Migrationspolitik an EU-Außengrenze: Dänemark folgt Orbáns Vorbild
Kopenhagens sozialdemokratische Regierung liefert Litauen gefährlichen Klingendraht für die Grenze zu Belarus. Auch sonst steht sie für strikte Abschottung.
Minister Mattias Tesfaye über EU-Migrationspolitik
Es sei „auch in Dänemarks Interesse, diese Grenze zu schützen“, erklärte Dänemarks Migrationsminister Mattias Tesfaye vergangene Woche zur Begründung. Er war sogar persönlich nach Vilnius gereist, um der litauischen Innenministerin Agnė Bilotaitė diesen „rasierklingenscharfen Beitrag Dänemarks“ zur litauischen Grenzsicherung „quasi symbolisch persönlich zu überbringen“, wie die konservative Tageszeitung Berlingske Tidende kommentierte. Beide betonten dabei ihre Einigkeit darüber, dass die EU „physische externe Grenzen“ errichten müsse – und zwar an allen EU-Außengrenzen.
Die sozialdemokratische Regierung habe „einen allgemeinen Wunsch, die Außengrenzen der EU zu stärken, und den spezifischen Wunsch, den Zustrom nach Dänemark in Form von Sekundärmigration aus anderen Mitgliedstaaten zu begrenzen“, heißt es in einer Erklärung des Ministeriums von Tesfaye. Ausgerechnet der Sohn eines eritreischen Flüchtlings entwickelt sich derzeit zum flüchtlingspolitischen Hardliner in der sozialdemokratischen Regierung.
Ihr dient nun Ungarns Viktor Orbán als Vorbild. Es sei falsch gewesen, Ungarn wegen des Grenzzauns zu kritisieren, den Orbán 2015 an der Grenze zu Serbien errichten ließ, erklärte der Migrationsminister: „Mauern sind ein Teil der Lösung.“
Pushbacks sollen legal werden
Die dänische Regierung sei „für starke Grenzen“ und werde deshalb anderen Ländern helfen, Mauern zu bauen. „Dänemark muss sich für Migration interessieren, bevor sie an der deutsch-dänischen Grenze steht“, sagte der Minister. „Die Verteidigung unseres Sozialstaats beginnt an den EU-Außengrenzen.“ Man werde auch die Türkei bei der Grenzsicherung unterstützen: „Die Dänen können darauf vertrauen, dass wir mit ihren Steuergeldern die äußeren Grenzen Europas stärken.“
Neben dem Bau von Mauern möchte Dänemark auch „signifikante Änderungen des EU-Rechts“ beim Umgang mit Flüchtlingen erreichen. Im Zentrum steht dabei das Verbot von Pushback-Aktionen. Litauen und Polen haben solche teilweise gewaltsamen Pushbacks in den vergangenen Wochen an ihren Grenzen zu Belarus praktiziert und die EU aufgefordert, diese zu legalisieren. Die litauische Ministerin Bilotaitė kündigte eine entsprechende gemeinsame Initiative für die nächste InnenministerInnen-Konferenz der EU an und begrüßte, dafür auch „Dänemarks Verständnis und Unterstützung zu haben“.
Die sozialdemokratische Regierung Dänemarks ist für ihre harsche Migrationspolitik bekannt. Zuletzt machte sie mit dem Plan einer Arbeitspflicht für nichtwestliche Migrantinnen oder von Asylzentren in afrikanischen Ländern auf sich aufmerksam.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid