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Protestformen für den Dannenröder WaldAutobahnen sind tabu

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Abseilen von Autobahnbrücken ist gefährlich und trifft die Falschen. Ganz anders ist das bei der Besetzung eines Grünen-Büros.

Protest vorm besetzten Grünen-Büro: Demonstrant*innen diskutieren mit Robert Habeck Foto: Lars Reimann/imago

G ezielte Regelverletzungen können die Welt voranbringen, das ist eine der wichtigsten Gewissheiten des zivilen Ungehorsams. Dass der Staat vor allem bei Protesten von links gewaltig überreagiert, ändert daran nichts. Das war einst bei den Blockaden von Mutlangen gegen Atomraketen genauso wie jetzt bei den Verhaftungen der Leute aus dem Dannenröder Wald, die sich von Autobahnbrücken abgeseilt haben, um gegen den Bau der A49 zu demonstrieren.

Allerdings: Die Aktion der AktivistIn­nen aus dem Dannenröder Wald war falsch. Autobahnen sind Hochrisikogebiete. Sie sind gefährlich und im wahrsten Sinne des Wortes No-go-Area für die meisten ­VerkehrsteilnehmerInnen. Alles, was über das Anbringen eines Transparents an das Geländer einer Autobahnbrücke hinausgeht, muss ein Tabu für menschenfreundliche Proteste sein. Denn das ist keine sinnstiftende Regelverletzung, sondern einfach nur die Gefährdung anderer. Die AdressatInnen sind die falschen: FahrerInnen benutzen Autobahnen, aber sie entscheiden nicht, ob sie gebaut ­werden.

Dass die AktivistInnen mit anderen Protestformen richtig liegen, zeigt die Besetzung der Bundesgeschäftsstelle der Grünen am Mittwoch. Hier stimmt auch die Adresse. Die Grünen machen es sich in der Diskussion um den Dannenröder Wald zu einfach. Auf Bun­desebene ein Moratorium für den Bau von Autobahnen fordern, aber auf Landesebene in Hessen einfach alles mitmachen – das ist eine fragwürdige Arbeitsteilung. Natürlich ist es für den kleinen Koalitionspartner einer Landesregierung schwer, ein beschlossenes Infrastrukturprojekt zu verhindern, erst recht, wenn der Bund dafür zuständig ist. Aber das ist keine Frage von formellen Zuständigkeiten und Verwaltungsparagrafen, sondern eine politische. Die Grünen in Hessen sind nicht einmal dazu bereit, die Verhinderung des Autobahnausbaus ernsthaft zu versuchen, und die ParteifreundInnen im Bund machen ihnen keinen Druck. Dass die AktivistInnen etwa von Fridays for Future den Grünen das nicht durchgehen lassen, spricht für sie.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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14 Kommentare

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  • Demonstrationen auf Autobahnen zu untersagen ist schwierig: Für eine Demonstration auf einer Autobahn muss theoretisch keine Genehmigung vorliegen, sie kann aber untersagt werden. Hintergrund: Die Versammlungsfreiheit in Deutschland ist hohes Gut ....



    www.hna.de/lokales...d-a5-90075356.html

  • Die Autobahn ist nicht tabu!



    In den letzten Wochen gab es genehmigte Demonstrationen auf der A49 gegen die A49



    Die erste war am 26.9.2020



    twitter.com/parent...309817635853537280

    Hier ist die nächste:



    Fahrraddemo auf der A49 gegen die A49



    von Kassel bis in den Dannenröder Forst



    auch am 31.10.20



    Startkundgebung wie immer 9:00 Uhr



    am Hauptbahnhof Kassel

    • @Raymond Deuchert:

      Das finde ich auch. Sind doch super Aktionen! Danke für den Hinweis!

  • Risikogebiet oder nicht. Die Aktion hilt dem Anliegen nicht weiter, ist eher kontraproduktiv. Denn es gilt nicht die zu überzeugen, die das verstehen...

