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Luftnummer CO2-KompensationDie Mär vom klimaneutralen Fliegen

Die Luftfahrtindustrie stellt Ideen für vermeintlich grüne Treibstoffe vor. Aber die Wirkung der Klimakiller Kondensstreifen wird ignoriert.

Lufthansa-Maschine mit dem Kopf in den Wolken: Flugindustrie im klimapolitischen Blindflug Foto: dpa

Berlin taz | Wenn sich die Bundeskanzlerin am Mittwoch in Leipzig mit Ministern, Industrievertretern und Gewerkschaftlern zur ersten „nationalen Luftfahrtkonferenz“ trifft, stehen positive Nachrichten im Vordergrund: Der Flughafen Leipzig/Halle wächst, ist Logistik-Drehkreuz geworden und siedelt einen neuen Flugzeugbauer an.

Und in der allgemeinen Klimadebatte legen die Airlines in diesen Tagen ihre Konzepte vor, wie in Zukunft mit grünem Gewissen geflogen werden kann. Eine neue Studie und altbekannte Tatsachen weisen allerdings dar­auf hin, dass Fliegen noch klimaschädlicher ist als bisher gedacht.

Besonders die Protestbewegung Fridays for Future hat das Fliegen auf den Index gesetzt. Auf die Debatte über „Flugscham“ haben die Airlines reagiert: Anfang der Woche präsentierte die Lufthansa ihr neues Angebot „Compensaid“: Mit ihm kann ein Fluggast soviel CO2-neutrales „nachhaltiges Kerosin“ buchen, wie er anteilig für einen Flug verbraucht.

Anfang August wiederum hat der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) ein Konzept vorgestellt, um in Zukunft „verantwortungsbewusst und nachhaltig“ zu fliegen. „CO2-neutrales Fliegen“ sei möglich, „wenn das fossile Kerosin durch regenerative Kraftstoffe ersetzt wird“ hieß es in einer BDL-Erklärung. Der Staat solle beim Aufbau von Kapazitäten für Öko-Kerosin helfen.

Wo soll das Bio-Kerosin herkommen?

Doch diese Versprechen sind zum Teil Luftnummern. Einerseits ist bislang völlig unklar, wo die großen Mengen von Bio-Kerosin herkommen sollen, wie hoch der CO2-Ausstoß bei deren Produktion ist und welche Agrarflächen dafür beansprucht werden. Vor allem aber blenden bislang alle Kompensationsmechanismen der Airlines aus, dass der Klimaschaden aus der Flugzeugdüse nicht nur vom CO2 kommt. Wichtiger noch sind die Kondensstreifen, die sich hinter den Flugzeugen in großer Höhe bilden – ihre Klimawirksamkeit wird bislang häufig verdrängt.

Die Airlines wollen nur das CO2 ausgleichen – und da auch nur den Zuwachs ab 2020

Eine aktuelle Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR) schlägt jetzt Alarm: Bis 2050, so die Abschätzung, könne sich die Erwärmung der Atmosphäre, die durch Kondensstreifen verursacht wird, verdreifachen. Die DLR-ForscherInnen gehen davon aus, dass dann viermal so viel geflogen wird wie heute – und der Effekt aufs Klima etwa dreimal so groß wie derzeit ist.

Die Auswirkungen der Kondensstreifen auf die Erderwärmung ignoriert die Flugindustrie schon seit Langem. Der Anteil des weltweiten Flugverkehrs an den CO2-Emissionen mache nur 2,8 Prozent aus, erklärt der BDL in seiner Klimaschutz-Erklärung. Doch weil sich in den Abgasen der Flieger auch Aerosole, Stickoxide und Wasserdampf befinden, die zur Erd­erwärmung beitragen, multiplizieren Wissenschaftler, das Umweltbundesamt und die Kompensationsplattform atmos­fair diesen Wert mit dem Faktor 3: Demnach liegt der Anteil der Flieger an der Erwärmung schon bei etwa 8 Prozent – mehr als Indien zur Erderhitzung beiträgt.

