piwik no script img

Linken-Politiker über Europapolitik„Das ist eine sehr deutsche Debatte“

Fabio De Masi gehört zu den EU-Skeptikern der Linkspartei. Von den Plänen seiner Genossen für eine „Republik Europa“ hält er nicht viel.

„In der Eurokrise hat eine europäische Regierung in Griechenland durchregiert und Löhne gekürzt“ Foto: reuters
Interview von Martin Reeh

taz: Herr De Masi, Sie haben kürzlich mit Ulrike Guérot im Berliner Ensemble diskutiert. Frau Guérot will eine Republik Europa, die die Nationalstaaten überwinden soll. Ist das ­deutscher Idealismus, so zu denken – große Entwürfe zu machen und zu hoffen, ­dadurch alle Probleme zu lösen?

Fabio De Masi: Ja, das ist eine sehr deutsche Debatte. Eine europäische Regierung hatten wir in der Eurokrise. Sie hat in Griechenland durchregiert und Löhne und Renten gekürzt. Die EU hat mehr Kompetenzen als früher, aber die Le Pens sind stärker geworden und der Brexit kommt. Ich befürchte, eine europäische Republik würde Nationalismus stärken, nicht schwächen.

Aber Guérots Vorstellung ist: Es gibt dann ein Europaparlament mit europaweiten Listen, das alles entscheidet.

Das hieße: one person, one vote. Dann wären kleinere Länder nicht mehr im EU-Parlament vertreten, weil ihre Bevölkerungszahl zu klein ist. Deutschland wäre mächtiger. Eine Republik hieße auch ein EU-Haushalt, der nationale Haushalte ersetzt. Da Deutschland aber die größte Volkswirtschaft ist, würden deutsche Finanzminister Italien oder Griechenland regieren. Aber Italiener oder Griechen haben Angela Merkel oder Olaf Scholz nicht gewählt.

Deutschland gäbe es dann ja vielleicht gar nicht mehr.

Die Interessen von BMW und Deutsche Bank sind nicht weg, nur weil Brüssel entscheidet. Es geht um Demokratie, nicht um Deutschland. Die Wallonie könnte bei Konzernschutzabkommen wie Ceta kein Sand ins Getriebe streuen und der Bundestag nicht mehr über Militär­einsätze befinden.

Nun hat das Forum Demokratischer Sozialismus (FDS) Ihrer Partei für den Europaparteitag am Wochenende einen Änderungsantrag eingereicht, der eine Republik der europäischen Regionen fordert, ähnlich wie Guérot. Will das FDS polarisieren?

Wir brauchen Debatten. Parteitage müssen große Fragen diskutieren. Alles andere wäre langweilig.

Bild: Karin Desmarowitz
Im Interview: Fabio De Masi

ist Vize-Fraktionschef der Bundestags-Linken und war im Eu­ro­pa­par­la­ment.

Viele Mitglieder der Linken sind EU-skeptisch, jetzt soll plötzlich das Bekenntnis zur Republik Europa im Europawahlprogramm stehen.

Solche Anträge sind Lametta, um die eigenen Kandidaten auf die Liste zu bekommen. Das muss man sportlich nehmen.

Wie finden Sie die FDS-Vorschläge inhaltlich?

Die meinen das ja nicht ernst. Einige lehnen im Unterschied zu mir die Forderung nach neuen EU-Verträgen ab. Wie soll dann eine Republik Europa gehen? Olaf Scholz hat kürzlich gesagt, wer eine echte Finanztransaktionsteuer fordere, sei ein Nationalist. Er wolle eine europäische Einigung – weshalb er sich mit Frankreich auf die Mini-Aktiensteuer einigte. Dabei hatte die Bundesregierung versprochen, notfalls alleine voranzugehen. Ein guter Europäer ist, wer Interessen von 500 Millionen EU Bürgern vertritt und nicht die Interessen der Pariser Börse. Das ist doch die Debatte, nicht mehr Europa.

Das FDS möchte auch den Satz „Die nationalstaatlichen Egoismen sind nach wie vor ungebrochen, und in ihrem Drang nach Dominanz sehen wir die Wurzel des Übels“ ins Wahlprogramm geschrieben haben. Stimmen Sie dem zu?

Es geht um oben und unten. Das portugiesische Verfassungsgericht hat die Rentenkürzung der Troika kassiert. Das war Notwehr, kein Nationalismus! Oder umgekehrt: Die Bundesregierung sagt „Europe United“ bedeute, man könne in einem Binnenmarkt nicht die nationalen Verbote von Rüstungsexporten an Saudi-Arabien durchsetzen. Man kann eine Europafahne auf den Panzer stecken, es bleibt ein Panzer.

Aber die deutsche Dominanz in Europa wollen Sie doch auch beenden.

Ja, aber ich will ein europäisches Deutschland, kein deutsches Europa. Der deutsche Wirtschaftsnationalismus wurde im Euro sogar stärker. Man überwindet die deutsche Macht in der EU nicht automatisch, indem man Brüssel über Löhne, Renten und Sozialsysteme entscheiden lässt. Beim Eurobudget sagen deutsche Finanzminister: Geld gibt es nur, wenn ihr die Löhne oder Renten kürzt. Italien sagt, wir wollen kein Geld aus Brüssel, sondern uns mehr Geld am Finanzmarkt leihen dürfen, um mehr zu investieren. Deutschland ist bereit, Italien Geld zu geben, will aber nicht, dass sich Italien woanders Geld leiht. Warum? Weil Deutschland nur so Lohn- und Rentenkürzungen durchsetzen kann.

Wie würden Sie Ihre europapolitische Linie beschreiben?

Die EU kritisieren, weil ich überzeugter Europäer bin. In der Steuerpolitik brauchen wir mehr Europa. Aber wir müssen die kommunale Infrastruktur gegen den EU-Binnenmarkt genauso verteidigen wie bei den Protesten gegen Ceta. Das ist kein Widerspruch. In den drei Jahren, in denen ich im EU-Parlament war, haben mir Kollegen der anderen Fraktionen nie vorgeworfen, dass ich Europagegner sei.

Im Gegensatz zu Parteikollegen?

Entschieden wird auf dem Platz. Konkret: bei der Reform der Eurozone, der Durchsetzung von Steuergerechtigkeit, der Reform des Wettbewerbsrechts oder der Finanzierung von Investitionen über die EZB bzw. die Investitionsbank, um Klimawandel und Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Was geht da nur mit, und was geht da ohne Änderung der EU-Verträge? Da höre ich wenig.

Mir sagen Kollegen, die Republik Europa sei wenigstens eine Vision. Was ist Ihre?

Meine Visionen sind konkret, um das Leben der Europäer zu verbessern. Eine europäische Bankentrennung statt eine Fusion von Zombies wie Deutsche Bank und Commerzbank, die Steuerzahler in der Krise wieder erpressen. Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen, damit Amazon und Google nicht weiter Steuern in der EU drücken. So könnten Deutschland und Frankreich schon heute Mindeststeuern für Konzerne durchsetzen. Abrüstung und einen Green New Deal statt Aufrüstung, die neue Fluchtursachen schafft. Schutz von Tariflöhnen, egal woher das Unternehmen kommt. Soziale Rechte müssen vor den Freiheiten der Unternehmen im Binnenmarkt stehen. Die Menschen in Frankreich demonstrieren gegen einen Präsidenten der Reichen, nicht für die Republik Europa.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

35 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Das waren im Verhältnis, zu der sog. Banken Rettung doch nur Peanuts. Warum wird so wenig über die Cum EX und Cum EX EX Deals berichtet? Wer haftet die AN in Europa, die Reichen wurden in der Krise noch reicher, während Millionenfach Sozialleistung gekürzt wurden und werden. Deutschland war schon immer ein Land für Reich, spätestens seit Adenauer, als die Vermögenden wie Krupps, Quandts und Co. die Vermögen wieder bekamen, wurde die Mehrheit der Bürger in der BRD mit 40 DM abgespeist, und damit schon den Wettlauf verloren.

