Mitgliedervotum der FDP: Quittung für Führungsschwäche

Das knappe Ergebnis ist für Christian Lindner kein Vertrauensbeweis. Der Parteichef weiß nicht, was er eigentlich mit der Ampel erreichen will.

Christian Lindner

Parteichef Christian Lindner: Was will die FDP in der Regierung? Foto: Annegret Hilse/reuters

Rückenwind sieht anders aus, ein Vertrauensbeweis an die eigene Führung auch. Nur eine knappe Mehrheit der FDP-Mitglieder, die an der Onlinebefragung teilnahmen, hat sich für einen Verbleib in der Ampelkoalition ausgesprochen. Fast die Hälfte von ihnen war dafür, das ungeliebte Bündnis aufzukündigen. Eine Mehrheit nahm gar nicht erst an der Abstimmung teil.

Klar, das Ergebnis ist nicht bindend, aber es zeigt die innere Zerrissenheit der FDP: Ohne SPD und Grüne kann sie nicht regieren, mit ihnen will sie es aber auch nicht so richtig. Christian Lindner verkörpert diese Unentschiedenheit exemplarisch. Gegenüber seinen Koalitionspartnern verhält er sich wie jemand, der sich nicht zu seiner heimlichen Geliebten bekennen mag.

So macht er sich und seinem Umfeld vor, dass es nicht so sei, wie es aussehe, und er in Wirklichkeit gar nicht an einer Fortsetzung dieser unstandesgemäßen Verbindung interessiert sei. Das ist reiner Selbstbetrug und das Gegenteil jener Eigenverantwortung, für die einzutreten die FDP sich so gerne rühmt.

Es ist auch ein Zeichen von Führungsschwäche. Weil Christian Lindner nicht deutlich macht, was er in der Koalition noch erreichen will, fördert er den Frust und die Verunsicherung an der Basis. Das Ergebnis des Mitgliedervotums ist die Quittung dafür. Würde sich Linder zur Ampelkoalition bekennen und deutlich erklären, was seine Partei davon hat, würde er den FDP-Mitgliedern positive Orientierung bieten. Stattdessen arbeitet sich seine Partei zwanghaft an den Grünen und der SPD ab und versucht, deren Politik zu torpedieren und zu verhindern. Das ist etwas dürftig.

Was will die FDP?

Nur 22 Prozent der FDP-Mitglieder zeigten sich zuletzt in einer Umfrage des ZDF mit der Arbeit der Ampel zufrieden. Das Mitgliedervotum ­sehen prominente Parteimitglieder nun als Ansporn, weiteren Streit in die Koalition zu tragen. Das wird das Erscheinungsbild der Ampel nicht verbessern und den Absturz der FDP in den Umfragen nicht aufhalten. Warum sollte man eine Partei wählen, die nicht weiß, was sie in der Regierung will, und die sich in vielen Fragen inhaltlich kaum von der Union unterscheidet?

Ein eigenständiges liberales Profil zu zeigen könnte heißen, über parteipolitische Differenzen hinweg nach Schnittmengen zu suchen und gemeinsam die Modernisierung des Landes voranzubringen. Dazu müsste Lindner sich offensiv zur Ampel bekennen und konstruktive Vorschläge machen, statt nur störrisch auf der Schuldenbremse zu beharren. Damit könnte er seine Partei hinter sich bringen und wieder mehr Wähler von der FDP überzeugen.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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