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Neuer Bericht des WeltklimaratsDrohender Klima-Kolonialismus

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Zum Anbau von CO2-speichernden Pflanzen bedarf es riesiger Anbauflächen. Die Last könnte den globalen Süden treffen.

Vertrocknete Pflanzen bei Kapstadt Foto: Mike Hutchings/reuters

H offnung und Horror liegen bei der Klimakrise nah beieinander. Wir haben alle technischen Mittel, um unsere Wirtschaft und unser Leben treibhausgasfrei zu gestalten, zeigt der neue Bericht des Weltklimarats. Es ist eine gute Nachricht, die dennoch Zweifel aufkommen lässt. Was ist das nur für eine Spezies, die ihren eigenen Lebensraum ruiniert? Das eigentliche Problem hat mit Macht, Geld und (Un-)Gerechtigkeit zu tun.

Eine weitere vergiftete gute Nachricht: Es gibt noch Chancen darauf, dass sich die globale Durchschnittstemperatur auf der Erde bei 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau einpendelt. Mittlerweile ist es aber kaum noch denkbar, dass die 1,5-Grad-Marke nicht zumindest temporär gerissen wird. Danach können wir uns theoretisch wieder zurückrobben, indem wir der Atmosphäre Treibhausgase nachträglich entziehen. Aber erstens würde es in der Zeit dieser Temperaturspitze schon unumkehrbare Folgen geben.

Zweitens ist unsicher, ob nicht bestimmte Kipppunkte des Klimasystems das nachträgliche Abkühlen verhindern. Drittens wird immer deutlicher, dass wir zur Entfernung von CO2 aus der Luft auf riskante Technologien zurückgreifen müssen. Diese Technologien sind im großen Stil unerprobt. Vor allem aber bringen sie politischen Sprengstoff mit sich.

Wer zum Beispiel kohlenstoffspeichernde Pflanzen aufbauen und verbrennen will, um das dann freiwerdende CO2 abzufangen und unterirdisch zu speichern, braucht gigantische Anbauflächen. Wer wird dafür Platz schaffen – Europa? Es droht ein neuer Klima-Kolonialismus, der diese Lasten in den Globalen Süden verschiebt.

Vor zehn Jahren wäre das ein guter Grund für eine grundsätzliche Ablehnung gewesen. Mittlerweile ist klar: Die Diskussion wird kommen. Auch die Öko-Szene sollte sie deshalb nicht tabuisieren, sondern aktiv führen. Das kann man immerhin aus der Energiewende lernen: Letztlich sind die technologischen Fragen leicht zu lösen. Das eigentliche Problem hat mit Macht, Geld und (Un-)Gerechtigkeit zu tun.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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21 Kommentare

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  • wo ist das Problem? Wenn im globalen Süden Platz ist, um so besser. Es geht doch nur um eine faire Entlohnung.

  • Man müsste auch thematisieren, wie im Namen des Klimaschutzes Entwicklungsprojekte im globalen Süden verhindert werden. So haben z.B. einige Industriestaaten bei der Weltbank darauf gedrängt, die Finanzierung von Erdgasprojekten in Afrika und anderswo einzustellen. Es gibt z.B. in Subsahara-Afrika große Gasvorkommen, deren Erschließung für die Industrialisierung und Anhebung des Lebensstandards in der Weltregion entscheidend wäre.

    • @grüzi:

      Danke, auch ein wichtiger und zu wenig beleuchteter Teil der Debatte!



      Wichtig ist es aus meiner Sicht für die Industrieländer, aufzuzeigen, dass Entwicklung mit umweltfreundlichen Technologien besser gelingt (viele Entwicklungsländer leiden ja gerade unter dem "Fluch der Ressourcen", wenngleich ich nicht weiß, inwieweit dahinter robuste wissenschaftliche Erkenntnisse stecken) und aktiv zu helfen, darauf aufbauend nachhaltige Verbesserungen zu fördern (und zwar nicht mit dem Hauptinteresse, eigene Absatzmärkte oder billige Rohstoffe zu bekommen, sondern Partner auf Augenhöhe sowie gelungene menschliche Entwicklung). Also handeln aufgrund der Einsicht, dass das Wohlergehen der "anderen" ebenso viel wert ist wie das der eigenen Staatsbürger:innen und sich beide gegenseitig bedingen (kein Nullsummenspiel!).



      Davon ab könnte man Zusagen der Entwicklungsländer mit einer Art "Klimavisa" verknüpfen, wenn es in diesen nicht gelingt, alle Menschen angesichts der Auswirkungen des Klimawandels ausreichend zu versorgen. So könnte man dort "Luft zum Atmen" schaffen, wobei wichtig ist, keinen Brain Drain zu befördern. Allerdings glaube ich persönlich, dass Emigration auch für das Herkunftsland positive Impulse geben kann, zum Einen durch direkte Geldsendungen der Emigrierten, zum Anderen aber durch Transfer von Know-How durch fortgesetzten Austausch oder eventuelle Rückkehr - habe auch hier aber keine wissenschaftliche Evidenz parat. Möglicherweise könnte man statt Visa zur dauerhaften Einwanderung auf Ausbildungs- und Austauschprogramme für (angehende) Fachkräfte setzen.

