Medikamente und Impfstoffe: Die Welt als Patientin
Arzneimittel und Impfstoffe müssen als öffentliche Güter behandelt werden. Dazu gehört, das System von Patenten auf unentbehrliche Medikamente aufzuheben.
D ie Welt ist zu einer Patientin geworden. Die Krankheit heißt Covid-19 und hat uns allen die unentrinnbare Verflochtenheit des Planeten vor Augen geführt. Im Interesse der Menschheit sollte die Welt solidarisch nach einem Impfstoff und nach Medikamenten suchen, die dann entlang von Bedarfen produziert und verteilt werden.
Doch die vollmundig beschworene globale Solidarität währte nur kurz. Mit jeder Ankündigung eines erfolgversprechenden Impfstoffkandidaten bröckelt die Fassade weiter. Und die Initiative der Weltgesundheitsorganisation WHO, die Impfstoff- und Medikamentenentwicklung ebenso wie ihre Verteilung besser, schneller und vor allem gerechter zu koordinieren als bei vorherigen Pandemien, droht am Impfnationalismus der großen Industrienationen zu scheitern.
Nicht der beste Zeitpunkt, um mit einem weit über die Covid-19-Pandemie hinausweisenden Aufruf die Aufhebung des Systems von Patenten auf alle unentbehrlichen Medikamente einzufordern. Und doch ist genau dies jetzt richtig, überlebensnotwendig und keineswegs utopisch. Schließlich gibt es Wirkstoffpatente für Medikamente überhaupt erst seit 1968, darauf weist die Buko Pharma Kampagne hin. Eine global gedachte Gesundheitspolitik kann nur funktionieren, wenn sie nach menschenrechtlichen Prinzipien ausgerichtet ist und Patente als globale Allmende denkt.
Deshalb haben sich in diesen Tagen über 100 Organisationen und Personen aus der ganzen Welt zusammengeschlossen und fordern eine an den Gesundheitsbedürfnissen der Menschen ausgerichtete Politik, die Arzneimittel als globale öffentliche Güter behandelt und die Macht von Pharmaunternehmen im öffentlichen Interesse begrenzt. Hierfür ist die Entkoppelung von Forschungskosten und Preis bei Medikamenten unabdingbar, um neue Anreizmechanismen zu setzen, die Innovationen fördern und zugänglich machen. Ohne öffentlichen Druck wird keine Bewegung in die Sache kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung