Opel in Bochum: Zu viele falsche Versprechen
Bochums Opelaner stimmen gegen einen Sanierungsplan. Das Management droht mit der kompletten Schließung des Werks – schon 2014.
BOCHUM taz | Es ist eine Kampfansage an das Management: Mit großer Mehrheit haben die Bochumer Opelaner den sogenannten „Deutschlandplan“ zur Sanierung des angeschlagenen Autobauers abgelehnt. Laut Auszählung von Donnerstag Abend lauteten mehr als 76 Prozent der abgegebenen Stimmen „Nein“. Opels Geschäftsführung wiederholte ihre Drohung, das Bochumer Werk deshalb schon Ende 2014 schließen zu wollen – und nicht wie zunächst versprochen 2016.
Die IG Metall zeigte wie Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin Verständnis für die Ablehnung des Plans, den die Gewerkschaft selbst in Tarifvertragsform verfasst hatte. „Zu viele falsche Versprechungen“ habe das von der Detroiter Konzernmutter General Motors (GM) immer wieder ausgetauschte Opel-Management den Bochumer Beschäftigten gemacht, so der Bezirksleiter der IG Metall in NRW, Knut Giesler: „Das sitzt tief.“ Sozialdemokrat Duin sprach von einer „bedauerlichen, aber nachvollziehbaren“ Entscheidung.
Denn um Opel wieder profitabel zu machen, sollen vor allem die Bochumer Opfer bringen – im vergangenen Geschäftsjahr hatte GM für sein Europageschäft einen Verlust von 1,4 Milliarden Euro ausgewiesen. Zwar verzichten alle Mitarbeiter auf die Erhöhungen einer Tarifrunde – als einziges Werk erhält Bochum aber kein neues Fahrzeugmodell: Die Autoproduktion im Ruhrgebiet steht vor dem Aus. Nach Angaben des Bochumer Opel-Betriebsratschefs Rainer Einenkel droht die Vernichtung von bis zu 3.000 Arbeitsplätzen. Inklusive Leiharbeitern bietet das Werk aktuell rund 4.200 Menschen einen Job.
Unklar blieben dagegen Versprechen, mit denen das Management die Beschäftigten zum „Ja“ zum „Deutschlandplan“ bewegen wollte: Zwar hieß es, dass im Fall einer Zustimmung auch nach 2016 Komponenten in Bochum gefertigt werden sollten. Doch ob dies Achsen, Getriebe oder andere Teile sein sollen, blieb offen – die laufende Getriebefertigung wird aktuell gerade geschlossen. Dennoch sprach der Bochumer Werksleiter Manfred Gellrich von einem „attraktiven Angebot“ an seine Belegschaft.
Jetzt setzen die Opel-Bosse auf Druck: Die für die Mitarbeiter der anderen Standorte wie Rüsselsheim oder Kaiserslautern zugesagte Beschäftigungssicherung bis 2016 werde es für Bochum ebenso wenig geben wie Nachverhandlungen. Zu denen will die IG Metall die Opel-Geschäftsführung bewegen. Eine leere Drohung sei die Werksschließung, glaubt Betriebsratschef Einenkel: Die „angedrohte Verlagerung der Produktion Ende 2014“, schreibt er in einem Flugblatt an seine Bochumer Kollegen, sei „aufgrund hoher Investitionen und fehlender Fachkompetenz in anderen Werken unsinnig“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren