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Mehr Rent­ne­r:in­nen mit GrundsicherungSteuern hoch für Reiche

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

So viele Rent­ne­r:in­nen wie nie zuvor bekommen Grundsicherung im Alter. Das ist kein kurzfristiges Problem, sondern ein langfristiges.

Gut fürs Buch, zynisch in der Aussage: Menuvorschlag aus dem Longseller „Die Küche der Armen“ Foto: Panthermedia/imago

D as Buch „Die Küche der Armen“ ist jüngst in der 3. Auflage erschienen. Darin finden sich Gerichte aus aller Welt, die leicht zuzubereiten sind und – je nach Region – wenig Geld kosten, zum Beispiel Reis mit Bohnen. Das Buch ist seit 1978, als es in Westdeutschland erstmalig auf den Markt kam, ein Renner. Vermutlich steht es auch bei vielen Rent­ne­r:in­nen im Bücherregal. Die Zahl älterer Frauen und Männer, die zusätzlich zur Rente Sozialgelder bekommen (müssen), ist jedenfalls so hoch wie nie zuvor: 729.000 Menschen beziehen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes aktuell die sogenannte Grundsicherung im Alter, 37.000 mehr als im vergangenen Jahr.

Das ist erschreckend, aber nicht überraschend. So sind die Lebensmittelpreise infolge der Inflation in den vergangenen Monaten rasant in die Höhe gegangen. Menschen mit wenig Geld, das sind neben Studierenden und Bürgergeld-Empfänger:innen viele Rent­ne­r:in­nen mit kleinem Ruhegeld, leiden besonders darunter, dass Butter, Milch, Olivenöl für sie zum Teil unerschwinglich geworden sind. Wer den Gang zum Sozialamt nicht scheut – das sind wohlgemerkt nicht alle, Scham spielt hier eine große Rolle –, bekommt eine Grundrente, um die absoluten Härten des Alltags zu mildern.

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht macht die Ampel für die Rentenmisere verantwortlich. Das ist Unsinn, so wie Pflege und Gesundheitsversorgung ist auch die Rente ein Sorgenkind der Politik; um deren nachhaltige Finanzierung wird seit Jahrzehnten gerungen. Wagenknechts Vorschlag indes, künftig Be­am­t:in­nen in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, ist richtig. Zumindest klüger als die sogenannte Aktienrente, für die Finanzminister Christian Lindner wirbt. Diese ist unsinnig und teuer, Rent­ne­r:in­nen würden davon nicht profitieren. Denn das Geld fließt in Aktien und nicht in Renten, Rent­ne­r:in­nen würden nur die Gewinne der Aktienfonds bekommen, ein paar minimale Sätze.

Wie wäre es stattdessen, Reiche und Superreiche endlich stärker zu besteuern? „Die Küche der Armen“ ist jedenfalls ein Longseller. Gut fürs Buch, zynisch in der Aussage.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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18 Kommentare

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  • Eigentlich geht es gar nicht um höher Rente!



    Es geht um Fitness im ganzen Leben, um genug Kapital für jeden im Kapitalismus, um lebenslanges Lernen. Esgeht darum das Kapitalismus eben nicht für die unten funktioniert, den niemand möchte eigentlich Rentner sein, was nichts mit dem eigentlichen Sinn der Rendite zu tun hat, sondern mit Leiden, ausgeschlossen sein, Isolation und Dahinsiechen.



    Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre viel sinnvoller, und die individuellen Hinwendung zu jedem Einzelnen. Wer seine Stärken entdeckt und darin gefördert wird, der mag unendlich mehr der Gesellschaft nutzen.



    Fürr solche funktioniert auch der Kapitalismus. Den arm ist jener der sich nicht selbst zu helfen vermag. Was Habeck mit Prämie da beschließt ist ein Motivatiosschub! Und genau an dem mangelt es tausendfach in diesem Land.

  • Um die drohende Explosion der Rentenkasse im Laufe dieses Jahrzehnts abzuwenden, hätten Beamte schon vor Jahrzehnten in die Sozialversicherung überführt werden müssen.

    Und selbst wenn es gelänge die rechtlichen und technischen Hürden für die Überführung der Bestandsbeamten zu überspringen: Diese Beamte sind alt und leben lange. Sie wären die nächsten 20-30 Jahre eher ein Problem als eine Lösung in der Rentenkasse.

    Frau Wagenknecht redet hier der Bildzeitung nach dem Munde.

  • "Wagenknechts Vorschlag indes, künftig Be­am­t:in­nen in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, ist richtig."

    -->Die Forderung mag politisch Opportunismus und populär sein, richtig wird sie dadurch aber noch lange nicht. Die Änderung würde für bestehende Beamte noch vom Verfassungsgericht kassiert, bevor der erste Cent an die Rentenversicherung fließt und wenn die Regelung für neue Beamte überhaupt zulässig ist, dauerte es Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte bevor sich hierdurch ein nennenswerter Effekt ergäbe.

  • Wer sind denn „die Reichen“? Ich befürchte, am Ende wird es alle treffen mit einem Einkommen über dem Median. Außerdem: die Besteuerung von Vermögen ist ziemlich komplex. Und meines Erachtens auch nicht nachhaltig - man sollte stets die „Früchte“ besteuern.

    Unsinn ist das Argument gegen die Aktienrente. Es geht schließlich um die Abkopplung der Rente von der Zahl der Arbeitnehmer. Und das ist eben eine langfristige Herausforderung. Von daher dürften 1-2 Rentnergenerationen erst mal wenig davon haben. Die Versorgungswerke allerdings fahren damit seit Anfang an gut. Daher ist anzunehmen, dass dies auch bei den allgemeinen Renten so sein kann.

    • @Peter Rabe:

      Reich ist wer sein Vermögen schnell ins Ausland schaffen kann, bzw. so verstecken das es nicht besteuert wird. Daher wird auch niemand gewählt der reiche besteuern will weil die Mittelschicht weis das sie das dann bezahlen darf.

  • Mittlerweile...

    "Ungeachtet der fortwährenden ökonomischen Krise in Deutschland, wachsen die Reichtümer der wohlhabendsten Deutschen weiter und überschreiten die Marke von 1,1 Billionen Euro. Dieter Schwarz, der Gründer von Lidl, sichert sich den Spitzenplatz und ist der vermögendste Deutsche." [1]

    [ich würd' ja sagen, nicht "ungeachtet", sondern "wegen", aber hey.]

    Mittlerweile...

    schickt sich die Deutsche Regierung an, unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus die Indizien für den grössten Steuerraub der deutschen Geschichte schreddern [2] zu lassen.

    Wenn Lindner sagt "wir haben kein Geld" meint er "meine Klientel kann den Kanal nicht voll kriegen"

    @JIM HAWKINS

    Defätismus gilt nicht. Tun sie was. Spenden Sie Finanzwende 5EUR. Knuddeln Sie eine*n Aktivist*in. Bringen Sie den Omas gegen Rechts eine Thermoskanne vorbei.

    Irgend etwas.

    [1] www.fr.de/wirtscha...e-zr-93335615.html



    [2] www.finanzwende.de...dderplaene-stoppen

  • wozu wird auch hier das bsw gut bedient, die LINKE nicht erwähnt? die hat schließlich vorschläge zur rentenversicherung, die etwas umfassender sind.



    orientierung am modell österreich.

  • 6G
    611245 (Profil gelöscht)

    Steuererhöhung für Rentenerhöhung.



    Aha.



    Dass das zwei völlig verschiedene Dinge sind, ist leider offensichtlich weitgehend unbekannt.

    Ungefähr 110 Milliarden € Steuergeld fließen schon jedes Jahr an die RV.



    Für nichtbeitragsgedeckte Leistungen. www.deutsche-rente...undeszuschuss.html

    Wie wäre es stattdessen mit Steuersenkungen, beispielsweise Lebensmittel, Strom etc. auf 3% oder so? Das macht bei den meisten ärmeren Menschen ohnehin die Hauptausgaben aus.

  • Die Autorin hat die Idee hinter dem Vorschlag, einen Teil der zukünftigen Rente durch Aktiensparen abzusichern, offensichtlich nicht verstanden.

    Wer regelmäßig auch nur kleine Einzahlungen (ca 200€/Monat) über viele Jahre am Aktienmarkt tätigt und die Gewinne thesauriert, wird nach 40 Jahren ein stattliches Kapitalpolster in sechsstelliger Höhe erarbeitet haben. Dabei wird nicht in Junk-Bonds investiert, sondern in ausgewählte langfristig stabil wachsende Papiere. Zusätzlich erhält man noch bis zu 3000€ pro Jahr vom Staat in der Ansparphase.

    • @Lucas100:

      Plus man hat die Aktien die man verkaufen/vererben kann. Eine Aktienrente für das deutsche Rentensystem nach 100 Jahren schlaues investieren wäre ein nationaler Wohlstandsfond. Ja es dauert Jahre und Jahrzehnte aber irgendwann könnte man so die Rente finanzieren.

  • Die Sachverhalte sind kompliziert und die Unantastbarkeit von Besitzständen ist wie die Hege und Pflege einer heiligen Kuh.



    /



    Beim Nachbarn: Rente in Österreich als Referenz



    Quelle



    deutsche-rentenversicherung.de



    "Im Übrigen ist der Beitragssatz zur österreichischen Rentenversicherung deutlich höher als in Deutschland und die Beitragstragung ist nicht paritätisch (der Arbeitgeber zahlt mehr). Rentenabschläge bei Rentenbezug vor Erreichen der Regelaltersgrenze sind in Österreich mit 4,2 Prozent höher als in Deutschland (3,6 Prozent)."



    Vergleich hinkt also.



    /



    Abschaffung der Pensionen und Beihilfen:



    "Auch die These, dass Beamte im Berufsleben weniger verdienen würden als Angestellte, trifft längst nicht mehr zu. Und die Staatsdiener erwerben bereits nach fünf Jahren eine Mindestpension in Höhe von 1.860 Euro, das ist mehr als die Durchschnittsrenten nach 45 Jahren."



    Quelle zdf.de



    /



    Die Parteien haben sicher auch ihre Wähler:innen im Blick. Was würde unter Merz anders? Die Beamt:innen sind keine uninformierte Gruppe. Auch diejenigen, die sekundär vom gut verdienenden Beamtentum profitieren, waren am unveränderten Status Quo interessiert, wie viele im Gesundheitswesen Tätige (o.i. BT).

  • "Diese ist unsinnig und teuer, Rent­ne­r:in­nen würden davon nicht profitieren. Denn das Geld fließt in Aktien und nicht in Renten, Rent­ne­r:in­nen würden nur die Gewinne der Aktienfonds bekommen, ein paar minimale Sätze.'

    Ich habe im öffentlichen Dienst einige Jahre Altersversorge über die staatlich VBL betrieben. Die eingezahlten Beiträge werden am Kapitalmarkt angelegt. Der Wert liegt heute um eine mehrfaches höher als sie Summe der Beiträge. Das ergibt mal eine nette Zusatzrente. Aber ja, natürlich ist das unnützes Teufelszeug. Hände weg. Man profitiert ja nur von Gewinnen. Lieber nehmen wir es von "den Reichen". Wo haben die ihr Vermögen her? Vom Kapitalmarkt womöglich? Was für eine Phantasielosigkeit.

  • Beamte in die RentenV einzahlen zu lassen bringt gar nix. Denn dann haben die genau die gleichen Ansprüche für die Pension somit an die Rentenkasse wie jetzt auch. Ein absolutes Nullsummenspiel. Statt aus Tasche A käme das Geld aus Tasche B. Bringen würde es nur etwas, dann wenn gleichzeitig auch deren Ansprüche gekürzt würden. Will man das?



    Dann noch Besteuerung der Reichen? Kommt das Geld dann in die Rentenkasse?



    Solange nicht sauber argumentiert wird und zu Ende gedacht muss man sich nicht wundern, wenn derlei Stichwortsammlung nicht mehrheitsfähig ist.



    Fazit: Will man meckern oder tatsächlich was ändern?

  • Na klar wäre das gut die Reichen und erst Recht die Superreichen zu besteuern. Nur leider ist das Leben in der Klassengemeinschaft weder Kindergeburtstag noch Ponyhof.

    Eine politische Repräsentanz einer Linken, die solche Forderungen erheben und versuchen könnte umzusetzen existiert nicht.

    Und diejenigen, die sich als abgehängt wahrnehmen, in der Regel zu Unrecht, setzen eher auf die faschistische Karte.

    Die Faschisten wiederum marschieren von Erfolg zu Erfolg, ungebremst von einer Linken, deren Reste sich auf die Abschaffung des Staates Israel kaprizieren.

  • Das ist doch wirklich ein falsches Framing "Steuern hoch für Reiche". Es würde schon reichen wenn manche reiche überhaupt steuern bezahlen würden, ohne die Möglichkeit der doch sehr phantasievollen Steuervermeidung auf 0%, eine Möglichkeit die schließlich der durchschnittliche Steuerzahler auch nicht hat.

    Und das kommt noch oben drauf, Schätzungen zufolge verliert Deutschland jährlich rund 100 Milliarden Euro an Steuereinnahmen durch Steuerhinterziehung.

    Wie man lesen kann, man bräuchte die Steuern nicht zu erhöhen!

  • Piketty ("Eine kurze Geschichte der Gleichheit", "Das Kapital des 21. Jahrhunderts") schreibt:

    Mit einer einmaligen (!) Vermögensabgabe im einstelligen Prozentbereich auf große Vermögen könnte man die Staatsverschuldung wegbekommen. Europaweit.

    Und dann wäre wieder Geld da. Und: Die Umverteilung öffentlicher Gelder über den Staatsschuldendienst von unten nach oben wäre weg.

    Und hey: Das Problem ist auch nicht nur die Besteuerung und der Staatsschuldendienst, sondern auch, dass durch Privatisierung und (legale und illegale) Korruption (Stichworte "schlanker Staat", "Neoliberalismus") ständig alles teurer wird. Weil da immer irgendwelche reichen Raubritter (à la Airbnb) ihre 10-30% abziehen. Auch das müsste man endlich mal überwinden (ich sage absichtlich nicht: "zurückdrehen").

  • Wie passt das mit den Meldungen zusammen, dass einzelne Familien in Deutschland 17.000 Euro monatlich an Sozialleistungen erhalten?! Von mir aus sollen die Steuern für Reiche steigen...aber 17.000 Euro Sozialleistungen monatlich für Familien, deren Eltern nicht arbeiten gehen....dies hält keine Gesellschaft aus.

  • Wenn Beamte in die Rentenkasse einzahlen sollen, müssen deren Bruttogehälter entsprechend erhöht werden. Könnte ein Nullsummenspiel werden