  • Fragt sich natürlich für wen? Für die Mehrheit bestimmt nicht, wohl eher für die Wenigen in Europa.

  • 440 Millionen Bürgern von EU-Staaten. Nicht 500 Millionen. Ein paar sind des Unfugs leid und gehen, vergessen?

    • @TurboPorter:

      Vermutlich in eine "bessere" Welt?

  • Das Grundproblem- begonnen bei der Montanunion in den 50ies und der EWG in den 60ies ist, dass es sich bei diesem Europa um ein wirtschaftliches Projekt gehandelt hat. Dies wurde dann mit der Europafahne (die Hose) und humanistischer Pose drapiert. Das kam bei den Menschen gut an, denen noch der 2. Weltkrieg und Ausbeutung durch Nazi-Deutschland in den Knochen steckte. IN den 70ern kam dann das Modell Deutschland, in dem "Le Feldwebel" Kanzler Schmidt diktierte. Faktisch hat sich die EU nie, selten, oder ungern um ein soziales Europa gekümmert - keine Sozialstandards, Arbeitnehmerrechte oder Mindestlöhne. Heute haben wir erneut eine wirtschaftliche - und damit politische - Dominanz Deutschlands. Griechenland wurde die Souveränität beschnitten und das Handeln von Deutschland und Brüssel aus diktiert. Gleichzeitig pfeifen wir aber auf gemeinsame Standards, wenn es der deutschen Wirtschaft nicht gefällt (Umwelt). Damit schürt die Politik den Nationalismus und das muss den Wählern vermittelt werden - aber nicht mit Europagedusel...

    • @Philippe Ressing:

      Ich möchte das noch ergänzen:



      Mit der Militarisierung der EU, erhält Europa quasi eine europäische Reichswehr. Das wollte übrigens GB immer verhindern. Nicht zufällig hat Deutschland durch Frau v.d.L. nach der Ankündigung des Brexit die Sache forciert. Die Träumer von einer großen europäischen Republik ahnen nicht, dass der Hegemon auch ohne Krieg Europa erobern kann.



      Griechenland kann ein Lied davon singen, Italien ist gerade dabei, zu erfahren, wer das Sagen hat, Frankreich richtet sich im Windschatten ein usw. usw.

  • Die EU-Nostalgiker um den 71jährigen Gysi werden sich mit etwa sechs Prozent verabschieden.



    Danach wird zwangsläufig etwas Neues passieren müssen.



    Oder die AfD wird - leider, leider - noch stärker werden...

  • Eine europäische Republik wäre schon nicht schlecht. Allerdings müßte es eine der Regionen sein. Soll heißen, daß eventuelle Bundestaaten nicht die heutigen Staaten sondern Regionen sind. das gäbe spannende neu Konstellationen. So könnte die Lausitz z.B. mit einer Region in Schlesien oder die Uckermark mit einer Region in Pommern zusammenwachsen, die ihre Werte teilt. Hier im Rheinland könnten wir uns nach Westen orientieren und weiter Östliches hinter der Elbe liegen lassen. Ganz im Frieden

    • @Berhard Bendler:

      Wahrscheinlich würde das sogar so funktionieren, man denke nur an die Zeit wo Deutschland ein Flickenteppich aus Königreichen und Herzogtümern war.

      Entscheidend wird es sein den Europäern Gemeinschaftsgefühl zu vermitteln.



      Viele schimpfen über die EU und übersehen dabei aber die Vorteile.

  • "Eine europäische Bankentrennung statt eine Fusion von Zombies wie Deutsche Bank und Commerzbank, die Steuerzahler in der Krise wieder erpressen."

    Warum redet er nicht über die Norddeutsche Landesbank, mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand, die wohl demnächst mit 3,5 Mrd Euro von mehreren Bundesländern gestützt werden muss.



    Oder wie war das mit der HSH-Landesbank Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein. 10 Mrd. an Steuern?

    Oder die Pleite der der IKB im Zuge der Lehmann-Bankenkrise, Aufsichtsrat Oskar Lafontaine? Bezahlt dann vom Bund.

