Massengräber im Gazastreifen: Mit gefesselten Händen
Der Palästinensische Zivilschutz spricht nach dem Fund von Massengräbern in Gaza von Hinweisen auf Hinrichtungen. Israel hat eine andere Version.
Vor zwei Wochen hatte das israelische Militär die meisten Truppen aus dem Gazastreifen abgezogen, auch aus der südlichen Stadt Chan Junis. Kurz nach dem Abzug der Soldat*innen kehrten Tausende, die zuvor ins wenige Kilometer entfernte Rafah geflohen waren, in ihre Heimatstadt zurück.
Was sie sahen, war für viele ein Schock: Rund 55 Prozent der Gebäude – etwa 45.000 – sollen entweder schwer beschädigt oder völlig zerstört sein. Am Samstag gab es dann die ersten Berichte über ein gefundenes Massengrab.
Ein CNN-Mitarbeiter sagte, dass die im Januar auf dem Krankenhausgelände Getöteten von Gazaner*innen provisorisch begraben worden wären. Die Rückkehrer*innen hätten im April dann die Leichen exhumiert vorgefunden. Dem Mitarbeiter zufolge seien die Leichen nach der Exhumierung von den Soldat*innen in ein Sammelgrab gelegt worden.
Mögliche Menschenrechtsverstöße müssen untersucht werden
Die israelische Armee weist die Vorwürfe zurück. Die Truppen hätten während ihres Einsatzes in der Gegend des Nasser-Krankenhauses in den letzten Monaten Leichen untersucht, die von Palästinenser*innen auf dem Gelände des medizinischen Zentrums vergraben worden seien, „als Teil der Bemühungen, Geiseln zu finden“.
Die Untersuchungen seien in einer geordneten Art und Weise durchgeführt worden und unter Wahrung der Würde der Verstorbenen, hieß es in einer Antwort der israelischen Armee auf eine entsprechende Anfrage. Die Leichen seien „in geordneter und angemessener Weise an ihren Platz zurückgebracht“ worden.
Eine Sprecherin des Hohen Kommissars für Menschenrechte, Volker Türk, sagte, dass mögliche Menschenrechtsverstöße, auf die die gefesselten Hände hinwiesen, untersucht werden müssten.
Derweil häufen sich Hinweise darauf, dass eine Offensive in der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten bevorsteht. Satellitenbilder zeigen der Nachrichtenagentur AP zufolge wohl neu aufgebaute Zelte östlich von Rafah, wo seit Monaten mehr als eine Million Menschen Zuflucht suchen.
Medienberichten zufolge soll das israelische Verteidigungsministerium vor knapp zwei Wochen in Vorbereitung auf die Evakuierung von Rafah 40.000 Zelte gekauft haben. Das Wall Street Journal berichtete am Montag unter Berufung auf ägyptische Beamte, dass die Evakuierungsaktion zwei bis drei Wochen dauern und in Abstimmung mit den USA, Ägypten und anderen arabischen Ländern durchgeführt werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen