Linker Verein gegen Naziklamotten: Das VTRLND in Antifa-Hand

Ein linker Verein sichert sich Markenrechte an Codes von Nazis. Die sind für Rechtsextreme nicht nur ideologisch, sondern auch finanziell wichtig.

T-Shirts an einem Merchstand.

T-Shirts bei einem Rechtsrock-Festival Foto: Paul Sander/imago

BERLIN taz | In Deutschland machen viele Versandhändler Geld mit Kleidung, auf der Szene-Codes von Neonazis stehen. Sie machen Reizworte unkenntlich, etwa indem sie Vokale weglassen: „I love Htlr“ auf Baby-Stramplern, „HKNKRZ“ (Hakenkreuz) auf T-Shirts oder „VTRLND“ (Vaterland) auf Pullovern.

Damit wollen An­ti­fa­schis­t*in­nen eigentlich nichts zu tun haben. Aber der Verein Laut gegen Nazis erwirbt gerade die Markenrechte an Codes wie diesen für Pullover, T-Shirts und ähnliche Produkte. Das Ziel: Mit Abmahnungen die Händler nerven und ihr Geschäft stören.

Bei einem Code hat das schon geklappt: VTRLND ist offiziell eine Marke von Laut gegen Nazis. Ab diesem Mittwoch schickt der Verein Abmahnungen an Neonazi-Shops raus.

Wer die Rechte an den in der Szene beliebten Codes für Kleidung hat, kann anderen verbieten, solche zu verkaufen. Bisher waren sie markenrechtlich frei. Die Idee sei von der PR-Firma Jung von Matt gekommen, erzählt Jörn Menge, der Vorsitzende von Laut gegen Nazis. Jung von Matt steckt hinter vielen bekannten Werbespots. Die Agentur eckt oft an, so äußerte sich von Matt 2018 etwa dazu, nichts von einer Work-Life-Balance zu halten. Jörn Menge ist aber sicher: „Die machen die Kampagne, weil ihnen das Thema wichtig ist.“

„Wir setzen Nadelstiche“

Menge ist seit bald zwanzig Jahren gegen Neonazis aktiv und erzählt: „Bei rechten Aufmärschen sieht man überall solche Kleidung. Es ist offensichtlich, dass die Vertriebe in der Szene Erfolg haben.“ Sie würden so ihre Hetze in die bürgerliche Mitte tragen, ohne direkt aufzufallen. „Gleichzeitig zeigen Studien wie die Mitte-Studie, dass die Gesellschaft immer empfänglicher für menschenfeindliche Positionen wird“, sagt Menge. Auch der Wahlerfolg der AfD sorge ihn.

Aber hilft das Markenrecht wirklich dabei, Neonazis am Verkauf zu hindern? Anwalt Niklas Plutte beschäftigt sich seit 13 Jahren mit dem Markenrecht. Er erklärt, grundsätzlich lassen sich Szene-Codes markenrechtlich sichern. Sie müssen lediglich geeignet sein, um Produkte von anderen eindeutig zu unterscheiden, und es müssen mehr als alltägliche Begriffe sein, die das Produkt beschreiben. Auch dann, wenn Laut gegen Nazis selbst keine Kleidung damit druckt und vertreibt, könnte der Verein für fünf Jahre andere abmahnen.

Allerdings dürfen Marken nicht gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen. Bei der Anmeldung von Neonazi-Codes eine echte Hürde, wie ein Mitarbeiter von Jung von Matt erzählt, der aus Sorge vor den Rechten nicht namentlich genannt werden möchte. Jung von Matt wollte die Abkürzung „HKNKRZ“. Das lehnte das Markenamt aber ab.

Auch bei gängigen Zahlencodes der Neonaziszene wird es schwierig, bei denen Zahlen Buchstaben ersetzen. Dass 18 für AH, also Adolf Hitler steht, wissen auch die Markenämter. Ebenso 444 für DDD, „Deutschland den Deutschen“ oder 14 für die „14 Words“. Dahinter steht ein Mantra, das ins Deutsche übersetzt aufruft, die Existenz „unseres“ Volkes und „weißer Kinder“ zu verteidigen.

Markenrechtsanwalt Kilian Kost gibt darüber hinaus zu bedenken: Den Neonazis die Marken gezielt wegschnappen, könnte bei der Anmeldung ein Problem sein. Grundsätzlich glaubt er aber: „Es kann zum Ziel führen, wenn man Neonazi-Händlern das Leben schwer machen möchte.“

Wer in solchen Fällen gegen Unterlassungserklärungen verstoße, müsse mit Strafen in mittlerer vierstelliger Höhe rechnen. Es sei aber wie immer im Recht, betont Kost: „Die konkreten Folgen hängen vom Einzelfall ab.“

Jörn Menge sei klar, dass sie mit der Aktion nicht reihenweise Szene-Kleidung vom Markt nehmen. „Aber wir setzen Nadelstiche. Und zeigen, dass es Neonazis gibt, die viel Geld damit verdienen.“

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