piwik no script img

Rechtsextremer Onlineshop Druck18Verein „Laut gegen Nazis“ sichert sich Markenrechte

Der Verein Laut gegen Nazis lässt rechtsextreme Codes markenrechtlich schützen. Jetzt ist ihm ein neuer Coup gelungen.

Druck18.com: Der neue Anitfa-Shop hat den Schriftzug einfach durchgestrichen Foto: Laut gegen Nazis

Berlin taz | Adolf Hitler und seine Initialen, also der 1. und der 8. Buchstabe des Alphabets, sind bei Nazis sehr beliebt. Wieso aber betreibt ein Antifaschist den Onlineshop Druck18 mit dieser Nazizahl? „Daran muss ich mich selbst noch gewöhnen“, gesteht Jörn Menge lachend.

Dahinter steckt eine Strategie: Der Verein Laut gegen Nazis, dessen Mitgründer Menge ist, lässt gemeinsam mit der Werbeagentur Jung von Matt rechtsextreme Codes markenrechtlich schützen. Dann dürfen die Nazis diese nicht mehr kommerziell nutzen. So lief das auch mit dem Namen des Neonazi-Onlineshops Druck18.

Dessen Betreiber, der deutschlandweit bekannte Rechtsextreme Tommy Frenck, verkauft dort bisher T-Shirts mit Sprüchen wie „Alles hat ’nen Haken, nur das Kreuz hat vier“, Jacken mit Runenmotiv „Germania“ oder Pullover mit „Sonnenstudio 88“. Was das bedeutet, dürfte den meisten klar sein: „88“ steht für „Heil Hitler“, die schwarze Sonne gilt als SS-Symbol, „Germania“ ist der Ruf nach einem großdeutschen Reich.

Für die extreme Rechte ist Kleidung allerdings mehr als bloß Mode. Sie dient auch als Signal nach innen und außen. Deshalb verfolgt Menges antifaschistische Kampagne mit dem Titel „Recht gegen Rechts“ zwei Ziele: „Aufklärung über die Finanzierung der Szene und das Stoppen des Verkaufs“. Im Fall des Onlineshops Druck18 gehe es vor allem ums Geld. Über Druck18 seien seit Jahren Millionen von Euro in die rechtsextreme Szene geflossen, so Menge.

Codes in der rechten Szene

Menge ist klar, „dass der Nazi-Shop nicht einfach dichtmachen wird“, nur weil irgendwer ihm das Markenrecht abgeluchst hat. Wahrscheinlich werde Frenck seinen Onlineshop unter neuem Namen fortsetzen, um nicht gegen das Markenrecht zu verstoßen. Denn bei Verstößen können die Markeninhaber Schadenersatz fordern, und das kann teuer werden. Doch schon jetzt schmälere die Aktion die Umsätze des Rechtsextremen. Und vor allem schafft sie Aufmerksamkeit.

Insgesamt bietet der Shop fast 10.000 Kleidungsstücke für Männer, Frauen und Kinder an sowie mehr als 600 Schmuckartikel. Hinzu kommen Tausende weitere Artikel, wie Bettwäsche, Aschenbecher oder Sticker mit der Aufschrift „Remigrationsairlines – für die Gäste nur das Beste“. Und es gibt auch Waffen, wie Messer und Schlagstöcke. Damit zählt Druck18 zu den größten rechtsextremen Händlern Deutschlands.

Für Laut gegen Nazis ist die Sicherung des Namens Druck18 nicht der erste Erfolg. Der Verein ließ immer wieder Szenecodes beim Europäischen Markenamt und beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen, um den Verkauf von Nazi-Merchandise zu unterbinden. So zum Beispiel: wie „Döp dö dö döp“, „VTRLND“ (steht für Vaterland) oder „enness“ (die Lautschrift für Nationalsozialismus). Letzteres galt in der Szene als Topseller, bevor der Antifa-Verein es im Mai 2024 registriert hat. Darauf reagieren Händler in der Regel schnell, sagt Menge. „Meist hat es keine fünf Minuten gedauert, bis die Produkte aus den Shops verschwunden sind.“ Im Fall von Druck18 sei das schwieriger. Die Website ist weiterhin online, aber der Verein bemühe sich, sie langfristig vom Netz zu nehmen.

Dessen Betreiber Tommy Frenck organisiert rechte Konzerte und ist wegen Volksverhetzung verurteilt. Die IHK Südthüringen hat Frencks Betrieb 2024 als „anerkannten Ausbildungsbetrieb“ ausgezeichnet.

Laut gegen Nazis: Ich trage VTERLND, damit es ein Nazi nicht kann Foto: Laut gegen Nazis

„Flaggschiff“ der rechtsextremen Szene

So etwas löst bei Menge Unverständnis aus. Wieso hat der Staat über Jahre hinweg nicht verhindert, dass ein Neonazi wie Frenck mit Druck18 einen erfolgreichen Onlineshop für rechte Szenebekleidung aufbauen konnte und damit wahrscheinlich Millionen verdiente. Möglich sei das gewesen, weil rechtsextreme Codes bislang nicht verboten sind und frei im Handel genutzt werden dürfen. Anstatt diese Symbole zu untersagen oder ihre kommerzielle Nutzung einzuschränken, konnten Neonazis sie ungehindert als Markenzeichen einsetzen. Druck18 sei das „Flaggschiff“ der rechtsextremen Szene, die sich zum großen Teil durch Merchandise finanziere, sagt auch Philip Schlaffer, ein Aussteiger, laut Mitteilung des Vereins.

Doch das Geld ist nicht das einzige Problem. Es geht auch um Sichtbarkeit im Alltag. Ein anderes Beispiel ist die Melodie „Döp dö dö döp“. Sie stammt ursprünglich von dem italienischen Sänger Gigi D’Agostino, doch 2024 missbrauchten rechte Richkids den Song, zu dem sie Zeilen wie „Ausländer raus“ sangen, das Ganze ging als „Sylt-Video“ viral.

„Den Merchandise dazu haben nicht nur Rechtsextreme gekauft“, sagt Menge. Die Botschaften auf dem Merch haben einen Effekt: Sie verbreiten Rassismus und anderes rechtes Gedankengut im öffentlichen Raum – und tragen so zur Normalisierung bei. Zudem kann es Menschen einschüchtern und dazu führen, dass sie sich bedroht fühlen.

Menge selbst beschäftigt sich schon so viele Jahre mit Neonazi-Merch, dass ihn nur noch wenig wirklich schockieren kann. Bei Druck18 seien ihm aber besonders die Strampler für Kinder in Erinnerung geblieben. So können schon Babys im Neonazi-Look eingekleidet werden. Etwa mit Bodys, auf denen „Kleiner Germane in Ausbildung“ steht oder auf denen Schlagringe mit der Überschrift „Krawall­ba­by“ prangen. Auf anderen Modellen ist der Reichsadler oder eine schwarze Sonne abgebildet. Doch es bleibt nicht bei der Kleidung, der Shop verkauft das passende Beiwerk gleich dazu: einen Kuschelteddy „Team Adolf“, eine Federmappe in Reichsflaggenfarben. „Dass die Produkte gekauft werden, sagt viel über die Eltern aus“, so Menge.

Rechtsextreme Codes aktiv einsetzen

Neben bekannten rechtsextremen Symbolen nutzte Druck18 auch zahlreiche Szenecodes. Häufig etwa die Abkürzung „KKK“, ein direkter Bezug auf den rassistischen Geheimbund Ku-Klux-Klan in den USA, oder „GNLS“ – „Good Night Left Side“ –, eine Parole gegen Linke, die als Gegenstück zu antifaschistischen Symbolen wie „Good Night White Pride“ verstanden wird.

Die Initiative Laut gegen Nazis will weiterhin versuchen, solche Codes markenrechtlich schützen zu lassen, um ihre Verwendung durch Rechtsextreme einzuschränken. Doch nicht alle Codes lassen sich eintragen, da ihre extremistische Bedeutung zu offensichtlich ist.