    • @Klaus Neuhaus:

      Das sehe ich nicht so. Zum einen können und werden solche Aktionen entsprechend vorbereitet. Zum anderen erzeugen sie Aufmerksamkeit und skandalisieren wie auch Besetzungen den Autobahnbau in Zeiten von Massenaussterben von Tieren und Klimaerhitzung.

  • Natürlich sind Autofahrer nicht "die Falschen". Sie nutzen Autobahnen, entscheiden aber nicht ob sie gebaut werden? Unsinn. Wo kein Autofahrer, da keine Autobahn. Nachfrage und Angebot.

    Viele werden es nicht hören mögen, aber wenige Dinge schaden dem Klima so sehr wie Autofahren. Es trifft also sehr wohl die Richtigen. Der Benzfahrer ist ein Klimaschwein, da geht kein Weg dran vorbei. (Der Golffahrer auch!)

    • @kditd:

      Exakt meine Auffassung. Nur weil alle meinen, sie müssten mit ihrem Auto fahren, wird die Landschaft zubetoniert. Jede Autofahrt jeder/jedes einzelnen trägt dazu bei. Im Gegensatz zur Zerstörung von S-Bahn-Infrastruktur wegen einer Hausbesetzung, unter der umweltfreundliche Pendler tagelang leiden, trifft es hier tatsächlich Verursacher und Mitverantwortliche der Misere.

    • @kditd:

      Der durchschnittliche größte Anteil am individuellen CO2 Ausstoß ist übrigens das Wohnen. Also raus aus dem urbanen Altbau und rein in die energieeffiziente 1-Zimmer Wohnung!

    • @kditd:

      Dummerweise sind die Autofahrer diejenigen, die den Staat am Laufen halten. Auch der ÖV wird von den Autofahrern massiv quersubventioniert (die Regionalisierungsmittel von über 8 Mrd € kommen von der Mineralölsteuer). Man könnte es auch so formulieren: ohne die bösen Klimaschweine würde es keinen ÖV geben. Und eine deutlich höhere Arbeitslosenquote (weil viele nicht mehr zur Arbeit kommen können). Der Staat könnte sich dann nicht mal mehr Hartz IV leisten, weil er kein Geld dafür hat.

      • @Luftfahrer:

        Der motorisierte Individualverkehr (MIV) bewirkt gigantische Schäden. Um die zu decken müsste der Sprit doppelt oder dreifach so viel kosten. Das ist lange bekannt und wird von vernünftigen Menschen nicht angezweifelt!

        Was soll also diese schwache Lobhudelei auf die weltweite suchtmäßige PKW-Nutzung?

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @kditd:

      Und Schweine darf man töten. Das wäre doch die naheliegende Schlußfolgerung.

  • " Autobahnen sind Hochrisikogebiete"



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    Verkehrsminister, ADAC etc, - kurz "die Outo-Lobby verkündet beständig, dass Autobahnen die aller-sichersten Verkehrswege sind.

    • @Wagenbär:

      Die Autobahnen sind sehr sicher: getrennte Fahrbahnen, Pannenstreifen zum sicheren Anhalten, Mehrspurigkeit, die ein Sortieren nach Geschwindigkeit erlaubt, keine Hindernisse (kreuzender Verkehr usw.). Wer ein Hindernis ohne konkrete Warnung erschafft, vor dem angehalten oder stark gebremst werden sollte, macht die Autobahn zu einem Risikogebiet. Daher die reduzierten Höchstgeschwindigkeiten vor Risikostellen (Reduktion der Fahrspurzahl, große Steigungen, Baustellen). Das die Autobahnkletterer mit ausreichend Abstand vor ihrem Kletterort 120/100/80/60-Schilder mit entsprechenden Warnhinweisen aufgestellt hätten, wäre mir nicht bekannt. Es würde zumindest das Risiko eines Unfalls deutlich senken.

  • 0G
    06955 (Profil gelöscht)

    Super Kommentar!