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Plädoyer im Prozess zu PolizeigewaltTödliche Schüsse, geringe Strafforderung

Im Prozess um den von der Polizei erschossenen Geflüchteten Mouhamed Dramé in Dortmund fordert die Staatsanwaltschaft Freisprüche. Mit einer Ausnahme.

Die fünf angeklagten Polizeibeamtinnen und -beamten kommen in den Gerichtssaal des Landgerichts Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Dortmund taz | Im Prozess um den von der Polizei in Dortmund erschossenen Geflüchteten Mouhamed Dramé hat die Staatsanwaltschaft am Montag nur eine Freiheitsstrafe, aber viermal Freispruch für die beteiligten Polizeibe­am­t:in­nen gefordert. Wegen Verleitung seiner Untergebenen zu fahrlässiger Tötung und gefährlicher Körperverletzung soll lediglich der Einsatzleiter der tödlichen Polizeiaktion, Thorsten H., eine zehnmonatige Haftstrafe erhalten, die für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt werden soll. Außerdem soll er 5.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen.

Bei den weiteren vier Angeklagten, darunter auch der Todesschütze Fabian S., plädierten Oberstaatsanwalt Carsten Dombert und Staatsanwältin Gülkiz Yazir vor dem Landgericht Dortmund dagegen für Freisprüche. Zwar sei unstrittig, dass Fabian S. Dramé getötet und seine drei Kol­le­g:in­nen gefährliche Körperverletzung begangen hätten. Dabei seien sie aber einem sogenannten Erlaubnistatbestandsirrtum erlegen.

Alle vier Be­am­t:in­nen hätten auf dem Höhepunkt des katastrophal ausgegangenen Polizeieinsatzes fälschlicherweise vermutet, von dem erst 16 Jahre alten Geflüchteten angegriffen zu werden – und hätten deshalb angenommen, sich in Notwehr verteidigen zu dürften, so die Argumentation der Ankläger:innen.

Verantwortlich dafür sei aber allein die Einsatzplanung ihres Vorgesetzten Thorsten H., der Mouhamed Dramé am 8. August 2022 zusammen mit elf weiteren Be­am­t:in­nen eigentlich zur Hilfe kommen sollte. An diesem Montag hockte der Geflüchtete aus dem Senegal im Hof einer Jugendhilfeeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt, hielt sich ein Messer gegen den Bauch. Bei Dramé bestand Verdacht auf Suizidgefahr – erst am Tag zuvor war er deshalb in einer Klinik in Behandlung. Be­treue­r:in­nen sprachen ihn an, doch der Jugendliche reagierte nicht. Um 16.22 Uhr wählten sie deshalb den Notruf der Polizei.

Fataler Pfeffersprayeinsatz

Was danach passiert – gut dokumentiert durch den bis zu den Todesschüssen weiterlaufenden und aufgezeichneten Notruf und die Funksprüche der Po­li­zis­t:in­nen untereinander –, schilderte Oberstaatsanwalt Dombert noch einmal in aller Ausführlichkeit. Einsatzleiter H. beschloss, Mouhamed Dramé ausgerechnet durch den massiven Einsatz von Pfefferspray am befürchteten Suizid zu hindern. Der sollte dazu gebracht werden, sich an die Augen zu fassen und dafür das Messer fallen zu lassen, so die Idee dahinter.

Doch die scheitert katastrophal. Mit dem Messer in der Hand versuchte Dramé, dem Reizgas auszuweichen – und lief auf die nur wenige Meter entfernten Po­li­zis­t:in­nen zu. Die fühlten sich tödlich bedroht, beschossen ihn zunächst mit Elektroschockern – und nur 0,771 Sekunden später dann auch mit einer Maschinenpistole vom Typ MP5. Sechs Schüsse trafen seinen Oberkörper. Sein Tod wurde um 18.02 Uhr festgestellt.

Alternativen wie etwa den Einsatz von Psy­cho­lo­g:in­nen habe Einsatzleiter Thorsten H. nie erwogen, erklärte Oberstaatsanwalt Dombert. Zumindest er als Vorgesetzter sei deshalb zu bestrafen. Der Prozess, der seit Dezember 2023 läuft, wird am Mittwoch fortgesetzt. Ein Urteil soll am 12. Dezember verkündet werden.

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