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Das 19. Jahrhundert hat angerufen und will seine Lohnsklaverei zurück. (Wobei das 20. und 21. auf den AB gequatscht haben.)
„Die Befürchtung, es gäbe dann nicht mehr genügend arbeitende Menschen, die die Renten finanzieren, greift zu kurz. Ein höherer Bedarf ließe sich auch über eine höhere Besteuerung reicher Menschen lösen“
Dieser Vorschlag würde einem Populisten alle Ehre machen: Eine einfache Lösung für ein durchaus nicht einfaches Problem, und vor allem nicht zu Ende gedacht!
Sobald sich in der „Reichen“-Szene herumspricht, dass derartige Pläne ernsthaft diskutiert werden, werden die betreffenden Personen aus D. entfliehen, in Staaten, die mehr Herz für die „armen Reichen“ haben. Sie werden dann nicht nur nicht mehr, sondern fortan gar keine Steuern an den deutschen Fiskus bezahlen!
Ernstzunehmende Vorschläge sind gefragt!
@Pfanni Die angebliche Flucht der Reichen ist ein alter Neoliberaler Vorwand.
Szeuerflucht lohntvsich jetzt schon und muss bekämpft werden. Das erfordert das Gegenteil des schwachen Staats, den der N. propagiert... Hier sind konkrete Gegenmaßnahmen gefragt, und kein Verzicht auf Besteuerung.
Die Welt wird immer transparenter, und Steuerhinterziehung ist ein Verbrechen.
Warum sollten wir uns den Verbrechern ergeben?
@mensch meier "Die angebliche Flucht der Reichen ist ein alter Neoliberaler Vorwand."
Auch, aber nicht nur.
Dass Steuervermeidung ein dem Menschen innewohnender Impuls ist (und zwar bei Armen _und_ Reichen!), ist wohl unstrittig. Das bleibt auch so, wenn das Interessengruppen sagen, die gegen stärkere Reichenbesteuerung sind.
" Steuerhinterziehung ist ein Verbrechen."
Neben der tatsächlichen Steuerflucht kommt das Problem hinzu, dass ein Anzapfen der Reichen im Übermaß negative Anreize schafft: es lohnt sich weniger, reich zu werden. Das bedeutet, die Reichen als solche werden weniger. Und das gegen einen im Zeitablauf steigenden Bedarf für Rentner zu legen, ist ein Zaubertrick, der schon in der DDR (und anderswo) nicht funktioniert hat.
So einfach ist die Welt eben leider nicht, obwohl simple Lösungen wie diese so schön verlockend scheinen...
"...soll Deutschland diesen Schwund mit einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden beantworten."
Was angesichts Tarifautonomie und tatsächlichen vereinbarten Arbeitszeiten in den Tarifverträgen ein wirklich kreativer Vorschlag ist.
"Ein höherer Bedarf ließe sich auch über eine höhere Besteuerung reicher Menschen lösen."
Das allerdings ist die beliebte Luftnummer jeden ökonomischen Zauberlehrlings: einen steigenden Bedarf mit einer durch Abbau nachlassenden finanziellen Quelle stillen zu wollen, hat nicht viel Substanz.
@Encantado Eine nachlassende Quelle?
Die Vermögen und die Erbschaften wachsen jedes Jahr...
@mensch meier "Eine nachlassende Quelle?
Die Vermögen und die Erbschaften wachsen jedes Jahr..."
Sobald man sie anzapft nicht mehr.
Gerade im hochvermögenden Bereich wird ja heute bereits das wenigste erfasst (s. auch Begründung zur Aussetzung der Vermögensteuer). Das würde sich verstärken.
Von fixen Werten im Zeitablauf auszugehen, ist in der Ökonomie eher ungeschickt.
Was bitte ist bei Ingenieur*innen und Wissenschaftler*innen unattraktiv ???
