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Porträt Manuela SchwesigUnangreifbare Perfektion

Vor vier Jahren war Schwesig noch unbekannte Ministerin auf Landesebene. Seitdem hat sie sich zur souveränen Bundespolitikerin entwickelt.

Seitschritt in die richtige Richtung? Manuela Schwesig kehrt nach Mecklenburg-Vorpommern zurück Foto: dpa

Berlin taz | Manuela Schwesig muss die Quotenfrau geben. Es ist der Sonntagabend nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai. TV-Talkerin Anne Will will mit ihren Gästen das Wahlergebniss debattieren. Die rot-grüne Landesregierung gibt es nicht mehr, die SPD hat ihr schlechtestes Ergebnis in NRW seit 1947 eingefahren.

Jetzt hat die CDU die Nase vorn. Und SPD-Frau Schwesig, die Familienministerin der Republik, sitzt zwischen Wolfgang Kubicki von der FDP, dem Grünen Jürgen Trittin und Volker Bouffier, Ministerpräsident und CDU-Landeschef in Hessen, und soll das Debakel ihrer Partei erklären. Als einzige Frau zwischen drei Alphatieren, in rotem Blazer als Farbtupfer unter dunklen männlichen Politik-Uniformen.

Das wird sicher nicht ganz leicht für Schwesig. Sie ist zwar eine der fünf SPD-StellvertreterInnen, erklärt aber eher selten sozialdemokratische Bundes- oder Landespolitik. Schwesig wirbt naturgemäß eher für die Politik ihres eigenen Hauses: mehr Zeit und Geld für Familien, gleicher Lohn für Frauen und Männer, wenn sie ähnliche Arbeit verrichten, Erleichterung bei der Pflege von Familienangehörigen, Männer sollen mehr Hausarbeit verrichten, so was.

Vielleicht denken die Männer im Fernsehstudio: Die „Kleine da und ihr Gedöns“, die quatschen wir schon weg. Die sitzt doch hier sowieso nur, damit die Redaktion später nicht wieder Feuer bekommt, die Sendung sei zu männerlastig gewesen.

Irgendwann legt Schwesig dem CDU-Mann Bouffier die Hand auf den Arm, lächelt und sagt: „Herr Bouffier, machen Sie sich mal ehrlich, in der Familienpolitik sind Sie ziemlich blank.“ Und dann spult sie ab: Familienarbeitszeit, Elterngeld Plus, gebührenfreie Kitas, erleichterte Pflege für Angehörige, der Fachkräftemangel, der dringend bekämpft werden müsse. Das schöne Leben, will sie damit sagen, das gebe es nur mit der SPD. Sie redet und redet, und lässt sich nicht aus dem Tritt bringen. Nicht von Trittin, nicht von Bouffier, nicht von Kubicki.

Der ARD-Talk liefert auf unterhaltsame Weise einen Beleg dafür, dass aus der einstigen unbekannten Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen vier Jahren eine souveräne Bundespolitikerin geworden ist.

Schwerin – Berlin – Schwerin – Berlin?

2008 hatte sie in Schwerin das Sozialministerium von ihrem Parteikollegen Erwin Sellering übernommen, der damals Ministerpräsident des Landes wurde. Jetzt könnte Schwesig ihm erneut nachfolgen, am Dienstag ist Sellering wegen einer Krebserkrankung als Ministerpräsident zurückgetreten.

Für Schwesig dürfte die Rückkehr nach Mecklenburg-Vorpommern ein Seitschritt in die richtige Richtung sein. Schon möglich, dass die nächste Bundesregierung aus Union und FDP besteht. Oder aus Union, FDP und Grünen. Die Aussichten für die SPD jedenfalls sind nicht sonderlich gut – und damit auch die Berliner Aussichten für Manuela Schwesig.

Auch familiär vermag ihr der neue Posten Erleichterung verschaffen: Vorbei die Pendelei zwischen dem Job in Berlin und der Familie zu Hause, Schwesigs Tochter ist am 8. März gerade mal ein Jahr alt geworden.

Vielleicht denken die Männer im Fernsehstudio: Die Kleine da und ihr Gedöns, die quatschen wir schon weg

In Berlin hat Schwesig Marken gesetzt, ihre Bilanz der vergangenen vier Jahre als Fami­lienministerin liest sich wie ein Kompendium der Gender Studies: Frauenquote, ausgeweiterter Unterhaltsvorschuss, Prostituiertenschutzgesetz, Transparenz bei Gehältern, Elterngeld Plus, Nein heißt Nein im Sexualstrafrecht. Alles in Gesetze gegossen. So wie das ihr Plan war, als sie von Schwerin nach Berlin wechselte.