Wächst der Verkehr wie geplant, könnte der Anteil 2050 noch deutlich höher werden, vor allem wenn die anderen Sektoren Emissionen senken. „Klimaneutral zu fliegen ist theoretisch möglich“, sagt Ulrike Burkhardt, eine der Autorinnen der DLR-Studie, der taz, „in der Praxis müsste dafür aber viel mehr Ausgleich erbracht werden als bisher vorgesehen.“

Weltweit hat sich der Flugverkehr nach dem Klimaabkommen von Kioto 19 Jahre lang um jede Regulierung und Reduzierung gedrückt. Erst 2016 einigten sich die Staaten in der UN-Luftfahrtorganisation ICAO auf das Programm Corsia. Mit ihm soll ab 2020 allerdings nur der Zuwachs im Flugverkehr „CO2-neutral“ gestaltet werden. Wo die Millionen von Tonnen CO2-Ausgleich dafür herkommen sollen, ist auf UN-Ebene derzeit genau so unklar wie die Herkunft „nachhaltigen Kerosins.“ Nur eines ist klar: Auch Corsia rechnet nur den CO2-Ausstoß – und ignoriert die gefährlicheren Kondensstreifen.

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32 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Aus Sicht eines Experten wirken Kondensstreifen eher abkühlend weil sie mehr Sonnenstrahlung in den Weltraum zurück reflektieren als Erdwärmestrahlung zurück zur Erde.Bei der Rückstrahlung zur Erde verstärken sie nur etwas die Rückstrahlung der Treibhausgase.Die Beeinflussung der Wolken und der Kondensstreifen auf die Erdausstrahlung ist damit geringer als die Verringerung der Sonnenrückstrahlung.Der Flug-verkehr wirkt eher durch den Eintrag von Kodensationskeimen in die Stratosphäre:Die über den Meeren sich bildenden Wolken regnen dadurch schneller ab und über dem Festland kommt es zu mehr Sonnenstunden und damit mehr Trocken -und Hitzeperioden.

  • Fassen wir einmal zusammen:



    Sämtliche Lebensgrundlagen auf unserem einzigen, alternativlosen Planeten sind inzwischen extrem gefährdet. Seit 50 Jahren ist das bekannt.

    Schleppend kommt eine Diskussion in Gange, nachdem ein junges Mädchen zum Schulstreik aufruft... aber alles kein Problem.



    Wir verlassen diese Erde und wandern ins All aus. Der unwahrscheinliche Unwahrscheinlichkeitsantrieb für diese Raumschiffe ist bereits entwickelt (von Douglas Adams - nachzulesen in: Per Anhalter durch die Galaxis)

    • @Karo:

      Ich möchte nach Keppler 701.04!



      Per Anhalter…, ich liebe es …

  • Das Thema Flugscham ist wirklich mal so richtig geil. Da kann man seinen klassischen Feind- und Neidbildern, frustgarniert genau das unterstellen, was man sich schon immer von Ihnen eingeredet hat. Dabei aber kompromisslos bis zum Erbrechen.



    Sich von den Vielfliegern hektarweise Wald sponsoren lassen? Nein, lieber nichts, wenn es nicht der sofortige Systemwechsel ist.



    Beim abkotzen über die Businesskasper und die Mittelschicht vollkommen übersehen, was der Begriff „Luftfracht“ bedeutet und was da hintersteckt.



    Mit alternativen Kraftstoffen jetzt schon versuchen mit Verbesserungen anzufangen? Nein, Alle bis auf die zu recht fliegenden Klimaforscher müssen sofort aufhören, alles Andere gilt nicht.



    Und während man hier in den Kommentaren schon zum „Capitol“ Bewohner der Zukunft ernannt wird, weil allseits denunzierte fettgefressene Mittelschicht, erklärt einem der frühverrentete Nachbar, dass er wieder für 399€ eine Woche all inclusive nach Antalya reist.



    Ich fürchte fast, dass die elitäre, der Realität und dem Notwendigen entrückte, nichts zur Lösung beitragende Diskussion, genau hier stattfindet.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Weidle Stefan:

      .



      Keine Ahnung, ob in Ihren Auslassungen ein, zwei Körnchen Wahrheit stecken. Eher nicht.



      Was wir indessen nicht brauchen, ist Ihr indifferent und larmoyant vorgetragener Zynismus. Den lassen'se mal besser stecken

  • Nach diesem Report Mainz gestern abend hätte frauman bedrückt sein können, dass das alles so eine niveaulose Farce ist, weil sich solche "Tricks" ohne nähere Betrachtung anfangs meist recht gut anhören.



    Aber hey, wir leben im Kapitalismus.



    So what. Alles normal. Alles Beschiß.



    Es geht schließlich um eine gute Sache: die Gewinnmaximierung der Besitzenden.



    Was schert es die Besitzenden, dass die Erde für die Masse der Menschen unbewohnbar werden wird?! Darf ich raten? Nichts?



