Rekordplus bei den Erzeugerpreisen: Inflation droht weiter zu steigen
Die Erzeugerpreise sind so stark nach oben geschossen wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Bald spüren das auch die VerbraucherInnen.
Diese Zuschläge dürften auch die VerbraucherInnen bald spüren, denn die Produzentenpreise gelten als Vorläufer für die Entwicklung der allgemeinen Inflation. Der Druck auf die Bundesregierung, die Geldentwertung und ihre sozialen Auswirkungen einzudämmen, wächst also weiter. Im Juli lagen die Preise, die die VerbraucherInnen zahlen, 7,5 Prozent über dem Vorjahr. Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket drücken derzeit die Teuerung für die Verbraucher, laufen jedoch am Monatsende aus. Experten rechnen deshalb im Herbst mit höheren Inflationsraten von um die 9 Prozent.
Volkswirten der Commerzbank zufolge dürfte dann der „Hochpunkt“ erreicht werden. Eine baldige Rückkehr auf Inflationsraten von etwa 2 Prozent erwarten sie hingegen nicht. Denn die Löhne werden wohl im kommenden Jahr merklich anziehen. „Und diese Kosten dürften die Unternehmen an ihre Abnehmer weitergeben“, sagt Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. „Schließlich sprechen einige langfristige Trends wie die ungünstige Demografie, die Kosten des Kampfs gegen den Klimawandel und der weltweit zunehmende Protektionismus für eine höhere Teuerungsrate.“
Die Erzeugerpreise sind vor allem gestiegen, weil sich die Energiekosten im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat in Folge des Kriegs in der Ukraine mehr als verdoppelt haben. Erdgas verteuerte sich um 163,8 Prozent, Strom um 125,4 Prozent. Mineralölerzeugnisse kosteten 41,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Metalle legten um 24,1 Prozent zu, Düngemittel um 100,4 Prozent, Getreidemehl um 48,9 Prozent, Butter um 75,2 Prozent.
Kleinere Nahrungsmittelpackungen, gleicher Preis
Die höheren Erzeugerpreise werden in großem Umfang an die Verbraucher weitergegeben: Das Vergleichsportal Verivox zählte für August, September und Oktober 123 Preissteigerungen von Strom-Grundversorgern mit einer durchschnittlichen Erhöhung um 25 Prozent. Für einen 3-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden bedeute das im Durchschnitt Mehrkosten in Höhe von 311 Euro jährlich.
An vielen Orten werden bald auch Fahrten mit Bus und Bahn teurer. Etwa in und um Stuttgart würden die Tarife zum Jahreswechsel durchschnittlich um 4,9 Prozent steigen, teilte der dortige Verkehrsverbund mit.
Zunehmend versuchen Hersteller von Lebensmitteln und anderen Gütern auch, Preiserhöhungen zu verstecken. Die Verbraucherzentrale Hamburg berichtete, immer öfter beschwerten sich Menschen über schrumpfende Packungsgrößen bei gleichbleibenden oder sogar steigenden Preisen. Betroffen seien zahlreiche Produkte von der Margarine über Süßwaren bis hin zur Tiefkühlpizza.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“