Markenrechte sind zudem nur fünf Jahre gültig und verfallen, wenn der Name nicht genutzt wird. Das zwingt den Verein, die rechtsextremen Codes aktiv einzusetzen. Hierfür nutzt der Verein jetzt die Namensrechte des Onlineshops. Im neuen Onlinestore Druck18.com können Unterstützer statt rechter Mode jetzt Merch des antifaschistischen Vereins kaufen.

Der Verein nutzt dafür das gewonnene Namensrecht. Auf einem T-Shirt wird etwa Druck18 zu „Dreck18“. Andere rechtsextreme Codes wie „VTRLND“ – womit Nazis das Wort „Vaterland“ meinen – kommen weiterhin auf den Produkten vor, aber ergänzt, zum Beispiel zu Sprüchen wie „Ich trage VTRLND, damit es ein Nazi nicht kann“.

Die Erlöse von Druck18.com sollen aufgeteilt werden, sagt Menge. 75 Prozent sollen weiter für die Finanzierung von Namensrechten verwendet werden. Schließlich kostet ein Verfahren rund 1.800 Euro. Die restlichen 25 Prozent sollen an andere antifaschistische Initiativen gehen, die Geld gebrauchen können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • Ich verstehe nicht, was an der Aktion zu bekritteln ist. Sie ist pragmatisch, praxis- und ergebnisorientiert. Allemal wirkungsvoller als die x-te Analyse über die Natur der Strandburg bei Rechtsextremen in der Marginalienforschung.

    • @rakader:

      Es ist zu kritisieren das es diese Aktion gar nicht gibt. Beim Markenamt ist weder ein Antrag auf Schutz der Marke "Druck88" eingegangen, noch ist die Marke geschützt. Und der Shop trägt immer noch diese Bezeichnung.



      Und wenn es ein Antrag geben wird, werden die Bereiber möglicherweise ein Vorrecht auf Eintrag bekommen.

  • Der Name oder Bezeichnung Druck18 ist nicht geschützt. Und den Shop gibt es immer noch unter dieser Bezeichnung.

    register.dpma.de/D...ilterkonfiguration

  • Ich sehe dabei leider den typischen Streisand Effekt.



    Man erhöht die Aufmerksamkeit für Produkte und "Codes" die man eigentlich besser ignorieren sollte.



    Wie man lesen kann, sehen viele darin einen vermeintlichen Sieg. Man könnte auch die Farbe Blau verbieten und schauen was passiert.

    • @Mopsfidel:

      Falsch. Dadurch wird den meisten Mitmenschen bewusst, welche Codes sie unhinterfragt konsumieren und sensibilisiert sie.

  • Macht nicht den Fehler druck18 nur bei google einzugeben. Ihr landet auf der falschen Seite. Für nen Moment dachte ich schon die Taz wäre gehackt worden.

    Aber witzige Aktion, den Spieß einfach umzudrehen ist genau mein Humor :-).

  • Ich sehe auch öfter Codes auf T-Shirts bei denen ich vermute das es Nazi Codes sein könnten z.b. "Ehre Treue Vaterland" oder "National Revolutionär Sozialistisch". Ich vermute das sind Hundepfeifen weil sie VTRLND nicht mehr nutzen können.

  • Daumen hoch :))



    lustig, ihnen das zu nehmen was sie lieben

  • Mit Fazination den Artikel gelesen, toller Ansatz von Druck18! Nur kommt ein Beispielpaar vor, das mich nachdenken lässt:



    "... GNLS“ – „Good Night Left Side“ –, eine Parole gegen Linke, ... als Gegenstück zu antifaschistischen Symbolen wie „Good Night White Pride ...“

    Sind das nicht in beiden Fällen einfach nur politsch ideologische Stellungnahmen in knackiger Jugendsprache, vielliecht nicht sehr inhaltsreich ist, aber im freiheitlich demokratischen Meinungsdiskurs doch ohne weiteres zulässig, ebenso wie "Palestina T-Shirt" im Bundestag. Beim Klu Klux Klan hört der Spaß natürlich auf. Der gilt in Deutschland als rechtsextremistisch verfassungsfeindliche Vereinigung und unterliegt der Beobachtung durch den Verfassungsschutz.

