Rassismus in Familien: Zu hell, zu dunkel
Mal wird man für das Kindermädchen gehalten, mal für adoptiert. Rassismus im familiären Kontext ist subtiler, aber nicht weniger schmerzhaft.
N ach dem Interview mit Meghan und Harry gab es Leute, die fragten, ob es von einer weißen Familie rassistisch sein könne, darüber zu reden, welche Hautfarbe ein Baby haben würde. Und ob das Königshaus denn überhaupt rassistisch sein könne, wenn es den beiden doch erlaubt war, zu heiraten. Vielen Personen mit einem weißen und einem Schwarzen oder PoC-Elternteil dürfte das, was die Herzogin von Sussex beschrieb, nur allzu bekannt vorkommen.
Die Kommentare aus der eigenen weißen Familie. Aus der familiären Umgebung. Die Wunden, die man sammelt, wenn Leute, die einem am nächsten sein sollten, denken, allein die Anwesenheit von einem selbst wäre eine Art Beweis, dass sie frei seien von Rassismus.
Ich weiß, dass einige nach meiner Geburt überrascht waren, wie dunkel ich war – andere wiederum, wie hell ich war. Das haben sie mir später gern erzählt. Meine Hautfarbe und meine Haarstruktur kommentiert, dass ich früher doch viel dunkler war, viel heller, meine Haare krauser, weniger kraus – ich wusste nie, was ich dazu sagen soll. Ich hab auch nicht selten gehört, dass ich Glück gehabt hätte, nicht so dunkel zu sein wie meine Mutter. Für diese Leute ist ein ganz spezieller Platz in der Hölle reserviert. Denn das ist eine Beleidigung, die mich stets auf so vielen Ebenen verletzt hat, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.
Wenn ich mit Teilen meiner Familie in der Öffentlichkeit war, wurde ich unzählige Male von Fremden gefragt, ob ich adoptiert sei. Sie wollten wissen, „was da bei mir noch drin ist“. Als Teenagerin habe ich mir angewöhnt, zu meinem Vater immer sehr laut „Papa“ zu sagen, weil ich aus den angewiderten Blicken mancher Leute lesen konnte, dass sie dachten, ich sei seine Freundin. Rassismus in einem familiären Kontext ist für gewöhnlich weniger derb als der Typ, der einen an der Bushaltestelle beschimpft. Aber nicht weniger schmerzhaft.
Fremde glaubten, ich sei das Kindermädchen
Als mein erstes Kind auf die Welt kam, kamen bald die ersten Kommentare, wie „weiß“ er sei. „Witzig“, sagten sie, er sähe mir ja gar nicht ähnlich. Dabei hat er meine Augen und mein Lachen. Mir dämmerte recht schnell, was uns erwarten würde. Mir graute davor, was ihn die Leute später alles fragen würden. Bisher versteht er es noch nicht, aber ich. Fremde, entzückt von dem Kind, gehen davon aus, ich sei das Kindermädchen. Manche stellen fest: „Das ist aber nicht Ihrer!“ Und es ist mir nicht nur einmal passiert, dass eine neue Erzieher:in in der Kita beim Abholen fest davon ausging, dass ich die Mutter eines anderen Kindes sei.
Der einzig gute Grund, sich als weiße Familie darüber zu sorgen, welche Hautfarbe ein Baby haben wird, ist, wenn man die Geburt als Anlass nimmt, sich weiterzubilden, was es bedeutet, die weiße Familie eines BPoC-Kindes zu sein. Es gibt Workshops. Denn es ist unerlässlich, zu verstehen, dass sich viele vermeintlich „nicht böse gemeinte“ Kommentare nicht einfach so wegwischen lassen mit einem: „Wir sind keine rassistische Familie.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen