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Öffentlich-rechtlicher RundfunkGenderstern-Verbot beim BR

Beim Bayerischen Rundfunk soll künftig schriftlich und mündlich auf den Stern verzichtet werden. Doch es gibt Ausnahmen.

Über diesen Stern gibt es hitzige Debatten und jetzt auch Verbote Foto: Sascha Steinach/imago

Beim Bayerischen Rundfunk (BR) soll künftig im Schriftlichen wie im Mündlichen auf den (gesprochenen) Genderstern verzichtet werden. Das geht aus einer internen Mail vom Mittwoch an die Mitarbeitenden hervor, die der taz vorliegt. Ausnahmen soll es für Angebote geben, „in deren Zielgruppe der Genderstern etabliert und akzeptiert ist“. Als Beispiel wird dabei das Instagram-Format „News-WG“ oder „Puls“ genannt.

Auf Anfrage der taz begründet der BR seine Entscheidung damit, dass die „Sprechpause häufig für Irritationen bei Hörerinnen und Hörern gesorgt“ habe. Und weiter: „Diese Entscheidung ist nach Überzeugung der Geschäftsleitung insbesondere deshalb nötig, um Einfachheit und Verständlichkeit der Sprache im Interesse des Publikums zu gewährleisten.“

Die Frage, wie Jour­na­lis­t:in­nen mit geschlechtergerechter Sprache umgehen sollen, wird seit Jahren intensiv diskutiert. Bei den Öffentlich-Rechtlichen gibt es keine einheitliche Regelung dafür.

Als Petra Gerster im Herbst 2020 in ihrer Moderation der „Heute“-Nachrichten des ZDF begann, durch einen Glottisschlag, also eine kurze Pause beim Sprechen, zu gendern, waren die Reaktionen geteilt. Während bei einigen die Freude groß war, endlich geschlechtergerechte Sprache auch in den Nachrichten zu hören, wurde Gerster auch öffentlich dafür angegriffen. Anfang des Jahres sagte sie allerdings im Interview mit der taz, dass sich bei den Zu­schaue­r:in­nen mittlerweile ein Gewöhnungseffekt eingestellt habe und die Beschwerden deutlich abnehmen würden.

Gerster arbeitet mittlerweile nicht mehr beim ZDF, doch auch ihre Nachfolgerin Jana Pareigis nutzt gesprochene geschlechtergerechte Sprache. Einen „Zwang zum Gendern“, wie er häufig von Rechten und Konservativen behauptet wird, gibt es beim ZDF allerdings nicht. Stattdessen steht es den Mo­de­ra­to­r:in­nen des ZDF – wie auch bei verschiedenen Landesrundfunkanstalten oder beim Deutschlandfunk – frei, ob sie gendern möchten oder nicht.

Dass auch beim BR weiterhin der Glottisschlag zu hören sein wird, ist im Übrigen nicht auszuschließen. Denn abgesehen von den jungen Formaten, die weiterhin gendern dürfen, nutzt die bayerische Sendeanstalt Inhalte anderer ARD-Anstalten, in denen ein solches Verbot bislang nicht herrscht. Für eigene Inhalte gelte die Vorgabe aber bis auf Weiteres. Ende des Jahres soll laut BR-Intendantin dann neu evaluiert werden.

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15 Kommentare

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  • Solls doch jeder haben wie er will. Ich finde die Diskussion darüber überflüssig. Jedes 3. Kind in Deutschland ist von Armut bedroht und irgendwie sind Gendersternchen wichtiger als abends was zu fressen auf dem Tisch zu haben. Was bescheuerte Luxusprobleme.

  • Eine weiße Entscheidung des BR gegen die sogenannte geschlechtergerechte Sprache.

  • Ich begrüße es, wenn die sexistische, sogenannte "geschlechtersensible" Sprache auf dem Rückzug ist. Allein die Betonung des frauendiskriminierenden Suffix "-in" müsste Frauen demonstrieren lassen. Schlimm, dass wir noch immer sexuell trennende Begriffe haben und das bei angeblicher Beachtung des Art. 3 GG.

    Wer das nicht versteht, kann gerne nachfragen. Ich erkläre das auf sachliche Weise.

    Gegen das Gendern, für eine echte Inklusion aller Menschen!

    • @Bernd Kammermeier:

      Na dann bitte, erlären sie mal. Zum Beispiel, warum sie sich offenbar nicht im Mindesten darüber wundern, dass ihre vermeintlich so geniale Einsicht wie Diskrimminierung zu überwinden sei von den davon Betroffenen so überhaupt nicht geteilt wird? Oder wie es sein kann, dass wenn das totschweigen jener Kategorien entlang denen Diskrimminierung stattfindet diese angeblich beheben sollte, das Problem nicht schon seit zig Dekaden gelöst ist?



      Jenen die Diskrimminierung anprangern vorzuwerfen diese allein mit der Benennung zu reproduzieren ist genau das gleiche Argument dessen sich etwa auch 'All Lives matter' bedient und es ist eben ein ausgesprochenn billiger rhetorischer Kniff den Opfern vorzuwerfen für ihre Diskrimminierung selbst verantwortlich zu sein. Es ist nun wirklich mehr als offensichtlich, dass dem nicht so ist.

      • @Ingo Bernable:

        Also ist die Morphologie, die Grammatik eine Art Transparent für polit. Statements? Für das Vokabular und die Ideen, die man transportiert ist das völlig legitim, aber die gemeinsame Grundstruktur sollte nicht einseitig angefasst werden.Alle sind frei zu gendern oder nicht? Jeder weiß wie subtiler soz. Druck funktioniert (und wenn jetzt schon Claus Kleber gendert!) und das gewisse Soziotope sich selbst reproduzieren, Vorstandsetagen genauso wie Redaktionsstuben. Die Grundstruktur der Sprache sollte aber nicht zum Feld des Kulturkampfes werden, nach aktuellem Stand kann die Linke hier nur verlieren, leider aber auch auf anderen Feldern - Klimawandel, Antirassismus, Corona etc, da ihre Gegner gerade alles in einen Topf werfen. Last but not least, was irgendwie auch beunruhigt, die Linke kreidet zu Recht dden Loonies von der Rechten an, dass sie aus ideologischen oder machtpolit. Gründen, alle Vernunft und Wissenschaftlichkeit über Bord wirft. Aber was die gendersensible Sprache anbelangt ignoriert diese ebenso hartnäckig. bzw pickt man sich die Studien nach Gusto heraus. Was der Rechten ihr Bakhti ist der Linken ihre Fusch. Die Grundthese (nicht Hypothese, man hält sie ja für erwiesen und unanfechtbar) ist ja, dass Sprache die Wirklichkeit formt, was ja stimmt, teilweise, aber nicht absolut. Die Verfechter des Genderns glauben oder versuchen anderen einzureden, wenn nur alle Geschlechter genannt sind, oder keins (Partzipien, "neutrale" Formen) dann gäbe es keine Geschlechterdiskriminierung und keine Gläserne Decke mehr, so als wären primär Männer dann plötzlich blind dafür wen sie vor sich hätten, und alle Vorurteile perdu wenn alle brav gendern. Zum linguistischen Teil: de.wikipedia.org/w...Genus#Genussysteme Die Hälfte aller Sprachen kennt keinerlei (!) grammat Genus. U.a Persisch,Türkisch, Ungarisch. Müssten dann, wenn die Theorie Recht hätte, der Iran und die Türkei nicht in Sachen Geschlechtergerechtigkeit die allerfortschrittlichsten Länder sein?

  • "Anfang des Jahres sagte sie allerdings im Interview mit der taz, dass sich bei den Zu­schaue­r:in­nen mittlerweile ein Gewöhnungseffekt eingestellt habe, und die Beschwerden deutlich abnehmen würden."

    Angesichts der Umfragen (80% fühlen sich regelrecht belästigt) würde ich eher von Resignation und Frust sprechen.

  • Sprache ist ein großer Baum. Er lebt und passt sich einem neuen Licht geschmeidig an ...

    oder auch nicht, sollte dieses Licht doch nur temporär oder zu schwach sein.

    Regulieren ist in dieser Phase stümperhaftes Abschneiden oder Aufpropfen neuer Triebe. "Let it be!!!"

  • 2/3 oder sogar mehr als 70% der Deutschen finden das gesprochene Sternchen einfach nur peinlich.

  • Glottisschlag. Gerster ohne s.

  • Der ÖR sollte sich an den Wünschen seiner Zuschauer orientieren, auch bei dem Thema „Gender“

    • @Paul Rabe:

      Ich wünsche es mir, also sollte der BR es nochmal überdenken.

    • @Paul Rabe:

      Genau, macht er ja gerade.....