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Russische Deportationen aus der UkraineFakten schaffen ohne Waffen

Kommentar von Barbara Oertel

Verschleppungen von Ukrai­ne­r*in­nen nach Russland sind seit Monaten Praxis. Der Kreml will auch so die Ukraine von der Landkarte tilgen.

Mariupol im Mai: Zi­vi­lis­t*in­nen steigen zur Evakuierung in einen Bus Foto: Alessandro Guerra/epa

E s ist wichtig, dass die USA Deportationen von Ukrai­ne­r*in­nen nach Russland gerade jetzt vor dem UN-Sicherheitsrat zum Thema gemacht haben. Nur: Was für viele wie eine neue schockierende Nachricht daherkommen mag, ist bereits seit Monaten weitverbreitete Praxis und fester Bestandteil der russischen Kriegsstrategie. Nach wie vor lautet die von oberster Stelle verordnete Vorgabe, die ­Ukraine, diesen „bedauerlichen Unfall der Geschichte“, von der Landkarte zu tilgen. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es nicht nur den Nachbarn um den Preis sinnloser Zerstörung und Zigtausender Toter militärisch in die Knie zu zwingen, sondern auch die Köpfe und Herzen der Menschen zu erobern – unter Einsatz von Zwang und Gewalt. Nach dem Motto: Fakten schaffen auch ohne Waffen.

Wie das funktioniert, ist zahlreichen Berichten und Zeu­g*in­nen­aus­sa­gen zu entnehmen, beispielsweise aus und über Mariupol. Menschen, schwer traumatisiert vom wochenlangem Überlebenskampf im Bombenhagel und nur mit einem One-Way-Ticket ausgestattet, werden einfach verschleppt. Ihre Unterbringung in sogenannten Filtrationslagern erinnert an finsterste Zeiten aus den beiden Tschetschenienkriegen. Registrierung? Von wegen. Stattdessen Gehirnwäsche, Folter, Erniedrigung, Verschwindenlassen oder Tod.

Besonders Waisenkinder – es soll Tausende Fälle geben – sind eine hochwillkommene Beute. Da fällt es noch am leichtesten, das verhasste kulturelle ukrainische Gedächtnis auszulöschen und gehorsame Rus­s*in­nen heranzuziehen.

Selbst diejenigen, die diesen Terror überleben, sind ihren neuen Machthabern hilflos ausgeliefert. Oder wie sonst sollte jemand, der oder die sich plötzlich im hintersten Winkel Russlands wiederfindet und komplett mittellos ist, diesem Freiluftknast entkommen können?

Wie viele Ukrai­ne­r*in­nen betroffen sind, weiß niemand. Doch es könnten noch weitaus mehr Menschen zu Opfern dieses Vorgehens werden, das ein klarer Bruch humanitären Völkerrechts ist. Warum? Erfolge der russischen Truppen lassen auf sich warten. Den ganzen Donbass bis zum 15. September zu besetzen scheint illusorisch. Stattdessen machen die ukrainischen Streitkräfte in den russisch besetzten Gebieten Boden gut. Um dort geplante Pseudoreferenden Moskaus ist es still geworden. Dafür sollten diejenigen Organisationen, die Kriegsverbrechen dokumentieren, umso lauter werden. Ihre Arbeit ist von unschätzbarem Wert – nicht nur, um Tä­te­r*i­­nnen zur Verantwortung zu ziehen, sondern auch, um den Opfern eine Stimme zu geben.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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12 Kommentare

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  • Dann kann man die gesäuberten Gebiete nach der Rückeroberung mit echten Ukrainern besiedeln und der Vorwand, es sei Rußland entfällt.

  • Verschleppung, Deportation, Zwangsumsiedlung, Vertreibung, Ermordung nicht russischer Menschen. Alles Jahrhunderte alte Traditionen, die anfingen, als das Russische Zarenreich seine kriegerischen Expansionen begann und die auch in der UdSSR unter Lenin und Stalin fortgesetzt wurden. Nur einige Beispiele einer langen Liste vor dem Ukraine-Krieg: Tscherkessen, Aseri, Georgier, Balten, Ukrainer, Karelier, Wolgadeutsche, Krimtartaren, Tschetschenen, .... und dazu oft noch grossflächige Zerstörungen von Siedlungsräumen.



    Putin führt diese Tradition nahtlos weiter, aber nicht überraschend. Das konnte man schon im Zweiten Tschetschenienkrieg erkennen.

  • 6G
    659975 (Profil gelöscht)

    Ganz ehrlich, diese Verschleppungen und Deportationen sind alte russische Kriegs- und Machtpraktikten.



    Stalin hat genau dies auch in den frisch annektierten Ländern nach dem WKII angewendet.



    Besonders die baltischen Länder haben dadurch teilweise 1/4 ihrer Bevölkerung verloren.



    Anschließend wurden dort zwangsweise Russen angesiedelt.



    Die Balten wissen, wie die Russen "arbeiten" und die Westeuropäer sollten gut zuhören.



    Besonders Herr Scholz.....falls er es nicht vergißt.

  • Laut Beobachtungen sollen 1,8 Millionen Menschen aus der Ukraine nach Russland geflüchtet sein. Ob und wie viele davon "Gehirnwäsche" erlebt haben, ist wohl ein Kalkül des Journalismus. Irgendwann werden wir es wissen.

  • .... Nach wie vor lautet die von oberster Stelle verordnete Vorgabe, die ­Ukraine, diesen „bedauerlichen Unfall der Geschichte“, von der Landkarte zu tilgen...



    .... Registrierung? Von wegen. Stattdessen Gehirnwäsche, Folter, Erniedrigung, Verschwindenlassen oder Tod...



    Besonders Waisenkinder – es soll Tausende Fälle geben – sind eine hochwillkommene Beute. Da fällt es noch am leichtesten, das verhasste kulturelle ukrainische Gedächtnis auszulöschen und gehorsame Rus­s*in­nen heranzuziehen.....



    Dem gegenüber dieses unsägliche, sektiererische Geschwafel einer Sahra Wagenknecht und ihres Hofstaates.



    Das bringt zwar nichts aber ich würde zu gerne Netti und ihre Schwester auf den Plan rufen!

    • @Ringelnatz1:

      "Besonders Waisenkinder – es soll Tausende Fälle geben –"

      Die UN ist in der Ukraine zwar wieder so hilfreich wie sonst auch, aber selbst der ist das bereits im Juni aufgefallen, dass das ein Problem ist.

      "The United Nations had already expressed concern in early March about the risk of forced adoption of Ukrainian children, especially the some 91,000 who were living in institutions or boarding schools at the beginning of the war, many of them located in the country's east."

      www.france24.com/e...children-in-russia

      Alleine in der Region Krasnodar schrieb die russische Verwaltung selbst auf ihrer Webseite, das sie über 1.000 ukrainische Kinder Russen zur adoption gegeben hat und noch 300 Kinder warten.

      "Dem gegenüber dieses unsägliche, sektiererische Geschwafel einer Sahra Wagenknecht und ihres Hofstaates."

      Spätestens seit ihren, ich stell ja nur Fragen und lest Clemens Arvay Videos auf YT zu Covid, reißt Wagenknecht jede Begrenzung zur Niveaulosigkeit.

      • @Sven Günther:

        Unter den Waisenkinern dürften auch die wegen des Krieges nicht abgeholten, von ukrainischen "Leihmüttern" geborenen Säuglinge sein. Oder weiß man, was mit denen geschehen ist?

      • @Sven Günther:

        Auch hier deutlichste Parallelen zum Vorgehen der Nazis in den besetzten Gebieten während de 2. Weltkrieges. Adolf Putin und Seine Schergen ganz im "Geiste" der SS

  • Hat Jemand etwas Anderes erwartet? In jedem Krieg sind die ersten Opfer die Wahrheit, gefolgt von Frauen, Kindern und Alten. Um so wichtiger ist unsere Solidarität und die Aufnahme von Frauen und Kindern aus der Ukraine. Auch wenn es so noch kein großes Thema in den Zeitungen war, unterstelle ich mal, das es in den besetzten ukrainischen Gebieten auch zu zahlreichen Vergewaltigungen kommt. Das auch diese ein widerliches Mittel systematischer Kriegsführung sind, ist leider auch nix Neues. Man erinnere sich an den Krieg Serbien/Bosnien/ Kosovo. Der Einsatz von Söldnern, statt regulärer Streitkräfte, verschärft das Ganze. Einfach nur widerlich und eine Aufgabe für den internationalen Gerichtshof.

    Freundliche Grüße

  • 6G
    658767 (Profil gelöscht)

    Polen, Tschechen und Balten haben mehr Klarblick als wir. Putin und seine Clique sind eben nicht die allein Schuldigen. Es sind neben den erobernden Soldaten eben auch Russen, die verschleppen, russifizieren, jeden Widerstand unterdrücken. Wie ein Flüchtling aus Mariupol in unserem Flüchtlingsheim sagte: die studierten russischen Lehrer, die uns das Ukrainische austreiben sollen sind schlimmer als die unwissenden armen Soldaten von hinter dem Ural

    • @658767 (Profil gelöscht):

      Ohnehin sollten gerade wir Deutsche gelernt haben, dass ein unterdrückerisches System und seine Verbrechen eben nicht allein vom obersten Führer oder der Regierung getragen werden. E

  • Den Zahlen von Uno Daten über "Geflüchtete " Ukrainer nach Russland,die mit 2,5 Millionen Menschen Beziffert werden,glaubt ja wohl hoffentlich kaum jemand:



    Zwangsdeportierte,wohl vor allem sind das mehrheitlich,Opfer des Terror aus Russland,das nicht nur der Ukraine Maschinen und Getreide raubt, sondern auch Menschenraub massenhaft begeht,wobei sogar Kindesentführung dabei ist ..



    Das war mir schon lange klar.leider nahm ich solche Richtigstellungen und Warnungen zu den Statistiken in Taz online keine bisher wahr..kann mir ja auch einfach entgangen sein .