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Reformen in der katholischen KircheSchwerfällige Trippelschritte

Pflichtzölibat, keine Frauenordination, Vertuschung von sexualisierter Gewalt: Die katholische Kirche zerbröselt. Der Synodale Weg versucht die mühsame Kursänderung.

Die Debatte über das Pflichtzölibat beschäftigt auch die Versammlung des Synodalen Wegs Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

Berlin taz | Die Veröffentlichung des Gutachtens zur jahrelangen sexualisierten Gewalt im Bistum München und Freising ist zwei Wochen her, und Kardinal Reinhard Marx startet ein Ablenkungsmanöver. Zum Auftakt der Versammlung des Synodalen Wegs, einem Gremium aus Bischöfen und Laien, befeuert Marx die ewige Debatte über das Pflichtzölibat für Priester in der katholischen Kirche. „Besser wäre, wenn manche Priester verheiratet wären“, sagte Marx der Süddeutschen Zeitung. Viele Priester seien einsam, die zölibatäre Lebensform sei „prekär“, und „gerne“ würden die wenigsten, dazu gehöre auch er, das Zölibatsversprechen unterschreiben.

Das Zölibat ist ein Dauerthema für Re­form­ak­ti­vis­t:in­nen der katholischen Kirche. Auch auf der Versammlung des Synodalen Wegs wird es unter dem Tagesordnungspunkt „Priesterliche Existenz heute“ wieder diskutiert werden. Noch 2019 nannte Marx als damaliger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz das Zölibat „eine kostbare Gabe für die Kirche“. Anders klingt er heute: „Die Sexualmoral hat viele Verklemmungen erzeugt. Da haben wir Schuld auf uns geladen.“

Das ist neu und schlägt auch auf der dritten Vollversammlung des Synodalen Wegs ein. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, begrüßte Marx’ Stellungnahme: „Ich bin überzeugt davon, dass eine freie Entscheidung eines Menschen, der auf dem Weg zum Priesterberuf ist, die beste Grundlage ist.“

Der Druck ist groß

Insgesamt ist die Stimmung bei der einführenden Pressekonferenz zur Vollversammlung aber angespannt. Nach der queeren Coming-out-Initiative #OutinChurch und dem Gutachten zu sexualisierter Gewalt lastet Druck auf der Reformbewegung. Die öffentliche Aufmerksamkeit ist derzeit da. „Wir gehen die Machtstrukturen an, wir suchen nach Wegen der Gerechtigkeit für alle Geschlechter, wir suchen nach einem Priesterbild der Zukunft, wir verlangen nach einer Reform der Sexuallehre“, sagt Stetter-Karp bei der Pressekonferenz.

Bis Samstag tagen 218 der 230 Mitglieder des Synodalen Wegs in Frankfurt am Main. Zur Synodalversammlung zählen Bischöfe, aber auch Mitglieder des ZdK und Einzelpersonen, die in der Kirche engagiert sind. Das Stimmengewicht der Bischöfe ist aber größer als das der Laien. Durch die Regel der Zweidrittelzustimmung der Bischöfe könnten konservative Bischöfe auch ohne Mehrheit Beschlüsse verhindern, wenn sie ein gutes Drittel der Bischöfe auf ihre Seite bekommen. Ohnehin kann der Synodale Weg nur beraten, über Reformen entscheiden die Bischöfe. Dies war die Bedingung des Klerus für einen gemeinsamen Reformweg.

Der Synodale Weg muss vor allem Überzeugungsarbeit leisten: „Die Veränderung, die wir suchen, setzt in den Strukturen an, die wir haben. Deshalb brauchen wir die Mehrheit der Bischöfe, die sagen: Wir wollen diese Veränderung“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Abgestimmt wird unter anderem über die Segnung homosexueller Paare.

Revolution: Das ist es, was diese Kirche braucht

Daniela Ordowski, Katholische Landjugendbewegung

Daniela Ordowski, Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung Deutschland, fordert eine Revolution. „Das ist es, was diese Kirche braucht“, sagte Ordowski der taz. Die katholische Kirche sei weit entfernt von einer Kirche ohne Angst. Dies hätte auch die Aktion #OutinChurch gezeigt. „Bischöfe beteuern, dass sie Veränderung wollen, obwohl sie lange von den Ängsten wussten und nichts getan haben.“ Mit Blick auf das Missbrauchsgutachten sprach sie sich für eine staatlich verantwortete Aufarbeitung aus. Die Kirchen dürften nicht allein die Missbrauchsfälle aufklären. Der Schutz der Institution dürfe nicht vor dem Schutz der Betroffenen stehen.

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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Es ist bestimmt richtig, dass hier von einem Ablenkungsmanöver seitens der Bischöfe gesprochen wird. Will man wirklich die Macht-Strukturen der Kirchen (!) aufbrechen, muss man von außen reformieren. Wohl kaum jemand in einem solch großen Versorgungswerk will sich um die eigene Versorgung bringen.

  • Etwas spät für Krokodilstränen ...

    Reformen in der katholischen Kirche scheinen mir so wahrscheinlich wie dass die Sonne um die Erde kreist.

  • Die katholische Kirche ist reformunfähig, so lange sie von zahlenden Mitgliedern, Kirchensteuer und steuerlichen Privilegien (staatliche Bischofsgehälter etc.) gepäppelt wird. Normalerweise könnte man erwarten, dass die erzkonservativen Bischöfe und Priester irgendwann wegsterben, aber das Priesteramt lockt auch jetzt va. die geld- und machthungrigen Vertreter der Doppelmoral an. Und so lange alle Entscheidungen von diesem verwöhnten und verklemmten Junggesellenverein getroffen werden, wird sich nie etwas ändern. Der Druck muss von außen kommen: Keine Kirchensteuer mehr für dieses System, Abbau der Steuerprivilegien, weg mit dem Konkordat und es darf gesellschaftlich (auch von gläubigen Eltern) nicht mehre akzeptiert werden, Ministranten, Waisenkinder etc. den Händen von katholischen Priestern anzuvertrauen.

    • @Dorian Müller:

      Im Grunde füttert die Kirchensteuer nur den dicken Bauch der Kirche. Satt ist sie schon lange.

      Vermögen und Grundbesitz der kath. Kirche übersteigen jede Vorstellung und stellen selbst Google, Facebook, Amazon usw. locker, ganz locker, in den Schatten.

  • „Besser wäre, wenn manche Priester verheiratet wären“

    Ja klar, verheiratete Männer missbrauchen ja keine Kinder. Die Ehe ist eine heilige Institution. Amen.

    Dass der größte Teil des Missbrauchs in Familien und im familiären Nahfeld geschieht, geschenkt.

    Mit dieser steilen These macht der Herr Bischof die Täter zu Opfern. Diese armen Männer, hatten sie doch keine Frau, mit der sie ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigen konnten. Was sollten sie also tun?

    Dieser ganze Verein ist die Pest. Und wie die Pest kann man sie nur reformieren, wenn man ein paar hundert Jahre Zeit hat. So lange wird dann weiter missbraucht.

    • @Jim Hawkins:

      Das habe ich mir auch gedacht. Das Zölibat ist eine merkwürdige Regel, die vielleicht dazu führt, dass es Priestermangel gibt und komische Gestalten Priester werden, aber wer die Diskussion um Zölibat mit den Missbrauchsfällen verknüpft, der erklärt quasi alle Unverheirateten zu potentiellen Kinderschändern.

      • @Ruediger:

        Das Zölibat gibt es ja nicht von Anfang an sondern es wurde relativ spät "erfunden".

        Warum wohl ?



        Ich meine Otto Corvin hat das in seinem "Pfaffenspiegel" recht treffend beschrieben:



        Keine Ehe - keine legitimen Nachkommen.



        Keine Nachkommen - keine Erben.



        Keine Erben - Geld bleibt "in der Firma" .

  • 1G
    14390 (Profil gelöscht)

    Diese Fokussierung auf den sogenannten Synodalen Weg in Deutschland ist komplette Augenwischerei! Die una sancta catholica et apostolica ecclesia ist eine Weltkirche, kein protestantischer Lokalverband. Keine der angesprochenen Fragen wird in oder für Deutschland entschieden: Roma locuta, causa finita!



    Wer Rom und dem Heiligen Vater die Treue hält, der bleibt, wer vom römisch-katholischen Bekenntnis abfallen möchte, kann eine neue Heimat bei den Altkatholiken oder gleich den Protestanten finden.

    • @14390 (Profil gelöscht):

      genau! Und das ist ja auch das Geschäftsmodell der katholischen Kirche: uralte Regeln wegen uralter Moralvorstellungen mit uraltem Menschenbild. Wer sowas braucht, ist hier gut aufgehoben. Und wer damit nicht klarkommt, der könnte Alternativen suchen, oder entgegen seiner Überzeugung dabeibleiben. Ich gehe davon aus, dass zumindest in Deutschland die katholische Kirche in ein bis zwei Generationen nur noch eine gesellschaftliche Randfigur sein wird.