurücktrete.
Außerdem habe er die Vorsitzenden der SPD im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg darüber informiert, dass er nicht mehr erneut bei der kommenden Bundestagswahl antreten werde. In dem Wahlkreis hatte er 2021 das Dirketmandat gewonnen – und die Grüne Renate Künast auf Platz 2 verwiesen.
„Diese Entscheidungen haben mich Überwindung gekostet und sie schmerzen mich, weil ich meine politische Arbeit mit Herzblut betreibe“, erklärte er. Doch er trage Verantwortung für sich selbst und für die SPD. „Indem ich mich jetzt ganz um meine Gesundheit kümmere, glaube ich, meiner doppelten Verantwortung am besten gerecht zu werden.“ Für einen Wahlsieg sei der volle Einsatz der gesamten SPD nötig.
Nachfolge soll noch am Montag vorgeschlagen werden
Die SPD-Spitze will den Parteigremien noch am Montag einen Vorschlag für die Nachfolge des zurückgetretenen Generalsekretärs Kevin Kühnert machen. „Wir werden als Parteivorsitzende noch heute zu Gremiensitzungen, heute Abend zu Gremiensitzungen einladen und dort einen Vorschlag für eine Nachfolge machen“, sagte Partei-Co-Chefin Saskia Esken am Nachmittag in Berlin. „Wir sind vorbereitet.“ Sowohl Esken als auch Klingbeil äußerten ihren Respekt für die Entscheidung von Kühnert und dankten ihm für seine Arbeit. Beide verwiesen darauf, das Kühnert gesundheitliche Gründe für seinen Rückzug genannt hatte. „Eine Krankheit ist Privatsache“, sagte Esken.
Kühnert ist seit 2021 Generalsekretär der Sozialdemokraten und zog im selben Jahr in den Bundestag ein. Zuvor wurde er seit 2017 als Vorsitzender der Jusos bundesweit bekannt – unter anderem, weil er eine Kampagne gegen eine GroKo aus Union und SPD organisierte.
2019 spielte er eine entscheidende Rolle, als die Parteilinken Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans in der Stichwahl gegen den heutigen Kanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz an die SPD-Spitze kamen. Er selbst wurde damals einer von fünf Vize-Chefs der Partei. Später unterstützte er Scholz bei dessen erfolgreicher Kanzlerkandidatur.
Am Dienstag sollte Kühnert bei einem Kongress der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung auftreten. Thema der Gesprächsrunde: „Wir machen die Demokratie zukunftsfest!“
Puh, schreibt Grünen-Chefin Lang
„Der politische Betrieb kann ein hässlicher Raubbau sein. Egal, was einen politisch trennt – wenn es um die Gesundheit geht, wird fast alles zweitrangig“, schrieb Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) auf X. Die Europaparlamentarierin fügte hinzu: Sie wünsche Kühnert von Herzen alles Gute.
„Puh“, twitterte die Noch-Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang in einer ersten Reaktion auf X. „Kühnert ist einer der klügsten und schlagfertigsten Politiker, die ich kennen lernen durfte.“ Er wird fehlen, als Politiker – und persönlich auch als Freund. Lang hatte zusammen mit ihrem Co-Vorsitzenden Omid Nouripour Ende September ihrer Rücktritt angekündigt – wegen der schlechten Ergebnisse ihrer Partei bei den letzten Landtagswahlen.
Danach wurde auch Kühnert mehrfach mit der Frage konfrontiert, ob er nicht auch Verantwortung für die Wahlergebnisse übernehmen wolle – obwohl die SPD in Brandenburg sogar stärkste Kraft geworden war. Kühnert antwortete mehrfach, dass er sich die Frage auch stelle und zu einem Rückzug bereit sei, wenn er nur meinen würde, dass dies der SPD helfen werde.
In seinem Umfeld wurde aber am Montag betont, dass die von Kühnert angeführten gesundheitlichen Gründe nicht vorgeschoben seien.
Anm. der Redaktion: Der Text wurde im Laufe des Tages mehrfach aktualisiert.
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