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Ludwig-Erhard-GipfelChristlich-demokratische Clankriminalität

Daniel Bax

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Daniel Bax

Auf Wolfram Weimers Interessenskonflikte folgen nun hektische Absetzbewegungen. Der Kulturstaatsminister sollte die Konsequenzen ziehen.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimar könnte seine Geldgier zu Fall bringen Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

M öchten Sie mit einer amtierenden Ministerin ein vertrauliches Gespräch führen, suchen Sie ein offenes Ohr für eine Gefälligkeit? Pssst, die „Weimer Media Group“ hat da etwas für Sie im Angebot: Für ein paar Tausend Euro können Sie an einem Treffen am bayrischen Tegernsee teilnehmen, das den hochtrabenden Namen „Ludwig-Erhard-Gipfel“ trägt. Und wenn sie ein paar Zehntausend Euro mehr hinlegen, dann können sie sogar an einer „Executive Night“ teilnehmen, um in informeller Atmosphäre mit Ministern zu plaudern.

Sie haben die Wahl zwischen dem „Matterhorn“-Paket für 60 000 Euro und dem „Montblanc“-Paket für 80 000 Euro. Das ist doch ein Angebot, das man nicht abschlagen kann! Es ist bezeichnend, dass bisher kein konservativer Politiker in Berlin und Bayern den Charakter dieses Hochglanz-Treffens anrüchig fand, das die Firma des Publizisten, konservativen Kulturkämpfers und heutigen Kulturstaatsministers Wolfram Weimer seit 2014 ausrichtet und vermarktet.

Kein Wunder, ist es doch die „Keimzelle der neuen Bundesregierung“, wie dessen Gattin Christiane Goetz-Weimer schwärmte. Dort treffen sich seit Jahren die Leute, die heute in Berlin an den Schaltstellen der Macht sitzen – allen voran Weimer und sein Wanderfreund und Nachbar am Tegernsee, Friedrich Merz. Für das kommende Jahr sind Wirtschaftsministerin Katherina Reiche, Forschungsministerin Dorothea Bär, Landwirtschaftsminister Alois Rainer und Kanzleramtschef Thorsten Frei angekündigt.

Aus Bayern außerdem Markus Söder und Hubert Aiwanger sowie diverse Staatsekretäre. Die bayrische Staatsregierung hat das „Lobby-Tinder“, wie es die Wirtschaftswoche nannte, obendrein jahrelang großzügig finanziell unterstützt. Doch inzwischen gehen einige auf Distanz. Die bayrische Staatsregierung hat eine Compliance-Prüfung angekündigt und überprüft, ob sie die Veranstaltung weiter fördern kann.

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Weimar go home

Einige Politiker stellen jetzt ihre Teilnahme am nächsten „Gipfel“ oder zumindest an der „Executive Night“ infrage – allen voran Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der ein gutes Gespür für Stimmungen hat. Weimers Ehefrau Goetz-Weimer verzichtet auf den Bayerischen Verfassungsorden, den sie für ihre „Leistungen“ als Verlegerin und Organisatorin des Ludwig-Erhard-Gipfels erhalten sollte.

Weimer selbst hat jetzt die Hälfte der Anteile an der Verlagsgruppe, die er 2012 mit seiner Frau gründete, für die Dauer seiner Amtszeit an einen Treuhänder übergeben, „um jeglichen Anschein eines Interessenkonflikts zu vermeiden“, wie er sagt. Die andere Hälfte gehört aber unverändert seiner Frau, die als Chefin des Unternehmens weiter von den guten politischen Kontakten ihres Mannes profitieren darf.

Wenn alles bisher angeblich so unproblematisch war – warum dann jetzt diese hektischen Absetzbewegungen? Diese Form des Klüngelns und der Vetternwirtschaft wird in Bayern gerne verharmlosend mit dem Euphemismus „Spezl-Wirtschaft“ umschrieben. Doch es handelt sich nicht um harmlose Folklore, sondern um eine Form von christlich-demokratischer Clankriminalität, um Korruption.

