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Politisches Versagen und MietenwahnsinnBitte nicht, liebe Konzerne

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Politiker glauben an die Verantwortung von renditegetriebenen Wohnungskonzernen. Während sie auf freiwilligen Verzicht hoffen, erhöhen diese die Mieten.

Es wird höchste Zeit Foto: dpa

1 ,7 Milliarden Euro Gewinn hat Deutschlands – und auch Berlins – größter Vermieter Vonovia im vergangenen Jahr erzielt. Das freute insbesondere die Aktionäre, die sich über eine Rekorddividende von insgesamt fast 1,3 Milliarden Euro freuen konnten. Umgerechnet auf die 565.000 Wohnungen, die der Konzern besitzt, zahlte je­de:r Mie­te­r:in monatlich 190 Euro direkt an die Aktionäre. Quasi zum Dank hat der Konzern nun Mieterhöhungen in Aussicht gestellt.

Begründet hat Vonovia-Chef Rolf Buch das Vorhaben mit der Inflation. Liege diese „dauerhaft bei vier Prozent“ – momentan ist es etwa doppelt so viel – „müssen Mieten dementsprechend ansteigen“, so Buch. Angesichts dessen, dass die derzeit besonders erhöhten und preistreibenden Energiepreise aber direkt an die Mie­te­r:in­nen weitergereicht werden, genauso wie höhere Wartungskosten oder eventuell steigende Lohnkosten für Hausmeister:innen, also angesichts dessen, dass Vonovia selbst von der Inflation kaum betroffen ist, ist Buchs Aussage schlicht gelogen.

Die Mieten müssen nicht wegen der Inflation steigen, sondern werden angehoben einzig aufgrund des Strebens des Konzerns nach Maximalprofit – wie es einem Börsenunternehmen inhärent ist. Man kann das mit einem Schulterzucken quittieren oder als Beweis dafür sehen, dass wichtige Lebensbereiche nicht dem Kapitalismus überlassen werden dürfen. Aber den Fakt, den sollte man akzeptieren.

Große Teile der Politik tun das nicht – und hängen der Illusion an, man könne Aktienkonzerne durch freundliches Zureden dazu bewegen, freiwillig auf ihre Gewinne zu verzichten: Als sei ein gutes Herz an der Unternehmensspitze wichtiger als die Gewinnerwartungen der Aktionäre.

Der gute CEO

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, in jungen Jahren einmal Freund von Vergesellschaftungen, fabuliert allen Ernstes von der „Verantwortung“ der Unternehmen. Und seine Parteigenossen erzählen in Berlin seit Monaten die Geschichte von Rolf Buch als dem Guten: dem Vermieter-CEO mit Gewissen sozusagen, ganz anders etwa als der eiskalte Michael Zahn, ehemals Chef der von Vonovia geschluckten Deutschen Wohnen.

Buch und Vonovia sind daher auch beliebte Gäste im Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbare Mieten, mit dem Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) den Wohnungsmarkt befrieden will. Dabei setzt man eben nicht auf Gesetze, nicht auf einklagbare Rechte für Mieter:innen, sondern auf die Gutmütigkeit der Konzerne. Den sozialdemokratischen und grünen Träumereien eines freiwilligen Mietenmoratoriums haben die aber just eine Absage erteilt. Andere handfeste Mieterschutzmaßnahmen sind auch nicht zu erwarten.

Stattdessen hat Giffey die Idee der 30 Prozent aus dem Hut gezaubert: Niemand solle mehr als diesen Anteil seines Einkommens für die Miete zahlen. Dass sich so eine Absichtserklärung der Konzerne möglicherweise in der am 20. Juni erwarteten Abschlusserklärung des Wohnungsbündnisses finden wird, bedeutet vor allem: Es wird die Konzerne kaum etwas kosten, also für Mie­te­r:in­nen nichts ändern.

Schon bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ist das Modell gescheitert. Nur im Promilleanteil haben Mie­te­r:in­nen ihre Einkommensverhältnisse offengelegt und darauf hingewirkt, dass ihre Miete nicht weiter steigen oder gar abgesenkt werden dürfe. Dabei haben sie dort das Recht dazu; bei Vonovia und Co. bliebe es eine Bittstellerei.

Ohne Gesetze geht nichts

Der Abzocke der Mieter:innen, denen durch explodierende Nebenkosten das Schlimmste noch bevorsteht, lässt sich nur durch gesetzliche Regelungen beikommen. Ein Mietendeckel könnte helfen, die Vergesellschaftung womöglich auch.

Das Zweckentfremdungsverbot in Berlin, das es verbietet, Wohnungen als Ferienappartements zu missbrauchen, hat den Angriff Berliner Richter diese Woche zum Glück überlebt. Das Bundesverfassungsgericht sah keinen Grund zu der Annahme, dass durch diese Einschränkung privaten Profitstrebens die Verfassung verletzt sei. Immerhin.

Auch wenn es mit der Umsetzung schwierig ist, hat die Stadt seit Bestehen des Gesetzes Tausende Wohnungen wieder für ihre eigentliche Bestimmung zurückgewonnen. Hätte sie nur höflich gefragt, wäre nichts passiert.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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13 Kommentare

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  • Selbstverständlich tragen Unternehmen Verantwortung:



    Laut Aktiengesetz sind Vorstände in erster Linie dazu verpflichtet, zum Wohl des Unternehmens zu handeln, also den Gewinn zu maximieren.



    Würden Vorstände freiwillig auf Gewinne verzichten und so das Unternehmen schädigen, machen sie sich haftbar.

    Wenn man will, dass Unternehmen soziale Standards einhalten, muss man sie darum dazu gesetzlich verpflichten, eine Strafe bei Verstößen festlegen und das auch kontrollieren. Gleiches gilt für Umweltschutz, CO2-Ausstoß, Menschenrechte, Bleigehalt in Kinderspielzeug usw.

    • @Bernd Berndner:

      Wie steht es bei den landeseigenen Wohnungsgesellschaften? Als AG oder GmbH (privat) sind diese auf Gewinn orientiert. Der Neubau auf kleinster Fläche wird zugelassen. Die Wohnungen ringsum werden den neuen Mieten angepaßt; erhöht. Unkontrollierbare Mietentwicklungen?

    • @Bernd Berndner:

      Viel effektiver als eine gesetzliche Verpflichtung wäre eine Demokratisierung der Unternehmen.



      Dann könnten Umweltschutz, Kohlenstoffemissionen und co. auch besser reduziert werden.

      • @Piratenpunk:

        Was soll das Schlagwort Demokratisierung bei Unternehmen den bedeuten?



        Es ist doch klar, das der Eigentümer bestimmt, was passiert. Alles andere wäre Enteignung.



        Mitarbeiter oder Kunden sind freiwillig dabei, können also bei nichtgefallen einfach gehen...

    • @Bernd Berndner:

      Was wollen Sie uns sagen?

      Ungerechtigkeit und asoziales Handeln gehört halt mit zur "Marktwirtschaft"?

      VW-Chef Diess tut dies ja und freut sich über die nicht unerheblichen Gewinne in China - trotz der KZs.

      Menschlichkeit versus Gewinnmaximierung?



      Das ist der Alltag. Deswegen muss es noch lange nicht richtig sein.

  • Als Gesellschaft, die sich über 13 Mio. Arme leistet, können wir uns diese unersätzlichen Miethaie nicht mehr leisten.

    • @Brot&Rosen:

      muß natürlich "unersättlich" heißen, sorry.

  • Die Politik versagt oder hat falsche Hoffnungen???

    Man kann die Sache auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Wer ein genügend hohes Einkommen hat, der bemüht sich, seine Ersparnisse möglichst rentabel und gleichzeitig möglichst sicher anzulegen.

    Der Bereich "Mietwohnungen" ist diesbezüglich nach wie vor optimal. Eigentlich bleibt dann nur noch die Frage offen, wie mieterfreundlich woh solche Personen sind, die an den Schaltstellen der Macht sitzen und ihr Geld (oder anders betrachtet das Geld der Steuerzahler) in Beteiligungen an Wohnimmobilien anlegen.

  • "Umgerechnet auf die 565.000 Wohnungen, die der Konzern besitzt, zahlte je­de:r Mie­te­r:in monatlich 190 Euro direkt an die Aktionäre. Quasi zum Dank hat der Konzern nun Mieterhöhungen in Aussicht gestellt. (...)"

    ...unfassbar.!! da werden die einen (Aktionäre) zu Parasiten (Blutsauger) der Anderen. Aber natürlich sind sie ja gar nicht verantwortlich, das machen ja alles die Vermietungsgesellschaften...

    Wenn das so stimmt, dann läuft in unserer Gesellschaft etwas komplett falsch. Aber ich fürchte es stimmt tatsächlich..und nicht nur im Wohnungssektor, sondern auch ein Teil der Krankenkassenbeiträge fließt auf Umwegen im die Tasche von Aktionären..

    Moralisch ein absolutes Unding. Nur kommen wir hier mit Moral nicht weiter. Hier braucht es einen neuen Gesellschaftsvertrag.

    Und wir haben ja gerade einen Kanzler dessen Partei ein S für sozial im Namen trägt..und in Berlin gibts da doch eine Bürgermeisterin aus der selben Partei. Und wo sind die Linken, wenn man sie mal braucht...

    • @Wunderwelt:

      Wenn ich vor 2 Jahren 1000 Vonovia-Aktien für 45 000 Eurogekauft habe Eurogekauft habe dann sind diese Aktien jetzt noch ca. 35000 Euro wert. Im Mai erhielten die Aktionäre eine Dividende von 1, 66 Euro/ Aktie also ca 1666 Euro bei 1000Aktien. Davon gehen aber noch die Kapitalertragssteuern ab und die Gebühren für die Verwaltung des Aktien-Depos. Wo ist denn da der Gewinn für die Aktionäre, berücksichtigt man den derzeitigen Aktienkurs von ca 35 Euro? Hier wird in der Taz von den Wirtschaftsexperten einiges durcheinander geworfen. Jeder interpretiert die Geschäftszahlen wie sie nützlich erscheinen. Wenn man Vonovia an die Kandare nehmen will, sollte man Finanzprüfer in die Geschäftszentrale schicken. Glaubt man an die Marktwirtschaft, dann gibt es bessere Investitionen. Wenn die Zinsen auf 9% steigen ist es vorbei mit der Herrlichkeit, da die Kredite nicht mehr bedient werden können.

    • @Wunderwelt:

      "Wenn das so stimmt, dann läuft in unserer Gesellschaft etwas komplett falsch."



      In dieser Gesellschaft läuft noch wesentlich mehr schief, siehe auch größter Niedriglohnsektor Europas, Pflegemißstand etc. Überall, wo auf dem Rücken der Menschen, die darauf angewiesen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, rücksichtslose Profitmaximierung betrieben wird, ist etwas falsch.



      Übrigens, das S ist nur Tarnung, wie auch in der CSU, und was sollen bitte die Linken machen, die will doch sowieso keiner.

  • Glauben ? Glauben tut man in der Kirche.



    Wer glaubt, dass Polit's irgendwie "glauben" glaubt vermutlich auch an den Klapperstorch.

    Es ist natürlich für die lieben Polit's viel einfacher zu sagen man hätte die Situation falsch eingeschätzt. Ja, man hätte Fehler gemacht. Es hätte Versäumnisse gegeben. BlahBlah.



    Viel einfacher als mal einzugestehen auf wessen Seite man wirklich steht und wessen Interessen man tatsächlich vertritt.



    Geld stinkt halt nicht.

  • taz-Zitat: "(...) Umgerechnet auf die 565.000 Wohnungen, die der Konzern besitzt, zahlte je­de:r Mie­te­r:in monatlich 190 Euro direkt an die Aktionäre. Quasi zum Dank hat der Konzern nun Mieterhöhungen in Aussicht gestellt. (...)"



    Wieviel direkte Zahlungen der Mieter an die Vonovia-Aktionäre verträgt der soziale Friden in dieser Republik; 210, 230 oder gar 250€? Der Handwerker sagt: "Nach fest kommt ab...."