Maskenpflicht in Deutschland und Belgien: Es geht auch mit Strategie
Plötzlich Maskenpflicht in Deutschland – obwohl es nicht genug Schutzmasken für alle gibt. Belgien macht's besser.
N iemand hat die Absicht, eine Maskenpflicht einzuführen. So hieß es noch vor Kurzem in der Bundesregierung. Sogar Kanzlerin Angela Merkel sprach sich gegen die Zwangsverhüllung von Mund und Nase aus. Sie ließ sich dabei von der Wissenschaft leiten, und das war auch gut so.
Doch nun herrscht plötzlich doch ein allgemeiner Maskenzwang, in einigen Bundesländern soll er sogar mit saftigen Bußgeldern durchgesetzt werden. Und das, obwohl einfache Stoffmasken keinen wirksamen Schutz gegen Sars-CoV-2 darstellen – und es nicht einmal genug für alle gibt.
Der abrupte Politikwechsel wirft Fragen auf, zumal es sich bei der Maskenpflicht um einen weiteren schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte handelt. Doch eine große öffentliche Debatte findet nicht statt. Nur Weltärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery, der die Maßnahmen lächerlich findet, stört die Ruhe.
Dass es auch anders geht, zeigt das Nachbarland Belgien. Dort lässt man sich mehr Zeit mit der Lockerung der Ausgangssperren – erst am 4. Mai geht es für viele BelgierInnen wieder zurück an die Arbeit, erst am 11. Mai machen die Geschäfte wieder auf. Und in Brüssel entlässt man die Menschen auch nicht ohne Masken zurück in die Freiheit. Premierministerin Sophie Wilmès hat angekündigt, dass jedeR BelgierIn eine Maske sowie zwei Filter vom Staat erhalten wird. Erst der Schutz, dann die Lockerung, so das Motto.
Es ist unverständlich, warum das nicht auch in Deutschland möglich sein sollte. Schwer nachzuvollziehen zudem, wieso es in Berlin keine Debatte über die Maskenpflicht gibt. In Brüssel ist das anders. Hier hat es der Maskenstreit sogar auf die Titelseiten der Zeitungen geschafft. Die Strategie von Wilmès könne nicht überzeugen, schreibt etwa die Tageszeitung Le Soir. Doch wenigstens hat die belgische Premierministerin eine Strategie. Von Merkel und ihren Leuten kann man das leider nicht behaupten. Deutschland wurschtelt sich durch – und wälzt die Probleme auf die BürgerInnen ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich