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Revolutionäre Idee der ImmobilienlobbyKauft doch, wenn die Miete zu hoch ist

Ein Bündnis der Immobilienlobby fordert als Schutz vor Altersarmut mehr Subventionen für Wohneigentum. Das funktioniert höchstens in der Provinz.

Einfach bauen, wenns für die Miete nicht reicht Foto: dpa

Mehrere Verbände der Bau- und Immobilienwirtschaft haben am Mittwoch in Berlin stärkere staatliche Subventionen gefordert, um Wohneigentum auch für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu ermöglichen. Dazu soll ein staatlich gefördertes Kreditprogramm gehören, das Menschen mit wenig Eigenkapital den Wohnungskauf ermöglichen soll, ebenso ein Bürgschaftsprogramm, das mindestens 20 Prozent der Baukosten oder des Kaufpreises abdeckt.

„In den letzten Jahren ging es nur um Mietenpolitik“, kritisierte Jürgen Michael Schick vom Immobilienverband (IVD), der die deutschen Makler vertritt. Die Eigentumsförderung sei zu kurz gekommen. „Bei den 25–40-Jährigen geht die Wohneigentumsquote zurück“, sagte er besorgt. Die Politik habe sich nur um die Klientel von „Berlin-Prenzlauer Berg“ intensiv gekümmert.

Schmackhaft gemacht soll dem Bund die vermehrte Eigentumsförderung mit dem Argument der drohenden Altersarmut. Vier von zehn Neu-Rentnern bekämen 2030 weniger als 800 Euro im Monat, rechnet das Verbändebündnis Wohneigentum vor, dem neben dem IVD auch die Bundesarchitektenkammer, die Bundesingenieurkammer und der Verband Privater Bauherren angehören. In einer Studie rechnet das Bündnis vor, wie auch 55-jährige Akademiker mit Patchwork-Lebenslauf oder ein 55-jähriges Ehepaar, das zusammen auf 2.530 Euro netto im Monat kommt, von einer solchen Subvention profitieren würden.

Allerdings reicht eine solche Förderung nicht mehr für eine Eigentumswohnung in Ballungszentren wie Berlin, München oder Köln, weil die Kaufpreise hier schon zu hoch liegen. „Was hindert den, der in Köln wohnt, Eigentum in Frechen zu erwerben?“, sagte Matthias Günther (Pestel-Institut), der die Studie erstellt hatte. „Wenn er in Köln wohnen will, muss er damit rechnen, im Alter in die Grundsicherung zu fallen.“ Berliner können laut Studie auf Brandenburg an der Havel oder Cottbus ausweichen.

Kritisch sieht das Verbändebündnis das geplante Baukindergeld der Großen Koalition. Damit sollen nur Familien mit Kindern gefördert werden. Pro Kind gibt es rund 1.200 Euro im Jahr, gezahlt über zehn Jahre, sofern das zu versteuernde Haushaltseinkommen jährlich 75.000 Euro nicht übersteigt. Pro Kind muss man einen Freibetrag von 15.000 Euro hinzu rechnen. Insgesamt beziffert der Bund die Kosten auf 440 Millionen Euro im Jahr. „Ein großer Teil der Bevölkerung wird davon ausgeschlossen“, kritisierte Günther, „nämlich die ohne Kinder und die, deren Kinder schon aus dem Haus sind.“ Der Vorschlag der Verbändebündnis würde auch die Kinderlosen fördern. Angaben zu den Kosten der von ihm geforderten Eigenheimsubventionen machte das Bündnis auf Nachfrage nicht.

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14 Kommentare

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  • Geradezu lustig ist die Begründung Kritik an der Förderung von Familien mit Kindern: diese soll doch gerade diese Gruppe relativ besser stellen, damit sie in dieser Phase etwas kaufen können. Wenn alle gefördert werden, heißt das nur dass die Subvention in die gierigen Taschen der Immobilienbranche fließt ohne irgendwen real zu fördern. (Aus deren Sicht natürlich höchst attraktiv).

  • Die Immobilien-Abzocker sind sich für keinen Scherz zu schade.

    Hauptsache die Kohle stimmt, ob die vom Staat – also von uns allen – oder von der Mafia kommt. Egal.

     

    Wie wär's wenn die Kommunen sich mit Unterstützung beteiligen würden?

     

    Beispiel Bremen, dort werden m. W. Wohnungen über Erbpachtgrundstücke und kommunale Planungshoheit den Immobilienhaien "entrissen".

    Es geht, wenn Kommunen wollen!

     

    Und wie schon gesagt, können sich Menschen, die diese hohen Mieten nicht zahlen können, sich diese Luxusbauten schon gar nicht kaufen.

     

    Der Immobilienmarkt kann genauso mit Gesetzen gesteuert werden, wie andere Dinge auch.

     

    An die Arbeit GroKo! Nur müsstet Ihr dann in den eigenen Reihen auslichten…

     

    Frau Nahles zeigen Sie mal Ihr "soziales" Gesicht…

  • Ich musste auch lachen, als der Verband der Bausparkassen verkündete: "Zahl der Menschen, die für Wohneigentum sparen, sinkt". Vielleicht meinten sie eher, Anzahl der Bausparverträge sinkt. Hatte ja auch jeder einen, gerne auch mehrere, als es noch 5% Sparzinsen gab. Zum Ansparen auf ein Haus waren die Beiträge schon immer zu mickrig.

  • Schwachsinnsvorschlag. Diejenigen, die die Miete kaum bezahlen können, haben doch nicht genug Eigenkapital, um einen Kredit zu erhalten und -zweitens- wenn die "Armen" das irgendwie doch geschafft haben sollten, eine Eigentumswohnung zu erwerben, fordert doch jedes Sozialamt erstmal sofort, die Eigentumswohnung zu verkaufen, bevor es staatliche Hilfe gibt.

    • @Thomas Schöffel:

      Ganz Ihrer Meinung, aber das Spiel ist noch etwas fieser. Oft werden wenig solvente Kunden von den Banken selbst geschlachtet. Die Rechnung ist ganz einfach.

       

      Nach ca. 15 Jahren hat ein Schuldner mit seinen Raten (Tilgung+Zinsen) die ursprüngliche Kreditsumme bereits zurückgezahlt. Wenn ab diesem Punkt die Bank die Zwangsvollstreckung einleitet, meist begründet durch die nach 15 Jahre oft übliche Anpasung der Kreditzinsen oder noch besser durch Neubewertung der Immobilie, die eine Unterdeckung ergeben, kann sie die Immobilie ein zweites Mal verwerten.

       

      Im Ergebnis hat dann die Bank

      - ihr Kapital zurück

      - die Restsumme des Kredits 10 bis 15 Jahre früher

      - eine Immobilie zum Verkaufen, falls die Bank der Käufer im Verfahren ist oder einen neuen Kreditnehmer, da die Immobilie nur mit Zustimmung des Gläubigers verkauft werden kann.

      - und falls der Erlös der Zwangsversteigerung nicht reicht, hat der alte Eigentümer immer noch eine Restschuld.

       

      Dieses Scheisspiel treiben bei mir in der Gegend die beiden lokalen Grössen Volksbank und Sparkasse schon seit Jahrzehnten und das nicht mal als Konkurrenten sondern als Kooperationspartner. Nach dem Motto 'diesmal liquidere ich und du kriegst den Neukunden'.

      • @Adele Walter:

        Klingt nach einer netten Verschwörungstheorie, wird aber bestimmt gerne geglaubt.

         

        Wenn man 15 Jahre getilgt hat, hat man weniger Schulden als vorher, gleichzeitig hat die Immobilie im Regelfall einen höheren Wert als vorher, der Anteil der Beleihung (Schulden/Wert) sinkt also.

         

        Sie wollen hier ernsthaft erzählen, dass man mit besseren Kreditdaten als zum Kaufzeitpunkt aus der Immobilie geklagt wird.

        Und zwar regelmäßig?

        Und so geheim, dass niemand davon erfährt und keine Zeitung (wie z.B. insbesondere diese hier) davon berichten?

        PS: Dieses Internet von dem alle immer reden, da soll es auch Banken geben....

         

        PPS: Immerhin erkennen sie an, dass der Renditeanteil des Vermieters meist nicht üppig ist.

        • @Peterbausv:

          Leider keine Verschwörungstheorie sondern persönliche Empirie in meinem Bekanntenkreis, darunter einige Handwerker, mit N>1.

           

          Ich sagte nicht, dass man bei besseren Daten herausgeklagt wird, ich sagte, dass es bei einer Verschlechterung der Daten als Begründung genutzt wird. Ein Beispiel aus meiner Region: Ein ortsansässiges Pharmaunternehmen, hatte beschlossen drastisch Mitarbeiter abzubauen und die Produktion zu verlagern. Folge: VoBa und SparKa haben die Einfamilienhäuschen in der Gegend abgewertet, was alle Kreditnehmer in der nächsten Verhandlungsrunde zu spüren bekommen haben.

           

          Das Immobilien immer im Wert steigen mag vielleicht für die Traumlagen in den Innstädten gelten. Auf dem Dorf gilt das nur sehr eingeschränkt und man darf die steigenden Preise nicht nur mit Spekulation begründen. Ein heutiger Neubau ist auch ohne Grundstückspreise deutlich teurer, da sich die Anforderungen an Wärmedämmung und die erhöhten Investitionen für Energieeffizienzsystem in den Baukosten niederschlagen.

          • @Adele Walter:

            Ich halte es trotzdem für mindestens grob vereinfachend, was sie hier schreiben.

            Ein Zwangsvollstreckung läuft über ein Gericht, das wird der Bank was husten, wenn regelmäßig bediente Kredite ohne Grund verpfändet werden.

            Sowas wäre ein Skandal, der laut ihnen massenhaft auftritt und komplett an der Presse vorbeigeht?

            Wofür gibt es denn überhaupt Zeitungen, wenn die nicht über sowas berichten, was so gut wie jeden Hauseigentümer betrifft?

             

            Die Bank erhält auch nicht ihr Kapital UND das Haus, schlimmstenfalls wird das Haus verwertet, wenn dann aber Schulden überbleiben, hat man offensichtlich auch einen überhöhten Kredit gehabt.

            Aber auch dann verliert die Bank das Geld, denn die Restschuld wird ja spätestens nach 7 Jahren gestrichen.

            Und das dürfen und machen die nur, wenn absehbar ist, dass der Kredit nicht bedient wird und das auch schon länger so ist. Denn nur durch den Verkauf wird der Verlust ja realisiert, und auch dann hat man die Möglichkeit, eine andere

            Bank zu finden.

             

            Was sie schreiben, liest man sonst nur bei irgendwelchen 'Gold ist das wahre Geld'-bloggern und ähnlichem Reichsbürgernahen Seiten wie hartgeld und Konsorten.

  • “… staatlich gefördertes Kreditprogramm gehören, das Menschen mit wenig Eigenkapital den Wohnungskauf ermöglichen soll”

     

    Das ist ein schlechter Witz. In Zeiten von Niedrigzinsen finanzieren viele Banken Immonilien gerne auch bei 0% Eigenkapital. Nicht bekommen tun diese Kredite Menschen die sich den Hauskauf absehbar nicht leisten können oder Menschen, die als Unzuverlässig betrachtet werden.

    Diese Förderung wäre nichts weiter als eine Subvention verantwortungslosen Verhaltens. Dabei profitieret lediglich die Immobilien-Industrie. Wer ein Eigenheim über 30+ Jahre finanziert beißt in der Regel ins Gras bevor sich diese “Investition” für ihn rentiert hat.