Die werden händeringend gesucht, Gehalt ist gut bis sehr gut. Das Problem sehe ich leider darin, dass in der Vergangenheit und evt. auch jetzt noch naturwissenschaftliche Fächer „zu schwer“ für einen Großteil der Schülerschaft sind. Und Mathe braucht man auch dazu, welch Schande.
Auch wenn das Abi oder die Fachholschulreife gerade so geschafft werden, spätestens auf der FH / Uni wird ausgesiebt.
Also jetzt hört mal auf, auf diesem Mann rumzutrampeln.
Seid doch lieber froh, dass diese Leistungsträger der Nation, diese Helden des Wirtschaftssystems, ach was sag ich: Diese Götter des Kapitals uns teilhaben lassen an dem von ihnen geschaffenem Wohlstand.
Lasset uns froh sein, dass uns das Kapital wann immer wir Hunger leiden einen Brotkrumen hinstreut.
Lasset uns danken dafür, dass wir nicht vor Langeweile verkommen sondern stets eine erfüllende Aufgabe haben.
Und lasset uns verneigen vor soviel Großmut und Altruismus.
@Bolzkopf Wer wird denn so böse sein? 42-Stunden-Woche ist doch saugut, für Leute, die im Dreischicht System arbeiten, nahezu grandios. Rechnet man mal die halbe Stunde Pause pro Schicht raus, kann man ganz entspannt noch den Sonnabend dranhängen, ohne übermäßig Überstunden zu verursachen und im Winter kann man sich dann auch noch einen Tag Heizen sparen.
@Bolzkopf Genau, und lasset die Götter glauben, dass wir glauben, die Götter selbst hätten diesen Reichtum mit den eigenen Händen erschaffen.
Russwurm kann Vorschläge machen.
Aber er har nichts zu melden in diesem Land - solange nicht die FDP oder der "C"DU-/"C"SU-Wirtschaftsflügel hier regieren und solange die SPD kein GPG-Reloaded-Programm auflegt.
Dass Leute wie Russwurm und seine Klientel die Taschen nicht voll genug bekommen können, ist bekannt.
Aber der Souverän hier sind nicht die AG, GmbH, KG und andere virtuelle "Personen", die zum Gemeinwesen möglichst weng beitragen und möglichst viel davon abzweigen wollen.
Der Souverän sind die Bürger.
Und die Politiker sind nicht deren (Be-)Herrscher, sondern deren Abgeordnete, deren Mandatare! Und die haben zu tun, was ihnen der Souverän aufträgt.
Basta - hätte GPG gesagt. Aber den zitier ich nicht - deshalb keine "".
Herr Rußwurm ist ehemaliger langjähriger Topmanager der Siemens AG. Dort arbeiten die meisten Mitarbeiter, egal ob im Büro, Fertigung oder Außendienst in der 35 Stundenwoche. Mit vollem Lohn und guten sozialen Leistungen.
Die Zeitarbeitsmitarbeiter arbeiten meist 40 Stunden pro Woche bei weniger Lohn und weniger sozialen Leistungen. Er kann den Vorschlag ja zunächst, testweise, den gutgestellten festangestellten Siemens-Mitarbeitern machen oder den städtischen Angestellten.
@Nordlicht5 Wie die meisten TOP-Manager wird er also lange Abendsitzungen voller unproduktiven Gelabers als Ausweis seiner Leistungsfähigkeit begreifen.
Und dabei übersehen, dass er selbst noch keinen nutzbringenden Handschlag in seinem Leben geleistet hat...
Recep Tayyip Erdoğan gewinnt gegen Kemal Kılıçdaroğlu. Dem Herausforderer gelingt ein Achtungserfolg. Aber war er der falsche Kandidat?
Mögliche Maßnahme für Rentenausgleich: Ein perfider Vorschlag
BDI-Chef Russwurm will die Wochenarbeitszeit verlängern, um Renten zu sichern. Der Vorstoß ist aus der Zeit gefallen. Besser wäre eine Umverteilung.