Das kommt an. Kämpferisch sei Schwesig, und zäh. Endlich mal eine Frauenministerin, die es ernst meint mit der Gleichstellungspolitik, heißt es bei Menschenrechts- und Familienverbänden sowie bei Nichtregierungsorganisation. Sie mache das gut, alles, was sie zu Beginn ihrer Amtszeit angekündigt habe, habe sie durchgesetzt.

Die „Marke Schwesig“ wirkt manchmal wie eine Maske

„Ich habe viele Ministerinnen im Familienministerium kommen und gehen sehen“, meint Elke Holst, Forschungsdirektorin für Gender Studies am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: „Aber mit Frau Schwesig gibt es eine neue Qualität.“

Nach dem „Totalausfall Kristina Schröder“, wie Schwesigs CDU-Vorgängerin von KritikerInnen gern diskreditiert wird, hat Schwesig allerdings auch leichtes Spiel: Nach einer christlich-demokratischen Ministerin, die kaum etwas für Frauen und Familien getan hat, erscheinen die Gesetze der sozialdemokratischen Nachfolgerin wie ein genderpolitischer Segen. Selbst bei der Opposition findet sie Zuspruch. Sie mache ihren „Job nicht schlecht“, findet Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag: „Sie ist authentisch und eine Familien- und Frauenministerin, die tatsächlich was will.“

Deutsches Historisches Museum in Berlin-Mitte, Empfang des ­Familienministeriums zum Weltfrauentag im März. Im Schlüterhof, dem überdachten Innenhof des ehemaligen preußischen Zeughauses, in dem früher mal Geschütze und Kanonen präsentiert wurden, hält Manuela Schwesig eine Kanonen-Rede.

Sie sagt Sätze wie: „Gleichberechtigung geht nur mit den Männern. Und ich bin froh, dass es viele moderne Männer gibt.“ Nein, sie spricht die Sätze nicht, sie ruft sie in den Saal, nach vorn gebeugt, manchmal mit geschwungener Faust. Fast wie eine Wahlkampfrede, bei der es um alles geht. Der Schlüterhof jubelt. Dann wieder senkt sie ihre Stimme und wird emotional: „Ich weiß nicht, ob es meiner kleinen Tochter Julia später als Frau mal gut gehen wird.“

Das sei typisch für die Ministerin, sagt Ulle Schwauws, das sei die „Marke Schwesig“: die unangreifbare Perfektion. Schwesig wisse sich „gut zu verkaufen“, findet die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion: „Das hat etwas Statisches. Schwesig erklärt ihre Vorhaben freundlich und verständlich. Aber immer mit denselben Metaphern.“ Das wirke oft nah, persönlich, privat, aber auch wie „eine Maske“.

Im eigenen Haus nicht bei allen beliebt

Schauws möchte nicht falsch verstanden werden: Schwesig fülle ihre Rolle als Bundesfamilienministerin gut aus, sie mache eine gute Gleichstellungspolitik, man nehme ihr ab, Feministin zu sein. Aber all die Gesetze, die Schwesig als „große Würfe verkauft“, seien „superkleine Schritte“. Zum Beispiel das Transparenzgesetz, durch das Frauen und Männer in Firmen ab 200 Beschäftigten fortan verlangen können, zu erfahren, was KollegInnen in gleichwertiger Position verdienen. „Davon profitieren nicht viele Frauen“, sagt Schauws.

Im eigenen Hause ist Schwesig nicht bei jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter beliebt. Das, was die Ministerin nach außen kommuniziere, setze sie nicht in jedem Fall bei den eigenen Leuten um. Für „die Menschen draußen“ propagiere sie Familienzeit als Lebensqualität, sagt eine Beobachterin aus dem weiterem Umfeld. Aber die Leute im Familienministerium müssten oft Überstunden machen, der Ton sei mitunter rau und kalt.