  • Auf schlechtem Fundament sollte man keine wackeligen Kostruktionen bauen.



    Solange keine echte Demokratier existiert und Konzerne regieren ist es vollkommen egal, ob nun Europa oder Naitonalstaaten, Geld kennt keinen Patriotismus

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @RealDiogenes:

      Was ist denn eine "echte Demokratie"?



      Das ist für mich lediglich eine grammatische Zusammensetzung, aber inhaltlich macht das keinen Sinn. "Echte Demokratie" ist so etwas wie eine "originale Kopie".



      Demokratie heißt ja gerade, auch immer die Institutionen der politischen Willensbildung mit zu verhandeln. Ohne verschiedene Ansichten darüber und einen offenen Diskurs gibt es keine Demokratie, das wäre dann ein totalitäres System.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Im Kapitalismus gibt es keine Demokratie. Der Kapitalismus ist in den entwickelten imperialistischen Staaten, einschließlich Deutschlands, ein kapitalfaschistisches und ''totalitäres System''. - Siehe doch nur die Beteiligung der ''Bundeswehr'' an Kriegen im Ausland, gestern bei der Vernichtung Jugoslawiens und heute beim Kriegseinsatz [sog. Luftaufklärung - für die NATO] und beim geopolitischen Wirtschafts- und Rohstoffkrieg (Afrika, Asien, Nahost, Lateinamerika), auch unter Beteiligung des BND etc.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    "Meine Visionen sind konkret, um das Leben der Europäer zu verbessern. Eine europäische Bankentrennung statt eine Fusion von Zombies wie Deutsche Bank und Commerzbank, die Steuerzahler in der Krise wieder erpressen. Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen, damit Amazon und Google nicht weiter Steuern in der EU drücken. So könnten Deutschland und Frankreich schon heute Mindeststeuern für Konzerne durchsetzen."

    Ja, sie "könnten".



    Die Idee einer europäischen Republik ist deswegen so wichtig, weil sie es de facto aber nicht tun und wenn doch, dann viel zu spät.

  • „Eine Republik hieße auch ein EU-Haushalt, der nationale Haushalte ersetzt. Da Deutschland aber die größte Volkswirtschaft ist, würden deutsche Finanzminister Italien oder Griechenland regieren“

    Wie kommt Herr Masi auf die absurde Idee, dass bei Wahlen auf europäischer Ebene die Deutschen geschlossen eine Partei wählen und als Block gegen andere Länder antreten?

    Das ist bisher nicht so und wird auch in Zukunft nicht so sein.

    Es gäbe einen sozialdemokratischen, christdemkratischen (or whatever) Finanzminister, hinter dem die entsprechenden Parteien/Wähler aus diversen Ländern stehen würden.



    Kein Nationalgedöns, wie Herr Masi es nahelegt. Kopfschüttel.

  • Das ist ja auch richtig so - und so ziemlich der einzige positive Punkt an der EU.



    Das Parlament hat keine gesetzgebende Befugnisse.

    Möchten sie, dass Fidez, PIS, ÖVP etc. über das Europaparlament in die deutsche Gesetzgebung mit Zwang reinreden können?



    Oder französische und englische Europaabgeordnete die Rüstungsausfuhrbestimmung deutscher Waffenfabriken auf dem Bundesgebiet mitbestimmen?



    Die Parlamentsarmee "Bundeswehr" genau dann ausrückt wenn Abgeordnete von 26! anderen Ländern in einer Mehrheit dies für notwendig erachten?

    Mag ja sein, dass die Südländer einfacher in Scholzes (eher unseren) Geldbeutel fassen können - der Rest von Europa darf dann aber auch bei uns rumfummeln.

    Und ich bezweifle, dass dieses Europa dann für Deutschland eine Politik fährt, die Herr De Masi auch nur ansatzweise gut findet.

    Wird würden ja schon bei der Flüchtlingsfrage mit 80 Millionen Osteuropäer reden die mehrheitlich meinen, dass wir nicht für Afrika verantwortlich sind.