     

    “ebenso ein Bürgschaftsprogramm, das mindestens 20 Prozent der Baukosten oder des Kaufpreises abdeckt.”

     

    Wer immer sich das ausgedacht hatte misst scheinbar jegliches Schamgefühl. In Zeiten in denen die Zinsen etwas höher sind werden i.d.R. zwischen 10% - 20% Eigenkapital verlangt. Das machen die Banken, weil sie davon ausgehen das der Marktwert der Immobilie nicht stärker als um diese 10% - 20% schwankt. Geht die Person dann in die Privatinsolvenz, oder verliert ihren Job, kann die Bank sich das Geld aus dem Verkauf der Immobilie zurückholen. Was man hier erreichen möchte ist das der Staat den Banken gegenüber für diesen Risikobereich bürgt, damit Banken anfangen können auch kreditunwürdigen Kunden Kredite auszustellen.

     

    Man würde damit genau das Verhalten befördern, welches die Immobilienkriese in den USA ausgelöst hat.

  • Mietfrei heisst nicht kostenfrei und im Wort 'Immobilie' steckt vor allem 'immobil', falls man selbst drin wohnt. Dazu noch ein grosser Immobilienkredit und man ist für die nächsten 30 Jahre am Arsch (ausser man wird in der Zwischenzeit reich). Das einzige was man mit einem Eigenheim sparen kann, ist der Renditeanteil des Vermieters und der ist meist nicht üppig.

     

    Kaum jemand verdient etwas mit Miteinahmen. Die Grossen im Geschäft verdienen durch bauen, handeln und verwalten der Immobilien. Die Miete selbst ist nur für den Cashflow und als Garantie für den nächsten Kredit. Ist ja schliesslich eine Wachstumsbranche.

  • Die Wohnung (3ZKDB, 75-80 qm) in unserem Haus (zw. Köln und Bonn) hat in den letzten 9 Jahren 3mal den Besitzer gewechselt:

     

    2009: ca. 100 000 € (Zwangsversteigerung)

    2014: ca. 160 000 € (+ 10 000 für TG)

    2018: ca. 250 000 €

     

    Ich sehe da eher wenig Potentiale nach oben, es sei denn der Staat begreift die Verknappung vom Wohnraum als Investitionsförderung.

  • Damit wir hier auch schön weiter amerikanische oder britische Verhältnisse bekommen ... 1-2-3 bekommt jeder einen Monsterkredit an die Backe und verschuldet sich ins Bodenlose. Sicherlich eine große Bereicherung für die Finanzindustrie und natürlich dem Immobiliensektor.

  • "Vier von zehn Neu-Rentnern bekämen 2030 weniger als 800 Euro im Monat..."

     

    Und davon stemmt dann der Rentner die Unterhaltungskosten der Immobilie? Wird gern verschwiegen, aber die fallen auch an. Und besonders bei Eigentumswohnungen entscheidet der Besitzer nicht allein über die Ausgaben. Da entscheidet die Eigentümerversammlung.

     

    Und auch Hausbesitzer kann es hart treffen. Z.B. wenn die Gemeinde auf die Idee kommt, die Straße zu sanieren.

     

    Eine Immobilie muss man sich leisten können. Sonst kann die "Alterssicherung" zum Alptraum werden.

  • Die richtige Altersvorsorge: wesentlich höhere Löhne als heute. Alles andere ist u.a. nur für die Profiteure der Geldschöpfung und der entsprechenden Bediener der angesprochenen Branchen und Nebenbranchen von nachhaltigem Vorteil.

    CDU/CSU/SPD müssen sich zumindest die letzten 40 Jahre nichts weniger als die für gewöhnlich unumkehrbare und im Mittel für die 90% der fin. unteren Bevölkerungsschichten nachteilige Vermögenspreisinflation zurechnen lassen.