Rede von Wladimir Putin in Wladiwostok: Ungebrochener Größenwahn

Der Kremlchef gibt sich trotz der EU-Sanktionen weiter selbstbewusst. Doch der Handel mit alternativen Partnern ist gar nicht so unkompliziert.

Präsident Putin auf einer Bühne.

Präsident Putin bei Wirtschaftsforum in Wladiwostok Foto: Tass/reuters

Die Suche nach neuen Freunden ist eine langwierige Sache. Es geht darum, Interesse zu wecken und Vertrauen zu schaffen, um Verlässlichkeit, um gemeinsames Wachsen letztlich. All das kostet Zeit. Zeit, die Russland angesichts der sinkenden Wirtschaftszahlen nicht hat. Und so tut Russlands Präsident Wladimir Putin bei seiner Rede auf dem Wirtschaftsforum in Wladiwostok das, was er seit Jahrzehnten bestens beherrscht: ­schönreden.

Europa sei einst ein Premiummarkt gewesen, sagt er. Vor allem für die russischen Rohstoffe. Nun eben nicht mehr. Der Bedarf sei auch woanders groß, zuverlässige Partner seien auch anderswo zu finden. Egal, ihr Nicht-Freunde aus Europa, die ihr nicht nach unseren Regeln spielen wollt, ihr könnt uns mal. So die chauvinistische Rhetorik Putins.

Der Kremlchef setzt auf Druck und Drohungen und erscheint so – nicht nur Russinnen und Russen – als respektierte, starke Persönlichkeit. Andere Mittel zu Verhandlungen, zum Aushandeln von gegenseitigem Interesse kennt er nicht. Russland hat allerlei Rohstoffe und wähnt sich dadurch in einer sicheren Machtposition. Doch der „Premiummarkt“ steigt gerade selbst aus, wendet sich ab und zeigt Moskau damit seine Stärke, trotz allerlei Ängsten vor einem harten Winter.

Putin, auch weil er merkt, wie sehr die Sanktions­politik des Westens der russischen Wirtschaft zusetzt, reagiert darauf wie ein trotziges Kind. Er droht, sucht erneut Schuldige, gibt den Gestärkten und bleibt doch nur ein Realitätsverweigerer. Dass Pipelines nicht von heute auf morgen umgeleitet werden können, dass auch „neue Freunde“ harte Verhandlungspartner sind, dass Reden von „Eifersucht des Westens“ und „gebrochener Hegemonie der USA“ keine Hochtechnologie-Produkte bringen und eingebrochene Branchenzweige wieder zum Leben erwecken, übergeht er.

„Wir verlieren nichts“, sagt er fast schon beschwörend und zeigt: Kein Preis ist ihm in seinen Großmachtphantasien zu hoch. Auch die vielen Leben seiner eigenen Soldaten nicht.

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