  • Pflanzen anzubauen, die auch noch Erträge bringen, scheint mir eine sehr viel geringere Last, als z.B. Müllhalden zu erdulden.



    Und hier sind die Leute auf dem Land doch such nicht den Pflanzen unzufrieden, sondern eher mit dem Mangel an Infrastruktur...

  • @PATRICIA WINTER

    Vor Wasserstoff brauchen Sie keine Angst zu haben. Nur vor gierigen Kapitalist*innen...

  • Sehe ich auch, wie @HERMA HUHN.

    Es ist mal wieder ein Traum dummer Technokraten. Werden diese Pflanzen /nur/ für ihren thermischen Ertrag angebaut, so dürften sie um mindestens zwei Zehnerpotenzen unter Photovoltaik im Ertrag/Fläche liegen.

    Die "Lösung" ist ziemlich langweilig und beginnt mit ganz einfachen Feststellungen:

    (a) der Energieverbrauch pro kopf ist "bei uns" ungleich höher als in den ärmeren Ländern. Ginge es nach denen, hätten wir das Problem nicht.



    (b) "Bei uns" wiederum verbrauchen die Reichen weitaus mehr als die Armen. Ginge es nach Letzteren wäre das Problem viel kleiner.



    (c) Verbrauchsreduktion steht an erster Stelle. Nur über den Preis zu regulieren bringt nicht viel, wegen (a) und (b) (es sei denn, wir nehmen den Tod vieler Menschen in Kauf: manche, so denke ich, sprechen es zwar nicht aus, denken das).



    (d) Jetzt handeln: wo bleibt das Gesetz, dass jede neue Dachfläche/jede Dachsanierung PV oder Solarthermie /zwingend installieren muss/?



    (e) Pflanzen und CO2-Einlagerung macht bei uns auch Sinn: Moorflächen. Die Lobbyisten des Bauernverbands stehen quer.

    • @tomás zerolo:

      Nachdem die Wohlhabenden mehr Energie verbrauchen, würde eine Klimaabgabe darauf nicht die Ärmsten treffen. Besonders ungelich verteilt sind die Emissionen im Flugverkehr,der sich andererseits der größten Steuervorteile erfreut.

    • @tomás zerolo:

      >>>"(a) der Energieverbrauch pro kopf ist "bei uns" ungleich höher als in den ärmeren Ländern. Ginge es nach denen, hätten wir das Problem nicht.

      (b) "Bei uns" wiederum verbrauchen die Reichen weitaus mehr als die Armen. Ginge es nach Letzteren wäre das Problem viel kleiner.

    • @tomás zerolo:

      Zu b: Wie können wir die, die am meisten CO2 verursachen, zum Sparen bringen, wenn sie alle Preiserhöhungen wegstecken, während die arme Hälfte der Bevölkerung friert und langsam auch zu hungern anfängt?

      Ich habe große Sorgen wegen der rabiat propagandierten Wasserstoffökonomie.

      • @Patricia Winter:

        Mit einer exponentiell steigenden CO2 Steuer. Bei wenig Verbrauch ist diese gegen 0, steigt aber ab einem festzulegenden minimal Verbrauch halt immens an. Das Problem ist der Datenschutz leider. Denn es bräuchte dafür ja eine Instanz, die sämliches Konsumverhalten trackt.

        • @SimpleForest:

          Es ginge auch über Bedarfsscheine.



          Jeder bekommt für eine bestimmte Menge einen Bedarfsschein ausgestellt, was darüber hinaus geht, muss man ohne Schein entsprechend teuer kaufen.

  • Ein Teakbaum erreicht in 15 Jahren 20cm Durchmesser und mehr.



    Hortikulutur und/oder der sogenannte Hausgarten in Kerala sieht aus wie ein Urwald weil



    überall etwas wächst.



    Im Boden, am Grund, Kniehöhe, bis 2m,bis 5 m usw.usw.



    Alles essbar + Heilkräuter und ein Riesenhaufen Tiere+ Insekten findet Unterschlupf.

    Was ist daran schlecht!?

    • @Arjun G. G.:

      Die Pflanzen sollen ja nicht stehen bleiben. Sondern gerodet, verbrannt und das Co2 im Boden eingelagert werden. Und das im industriellen Maßstab. Da ist nix mit naturbelassenden Urwald. Und wo sollen sie wachsen? Schon jetzt gibt es Konflikte um fruchtbare Böden. Sollen wir jenen die selbst am wenigsten Co2 ausstoßen auch noch die zur eigenen Lebensmittelproduktion benötigten fruchtbaren Flachen entziehen?

  • Wenn man nicht Unmengen von Energie für sowas bescheuertes wie MIV verballern würde, wär man schon ein ganzes Stück weiter. Aber Deutschland lebt ja angeblich vom Verscherbeln der hauptsächlich für Spritztouren und zu Angeben verwendeten „Verbrenner“, und bitte jetzt nicht mit Elektroautos ankommen, allein für die Herstellung dieser nutzlosen 2Tonner wird massenweise Co2 in die Atmosphäre gepustet.

  • "Wir haben alle technischen Mittel, um unsere Wirtschaft und unser Leben treibhausgasfrei zu gestalten"



    In diesem einen Satz ist alles enthalten, was am herrschenden "Klimakrise"-Narrativ falsch ist.

    • @JulianM:

      Könnten Sie das etwas ausführen? Bin nicht ganz sicher, ob mit dem herrschenden Narrativ obiger Satz gemeint ist oder das, worauf er sich bezieht.



      LG

      • @Fratercula:

        Das herrschende Narrativ:



        Der technische Kapitalismus ist nicht schlecht & nicht Schuld an der Zerstörung des Planeten. Auf keinen Fall würde es die Lage verbessern, wenn irgendjemand auf die Idee käme, unsere reichen Eltern zu enteignen. Der technische Kapitalismus muss vielmehr auf CO2-neutrale Antriebsformen upgraded werden. Dafür brauchen wir ganz viele neue Maschinen, die alle kaufen müssen. Und es ist nicht schlimm, dass unsere reichen Eltern sich an dieser "CO2-neutralen digitalen Wende" dumm & dämlich verdienen werden. Denn das WICHTIGSTE ist JETZT die Klimakrise! Kauft neue Maschinen! Über alles andere können wir irgendwann mal reden.

  • Aus welchem Grund sollte man die entsprechenden Pflanzen erst verbrennen, um dann ein flüchtiges Gas mühsam einzulagern, statt gleich die von der Pflanze auf genialste Weise gespeicherten Kohlenstoffe einzulagern?

    • @Herma Huhn:

      Ist natürlich ein Punkt. Nach allem, was ich weiß, geht @Obscuritas' Antwort in die richtige Richtung. Die Speicherung von Kohlenstoff im Ökosystem lässt sich nicht so gut skalieren. Andererseits liefern lebendige Pflanzen und Tiere ("ungenutzte" Biomasse), die trotzdem beträchtliche Mengen Kohlenstoff speichern können, weitere Vorteile (Ökosystemleistungen), die auch Folgen des Klimawandels für Wasser- und Ernährungssicherheit, Gesundheit und Wirtschaft vor Ort abmildern können. Beides sind wichtige Bausteine, auch wenn ich auch denke, dass Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) u.ä. nur eine Übergangslösung sein kann, bis Fossile als Energiequelle und anschließend als chemische Ausgangs- und Reaktionsstoffe (Stichworte Bio- und Wasserstoffökonomie) ersetzt worden sind. Je schwerer Fossile zu ersetzen sind desto sinnvoller ihr Einsatz. Das hat u.a. Werner Eckert in einer Folge der SWR-Klimazentrale vom 22.10.2021 sehr kundig zusammengefasst: www.swr.de/swraktu...e-podcast-100.html



      Der Schutz und die Aufwertung von Ökosystemen bieten hingegen den Vorteil, dass sie auch über die etwas mechanische Rechnerei mit CO2-Saldo hinaus viele derjenigen Ziele direkt fördern, die über Klimaschutz indirekt gefördert werden sollen.

    • @Herma Huhn:

      Vermutlich platzmangel.

      CO2 ist ein geringer % anteil der Gesammtmasse und somit auch weniger Volumen.

      Es sid einfach so viele millionen Tonnen, das kein platz für so eine vernünftige Lagerung von so viel Pflanzenmaterial ist. Zerfällt das Pflanzenmaterial entsteht ja wieder Co2, daher müsste das schonmal unterbunden werden.

      Baumerial wäre optimal vermutlich aber vermutlich sind diese nicht stabil genug und somit nicht dafür geeignet.

      Ich frage mich nur warum kein Bambus angebaut wird, der extrem schnell wächst und somit auch viel Co2 absorbiert, aber gleichzeitig auch sehr stabil ist und somit als Baumaterial geeignet wäre.

    • @Herma Huhn:

      Die Idee dahinter ist vermutlich sie energetisch zu nutzen und dann, in einem Kraftwerk, das CO2 technisch aufzufangen. Macht vielleicht (!) in einer Übergangsphase Sinn....bis ausreichend Fotovoltaik und Windkraft installiert ist.