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Linke-Politiker André Brie über die Partei„Kein Gefühl mehr für normale Leute“

Der einstige PDS-Wahlkampfleiter und EU-Abgeordnete André Brie kennt die Linkspartei wie kaum ein anderer – und sieht sie in einer tiefen Krise.

„Wir sind nicht mehr bei den Menschen“, sagt André Brie über seine Partei Foto: imago/Seeliger

taz: Herr Brie, die deutsche Sozialdemokratie befindet sich in einer existenziellen Krise. Was bedeutet das für die Linkspartei?

André Brie: Die gesamte politische Linke steckt in einer tiefen Krise. Weder von der SPD noch von meiner Partei noch von den Gewerkschaften kommen echte Alternativen. Es passiert nichts.

Nichts?

Meine Partei schreibt Anträge, hält Reden, verfasst Presseerklärungen, tritt in Talkshows auf. Das ist alles gut und schön. Aber wir sind nicht mehr bei den Menschen. Die gehen jetzt zur AfD. Die hat, anders als der Name verspricht, keine Alternativen. Aber sie bedient etwas. So viele Menschen sind unzufrieden. Und sie suchen ein Ventil. Früher waren das die PDS und die Linkspartei. Das ist vorbei.

Bild: Europaparlament
Im Interview: André Brie

Jahrgang 1950, saß bis 2016 für die Linkspartei im Schweriner Landtag.

Klar, wer in Thüringen, Brandenburg und Berlin in der Regierung sitzt, kann nicht gleichzeitig überall Protestpartei sein.

Richtig. Im Wahlkampf 2016 in Mecklenburg-Vorpommern habe ich ständig zu hören bekommen: Egal, ob CDU, SPD oder ihr, das macht keinen Unterschied. Diese Stimmung gibt es nicht erst seit 2015, seit den Flüchtlingen. Die AfD war schon 2014 in Brandenburg erfolgreich.

Kennen Sie AfD-Wähler persönlich?

Natürlich. Hier bei mir im Ort. Viele haben keine Arbeit, sind unzufrieden, manche trinken auch. Die haben keine Zuversicht. Und die linken Parteien können ihnen das ganz offensichtlich nicht geben – Zuversicht. Inzwischen wählen auch andere Menschen AfD. Ärzte, Rechtsanwälte, Unternehmer, also studierte Leute. Das sind nicht alles verbohrte Rechte.

Wie kann die Linkspartei diese Leute erreichen?

Zunächst muss sie aufhören, sich selbst in die Tasche zu lügen.

Inwiefern?

Auf dem Pasewalker Parteitag in Mecklenburg-Vorpommern im November 2015 hat die damalige Parteivorsitzende Heidrun Blum Journalisten gesagt: Kein einziger linker Wähler geht zur AfD. Das war schon damals falsch. Wenn man das noch nicht mal zur Kenntnis nimmt, kann man in Bezug auf die AfD nichts erreichen.

In Mecklenburg-Vorpommern hatte die Linkspartei beziehungsweise PDS 1998 noch um die 11.000 Mitglieder. Jetzt sind es nur noch rund 4.000. Stirbt die Linkspartei aus?

Auf den Gedanken kann man kommen. Die Demonstration zum Antikriegstag am 1. September organisieren oft Leute, die über 80 Jahre alt sind. Wir haben zwar auch junge Leute. Aber weil es so wenige sind, kommen viele gleich in die Ämter und in die Parlamente. Das ist ja ein Teil unseres Problems: zu viele, die Karriere machen, die nur ja sagen und wissen, wie man Mehrheiten auf Parteitagen organisiert. Aber die kein Gefühl mehr für normale Leute haben. Und keine Sprache.

Ein desolates Bild. Hilft bei so viel Parteienverdrossenheit eine linke Sammlungsbewegung?

Ich glaube anders als Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht nicht daran.

Warum nicht?

Weil es künstlich ist, von oben. Man bräuchte eine größeres, breites Bündnis, nicht verengt auf links. Dafür sind weder Sahra noch Oskar bereit. Die wollen das enger haben. Und selbst in der Hand behalten. Ein großes gesellschaftliches Bündnis, um soziale Spaltungen zu überwinden, geht nicht parteipolitisch. Es fehlt auch an Personen, die über das eigene Milieu hinaus wirken können.

Sie sehen keinerlei Charismatiker – auch nicht in ihrer eigenen Partei?

In meiner eigenen Partei würde mich noch Gregor Gysi elektrisieren, aber ansonsten ist da nichts mehr los.

Und Sahra Wagenknecht? Wenn sie auftritt, kommen Menschen, die nie die Linke wählen würden.

