NRW-Linke gegen den Spaltpilz: Rote Karte für Wagenknecht
In Nordrhein-Westfalen attestiert der Landesverband der Linken der einstigen Spitzenkandidatin Wagenknecht parteischädigendes Verhalten.
„Linke Gegenentwürfe für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit, des Friedens und für die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen“ würden nicht mehr ernst genommen, heißt es zur Begründung: „Unsere Vorschläge dringen nicht nach vorn, weil sie aus einer Partei kommen, die sich nicht sicher sein kann, ob sie zusammenbleibt.“
Erwartet werde jetzt „ohne Wenn und Aber ein klares Bekenntnis zu unserer Partei“ – nicht nur von Wagenknecht selbst, sondern auch von den anderen fünf „Bundestagsabgeordneten der Linken in NRW“.
Wagenknechts Verhältnis zur Linkspartei gilt spätestens seit Erscheinen ihres Buches „Die Selbstgerechten“, in dem sie 2021 sogenannten „Lifestyle-Linken“ vorwarf, die Klassenfrage zu vernachlässigen und stattdessen auf Sekundärthemen wie Klimaschutz zu setzen, als zerrüttet. Erst Anfang März hatte die einstige Parteiikone erklärt, sie schließe eine erneute Kandidatur für Die Linke aus. Über eine Parteineugründung abseits der Linkspartei werde allerdings „an vielen Stellen diskutiert“.
Angst essen Linke auf
In der Linken geht seitdem die Angst um, Wagenknecht könne bei der Europawahl im Frühjahr 2024 mit einer eigenen Liste antreten. Meinungsforscher:innen sehen dafür ein Potenzial von bis zu 25 Prozent, während die Linke bundesweit um 5 Prozent dümpelt. In NRW dürfte Wagenknecht dabei auf die Unterstützung von mindestens drei weiteren Bundestagsabgeordneten zählen können, die bisher auf dem Ticket der Linkspartei ins Parlament gewählt wurden.
So gilt die Bochumer Abgeordnete Sevim Dağdelen als eine ihrer engsten Vertrauten. Zum Wagenknecht-Lager zählen auch der einstige NRW-Landessprecher Christian Leye und der Aachener Andrej Hunko, der 2021 über Platz 4 der Landesliste in den Bundestag einzog. Klar zur Partei bekannt hat sich bisher nur die aus dem münsterländischen Emsdetten stammende Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler, die auch amtierende Co-Landesvorsitzende der Linken in NRW ist.
Wagenknecht, Dağdelen und Hunko waren bei dem Dortmunder Landesparteitag gar nicht erst anwesend. Wie sehr sich deren Lager bereits von der Partei verabschiedet hat, zeigt auch ein Blick auf das Bochumer Wahlkreisbüro Dağdelens, bei dem schon heute jeder Hinweis auf die Linke fehlt.
Dank geschickter Regie arbeitete die Partei auf dem Parteitag in Dortmund trotzdem auch inhaltlich. Beschlossen wurde unter anderem ein verkehrspolitischer Leitantrag, der einen „absoluten Vorrang für die Schiene“ und perspektivisch einen öffentlichen Nahverkehr „zum Nulltarif“ fordert. Eine „Verkehrswende nach links“.
Ebenfalls beschlossen wurde aber auch ein als innerparteilicher Kompromiss geltender Antrag, der ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine, „insbesondere von Kampfpanzern und schwerem Gerät“, fordert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Klimaschützer zu Wahlprogrammen
CDU/CSU und SPD fallen durch, Grüne punkten nur wenig
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge