Neues Album von „Feine Sahne Fischfilet“: Verfassungsschutzbericht 2015

Rund um eine Punkband hat sich eine gefährliche antifaschistische Zelle gebildet. Der Verfassungsschutz warnt – die taz dokumentiert.

Autoaggressiver Vandalismus des Sängers: Bier aufm Shirt. Bild: imago/future image

taz-Exklusiv: Rund um die Punkband Feine Sahne Fischfilet hat sich eine gefährliche antifaschistische Zelle gebildet. Der Verfassungsschutz hat in den vergangenen Jahren mehrfach darauf hingewiesen - doch der Linksrock wurde unterschätzt. Nun ist die Gruppe mit ihrem neuen Album "Bleiben oder Gehen" wieder in Erscheinung getreten. Die taz durfte einen Blick in den kommenden Verfassungsschutzbericht werfen.

[Auszug]

3. Linksextremismus

3.6.2 Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ (FSF)

Im Berichtszeitraum veröffentlichte die Punkband aus Greifswald und Rostock ein neues Album, das die offensichtlich linksextremistischen Bestrebungen und die Gewaltbereitschaft der fünfköpfigen Gruppierung erneut unterstreicht. „Bleiben oder Gehen“, das beim Hamburger Musikverlag Audiolith erschienen ist, ist das vierte Album der autonomen Vereinigung um Sänger Jan „Monchi“ Gorkow.

Bereits in den Jahren 2011 bis 2013 wurde die Gruppe behördlich auffällig. Auf drei aufeinanderfolgende Nennungen in den VS-Berichten reagierten FSF spöttisch: Sie feierte sie wie einen Hattrick im Fußball – in einem Video auf dem Internetportal YouTube lassen FSF sich von befreundeten Bands zu dieser zweifelhaften Ehre gratulieren. In dem Video ist auch eine Abwandlung des Liedes „Liebeskummer lohnt sich nicht, my Darling“ zu hören. Nur heißt es nun: „Gesetzestreue lohnt sich nicht, my Darling“ – gespielt wird der Song von einer befreundeten Hamburger Zelle, die sich „Waving the guns“ nennt (s. 3.6.3 „Angeschlossene Gruppierungen“). Daraus spricht eine Verächtlichmachung staatlicher Organe.

In den Liedtexten der Band zeigt sich auch auf dem neuen Album eine Gegnerschaft zur freiheitlich demokratischen Grundordnung. Beim Song „Wut“ bedarf es keiner großen Interpretationsbemühungen um festzustellen, dass mit dem Liedtext die Arbeit der Polizeieinsatzkräfte auf Demonstrationen diskreditiert wird: „Polizist sein heißt/ dass Menschen mit Meinungen Feinde sind“, heißt es dort zunächst, und kurz darauf: „Die nächste Bullenwache ist nur ein Steinwurf entfernt“. In dem Refrain singt die Gruppe: „Unsere Herzen brennen/ und der Hass, der steigt.“ Wo heute noch Herzen brennen, brennen morgen schon Polizeiautos.

Und wo die Band auftritt, da lässt sie zuweilen schon jetzt verbrannte Erde zurück. In ihrer Heimatstadt Demmin spielte die Band nach Angaben des Mecklenburger Fachblattes Nordkurier im November 2012 ein Konzert. Günther Behnke, Leiter des Demminer Ordnungsamts, erinnert sich: „Ein Großteil der Innenstadt war mit linksextremen Schmierereien und Aufklebern versehen.“ Die Behebung der Schäden, so der Nordkurier, hätte die Stadt 418 Euro gekostet. Zu Beginn des Jahres gelang es der Gemeinde Demmin nun, einen Auftritt der Gruppe zu unterbinden.

Angesichts der Liedtexte der Band, die nicht selten Aufrufe zur Gewalt sind, wundert der Vandalismus nicht. Gleich im ersten Song des neuen Albums, auf dem druckvolle elektrische Gitarren sowie hymnischer Trompeten- und Saxofonsound mit Skaeinschlag zu hören sind, wird deutlich, dass der Band an einem friedvollen Zusammenleben wenig liegt: „Wir werden am Tresen randalieren/ unseren Absturz zelebrieren“.

Für fröhliche, feiernde junge Menschen vom Lande haben FSF in dem Lied „Glitzer im Gesicht“ hingegen nur Verachtung übrig: „Viel zu oft/ Glitzer im Gesicht und Scheiße im Gehirn“. Die Meinungs- und Kunstfreiheit, auf die die Band sich gerne beruft, kann bei so viel angestautem Hass auf friedliebende Bürger in ostdeutschen Provinzen kein Argument mehr sein, die nur unzulänglich verdeckte Gewaltverherrlichung zu dulden. Da hilft es auch nicht, dass die Gruppe zur Tarnung mit „Warten auf das Meer“ eine grönemeyeristische Ballade mit viel Herz einstreut.

Auch jüngere Interviews mit der Band legen nahe, wie ernstzunehmend die antinationale Organisation ist. Nach eigenen Angaben findet die Band den Staat „doof“ oder „nich so dufte“. Im Kampf gegen Nazis reiche ihnen „Bratwurstessen gegen rechts“ nicht aus, wie Gorkow gegenüber einem Radiosender noch mal ausdrücklich unterstreicht. Die Militanz und die gefährliche Neigung zur Selbstjustiz seitens FSF wird deutlich, wenn Gorkow Blockaden bei Demos einfordert.

Feine Sahne Fischfilet: „Bleiben oder Gehen", Audiolith /Broken Silence, veröffentlicht Ende Januar 2015

Tourdaten: 06.02. Berlin, SO36 (ausverkauft), 07.02. Hannover, Faust, 13.02. Dresden, Scheune, 14.02. Wien, Arena Wien, 19.02. Hamburg, Knust , wird fortgesetzt.

Leider gewinnt die Band an Sympathisanten: Kurz nach Erscheinen des Albums schnellte „Bleiben oder Gehen“ auf Platz 21 in den Charts, die Gruppe um Gorkow rekrutiert stets neue, junge Antifaschisten. Die Konzerte zum Albumrelease waren zum Teil schnell ausverkauft, zuweilen mussten Zusatztermine gebucht werden. Die Veranstalter wurden von den zuständigen Innenministerien unverzüglich über die Ausrichtung der Band in Kenntnis gesetzt. Auch die Nähe zu den sogenannten „Zeckenrappern“ (s. 3.6.3 „Angeschlossene Gruppierungen“) muss den Behörden Sorgen machen: In Zukunft könnten sich mehrere Zellen zusammenschließen und ein Netzwerk bilden, das der so lange unterschätzten Linksrock-Bewegung einen neuerlich Schub gibt.

[Auszug Ende]

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