    Die "rechnen" auf allen Ebenen ja sogar mit den Verteiliungskämpfen und dem Verhungern und Verdursten der besitzlosen Massen (gated communities, Privatschulen, AlG2, weit verbreiteter Bildungsmangel, etc.), um nicht zu sagen, sie wollen das (teilweise) Zusammenbrechen des Systems Erde – So lassen sich Macht und Gewinne steigern und vor allen Dingen vor dem Teilen mit allen armen Schluckern schützen.



    Gebe #AusSicherheitsgründen den Link von Sikasuu weiter:



    www.zeit.de/1995/2...us/komplettansicht







    digitalcourage.de/sicherheitstheater



    Das (weltweite) Sicherheitstheater ist auch so ein Griff in die Trickkiste…



    die beiden links zusammen gelesen, lassen mich erschauern.







    Die Klimakrise ist m. E. von einer Demokratiekrise längst nicht mehr zu trennen.



    Und was wird wohl einer Demokratie folgen? Die Zeichen stehen deutlich an der Wand… nach der Lektüre des Vortrags von Eco ist das m. E. unausweichlich, denn weder die Klimakrise kümmert die allermeisten Menschen, noch das Erstarken der Rechten.

  • 9G
    93559 (Profil gelöscht)

    www.ardmediathek.d...kasse-gemacht-wird



    Hier sieht man, wie diese ganze Ausgleicherei letztlich für den Allerwertesten ist.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Bevor jetzt wieder die ersten Wortmeldungen von Leuten kommen die vorrechnen, wie klein doch der Bruchteil des Beitrages des Fliegens an der Gesamt-Ökobelastung ist:



    Wir haben hier ein Schlachtfeld, das sich bestens für einen exemplarischen Kampf um mehr Vernunft eignet. Mit allen Mitteln der Propaganda-Kunst.



    Wenn wir es nicht einmal hier schaffen, für Umdenken, für verändertes individuelles Verhalten und für Berücksichtigung der "wahren", allerdings in Wahrheit unausrechenbaren Langzeit-Folgekosten (mehr als Abschätzungen ist eh nicht drin), dann sieht es auch insgesamt sehr schlecht mit uns aus.



    Man kann hier noch einmal klar testen und beobachten: Sind wir zu freiwilligem Verzicht reif und bereit oder ist das eine völlig unrealistische Erwartung.



    Man sollte also diese Schlacht sehr ernst nehmen. Ihr Ergebnis kann eine bedeutsame entweder günstige oder ungünstige Ausgangslage für alle weiteren Bemühungen im Kampf um Klima und Ökosphäre schaffen, auf welchen angrenzenden Themen-Feldern immer.

    • @61321 (Profil gelöscht):

      Maßnahmen gegen den Klimawandel sind keine "exemplarischen Kämpfe um mehr Vernunft "



      Es geht kronket um das Leben von Menschen. Um Natur und Artenschutz.

      Deswegen sollte man jede Möglichkeit zur CO2 Reduzierung ernst nehmen und sich auf alle Möglichkeiten gleichzeitig konzentrieren. Nur "das Fliegen" allein reicht nicht.

    • @61321 (Profil gelöscht):

      Es fehlt an Transformationsvorschlägen sowie, soweit welche (Vorschläge) da sind, letzten Endes zB die ökologische Kreislaufwirtschaft, an breiter Diskussion.

      Niemand von den s.g. "Etablierten", mE beschränken sich auch s.g. "Linke" auf Fachtagungen, traut sich die "Systemfrage" in diesem Kontext ernsthaft zu stellen.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @61321 (Profil gelöscht):

      Ich dachte, diese Kondensstreifen wären dafür da um unser Bewusstsein zu beeinflussen.

      Aber im Ernst:

      "Man kann hier noch einmal klar testen und beobachten: Sind wir zu freiwilligem Verzicht reif und bereit oder ist das eine völlig unrealistische Erwartung."

      Ich sage mal nein. Ich kenne nicht einen und nicht eine in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, der oder die auch nur auf einen Flug verzichten würde.

      Da wird dann eben auf die Widersprüchlichkeit des Lebens im Kapitalismus verwiesen und schnell zum Boarding gerannt, damit man gute Plätze kriegt.

      Ich buche immer priority boarding.

      • @88181 (Profil gelöscht):

        Ich kenne durchaus Leute, die sich Gedanken ums Fliegen - und andere umweltschädliche Verhaltensweisen - machen und auch Verzicht üben. Wenn Sie keine solchen Leute in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis haben, heißt das nicht, dass es sie nicht gibt.

