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Mietenpolitik der ParteienMietenexplosion? War da was?

Welche Partei hat die Interessen der Mie­te­r*in­nen im Blick? Mieterbund und das Bündnis „Mietendeckel jetzt“ haben die Wahlprogramme durchforstet.

Bezahlbarer Wohnraum muss her Foto: Jochen Tack/imago

Berlin taz | Melanie Weber-Moritz, Direktorin des Deutschen Mieterbundes, ist unbegreiflich, warum sich der Bundestagswahlkampf bislang „wenig um Mieten und Wohnen“ dreht. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin weist sie gleich zu Beginn auf zwei Untersuchungen hin: Auf eine kürzlich veröffentlichte Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW), wonach die Mieten „wieder einmal stark gestiegen sind im letzten Quartal 2024“ – in Berlin, Essen und Frankfurt jeweils um die 8 Prozent. Und auf eine Umfrage des Instituts Verian, die die Linke in Auftrag gegeben hat.

Demnach befürworte „eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland einen Mietenstopp“. Auch wenn der Wahlkampf das nicht vermuten lässt, sei Wohnen „eines der wichtigsten Themen“. Um das wieder in den Fokus zu rücken, hat der Deutsche Mieterbund die Wahlprogramme der Parteien einem Check unterzogen. Das Bewertungssystem basiert auf einem Ampelmodell. Grün bedeutet: Gut für Mieter*innen. Gelb: mittel. Und Rot: schlecht.

Betrachtet wurden sieben Themenbereiche: Etwa, welche Vorschläge es gibt, um den Mietenanstieg zu stoppen, Bodenspekulation einzudämmen, bezahlbare Wohnungen zu bauen oder wie die Kosten des Klimaschutzes fair verteilt werden können.

SPD und Grüne wollen Mietpreisbremse verlängern

Richtig viel Überraschendes gibt es nicht, Grünes Licht bei der Endbewertung bekommen SPD, Grüne, Linke und BSW. CDU/CSU bekommen gelbes Licht. FDP und AfD stehen auf Rot. Dennoch liefert der Check eine gute Übersicht, welche konkreten Maßnahmen vorgeschlagen werden und welche Unterschiede es unter den mieterfreundlichen Parteien gibt.

SPD und Grüne wollen die Mietpreisbremse zum Beispiel verlängern und verbessern, Linke und BSW wollen einen Mietendeckel. AfD und FDP wollen die Mietpreisbremse abschaffen. Die Union äußert sich dazu nicht konkret, will nur, dass die Regeln zur Miethöhe eingehalten werden.

Beim Thema energetische Sanierung gehen die Meinungen auseinander. Die Kosten für Sanierung können nach den aktuellen Regelungen über die sogenannte Modernisierungsumlage von den Ver­mie­te­r*in­nen auf die Miete umgelegt werden. Grüne und Linke sprechen sich deshalb für eine Warmmietenneutralität aus, was bedeutet, dass die Mieterhöhung am Ende in etwa der Einsparung bei den Energiekosten entspricht. Das BSW will den CO2-Preis ganz abschaffen und dass nur Ver­mie­te­r*in­nen die Kosten für die Sanierung tragen.

Linke haben „mieterfreundlichstes Wahlprogramm“

Die SPD setzt auf ein Klimageld und will ärmeren Haushalten Heizmietmodelle anbieten. Die Union möchte, dass Kosten für Sanierungen von der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer abzugsfähig sind. Die FDP hat vor, in puncto Sanierung den Mieterschutz zu lockern, und setzt auf eine Klimadividende. Die AfD will das Gebäudeenergiegesetz und den CO2-Preis abschaffen.

Das Fazit des Mieterbundes: Die SPD macht „gute Vorschläge“, die Grünen hätten ein „mieterfreundliches Programm“, BSW sei ambitioniert, die Linke habe aber mit Abstand das „umfangreichste und mieterfreundlichste Wahlprogramm“. Die Union sei „zu unkonkret“, das Programm der FDP führe zu deutlichen Verschlechterungen.

Der Mieterbund selbst hat einen umfangreichen Forderungskatalog veröffentlicht. Er will Maßnahmen der Mietenbegrenzung, eine sozialere Bodenpolitik und mehr Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. Bund und Länder sollen 12,5 Milliarden Euro pro Jahr dafür bereitstellen. Die Bezahlbarkeit wurde im Übrigen nicht gecheckt, auch nicht, wie realistisch die Wahlversprechen sind. Aber ein erster Indikator ist es ja doch, wem welche Themen am Herzen liegen. Das Bündnis „Mietendeckel jetzt“, dem über 60 Organisationen angehören, hat ebenfalls einen Wahl-Check gemacht. Fünf von fünf Deckeln bekommt da nur die Linkspartei.

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2 Kommentare

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  • "...eine Umfrage des Instituts Verian, die die Linke in Auftrag gegeben hat..."



    Ah, genau. Die Linke.



    Nach meiner Wahrnehmung ist das seit Jahren eine Kernkompetenz dieser Partei. SIE FRAGT ÖFFENTLICH NACH. Bei Institutionen, im Bundestag, in den Landesparlamenten. Häufig zu Themen, um die sich sonst meist niemand wirklich kümmert. Und gerade deshalb muss sie als eine wichtige oppositionelle Institution gestärkt werden.



    Meine Wahl am 23.Februar steht fest!

  • Die Ampel, also auch SPD und Grüne haben die Mietsteigerungen nicht verhindern können. Sie haben bei Weiten weniger Wohnungen gebaut als mehrfach besprochen. Sie haben eine konkurrierende Situation zwischen Wohnungssuchenden und Asylanwärtern nicht vermieden, welche zu teils schweren Konflikten geführt hat.



    Wem nutzt jetzt das „mieterfreundlichstes Wahlprogramm“ der Linke, wenn sie in der nächsten Regierung rein gar nichts zu melden hat, falls sie es überhaupt in den Bundestag schafft.



    Die Ampel hat versagt, jetzt werden wir bald sehen, ob die CDU es besser kann, falls sie es überhaupt will.