Rechtsextreme Strömung in der AfD: „Flügel“ soll sich auflösen

Die AfD-Spitze hat beschlossen, ihren rechtsextremen „Flügel“ aufzulösen. Fraglich ist, was das ändert, wenn Anführer und Anhänger bleiben.

AfD Politiker Höcke.

So ist es beschlossen, er soll sich auflösen... Foto: Martin Schutt/dpa

BERLIN taz | Der Bundesvorstand der AfD hat beschlossen, dass der „Flügel“ sich auflösen muss. Man erwarte, dass dieser am Samstag bei seinem Treffen seine Selbstauflösung einleite und bis Ende April abschließen soll. Das bestätigte Parteisprecher Bastian Behrens der taz. Für den Antrag stimmten elf Mitglieder des Bundesvorstands, Bundesvize Stephan Brandner enthielt sich, Andreas Kalbitz, der mit Björn Höcke an der Spitze des „Flügels“ steht, stimmte mit Nein.

Das Bundesamt für Vefassungsschutz hatte in der vergangenen Wochen den „Flügel“ um Björn Höcke und Andreas Kalbitz als rechtsextrem eingestuft. Der „Flügel“ sei eine „erwiesen extremistische Bestrebung“, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richte, hieß es. In der AfD hat seitdem die Sorge, die Partei als Ganze könne ebenfalls eingestuft werden, stark zugenommen. Insbesondere aus den westdeutschen Landesverbänden wurden zuletzt die Forderungen immer lauter, Konsequenzen zu ziehen und Sanktionen gegen den „Flügel“, aber auch gegen Höcke und Kalbitz persönlich einzuleiten.

Wie die taz aus Parteikreisen erfuhr, soll Parteichef Jörg Meuthen am Morgen in der Sitzung des Bundesvorstands vorgeschlagen haben, der „Flügel“ solle sich bis zum Monatsende auflösen. Diesen Vorschlag sollen, wie man hört, einige andere Vorstandsmitglieder unterstützt haben. Meuthens Co-Vorsitzender Tino Chrupalla und auch der Ehrenvorsitzende Alexander Gauland sollen sich aber dagegen ausgesprochen haben.

Unter anderem Chrupalla, aber auch die stellvertretende Bundesvorsitzende Alice Weidel sollen dann vorgeschlagen haben, dass der Bundesvorstand von einem Treffen des „Flügels“ am Samstag eine Erklärung verlangt, dass dieser innerhalb eines festen Zeitplans seine Strukturen abbauen werde. Dieser Antrag wurde angenommen. Die Diskussion soll insgesamt „wild“ gewesen sein. Meuthen hatte den „Flügel“ zuletzt noch als „integralen Bestandteil“ der AfD bezeichnet.

T-Shirts und Tassen mit Höckes Konterfei

Unklar ist, was eine Auflösung des „Flügels“ oder der Abbau von Strukturen überhaupt bedeutet. Schließlich hat die parteiintern extrem einflussreiche Strömung keine klare Mitgliederstruktur, auch wenn mit es mit Höcke und Kalbitz zwei Anführer und in den Bundesländern so genannte „Obleute“ gibt. Zudem finden Veranstaltungen unter dem Label des „Flügels“ statt, das jährliche Kyffhäusertreffen ist das bekannteste; auch kann man im Online-Shop des „Flügels“ Baumwolltaschen, T-Shirts und Tassen mit Höckes Konterfei kaufen.

Schließt man die Flügel-Anführer wie Höcke und Kalbitz und ihre AnhängerInnen nicht aus oder verhängt zumindest Ämtersperren, dürfte die rechtsextreme Strömung weiter einflussreich in der Partei bleiben – auch wenn es sie offiziell nicht mehr gibt. Der Verfassungsschutz rechnet 7.000 der etwa 35.000 AfD-Mitglieder dem Flügel zu. Es könnten aber auch einige Tausend mehr sein.

Kalbitz, der Beisitzer im Bundesvorstand ist, nahm an der Sitzung teil. Um persönliche Konsequenzen für ihn und Höcke soll es zunächst nicht gegangen sein. Höcke hatte zuletzt mit der Äußerung, „Flügel“-Gegner müssten von der Partei „allmählich auch mal ausgeschwitzt werden“ für erheblichen Unmut gesorgt. Das habe das Fass zum Überlaufen gebracht, sagte ein Parteifunktionär der taz.

Bundesvorstand könnte Kalbitz Mitgliedschaft aberkennen

Kalbitz muss nach Meinung zahlreicher Kritiker belegen, dass er nicht Mitglied der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) war. Die Neonaziorganisation, die Kinder und Jugendliche unter anderem in Zeltlagern zur künftigen nationalsozialistischen Elite heranziehen wollte, ist seit 2009 verboten. Dem Verfassungsschutz liegt laut Medienberichten eine Mitgliederliste von 2007 vor, in der unter der Mitgliedsnummer 01330 die „Familie Andreas Kalbitz“ aufgeführt sein soll.

Dass Kalbitz Kontakte zur HDJ hatte und bei einem Zeltlager war, ist seit langem bekannt. Wenn er aber Mitglied war, hätte Kalbitz das beim AfD-Parteieintritt angeben müssen. Weil er das nicht tat, könnte der Bundesvorstand ihm mit einfacher Mehrheit die Mitgliedschaft aberkennen.

Das machte das Gremium aber nicht. Es forderte Kalbitz lediglich dazu auf, für Klarheit zu sorgen – und wenn nötig juristisch gegen die Behauptung vorzugen, dass er Mitglied der HDJ gewesen sei. Ein Beweis, dass es diese Mitgliedschaft gegeben habe, liege der AfD bislang schließlich nicht vor, hieß es. Höcke wird in die nächste Sitzung des Bundesvorstands Mitte April geladen.

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