    Im Antifaschistischen Diskurs muss mensch aufpassen, dass es aus den rechten Löchern nicht wieder tönt: "Jetzt darf man das nun auch schon nicht mehr sagen ..." Oder irre ich mich da? Lasse mich gerne von euch des Besseren belehren.

    • @Tinus:

      "Good Night White Pride" ist im Hardcore (Punksubsubkultur*lol*) entstanden weil es auch da Faschobands und rechtsoffene Konzertbesucher gab und gibt. "... left Side" ist die *gähn*-Reaktion, denn Hardcore ist halt eher in nem "linken" Umfeld verwurzelt. Also falls Du des mal als Shirt oder Aufkleber siehst, isses nen Fascho.

  • "Möglich sei das gewesen, weil rechtsextreme Codes bislang nicht verboten sind und frei im Handel genutzt werden dürfen."

    Spielen wir doch einmal die gedankliche Alternative durch: die Behörden fangen ein Katz- und Maus-Spiel mit Verboten* solcher Codes an, die Szene reagiert umgehend mit neuen Codes, die ist da sehr kreativ. Irgendwann landet man bei Codes, die so allgemein sind, dass sie sich keinesfalls mehr verbieten lassen, von der Szene aber trotzdem verstanden werden. Man hat also über Jahre erhebliche Ressourcen in Verwaltung und Justiz gebunden, um im Endergebnis absolut gar nichts erreicht zu haben, außer vielleicht noch mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen, die den Nazis eher nützt. Ganz abgesehen von der Fragwürdigkeit des ganzen Unterfangens in Hinblick auf das Recht auf freie Meinungsäußerung.

    * Viele solcher Verbote dürften einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten.

    • @mm83:

      Es ging mE nur um die grundsätzlichen Codes.

  • Hehehe...beide Daumen hoch!



    Die waren echt so dämlich und haben sich das nicht selbst schützen lassen? Kostet 300EUR pro Grafik/Wortmarke.

    Wunderbar, genialer Coup.

    Mich erstaunte nur im ersten Moment, dass es da keinen Schutz für geistiges Eigentum gibt...aber diese Codes wurden ja schon lange vorher benutzt, also kann der Shop auch keinen Schutz von geistigem Eigentum nachweisen.

  • Also markenrechtlich ist das alles ganz dünnes Eis, Stichwort Bösgläubigkeit, § 8 (2) Nr. 14 MarkenG bzw. Art. 59 (1) UMV. Mit der Eintragung einer Marke ist da noch nicht viel gewonnen, schon gar nicht, wenn man allüberall verkündet, dass man das nur tut, um andere zu behindern, die Motivation ist da irrelevant. Dass die "angegriffenen" Produkte erst einmal vom Markt verschwinden, hat nichts zu sagen; eine Schadensersatzklage wird erst dann lukrativ, wenn Schaden entstanden ist. Nicht alles, was gut gedacht ist, ist auch gut gemacht...

  • Bravo! Guter Move :-)



    Die Regelungslücke im BBiG/AEVO/JASchG zur Ausbildereignung besteht leider weiterhin, die Zuverlässigkeit/persönliche Eignung ist ein bestimmter Rechtsbegriff und schließt extremistische, gewaltverherrlichende etc. Haltungen und (Geschäfts-) Aktivitäten nicht ein. In einem ähnlichen Fall würde eine IHK also wieder ühnlich entscheiden wie im Fall Tommy Frenck.

  • Danke für diesen informativen Artikel.

    Und ein ganz besonder Dank an "Laut gegen Nazis"!

  • Super Aktion!

    Wenn jetzt endlich auch noch die xxU aus der Geschichte lernen und handeln würde, wie eine demokratische Partei längst gehandelt hätte...

  • "Markenrechte sind zudem nur fünf Jahre gültig"



    Falsch, eine Marke kann nach 10 Jahren beliebig oft verlängert werden.

    "Schließlich kostet ein Verfahren rund 1.800 Euro."



    Das scheint mir übertrieben viel zu sein, die Amtsgebühr für eine deutsche Marke beginnt bei 290€, ein Anwalt muss nicht eingeschaltet werden, und der sollte auch nicht mehr als 700 € Honorar dafür verlangen.