Bundestag im Mai, SPD-Ebene, die Fraktion hat zum verspäteten Frauentag geladen. Manuela Schwesig sitzt auf dem Podium und redet über die Lohnlücke, die zwischen Männern und Frauen klafft. Sie sagt: „Die Leute gucken beim Butterkauf auf 5 Cent – aber nicht genau hin bei ihrer Berufswahl und beim Einkommen.“ Um nachzuschieben: „Da müssen wir wirklich ran.“ Ein Satz, den sie häufig sagt. Fragt man sie, warum sie das als Familienministerin und im Transparenzgesetz nicht umgesetzt habe, lächelt sie und erwidert: „Wenn die SPD allein regieren würde, sähe das jetzt anders aus. Aber mit der Union sind manche Dinge nicht möglich.“

Kurz vorher hat Thomas Oppermann die Veranstaltung eröffnet. „Bei mir stehen jeden Tag viele Abgeordnete und andere Leute aus der Partei auf der Matte“, sagt der SPD-Fraktionschef und damit Hausherr: „Am häufigsten steht Manuela Schwesig auf der Matte.“ Der Rest des Satzes geht im Jubel der ParteikollegInnen unter.

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32 Kommentare

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  • "Aber die Leute im Familienministerium müssten oft Überstunden machen, der Ton sei mitunter rau und kalt."

     

    Frau Schwesig scheint gut zu sein im transportieren bestimmter Werte nach aussen. Lebt man sie selbser nicht, wird es einem kaum abgenommen.

     

    Noch so ein Bonbon:

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gleichstellungsbeauftragte-klagt-gegen-bundesfamilienministerium-a-967357.html

     

    BTW, ist der Titel Satire.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @agerwiese:

      Zitat aus Ihrem "Bonbon" vom 03.05.2014 (da war Manuela Schwesig keine fünf Monate Ministerin):

       

      "Die drei Fälle fallen in die Amtszeit von Kristina Schröder (CDU), aber nach Meinung von Rose-Möhring habe sich auch unter der neuen Ministerin Manuela Schwesig (SPD) nichts an dieser Praxis geändert. Eine Sprecherin des Familienministeriums wies dies laut der Online-Zeitung zurück. "Die Verhältnisse haben sich geändert", sagte sie "Süddeutsche.de". "Das Ministerium bezieht die Gleichstellungsbeauftragte bei ihren Personalentscheidungen ein." Zwei von drei Staatssekretären seien weiblich, demnächst auch drei von fünf Abteilungsleitern. Mehr als die Hälfte der Referatsleiter seien Frauen."

       

      Steht doch im Artikel, dass der Totalausfall Kristina Schröder nicht zu toppen ist ...

    • @agerwiese:

      "?"

  • "Im eigenen Hause ist Schwesig nicht bei jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter beliebt." Spricht das nun für oder gegen sie? Und was sagt das über ihre Beliebtheit bei der regierten Bevölkerung?

    Bisher hat Frau Schwesig ihre Ämter und Posten sehr stark auf den jeweils nächsten Kariereschritt ausgerichtet. Ob das als MP von MV auch so sein wird?

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Die Frau macht ihren Job.

    Eigentlich normal und selbstverständlich für jede/n Berufstätige/n, aber scheint 's nicht für alle Politiker/innen.

  • 3G
    35355 (Profil gelöscht)

    Bei "Zimmer frei" hieß diese Sparte immer "ultimative Lobhudelei".

  • M. E. war Frau Schwesig als Familienministerin eine absolute Fehlbesetzung. Sie hätte eher Feministen- oder Frauenministerin sein können, wenn es diese denn gäbe.

     

    Männer und insbesondere Väter scheinen in ihrer Klientel nicht wirklich vorzukommen.

    • @Nobodys Hero:

      Gut beobachtet.

  • Kein Wort über Frau Schwesigs massiven Versuch der Einflussnahme auf ein laufendes Gerichtsverfahren?

    • @Zwieblinger:

      Worauf beziehen Sie sich konkret?

        • 6G
          60440 (Profil gelöscht)
          @Zwieblinger:

          Das war sicher ein dicker Fehler. Trifft genauso auf Maas zu. Man soll halt nicht vorschnell urteilen. Und als Minister sollte man das Urteilen eh den Gerichten überlassen ...

        • @Zwieblinger:

          OK Für mich läuft das unter Meinungsäußerung und Mitteilung eines voreingenommenen Standpunktes. Frau Schwesig hat jedoch keinerlei Möglichkeit, die am Prozess beteiligten real zu beeinflussen, wie es beispielsweise Erdogan im Falle Deniz Yücels und Mesale Tolus tut.

          Ihr Vorwurf wäre m.E. dann berechtigt, wenn Schwesig den Richter bedroht oder ihm Geld begeben hätte.