Rentenausgleich durch erhöhte Wochenarbeitszeit auf 42 h – eine rückwärtsgewandte Idee Foto: Daniel Naupold/dpa
Europas Volkswirtschaften überaltern. Derzeit kommen in der EU nur noch drei Menschen im arbeitsfähigen Alter auf eine Person über 65, und das Verhältnis verschärft sich weiter. In Deutschland sind zudem die Jahrgänge im Alter zwischen 51 und 60 Jahren die mit Abstand geburtenstärksten.
„Wenn die Babyboomer in Rente gehen, geht diesem Land massiv Arbeitskraft verloren, und schon heute fehlen uns an vielen Stellen Arbeitskräfte“, sagte jüngst Siegfried Russwurm, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Geht es nach Russwurm, soll Deutschland diesen Schwund mit einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden beantworten.
Eine bemerkenswerte Forderung in einem der reichsten Länder einer Welt, die psychisch wie ökologisch an ihrer Überproduktivität krankt. Verschiedene nord- und westeuropäische Staaten prüfen die Einführung einer vier-Tage-Woche. Immer weiter auf Wachstum zu setzen, ist eine rückwärtsgewandte Reaktion. Auch weniger Menschen können aufgrund der hohen Produktivität in Deutschland genug Wohlstand produzieren.
Die Befürchtung, es gäbe dann nicht mehr genügend arbeitende Menschen, die die Renten finanzieren, greift zu kurz. Ein höherer Bedarf ließe sich auch über eine höhere Besteuerung reicher Menschen lösen. Denn wenn es Deutschland an einem nicht mangelt, dann ist es Reichtum. Das Problem ist, dass er sehr wenigen Menschen gehört: Über zwei Drittel des deutschen Gesamtvermögens konzentrieren sich auf zehn Prozent der Bevölkerung, und über die Hälfte davon wiederum auf das reichste Prozent.
Produktivität ist nicht das Problem
Diese Verteilung ist es, die das Rentensystem gefährdet. Das Argument, eine Gesellschaft, in der immer mehr Menschen im Ruhestand seien und immer weniger arbeiteten, könne sich nur durch noch mehr Arbeit weiterhin versorgen, verliert seit Beginn der Industrialisierung vor über 150 Jahren mit jedem Tag an Gültigkeit. Industrieländer produzieren im 21. Jahrhundert bei Weitem genug, um alle ihre Einwohner auf einem hohen Standard zu versorgen, würden die Güter gerechter verteilt.
Und auch der Fachkräftemangel wird durch eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit nicht sinnvoll bekämpft. Fehlt es an Handwerker*innen und Pfleger*innen, Ingenieur*innen und Wissenschaftler*innen, dann liegt das zunächst einmal nicht daran, dass es keine Menschen gibt, die die Berufe ausüben würden, sondern daran, dass sie zu unattraktiv sind.
Die Lösung dafür sollte nicht sein, dass die bestehenden Fachkräfte noch mehr arbeiten, sondern Anreize, die die entsprechende Karrieren begehrter machen. Höhere Löhne im Handwerk, bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege, eine Verlängerung der Bafög-Höchstdauer für Ingenieursstudiengänge, die kaum jemand in Regelstudienzeit schafft, und mehr unbefristete Arbeitsverträge an Universitäten wären nur einige Vorschläge.
Vor diesem Hintergrund erscheint es perfide, arbeitende Menschen zu noch mehr Arbeit verdonnern zu wollen – der Vorschlag wirkt angesichts des riesigen Wohlstands wie aus einer anderen Zeit.
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Schwerpunkt Armut
Kommentar von
Josa Zeitlinger
Autor
Jahrgang 1998, studiert Volkswirtschaftslehre in Berlin und Mannheim. Will technologische und wirtschaftspolitische Antworten auf die Klimakrise finden.
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Josa Zeitlinger
Ein Plädoyer für das Konkrete
Sind Utopien was für Faule?
Utopien können der Klimabewegung mehr schaden als nützen, glaubt Jan Feddersen. Er fordert mehr Realismus.
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