Neue AfD-Verbotsdebatte: Kurzfristig hilft nur Solidarität
Ja, ein Verbot der AfD sollte weiter eine Option bleiben. Aber das entlastet nicht von einer konsequenten gesellschaftlichen Auseinandersetzung.
D ie AfD ist eine demokratisch gewählte Partei. Aber das macht sie noch lange nicht zu einer demokratischen Partei. Natürlich hat deswegen SPD-Chefin Saskia Esken recht, wenn sie fordert, dass ein AfD-Verbot weiter geprüft werden müsse – die völkisch-nationalistische Strömung hat die Partei längst übernommen. Mit einer Debatte über das politisch Erlaubte lässt sich langfristig ein roter Bereich markieren, der Wähler*innen zeigt, wo die Meinungsfreiheit aufhört und wo Verfassungsfeindlichkeit und Hetze gegen Minderheiten anfängt.
Aber es stimmt eben auch, dass die Debatte um ein AfD-Verbot keine Entlastung sein darf für die Politik und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der verrohten Bürgerlichkeit, die sich in der Zustimmung für die AfD artikuliert und im Alltag in Gewalt gegen Minderheiten manifestiert. Deswegen ist neben der juristisch gebotenen Prüfung eines formalen Verbots deutlich wichtiger, ein Gegengewicht zu formieren – und sich für die offene Gesellschaft einzusetzen.
Am besten funktioniert das in breiten Bündnissen, wie es hoffentlich „Weltoffenes Thüringen“ eines wird, das sich gerade aus Gewerkschaften, Wirtschaft, Kirchen, Politik und Sozialverbänden zusammenschließt. Die Botschaft muss sein: Solidarität statt Sozialneid und Rassismus. Wenn sich breite Teile der Gesellschaft strikt abgrenzen von menschenfeindlichen Positionen, die benachteiligte Gruppen gegeneinander ausspielen, und die verheerenden Konsequenzen aufzeigen, die die Politik der AfD hätte, gäbe es weniger Chancen für Spaltung als Geschäftsmodell.
Denn klar ist auch: Ein Verbotsverfahren würde gegenwärtig wenig bewirken – es würde sich über Jahre ziehen; der Ausgang wäre offen. Es würde der Opfererzählung der AfD in den Wahlkämpfen Legitimation verschaffen und ist ganz sicher kein Ausweg aus dem Dilemma, dass im Herbst bei drei Landtagswahlen im Osten eine antidemokratische Partei stärkste Kraft werden kann. Jetzt braucht es vor allem effektive Gegenwehr der gesellschaftlichen Mehrheit, die sich gegen die rassistische Verrohung stellt.
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