Kommentar Opel: Ohrfeige für die IG Metall
Allen Erpressungsversuchen der Konzernführung zum Trotz waren die Opelaner nicht bereit, die Kapitulationserklärung zu unterzeichnen. Das ist sehr riskant.
D ie Aufregung ist groß, die Entscheidung jedoch ist konsequent: Mit einer satten Dreiviertelmehrheit haben die Beschäftigten des Opel-Werks in Bochum den sogenannten Deutschlandplan zur Sanierung des angeschlagenen Autobauers abgelehnt. Die Schmerzgrenze ist erreicht. Allen Erpressungsversuchen der Konzernführung zum Trotz sind die Opelaner nicht bereit, die ihnen vorgelegte Kapitulationserklärung zu unterzeichnen. Damit folgten sie der Linie ihres kämpferischen Betriebsrats.
Das ist sehr riskant. Opel droht bereits, schon Ende 2014 statt 2016 die Produktion stillzulegen. Die Frage ist allerdings, wie viel es sich GM kosten lassen will, die renitenten Malocher frühzeitig loszuwerden. Denn der derzeit in Bochum produzierte Zafira gehört zu den profitabelsten Opel-Modellen.
Der nordrhein-westfälische IG-Metall-Bezirksleiter Knut Giesler hat das Abstimmungsergebnis als „klares Misstrauensvotum gegenüber dem Management von Opel“ bewertet. Damit liegt er nicht falsch.
ist taz-Korrespondent für NRW.
Doch das Votum der Opelaner ist auch eine schallende Ohrfeige für die IG Metall sowie den Opel-Gesamtbetriebsrat in Rüsselsheim, die jenen „Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung und Sanierung“ abgesegnet haben. Trotz aller Lippenbekenntnisse, für den Erhalt des Bochumer Werks kämpfen zu wollen, ging es ihnen nur noch um die Sicherung der anderen Standorte.
Die IG Metall muss ihre Strategie nun dringend überdenken. Die ausgehandelte Vereinbarung war alles andere als ein „attraktives Angebot“: Die Beschäftigten hätten dem Verlust von mehreren tausend Arbeitsplätzen zustimmen sollen – ihren Arbeitsplätzen. De facto sollten die Beschäftigten ihre eigene Beerdigung bezahlen. Jetzt bleibt ihnen nur noch, ganz auf sich gestellt zu kämpfen.
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