Dass Weimer in seiner Online-Zeitschrift „The European“ die Reden von Politikern ohne deren Wissen und Einwilligung veröffentlichen ließ, zeugte bereits von einem eigenwilligen Verhältnis zum geistigen Eigentum anderer. Dass er bis heute kein Problem darin sehen will, dass die Firma seiner Frau damit Geld verdient, Kontakte zu seinen Ministerkollegen meistbietend zu verscherbeln, zeugt von mangelndem Bewusstsein von Recht und Unrecht. Weimer schadet mit seinem halbseidenen Geschäftsgebaren dem Ansehen seines Amtes. Er sollte zurücktreten.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Themenchef im Regieressort der taz. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Am 19. November 2025 erscheint sein neues Buch "Die neue Lust auf Links" über das Comeback der Linkspartei im Goldmann Verlag.
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17 Kommentare

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  • Das ist gelbte Demokratie:

    Mehr Klimaschutz? Kein Problem, gibt es für 80.000€ an die Frau von Minister Weimer. Keine Schwarzen Kassen mehr wie zu Kohl-Zeiten - jetzt gibt es die offizielle Regierungs-Preisliste.

  • Er hat seine Anteile einem Treuhänder übergeben für die Dauer seiner Amtszeit.



    Und nach der Amtszeit gibt der Treuhänder das an ihn zurück?



    Dann hat Weimar natürlich überhaupt kein Interesse daran, dass die Firma in der Zwischenzeit gute Geschäfte macht.



    Und wenn seine Frau in der Zwischenzeit eine Menge Geld damit macht, ist das für ihn natürlich auch völlig uninteressant.



    *** Ironie aus ***

  • (Fotobeschriftung: Weim_er)



    Weimer ist aus anderen Gründen keine Besetzung. Rechts und intellektuell wie politisch fähig schließen sich nicht zwingend aus, Weimer scheint die Verbindung aber noch nicht hinbekommen zu haben.



    Dass Regeln nur für die anderen gelten fällt denjenigen leichter zu denken, die Ungleichheit gutheißen. Dennoch wäre das vielen anderen aus der Union nie passiert. Merz' Personalpolitik hätte auch hier glücklicher sein können. Chialo hatte sich aber selbst rausgekickt, vielleicht waren es auch Parteifreunde, die nachhalfen. Es gäbe aber doch sicher noch wen; oder mensch lässt die Stelle mal fort. Diese Anregung eher aus Weimers talperigen Amtsführung heraus, auch wenn ich seinen Geldverdienst schon vorher seltsam fand.



    Bei Wüst hieß das noch Rent-a-Rüttgers.

    • @Janix:

      "Dennoch wäre das vielen anderen aus der Union nie passiert."



      Das wäre ja schon mal ein Anfang für's Umdenken zum Umlenken.



      Der "Kanzlerwahlverein" macht seiner Bezeichnung alle Ehre als Forum für Intransparenz und Partei-Nepotismus.



      In 3/25 noch:



      "Junge Union pocht auf Politikwechsel



      „Die CDU darf keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, ohne dass ein Politikwechsel kommt“, forderte der Chef der Nachwuchsorganisation. „Die CDU ist kein Kanzlerwahlverein mehr“, sagte er und ergänzte: „Die Zeiten, in denen das Motto galt, wir bekommen das Kanzleramt und die Sozialdemokraten die Inhalte, die sind tatsächlich vorbei.“



      Quelle



      www.tagesspiegel.d...trag-13497721.html



      Vielleicht erst einmal vor der eigenen Haustüre kehren?



      Die Inhalte von Schlagzeilen sind ihnen einstweilen gewiss.

  • Ich kann mich nicht erinnern, eine korruptere Bundesregierung erlebt zu haben. Durchsetzt von Ultra-Lobbyisten einschließlich Kanzler und Minister*innen. Das ist schwer zu toppen. Und diese Gang regt sich auf, dass Habeck einen Trauzeugen zum Staatssekretär gemacht hat - der zudem fachlich kompetent war, alles ganz offen und ohne Vertuschung....

    • @Perkele:

      War das nicht sogar, dass Staatsekretär Graichen seinen fachlich ausgewiesenen Trauzeugen und Schwager ... und das wurde dann gegen Habeck ... Ist schon länger her.



      Politiker sollten nach Ehre und Einfluss streben, ihnen sei Absicherung gegönnt wie allen anderen auch, aber zum Reichwerden wird man gefälligst Gebrauchtwagenverkäufer, Kapitalmetze oder erbt, wie die meisten Reichen inzwischen, einfach. Einfluss kaufen können ist das Zyanid jeder Demokratie.

  • In Zeiten von Trump sind das doch nun wirklich Peanuts...

    Gehen Sie weiter hier gibt es nichts zu sehen

    • @Tz-B:

      Wir leben in D (nicht in den USA (dem Himmel sei Dank!!) Nach Deiner Ansicht ist es offenbar OK einen einfachen Einbruch zu begehen; wichtig wird das Vergehen erst dann, wenn es Tote und Verletzte gibt - oder wie soll man das verstehen??

  • Es ist bezeichnend, dass Weimer seine 50% an einen 'Treuhänder' übergeben hat. Für wie blöd hält dieser Wanderfreund von Merz die Wählerschaft denn überhaupt ? Statt Politik und Wissenschaft nur noch Gemauschel und Hand in Hand im Hintergrund und das schon seit Jahr und Tag. Eigentlich müsste die CDSU verboten werden, wenn so offensichtlich Beziehungen wichtiger sind als Politik im Sinne des Ganzen !

    • @Dietmar Rauter:

      Das Wort verboten sollten wir denen reservieren, die jenseits des Grundgesetzes stehen. Die Union hingegen einfach kleinwählen.



      Der Kongress als solcher war schon immer ein Skandal: Zugang zu Politikers kaufen darf nicht einreißen.

  • Den Konservativen geht es halt nur um Abzocke - bei den Bürgern. Unter sich kann man gerne ein lukratives Geschäftchen verabreden, leicht gewürzt mit ein wenig "Gschmäckle" aus der Frischebox.

  • Der Interessenkonflikt ist offensichtlich, aber nicht der einzige in dieser Regierung, wenn man nur an die Wirtschaftsministerin Reiche denkt.

    • @Stavros:

      Reiche dekliniert die Agenda eons durch, die Rückendeckung durch dessen Chef Birnbaum ist offen und unverhohlen. Der hat's vermutlich auch aufsetzen lassen.



      Und dann anschließend wieder zurück.



      Was bei Werner Müller nicht 100 % so war, aber auch da hatte schon die Energiebranche den feisten Fuß in der Türe.

  • Danke für die treffende Überschrift. War auch mein erster Gedanke nach all den Details, die inzwischen über die 'Weimer Media Group', bekannt sind. Ein Treppenwitz, dass ausgerechnet die rechtsextreme Plattform "Apollo News" Weimer zum Verhängnis wurde.

  • Das muss diese harte Arbeit sein, mit der konservative sich alles selbst erarbeitet haben ❤️

    Und auf das bisschen wollen die auch noch Steuern 😡

  • Ach Quatsch, ein Aufreger wäre es, wenn Hr. Weimer in seiner Funktion als Bundesminister ein neues Geschäftsmodell aufgezogen hätte. So hatte er sich aus der Leitung der Firma bereits zurückgezogen und war (anscheinend lernt man in diesen Positionen nie aus) schlecht beraten, seine Teilhaberschaft nur ruhen zu lassen.



    Aber jetzt deshalb den Rücktritt fordern? Mein lieber Hr. Bax, es scheint mir, als ergriffen Sie die Gelegenheit, eine Ihnen von vorn herein verhasste Personalie auf diese Weise ausputzen zu können.

    • @Vigoleis:

      @Geschäftsmodell; da würde mich ma eine kompetente Analyse der Bezahlseite interessieren.