Neuberechnung des Stromverbrauchs: Stunden der Knappheit
Die Bundesregierung hat den Strombedarf neu berechnet. Das dringliche Thema spart sie aus: Wie umgehen mit Spitzenzeiten und Stunden der Knappheit?
A ha – der Stromverbrauch in Deutschland wird also deutlich steigen. Elektromobilität und der Trend, Häuser mit Wärmepumpen zu beheizen, schlagen sich nun auch in den offiziellen Prognosen der Bundesregierung nieder. Manchmal brauchen die Grundrechenarten offenbar etwas länger, bis sie Eingang finden in Regierungspapiere.
Die Ökostromlobby hatte schon lange mit höheren Zahlen operiert. Mit durchschaubarer Intention freilich: Wo die Politik prozentuale Ökostromziele setzt, erfordert ein höherer Stromverbrauch auch mehr Erneuerbare. Daher prognostizierte der Bundesverband Erneuerbare Energie jüngst für das Jahr 2030 einen Verbrauch von sogar 745 Terawattstunden; das Wirtschaftsministerium setzt trotz Aufstockung noch immer lediglich 645 bis 665 an.
So leidenschaftlich die Debatte über die Höhe des künftigen Stromverbrauchs geführt wird – das dringlichere Thema ist ein anderes: Die Politik muss mehr über die Spitzenlast diskutieren. Über die Frage also, wie viel Strom Deutschland in extremen Momenten braucht. Etwa, wenn am Winterabend bei Hochdrucklage kein Wind weht und es, bei winterlichem Hochdruck typisch, zugleich kalt wird. Wenn also viel mit Strom geheizt wird, während die Erneuerbaren weitgehend ausfallen.
In der Stromwirtschaft werden solche Debatten über Reservekraftwerke und Speicher freilich intensiv geführt. Sie führen dann notgedrungen auch zu der Frage, wie man Verbraucher dazu anregt, nicht ausgerechnet in Engpasszeiten viel Strom zu ziehen; etwa das Elektroauto zu laden. Schnell ist man dann bei der Notwendigkeit von zeitvariablen Strompreisen.
Weil aber das Eingeständnis, dass es künftig sehr teure Stunden geben wird, den Hype um die Elektrifizierung aller Lebensbereiche stört, diskutiert die Politik lieber schnöde Jahressummen. Wer aber die Energiewende zum Erfolg führen will, sollte anerkennen, dass die Jahressummen von Verbrauch und Erzeugung zweitrangig sind – hinter der Frage, wie man künftig mit Stunden der Knappheit umgeht.
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