Neue Forschungserkenntnisse: Rodungen treiben Klimawandel an
Die Schätze der Erde werden zu CO2-Schleudern. Einige der Wälder des Unesco-Welterbes stoßen mehr Treibhausgase aus, als sie speichern.
Doch nun haben Forscher*innen der Unesco, des World Resources Institute (WRI) und der International Union for Conservation of Nature (IUCN) herausgefunden, dass zehn Wälder in Natur- und Kulturerbestätten unterm Strich zur Erderhitzung beitragen, weil sie mehr CO2 ausstoßen, als sie binden. Darunter befinden sich der Grand Canyon Nationalpark in den USA, die tropischen Regenwälder von Sumatra in Indonesien und das Biosphärenreservat Río Plátano in Honduras.
Die Autor*innen der Studie haben Satellitenbilder mit vor Ort gesammelten Daten aus den letzten 20 Jahren kombiniert. Sie werteten alle 257 Welterbewälder aus, indem sie die freigesetzten Treibhausgase zur Leistung an Kohlenstoffbindung und -speicher in Beziehung setzten. Der Regenwald in Sumatra, der die Liste der CO2 emittierenden Wälder anführt, zieht demnach jährlich 1.200 Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr aus der Atmosphäre und stößt 4.200 Tonnen aus.
Die Gründe dafür liegen, nicht nur in Sumatra, in exzessiver Abholzung, Rodungen und der Ausbeutung der Böden für landwirtschaftliche Zwecke. Auch direkte Folgen des Klimawandels wie Waldbrände, Dürren, Extremtemperaturen, Fluten und Stürme tragen dazu bei, dass die eigentlich bestgeschützten Wälder der Welt kippen.
„Es droht eine Abwärtsspirale“
„Wir müssen uns bewusst machen, dass natürliche Ökosysteme eine Lösung im Kampf gegen den Klimwandel darstellen können – wenn wir sie besser schützen“, sagt Elena Osipova, Mitautorin vom IUCN. Am Samstag wollen sich auch die Verhandler*innen auf der COP mit der Rolle der Natur und der Ökosysteme zur Eindämmung der Erderhitzung befassen, der 6. November steht unter dem Motto „Nature Day“. Am Dienstag hatten sich mehr als 100 Staaten auf der COP verpflichtet, gegen Abholzungen vorzugehen. Allerdings hatte es bereits 2014 einen ähnlichen Beschluss gegeben.
„Wenn wir die Wälder nicht genug schützen, drohen wir in eine Abwärtsspirale zu geraten“, warnt Osipova. „Die Erderhitzung steigt, die Ökosysteme gehen weiter kaputt, was den Klimawandel vorantreibt, und immer so weiter.“ Das Ergebnis der Studie bewertet sie als sehr alarmierend.
Die Forscher*innen hätten ursprünglich aufzeigen wollen, wie wichtig die Wälder im Kampf gegen den Klimawandel sind. Das Ergebnis habe sie dann überrascht, sagt Osipova, sie hätten nicht damit gerechnet, herauszufinden, dass zehn der Wälder tatsächlich als Kohlenstoffquellen wirken. Sie hätten den Bericht daraufhin umstrukturiert.
Bereits Ende Oktober hatte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) bekannt gegeben, dass Teile des brasilianischen Amazonas nicht mehr als CO2-Senke, sondern als Nettoemittent wirken. Die Aufnahmekapazität des größten Regenwalds der Welt als Ganzes sei dadurch stark reduziert. Die zuständige Abteilungsleiterin der WMO, Oksana Tarasova, bewertete das Ergebnis ebenfalls als „sehr kritisch“.
Die Bilanz ist positiv – noch
Insgesamt konnten die Forscher*innen bei der Untersuchung der Unesco-Erbestätten eine positive Bilanz ziehen – noch. 166 der Wälder fungieren derzeit als CO2-Senken, bei 81 hielten sich CO2-Ausstoß, -Bindung und -Speicherung die Waage. Aber niemand könne absehen, wann die Bilanz ins Negative kippe, sagt Osipova. Wichtig sei, dass sofort auf lokaler sowie globaler Ebene Maßnahmen getroffen würden, die Wälder besser zu schützen und die Erderhitzung zu begrenzen.
Hoffnung gibt laut den Forscher*innen, dass ein Wald, der aktuell mehr CO2 emittiert, als er bindet, umgehend eine leicht positive Bilanz entwickeln würde, wenn er ab sofort vor Abholzungen und Bränden geschützt würde. Bis sich das Ökosystem vollständig regeneriert habe, dauere es länger.
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