          Ansonsten hat jede/r das Recht, seine/ihre Meinung zu Gerichtsverfahren zu äußern, solange die Justiz unabhängig davon ihre Entscheidung fällen kann, was im Falle Lohfink ja auch geschehen ist.

          • 6G
            60440 (Profil gelöscht)
            @Joba:

            Ging leider in Richtung Vorverurteilung, was die Unschuldsvermutung a weng außer Kraft setzt.

            Ist ein bisschen so wie beim Kachelmann. Da wusste Alice Schwarzer ja auch gleich, dass er schuldig ist.

            Und dumm ist, wenn sich das Gegenteil herausstellt:

            http://www.zeit.de/2016/42/joerg-kachelmann-urteil-claudia-dinkel-klage

             

            Und Claudia D. könnte ähnliches blühen wie Gina-Lisa: Strafrechtliche Verantwortlichkeit für Faschaussagen ...

          • @Joba:

            Das sehe ich anders. Als Ministerin ist Frau Schwesig ein hochrangiges Mitglied der Exekutive. Von so jemandem erwarte ich, dass sie die Gewaltenteilung respektiert. Wenn sie sich schon zu einem laufenden Verfahren äußert, dann darf sie auf keinen Fall das Urteil vorwegnehmen.

             

            Vermutlich ging es Frau Schwesig gar nicht in erster Linie darum, das Gericht zu einem Schuldspruch zu drängen, sondern sie wollte den anscheinend klaren Fall für ihre politischen Anliegen (insbesondere die Verschärfung des Sexualstrafrechts) nutzen. Das macht es aber nicht besser, weil sie dafür erstens eine mögliche Beeinflussung der Justiz in Kauf nahm und zweitens den Fall (und damit auch Frau Lohfink) für ihre Zwecke instrumentalisiert hat.

            • @Zwieblinger:

              Vermutlich ging es Frau Schwesig gar nicht in erster Linie darum, das Gericht zu einem Schuldspruch zu drängen, sondern sie wollte den anscheinend klaren Fall für ihre politischen Anliegen nutzen.

               

              Es ist absurd von politikern absolute unparteilichkeit zu erwarten. politiker brauchen eine meinung und dafür kann man sie dann wählen oder abwählen, aber zu kritisieren, das eine ministerin parteilich ist ist lächerlich.

              • @nutzer:

                Sie lesen etwas in meinen Beitrag hinein, was dort nicht steht. Ich kritisiere nicht, dass Frau Schwesig parteilich ist. Aber heiligt der Zweck die Mittel?

                • @Zwieblinger:

                  Natürlich nicht, aber welches Mittel von Frau Schwesig war denn so furchtbar? Welches Urteil hat sie denn vorweggenommen als sie ihre Meinung äußerte? Entscheiden konnte sie ja nichts und das ist auch gut so. Sie beißen sich ja unheimlich fest. Wären Sie auch so echauffiert, hätte sie inhaltlich gegenteilig (also in Ihrem Sinne) zum Lohfinkprozess Stellung genommen? Auch wenn ich nicht in Ihr Inneres blicken kann, bleiben mir daZweifel.

                  • @Joba:

                    Sie projizieren da etwas in mich hinein. Der Lohfink-Prozess und das Sexualstrafrecht sind mir (anscheinend anders als Ihnen) nicht besonders wichtig. Wenn Sie meinen Beitrag von 10.49 Uhr aufmerksam lesen würden, dann könnten Sie bemerken, dass ich mich zu beiden Themen dezidiert neutral geäußert habe, weil ich eben nicht vorhatte, die Diskussionen dazu wieder loszutreten.

                     

                    Aber ich interessiere mich für das Verhältnis von Politik(ern) und Rechtsstaat und da ist mir Frau Schwesig unangenehm aufgefallen. Alle Welt regt sich zu Recht über Erdogans und Trumps Angriffe auf die Gewaltenteilung in der Türkei und in den USA auf, aber wenn eine sozialdemokratische Ministerin hier in Deutschland Gerichtsurteile vorwegnimmt, wird das anscheinend von Vielen hingenommen.

                     

                    Ein Letztes noch: Sie arbeiten hier mit Unterstellungen und werfen mir anschließend vor, dass ich mich dagegen wehre: „Sie beißen sich ja unheimlich fest. Wären Sie auch so echauffiert…“

                    Es macht wirklich Spaß, mit Ihnen zu diskutieren. Wenn ich die Anhebung der Mindeststrafen sowie die Abschaffung des minder schweren Falls für Wohnungseinbrüche kritisiere, verdächtigen Sie mich dann, ein Einbrecher zu sein? Und wenn ich den Entwurf für das „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ für ein unausgegorenes, untaugliches und in Teilen verfassungswidriges Machwerk halte, bin ich dann wohl ein Facebook-Hetzer?

                    • @Zwieblinger:

                      Ihr Vorfurf, ich würde Ihnen Vieles unterstellen, rührt daher, dass Sie zwar massive Vorwürfe erheben, diese aber nicht ausreichend begründen und diesbezüglich recht vage bleiben. Da bleibt mir bei aller eingestandenen Fehlbarkeit nur die Spekulation darüber, was dahintersteckt. Meine Frage, worin die Vorwegnahme eines Urteils genau bestanden habe, beantworten Sie mit der Wiederholung Ihrer Behauptung. Denn anders als bei Erdogan, der Machtmittel einsetzt, (Trump redet auch nur, ohne etwas bewirken zu können, versucht aber tatsächlich, ermittlungen zu beeinflussen, auch wenn ihm das nicht wirklich gelingt) bedeutet der Wunsch nach einem Urteil nicht dessen tatsächliche Vorwegnahme, solange keine Druckmittel eingesetzt werden. Weisen Sie mir mir ein derartiges Telefonat oder Gespräch von Frau Schwesig bei der Justiz (wenn Sie nicht in meinem Sinne entscheiden, hat das für Sie Konsequenzen!) nach und ich bin auf Ihrer Seite. So aber ist mir der "harte Kern" Ihrer Vorwürfe nicht ersichtlich und mir bleibt nur, über Ihre Motive dafür zu spekulieren. Ich sehe keine Unterminierung der Gewaltenteilung.

                      • @Joba:

                        „Weisen Sie mir mir ein derartiges Telefonat ...“

                         

                        Das gab es m.W. nicht und auch nichts Vergleichbares. Andernfalls wäre Frau Schwesig (hoffentlich) längst zurückgetreten. Ich halte ihr Verhalten dennoch für bedenklich. Die Argumente hat Normalo gut zusammengefasst.

                         

                        Fehler macht jeder. Ich will Frau Schwesig deswegen auch nicht jede Eignung für ihr jetziges oder ihr künftiges Amt absprechen. Aber dass sie anscheinend den Fehler nicht einräumen kann, sondern die Sache nachträglich nicht mehr kommentieren will, wirkt auf mich trotzig und unreif.

      • @Joba:

        Die Lohfink-Sache. Aber erstens wußten Sie das bestimmt schon, und zweitens ist das ja wirklich eine Bagatelle.

        • @Wurstprofessor:

          Volltreffer! Wollte Zwieblinger dazu bringen, seine Skandalisierung dieser, wie Sie zu Recht bemerken, Bagatelle, offenzulegen. Anscheinend treibt ihn bezüglich des Sexualstrafrechts das gegenteilige Interesse an, was ich nur sehr bedingt nachvollziehen kann, weil auf diesem heiklen Gebiet falsche Beschuldigungen in der Tat verheerende Auswirkungen haben können. Das rechtfertigt aber nicht, echte Opfer von Belästigungen rechtlich strukturell zu benachteiligen.

          • @Joba:

            Inwiefern entkräftet Ihre haltlose Spekulation über meine Ansichten zum Sexualstrafrecht meine Kritik an Frau Schwesigs Verhalten?

            Wenn Sie die Einstellung einer Ministerin zur Gewaltenteilung für eine Bagatelle halten, hätten Sie mir dies auch gleich erwidern und so eine sachliche Diskussion ermöglichen können.

            Ad hominem ist natürlich einfacher.

            • @Zwieblinger:

              Wo hat Frau Schwesig die Gewaltenteilung in Frage gestellt? Ihre diesbezügliche Behauptung ist im Wesentlichen auch Spekulation, denn wenn ich mir ein bestimmtes Urteil wünsche und das laut sage, richtet das gar nichts aus und stellt die Justiz nicht in Frage, denn die kann ja anders entscheiden. Ob ich dabei ein öffentliches Amt bekleide oder nicht, spielt keine Rolle.

              • @Joba:

                Justizminister Maas ' äußert sich grundsätzlich nicht zu Gerichtsverfahren', vielleicht sollte Schwesig sich mal von dem beraten lassen. Rund um die Edathy-Affäre konnte man von ihr übrigens ähnliche Sprüche hören.

                Und eine Verschärfung des Sexualstrafrechts ist jedenfalls kein Pappenstiel, fragen Sie mal Julian Assange.

              • @Joba:

                Sorry, aber eine Bundesministerin ist nicht einfach irgendeine Privatperson mit einer Meinung zu allem und jedem. Sie ist in ihrer Funktion an Recht und Gesetz gebunden und hat gefälligst zu einem Gerichtsverfahren, dessen Aufgabe es ist, einen Sachverhalt aufzuklären und auf ihn dann geltendes Recht anzuwenden, schonmal gar nicht ihren Senf zu geben. Sie ist Exekutive, die Beurteilung von Strafrechtsfällen ist nicht ihr Job.

                 

                Und die öffentliche Äußerung ist natürlich Einflussnahme. Von Privatpersonen, die keinen blassen Schimmer über die wirkliche Sach- und Beweislage haben, ist derartige Einmischung schon eine Unart, aber bei einer Ministerin zeugt es von fehlendem Verständnis für ihre Rolle im Rechtsstaat.

                • @Normalo:

                  Die Unabhängigkeit der Justiz besteht m.E. gerade deshalb weil sie nicht im luftleeren Raum agiert und alle möglichen Leute sich mehr oder weniger qualifiziert zu den Fällen äußern. JuristInnen brauchen sich nicht an das zu kehren, was von fachfremder Seite von ihnen erwartet wird. Deshalb ist es nicht nötig, irgendjemandem zu verbieten, seinen Senf dazuzugeben, solange er/sie nicht Bestechung oder sonstige Druckmittel einsetzt. Wir sind ein freies Land und auch unqualifizierte Meinungen sind nicht verboten. Ob Frau Schwesigs Äußerungen klug und angebracht waren, steht auf einem anderen Blatt, illegitim waren sie aber deshalb nicht, weil sie die Justiz nicht gebunden oder manipuliert haben und das ist für mich entscheidend.Sie hat kein Gesetz gebrochen, sondern allenfalls sachfremde Wünsche geäußert und eine kontroverse Debatte ausgelöst. Der Justiz traue ich zu, dass sie sich davon nicht entscheidend beeinflussen lässt. Sonst stünde es eher schlecht um sie und man müsste in der Tat jede Debatte im Umfeld von Prozessen unterbinden, damit die "Reinheit" ders Urteils nicht gefährdet wird.

              • @Joba:

                Hat Frau Schwesig als Exekutive der Judikative ohne gesetzliche Grundlage Weisungen erteilt oder das auch nur versucht? Letzteres wäre in der Tat nicht hinnehmbar. Wenn Sie das nicht unterstellen, was an ihrem Verhalten war dann so schlimm? Oder halten sie RichterInnen für so manipulierbar, dass sie sich von irgendwelchen Äußerungen von Regierungsmitgliedern mehr beeinflussen lassen als von sonstwem? Das zeigte in der Tat ein merkwürdig obrigkeitsstaatliches Bild, welches ich jedoch im diskutierten Fall auf keiner Seite entdecken kann, auch bei Frau Schwesig nicht.

                • @Joba:

                  Ob sich die Richter beeinflussen lassen oder nicht, ist sekundär. Primär ist festzustellen, dass Schwesigs Äußerungen als Versuch der Einflussnahme zu werten waren. Hätte sie sich NICHT einmischen wollen, hätte sie schlicht - wie in Regierungskreisen üblich - erklären können, dass sie zu laufenden Strafverfahren keine Stellung nimmt.

  • Zitat: "Als einzige Frau zwischen drei Alphatieren, in rotem Blazer als Farbtupfer unter dunklen männlichen Politik-Uniformen."

     

    Nicht als einzige Frau saß Frau Schwesig im TV, sondern als stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende. Nix Quote!

     

    Zitat: "mehr Zeit und Geld für Familien"

     

    Mehr Zeit für Familien, während man beide Eltern in Vollzeit und die Kinder in der ganztägigen Betreuung wünscht. Schon irgendwie ein Widerspruch meinen Sie nicht auch?

     

    Frau Schwesig hat ihre Posten zuvorderst der Partei und Quote zu verdanken. Gut möglich, dass Frau Schwesig darum so sehr an die Quote glaubt. Ob sie bei der nächsten Wahl in MP wiedergewählt wird, wird zeigen aus welchem Holz sie geschnitzt ist.