        Wenn Sie selbst fliegen, macht es Ihnen wahrscheinlich ein weniger schlechtes Gewissen, wenn Ihre Freunde und Bekannten auf keinen Flug verzichten. Mit wem Sie Umgang pflegen, darauf haben Sie einen sehr großen Einfluss.

        Wer sein eigenes Verhalten vom Verhalten anderer abhängig macht - "die machen das ja auch!" -, wie selbständig lebt der eigentlich? Kann er auch anders oder ist er zu schwach dafür? Was für einen Selbstwert misst er sich zu?

      • 6G
        61321 (Profil gelöscht)
        @88181 (Profil gelöscht):

        .



        Aber dann ist das halt so. Und wenn wir uns ein für allemal darüber im Klaren sind, können wir befreiter über Freiheit einschränkende Maßnahmen nachdenken.



        Ziehen wir die Schrauben langsam aber entschlossen an. Die Zwecke heiligen alle möglichen Mittel.



        Natürlich können wir hierbei nicht auf vorhandenes Personal setzen. Weltweit nicht. Das muss erst mal gegen radikaleres ausgetauscht werden und irgendwo wird das auch mal überraschend passieren und mag dann vielleicht Beispiel und Gelegenheit für wirklich Neues geben. Pseudos wie Kretschmann etwa gehören allerdings schon heute als allererste auf Rententeil

        • @61321 (Profil gelöscht):

          Radikaleres Personal? Das dann knallhart Umweltschutzmaßnahmen durchsetzt, ohne Rücksicht auf Verluste?

          Wird nicht passieren, zumindest nicht in Demokratien. Und selbst wenn so jemand mal gewählt werden würde, wäre er/sie nach 4 Jahren wieder weg vom Fenster, weil die Bürger den Wegfall angenehmer Freiheiten und Leistungen nicht akzeptieren würden.

          • @gyakusou:

            Welche Positionen?

            Eine Kerosionsteuer? Von heute auf Morgen machbar!

            • @Rudolf Fissner:

              Eine (deutsche) Kerosinsteuer kann man machen, bringt aber so gut wie nichts. Radikalere Maßnahmen wären sowas wie drastische Einschränkungen beim Flugverkehr, Verbot von Fleischkonsum, eine Abkehr vom Kapitalismus/immer weiterem Wachstum.

              Und sowas wird mM nicht durchsetzbar sein in Demokratien.

              • @gyakusou:

                Sie bringt Geld für weitere Maßnahmen, verteuert die Preise, hält so Menschen vom Fliegen ab und findet Nachahmer in anderen Staaten..

                „Nichts“ ist das nicht.

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @61321 (Profil gelöscht):

          Aber woher das radikalere Personal nehmen?

          Es ist ja nicht nur "Kretsch".

          Hier steht zu lesen, dass die Forderungen der Grünen all in all ziemlich lahmarschig sind:

          www.zeit.de/2019/3...ck/komplettansicht

          Mit radikalerer Haltung kommt man zumindest auf dem demokratischen Weg kaum an die Macht.

          Vielleicht mal von Allende abgesehen.

          Und wir wissen ja, wie das geendet hat.

          • 6G
            61321 (Profil gelöscht)
            @88181 (Profil gelöscht):

            .



            Deswegen wird eine innovative Groß-Erneuerung eher wieder einmal zunächst an der Pheripherie (vielleicht irgend ein Staat in Südamerika oder Afrika) möglich sein, in einer Gesellschaft, in der die meisten sehr wenig oder nichts besitzen, aber die Leute alle sehr viel zu verlieren haben, wenn das Wenige auch noch gefährdet ist.



            Wir kommen immer wieder an der selben Stelle raus - es braucht ein Gegenmodell zu Kapitalismus nach westlicher und zu Staats- und Oligokapitalismus östlicher Art.



            Das ist nirgendwo in Sicht, klar. Die Schlussfolgerung kann aber deswegen nicht sein, dieses Modell nicht zu fordern.



            Eine Zeit lang setzte ich auf Reformfähigkeit des westlichen Kapitalismus innerhalb der EU mit vielleicht den skandinavischen Staaten (oder wenigstens einem von ihnen) als wichtigsten Protagonisten und Impulsgebern. Es wird nicht passieren. Die Umwälzungen, die wirklich nötig wären, kommen nicht von dort. Dort wird einfach ebenso nur weiter auf neue Technologie gesetzt, damit hat sich's dann auch.



            Auch wir werden hier vorerst weiter machen, mit grüner Technologie und "grüner Erneuerung" unserer Infrastruktur und damit wird noch so manche goldene Nase verdient werden, bis offenbar wird, dass wir weiter ungebremst Richtung Ökokatastrophe fahren, zunächst kontrolliert, später schleudernd.



            Am Wochenende habe ich wieder Freunde am Kaiserstuhl besucht. In ihrem Wald sterben die Bäume, die theoretisch und nach allgemeiner forstwissenschaftlicher Einschätzung dem Klimawandel hätten gewappnet sein sollten (Buche).



            Wir saßen im Freien bei selbstgemachtem Eis, als in einiger Entfernung im Wald bei völliger Windstille ein mächtiger Baum mit schrecklichem Getöse kollabierte.



            So wird Klimawandel unmittelbar erfahrbar. Es ist unheimlich zu sehen und zu hören, was vor sich geht.

            • 8G
              88181 (Profil gelöscht)
              @61321 (Profil gelöscht):

              Klar, man muss radikale Veränderungen fordern. Und dafür kämpfen, auch wenn es ziemlich unrealistisch ist, dass viel erreicht werden kann.

              Vielleicht habe ich zu viele dystopische Serien gesehen, aber ich kann mir für die Zukunft so ein Szenario vorstellen:

              Die Reichen leben in abgesicherten Vierteln und können die hohen Preise für Wasser, Energie und Lebensmittel zahlen.

              Der Rest vegetiert in slumartigen Ghettos, in denen es viel Gewalt und wenig Hoffnung gibt.

              Wenn ich das jetzt so bedenke, in manchen Ländern ist es ja schon so oder so ähnlich.

              "Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos"

              • 6G
                61321 (Profil gelöscht)
                @88181 (Profil gelöscht):

                .



                Die Zukunft sehe ich genau so.

                Der Zeit-Artikel ist übrigens gut geschrieben. Ziemlich scharfsinnig, die Frau Elisabeth Raether

  • Kompensation? Klimaneutrales Fliegen? Quatsch! Es gibt kein sauberes Fliegen. Wir müssen einfach weniger fliegen, das ist die ganze Wahrheit. Noch will das aber niemand wahrhaben. Und jeder ist sich selbst der Letzte.

  • Die billigen Preise für Flugtickets sind ja nur ein Beispiel dafür, dass die wahren Kosten nicht bezahlt werden, allerdings ein sehr krasses Beispiel.



    Um beim Fliegen näher an die "Kostenwahrheit" zu kommen, müsste zum einen das Kerosin voll besteuert werden und zum anderen müsste auf alle Tickets grundsätzlich eine angemessene CO2-Komensationsgebühr aufgeschlagen werden. Also nicht als freiwillige Option.

    Dann kämen die Preise für das Fliegen schon deutlich näher an die wahren Kosten heran, die Fliegen verursacht, und es würde natürlich deutlich teurer.

    Nach diesem ersten Schritt kann man dann weiter sehen.



    Muss denn wirklich jeder Hinz und Kunz zu irgendwelchen skurrilen Orten und "schönsten" Strände fliegen (die wie zufällig auch immer die am weitesten entfernten sind), nur um dort ein paar nichtssagende Selfies zu machen?

    • @jlMG:

      Wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie ein Anhänger der radikalen Marktlösungen, die zumindest -wie Sie schreiben- "Hinz und Kunz" nicht mehr ermöglichen sollen, das zu tun, was sich diejenigen, die für Sie nicht "Hinz und Kunz" sind, weiterhin gut und gerne gegen einen "Ökoaufpreis" erlauben können.



      Und Sie glauben, dass "Hinz und Kunz" schön brav zuschauen und im Winter die Heizung abstellen, weil "Hinz und Kunz" mit ein paar Wolldecken auskommen?

      • @Rolf B.:

        Wenn die Lebensweise der "Hinzes und Kunzes" dazu führt, dass ihre Kinder und Enkel dereinst elendig verrecken (wie es heute schon Menschen in ärmeren Gegenden der Erde passiert), dann sollten sich diese "Hinzes und Kunzes" gefälligst Gedanken machen, wie das Überleben der Menschheit (und aller anderen Arten) garantiert werden kann.

        Es sei denn, den "Hinzes und Kunzes" interessiert die Zukunft ihrer Kinder, Enkel, Mitmenschen und überhaupt des Planeten nicht, sondern es geht ihnen nur um sich und um ihr eigenes Vergnügen, dann, sollte man ihnen begreiflich machen, dass dieser zerstörerische Lebenswandel nicht zulässig ist.

        Im übrigen habe ich nichts dagegen, wenn die besserverdienenden und reichen unter den "Hinzes und Kunzes" höhere Abgaben und Preise bezahlen müssten als die, die weniger haben.

        Ansonsten befürchte ich, dass die Konsequenzen der Klimakatastrophe von einer Radikalität sein werden, neben der die Radikalität der "Marktradikalen" ein laues Lüftchen ist.

        • @jlMG:

          "Wenn die Lebensweise der "Hinzes und Kunzes" dazu führt, dass ihre Kinder und Enkel dereinst elendig verrecken (wie es heute schon Menschen in ärmeren Gegenden der Erde passiert), dann sollten sich diese "Hinzes und Kunzes" gefälligst Gedanken machen, wie das Überleben der Menschheit (und aller anderen Arten) garantiert werden kann."

          Die "Hinzes und Kunzes" werden aber nicht einsehen, dass Ihr Leben (aus ihrer Sicht) schlechter wird, während sich andere freikaufen können. Sie werden sich Politikern zuwenden, die versprechen, das zu verhindern. So sind Menschen nun mal. Klimaschutz (nur) über den Preis wird deshalb nicht funktionieren.

    • @jlMG:

      Ich glaube nicht, dass Kerosinsteuer und Klimaschutzgebühren zwangsläufig zu weniger Flügen führen. Der Flugpreis setzt sich aus vielen Komponenten zusammen (siehe hier: www.airliners.de/w...-management/41685). Wenn die Klimabewegung am einen Ende die Kosten erhöht, werden Airlines sie am anderen Ende senken. Dies wird insbesondere Crews, Bodenabfertiger, Sicherheitspersonal, Arbeiter bei den Herstellern etc. treffen. Für die Geringverdiener unter jenen rückte Fliegen dadurch in noch weitere Ferne, was allerdings kaum Auswirkungen auf die Gesamtfluganzahl haben dürfte. Die gesamte Mittelschicht hingegen würde weiterhin, nun mit gutem Gewissen, buchen und fliegen.

      • @Ivande Ramos:

        Ihre Bedenken kann ich gut nachvollziehen. Die Airlines werden in schlechter alter neoliberal-kapitalistischer Tradition gewiss versuchen, den Preis auf Kosten ihrer Beschäftigten, der Sicherheit usw. wieder zu drücken.



        Aber das könnte leicht verhindert werden. wenn die Politik entsprechenden Gegendruck machen würde.



        In einer Demokratie eine Frage der Mehrheiten.

  • Klar ist das eine Mär! Genauso wie das Ziel bis 2050 (oder gar 2035) klimaneutral zu sein. Der Begriff "Klimaneutralität" hat mindestens Gummicharakter und ist meines Wissens nach nirgends definiert (was auch nicht geht!)



    Wenn ich die Zahlen der realen Zunahme des Flugverkehrs nehme und mir die prognostizierten für die Steigerungsraten ansehe..... dann hilft nur noch Glaube. Als Atheist schwierig.



    Und so verlogen bin ich: Fahrradfahrender Rentner. Dadurch spare ich Geld und kann mir alle 2-3 Jahre einen Flug in ein Land leisten, das ich noch nicht kenne. Vielleicht noch drei, vier Mal, dann bin ich mit Chance dement und irre fröhlich im Garten umher. Die einzige Möglichkeit mir dieses Verlangen abzugewöhnen wäre eine Religion oder der Preis fürs Fliegen. Letzteres könnte meine Lust komplett killen und ich würde mir Alternativen ausdenken.



    Aber so bleibe ich durchschnittlich widersprüchlich und geniesse den "Ökotourismus". Schnorchel in tropischen Gewässern, bewundere exotische Vögel und spende für eine Schule in der Kinder von Kriegsopfern eine Bildungschance bekommen........

    • @Heiner Petersen:

      Danke, sehr erfrischender Kommentar. "Durchschnittlich widersprüchlich" sind, glaube ich, viele.

      Ein grunsätzliches Problem sehe ich daein, dass die entscheudenden Maßnahmen für das Klima demokratisch nicht durchsetzbar sind.

  • "Wenn der Groschen im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt."



    ...war ja schon immer ein gutes Konzept