    Und wir werden drauf eingehen müssen sonst bleibt es bei den nationale Egoismen - ob es nun eine "deutsche Austeritätspolitik" oder eine "Deutsche Willkommenskultur" ist vollkommen wurscht.

    Nach Süden "wir wollen kein deutsches Europa" und nach Osten "Machts genau wie Deutschland" schreien geht halt nicht.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Herr Di Masi widerspricht sich permanent inhaltlich selbst. Er argumentiert mit dem Status Quo gegen eine Utopie.

    Die Idee einer Europäischen Republik der Regionen ist doch gerade die, dass nicht mehr die nationalen Finanzminister über die Finanzpolitik beraten, sondern Politiker*innen europäischer Parteien mit europäischen Listen.



    Es ist dann eine Frage der Listenregelung, Minderheiten zu repräsentieren. Wir haben ja auch keine gesonderten Parteien für Frauen und Männer, deren Abgeordnete dann die Geschlechterpolitik aushandeln. Nein, dafür haben wir Quoten (auch wenn ich aus queerer Perspektive 50:50-Quoten für sexistisch halte).

  • DE MASI: "Die EU kritisieren, weil ich überzeugter Europäer bin."

    Die Meinung von Herrn De Masi kann man kritisieren, ablehnen oder gutheißen. Was man ihm nicht absprechen kann ist der Einsatz für ein demokratischeres Europa, das die plump argumentierenden EU-Fans nicht brauchen, weil für sie Europa weiterhin ein Europa der Konzerne, Banken und der Agrarindustrie sein soll.

    Nur wer die Strukturen in der EU kritisch sieht, kann sie im Sinne der Menschen verändern. Aber von Verbesserungen ist die EU so weit weg, dass die Sorge weitaus berechtigter ist, dass in Europa Lohndumping und Angleichung der Sozialsysteme nach unten auf niedrigster Ebene viel wahrscheinlicher ist. Die Träumer von einer Republik Europa scheinen wirklich kein Interesse an einer realistischen Bestandsaufnahme zu haben.

  • Die Angleichung der Lebensverhältnisse hat die Angleichung der Produktivität zur Voraussetzung!

    Wenn in Schweden und Deutschland die durchschnittliche wirtschaftliche Leistung und Produktivität 8 bis 10 Mal höher ist, als in Bulgarien und Rumänien, dann kann es keine Angleichung der Renten und Lebensverhältnisse geben!

    Allenfalls werden die qualifizierten Fachkräfte aus den EU-Schwellen- und Entwicklungsländern, nach ihrer dortigen Ausbildung, abgezogen, um in den westeuropäischen Wirtschaftsmetropolen die Arbeitslöhne noch weiter zu drücken und um die (dortige) Profitrate zu erhöhen!

    • @Reinhold Schramm:

      "Die Angleichung der Lebensverhältnisse hat die Angleichung der Produktivität zur Voraussetzung!"

      Eigentlich müssten die Lohnstückkosten angeglichen werden und die Löhne der Produktivität angepasst werden. Deutschlands Wettbewerbsvorteile entstehen durch durchschnittlich niedrigere Lohnstückkosten und keine Anpassung der Löhne an die Produktivität. Die Zeche zahlen die anderen EU Länder.

  • Wovon spricht eigentlich Herr de Masi, als er über "Europa" spricht?



    zb, wenn er sagt: "Eine europäische Regierung hatten wir in der Eurokrise. Sie hat in Griechenland durchregiert und Löhne und Renten gekürzt. Die EU hat mehr Kompetenzen als früher".



    Die Euro-Gruppe gibt's institutionnel nicht. Es ist nur ein Gremium nationaler Staaten, vor allem mit Frankreich und Deutschland. Nationale Staaten, nicht die EU haben das Schicksal der Griechen zugünsten ihrer Banken entschieden. Die demokratische Macht in der EU, also das Parlament, hat genauso wenig Kompetenzen wie früher und es gibt kein Zeichen dafür, dass die alte Staaten und die Kommission ihm mehr Freiheit lassen werden.

  • „Sie hat in Griechenland durchregiert und Löhne und Renten gekürzt“

    Eine europäische Rentenregelung könnte zu einer Angleichung der Lebensverhältnisse führen. Ich fürchte nur dass das deutsche linke Gelbwestenklientel so gar nicht an das Weniger in anderen EU Staaten angeglichen werden möchte.

  • Ist doch clever gemacht:



    Die LInke schlägt ein stärkeres Europa vor. WEnns die LInke will muss der Rest der Parteien dagegen sein.



    Auftrag erfüllt! Denn das will die LInke sowieso in Wirklichkeit ...

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Ist auch clever gemacht:

      Mit zwei Sätzen den Auftrag erfüllt (von wem haben Sie ihn eigentlich bekommen?) und die ontologische Wahrheit über Die Linke herbeigechannelt.

  • Zitat: „Ja, das ist eine sehr deutsche Debatte.“

    Unsinn. Fabio De Masi pflegt nur eine sehr deutsche Einstellung dazu. Eine, die übrigens auch Ober- bzw. Untertanen anderer Nationalität bekannt vorkommen dürfte. Er glaubt schon vor dem Beginn einer Debatte zu wissen, welche Folgen sie letztendlich haben wird. Keine Debatte ist seiner Ansicht nach besser als eine mit negativem Ausgang.

    Dass so ein Denke tatsächlich eine Reaktion auf romantische Schwärmereien ist, glaube ich nicht. Diese Art (Zweck-)Pessimismus hat es lange vor den Romantikern gegeben. Aber ich will natürlich hier nicht drüber streiten, ob erst das Ei war oder doch das Huhn.

    Fest steht für mich: So, wie die EU jetzt ist, muss sie nicht bleiben. Der Neokonservativismus ist weder natur- gegeben noch Gotteswerk. Er ist eine Mode wie andere auch. Seine Folgen zu beheben, bedeutet allerdings extrem viel Ärger und Arbeit. Fabio De Masi kennt offenbar niemanden, dem er die zutraut. Sich selber eingeschlossen.

    Nein, „große Entwürfe“ werden nicht ausreichen, die in Jahrzehnten ungebremsten Machtmissbrauchs deformierten Strukturen zu richten. Es braucht auch große Debatten darüber. Debatten mit offenem Ausgang. Das Für und Wider neuer EU-Strukturen können schließlich am besten die beurteilen, die damit auf lokaler oder internationaler Ebene Erfahrungen gesammelt haben.

    Diese Leute müssen weder Fabio De Masi noch Ulrike Guérot heißen. Sie müssen nur das gleich Recht kriegen mitzureden wie diese beiden. Wer etwa das Modelle „one person, one vot“ nicht will, könnte ein anderes wählen. Es gibt genügend Alternativen. Man müsste sich aber der damit verbundenen Risiken bewusst sein und entsprechend vorsorgen.

    Was spricht eigentlich gegen eine Republik der Regionen, in der die Interessen von 500 Millionen EU Bürgern wichtiger sind als die Interessen der Pariser Börse? Doch höchstens, dass sie unter Führung von Leuten, die aus persönlichen Egoismen heraus in Schwarz und Weiß malen, nicht gut zu machen ist.

  • Auch die Linken sind eine PArtei, die gewählt werden will- statt POLITIK zu machen. Und sie stammt aus dm traditionell rechtsnationalen Osten.



    Statt einheitlich sich linksliberal zu zeigen, versuchen ,genau wie alle anderen Parteien, einmal im Westen und einmal im Osten Stimmen zu fischen. Von daher: stark sytsemnuttengefährdet. genau wie die Grünen und der blinde Rest. Auch diese Partei erfüllt einen Auftrag: den bestimmter Wirtschaftszweige auf deren Finanzen sie angewiesen ist. Die Bürger zahlen einfach zu wenig, mit sinkender Tendenz....natürlich. Politik und Prostitution sind Schwestern.

    Bitte achten Sie auf Ihre Ausdrucksweise. Die Moderation

    • @ophorus:

      "Und sie stammt aus dm traditionell rechtsnationalen Osten."

      aha, und sie sind linksliberal und frei von Vorurteilen und Rassismus?

  • „Die nationalstaatlichen Egoismen sind nach wie vor ungebrochen, und in ihrem Drang nach Dominanz sehen wir die Wurzel des Übels“

    nationale Denkmuster kann man ignorieren aus der Welt sind sie deshalb noch lange nicht. Eine Republik Europa als Lösung zu sehen ist ein Trugschluß. Das ist wie Armut verbieten. Was es braucht ist eine soziale Politik für alle, in allen Ländern, damit erst keiner einen Sündenbock braucht.



    Nationalismus kann man nicht weg reformieren, da muß man schon an die Ursachen.

  • Europaweite Listen sollen doch nur weiter helfen die deutschen Rücklagen der Banken oder der Sozialsysteme endlich den anderen EU-Staaten zugängig zu machen! Jeder will nehmen aber keiner will geben! Die EU sollte endlich ihre Aufgaben der eropaweiten Harmonisierung der Steuern, der Gesetze, der Verteidigung wahrnehmen anstatt nur über Umverteilungsnöglichkeiten nachzudenken!

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Gerdi Franke:

      "Die EU sollte endlich ihre Aufgaben der eropaweiten Harmonisierung der Steuern, der Gesetze, der Verteidigung wahrnehmen"

      Wie soll das gehen ohne weitergehende Kompetenzen? Wie wären solche Kompetenzen zu legitimieren wenn nicht über eine Demokratisierung der EU?

    • @Gerdi Franke:

      AAAH! AAAH! Die wollen alle an UNSER Geld! AAAH!

      So geht das Schreien der Gartenzwerge.

      Bah.

  • Herr De Masi lehnt die Idee einer Republik Europa mit genau der nationalistischen Denke ab, die dadurch ja gerade überwunden werden sollte. Es wäre dann auch eben keine deutsche Automobilindustrie mehr, sondern eine europäische.

    Er argumentiert mit den Fehlkonstruktionen von heute gegen ein gänzlich anderes System. Bei einer Republik Europa hätten die Griechen eben sehr wohl an der Bildung der Regierung ihren Anteil. Und wenn der europäische Finanzminister dann Olaf Scholz heißt, dann wäre das in einer Republik Europa kein Unterschied zu einem Osnabrücker Olaf Scholz, der auch für Rosenheimer Finanzminister ist.

    Auch innerhalb der BRD gibt es regionale Unterschiede, Ansprüche etc. und seine Kritik an der Republik Europa müsste genauso für die BRD gelten.

    • @sart:

      was meinen Sie, wie schnell die Menschen in nationale Kategorien zurückfallen, wenn für sie negative Entscheidungen getroffen werden?



      In Europa gibt es eben nicht ein Volk mit verschiedenen Regionalismen (siehe Osnabrück und Rosenheim), es sind verschiedene Sprachräume mit eigenen geschlossenen Kommunikationsräumen, die ideale Voraussetzung, um nationale Abgrenzungen zu fördern und zu verstärken. Allein durch die Sprachbarriere bedingt lässt sich das auch nicht so leicht überwinden.



      Nationen sind Realität, damit muß man agieren. Das sich das mit der Zeit ändern könnte, steht auf einem anderen Blatt.



      So lange nicht die allgemeine Selbstdefinition Europa heißt, geht der Schuß nach hinten los.

      • @nutzer:

        Ich betrachte eine Republik Europa nun auch nicht als ein kurzfristiges Ziel. Aber durchaus ein Ziel, auf das es sich lohnt zuzuarbeiten.

        Mit dem aktuellen nationalistischen Status Quo geht das natürlich nicht, aber das kann kein Grund sein, nicht daran zu arbeiten, ihn zu überwinden.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @nutzer:

        Alos darf man sich nicht als Europäer*in definieren, solange das nicht schon allgemeine Selbstdefinition ist?



        Oder meinen Sie das anders?