Rede zur Verteidigungspolitik in Europa: Kramp-Karrenbauer trotzt Macron
AKK nennt es eine „Illusion“, zu glauben, Europa könne sicherheitspolitisch auf die USA verzichten. Frankreichs Präsident hatte militärische Unabhängigkeit gefordert.
Macron hatte am Montag eine ähnliche Äußerung Kramp-Karrenbauers als „Fehlinterpretation der Geschichte“ kritisiert und sich für europäische Souveränität in Verteidigungsfragen ausgesprochen. Kramp-Karrenbauer zeigte sich in ihrer Rede zwar mit Macron einig, dass Europa mehr für seine Sicherheit tun müsse. „Wir wollen, dass Europa für die USA starker Partner auf Augenhöhe ist und kein hilfsbedürftiger Schützling.“
Sie machte aber gleichzeitig klar, dass Europa auf den Schutz der Amerikaner nicht verzichten könne. „Ohne die nuklearen und konventionellen Fähigkeiten Amerikas können Deutschland und Europa sich nicht schützen. Das sind die nüchternen Fakten“, sagte sie. Die CDU-Chefin verwies darauf, dass Europa beispielsweise bei der Abwehr ballistischer Raketen fast zu 100 Prozent von den USA abhingen und die Amerikaner auch den überwiegenden Teil der Atomwaffen stellten. Zudem seien 76.000 Soldaten in Europa stationiert. „All dies zu kompensieren würde nach seriösen Schätzungen Jahrzehnte dauern und unsere heutigen Verteidigungshaushalte mehr als bescheiden daherkommen lassen.“
Der Streit um mehr europäische Eigenständigkeit in Verteidigungsfragen ist eine Konsequenz aus der vierjährigen Amtszeit von US-Präsident Donald Trump, der unter anderem die Nato infrage gestellt hat. Aber auch Macron hat dem transatlantischen Verteidigungsbündnis den „Hirntod“ attestiert und wirbt seit längerem für stärkere Eigenständigkeit Europas. Frankreich ist nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU einzige Atommacht in der Europäischen Union.
AKK will gemeinsame Strategie gegen China
Nach dem Wahlsieg von Joe Biden über Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen hoffen die Europäer nun auf einen Neuanfang in den transatlantischen Beziehungen. Auch Kanzlerin Angela Merkel hat bereits deutlich gemacht, dass die Europäer sich dafür stärker einbringen müssen. Das gelte auch für den Beitrag zur Sicherheitszusammenarbeit in Europa und für den Beitrag zum Nato-Verteidigungsbündnis, sagte die CDU-Politikerin am Dienstag bei einer Konferenz der Süddeutschen Zeitung.
Für Kramp-Karrenbauer sind drei Angebote an die USA wichtig: Zum einen das klare Bekenntnis Deutschlands zur Beteiligung an der atomaren Abschreckung der Nato. Die Bundeswehr stellt derzeit Kampfjets für den Abwurf von in Deutschland gelagerten US-Atombomben bereit. Des Weiteren fordert AKK eine gemeinsame Strategie mit den USA gegenüber China. Außerdem will die deutsche Verteidigungsministerin eine weitere Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Deutschland verfehlt das Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bisher deutlich.
Um letzteren Punkt zu garantieren, will Kramp-Karrenbauer die deutschen Verteidigungsausgaben über einen längeren Zeitraum gesetzlich festschreiben. Bisher werden sie jeweils nur für das kommende Haushaltsjahr vom Bundestag beschlossen. Es gibt zwar eine mittelfristige Finanzplanung für die kommenden fünf Jahre, sie ist allerdings unverbindlich. Eine langfristige Finanzierungslinie für die Streitkräfte sei notwendig, „damit Sicherheit weniger Spielball der Konjunktur und kurzfristiger Stimmungsbilder ist, sondern als absolute Kernaufgabe des Staates stetig unterfüttert bleibt“, sagte die CDU-Politikerin.
Die Rede von Kramp-Karrenbauer stieß bei den Grünen auf wenig Begeisterung. Kramp-Karrenbauer lasse „Mut, Weitsicht und Europa vermissen“, sagte die Grünen-Europaexpertin Franziska Brantner am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. „Sie klammert sich an das nationale Zwei-Prozent-Ziel, statt zu zeigen, wie wir europäische Strategien und Synergien stärken“, sagte Brantner mit Blick auf die Zusage innerhalb der Nato, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben.
Die Grünen-Politikerin warf der Ministerin vor, „Verwalterin statt Gestalterin“ zu sein. „Europäische Souveränität ist für sie nur Verteidigung, dabei bedeutet sie auch Klimapartnerschaften, Cybersicherheit, diversifizierte Lieferketten, einen starken Euro“, monierte Brantner. Kramp-Karrenbauers Rede sei letztlich „eher eine Randnotiz als ein großer Wurf“.
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