Natürlich. Bloß gewählt würden wir wegen Sahra Wagenknecht nicht. Sie kann wirklich was, sie hat Ausstrahlung. Schon damals. Mitte der 90er war Sahra mal hier, als ich noch mein altes Haus hatte. Da war es ziemlich kalt. Sie bekam einen Pullover von mir. Da haben mir viele Leute noch geraten, ihn nie wieder auswaschen. Behalten, so wie er ist.

Wow. Aber als Gesicht eines Aufbruchs – sei es in Form einer Sammlungsbewegung oder auch einer Parteineugründung sehen Sie sie nicht?

Die Idee einer Parteineugründung gab es ja schon mal. 2002, als wir aus dem Bundestag geflogen sind und nach dem Geraer Parteitag. Da waren Leute wie Gregor Gysi, Lothar Bisky, Heinz Vietze, mein Bruder, Dietmar Bartsch und ich verzweifelt. Wir saßen in der Wohnung von Gregor Gysi und haben diskutiert, eine neue Partei zu gründen, eine ganze Nacht. Aber am Ende waren wir uns sicher: Das wird niemals was. Das muss aus der Gesellschaft kommen. Aber nicht als Kopfgeburt.

Wie kann es die Linkspartei also schaffen, aus dem 10-­Prozent-Bereich herauszukommen?

Wenn man etwas erreichen will, dann muss man bereit sein, nicht einfach um linke Mehrheiten, sondern wirklich um gesellschaftliche Mehrheiten, gesellschaftliche Themen zu kämpfen.

Welche gesellschaftlichen Themen können das aus Ihrer Perspektive sein?

Ich denke, breit über Parteien hinaus müsste es gelingen, vor allem die Frage der sozialen Spaltung in dieser Gesellschaft und darüber hinaus in Europa und in der Welt zu thematisieren. Oxfam hat kürzlich berichtet, dass 42 Milliardäre so viel besitzen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Aber ich verzweifle manchmal an meiner Partei.

Aber die thematisiert solche Ungerechtigkeiten doch ständig.

Ich bin nicht gegen Politik in den Parlamenten und Rathäusern. Aber das reicht nicht. Es fehlen kreative Aktionen, die die soziale Spaltung zum Thema machen. Ganz konkret.

Zum Beispiel?

Ich kenne eine Arbeitslose. Das Arbeitsamt wollte die Frau zwingen, für einen lausig bezahlten Job und für nur drei Stunden Arbeit jeden Tag 70 Kilometer zu fahren. Sie hat einen schwerbehinderten Jungen. Ich habe den Fall skandalisiert. So etwas macht meine Partei viel zu wenig.

Warum?

Viele leben nur noch in ihrem Apparat. Es gibt viele, die sich in den Parlamenten für ­solche Menschen den Arsch aufreißen. Aber sie haben kaum persönlichen Kontakt mehr zu den Verlierern. Das war in den 90er Jahren noch anders. Da hatten wir über die Volkssolidarität, Gärten, Basisinitiativen Kontakte zu normalen Leuten und ihren Problemen. Vielleicht kann uns nur eins retten – wenn wir wieder kämpfen müssen, um über fünf Prozent zu kommen.

Die Partei braucht eine handfeste Krise? Warum?

Weil wir möglicherweise erst dann gezwungen wären, wieder Neues zu entwickeln, Mutiges, Modernes, Überraschendes, um wirklich die Breite der Gesellschaft zu erreichen.

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129 Kommentare

 / 
  • Er ist nicht ein einziges Mal konkret geworden.

  • Man muss die Linke wirklich nicht kleinreden. Das ist schon eine riesige Partei.

  • Das trifft aber auch für andere Politiker zu!

    ...

    Das sollte man fairerweise schon klar sagen.

  • "Wie kann es die Linkspartei also schaffen, aus dem 10-Prozent-Bereich herauszukommen?"

     

    Allein die Frage zeigt die Fokusierung der Berliner Perspektive. Im Westen ist die Linke keine 10% Partei. In kaum einem Landtag ist sie vertreten.

     

    Was meiner Ansicht daran liegt, dass sie nicht lokal, kommunal aktiv ist. Und wenn dann in Gruppen, die auch wieder nicht sich um lokalen Interessen kümmern, ausser partiell vielleicht in Flüchtlingsinitiativen.

     

    Dieser Mangel am Bezug zu den täglichen Problemen führt dazu, dass die Leute keine Hoffnung haben das sich durch die Linke im grossen etwas ändert.

     

    Da hilft es auch wenig einzelne Fälle sich rauszuziehen, wo man mal hilft. Im gegenteil, damit macht man den Menschen klar, der Linken geht es nur darum ihr Helfersyndrom auszuleben, verliert aber die, die sich selber helfen aus dem Blick.

     

    Gerade da ist Wagenknecht eine der wenigen, die denen eine politische Perpektive bietet, in dem sie die Fehler im System benennt und auch immer wieder Vorstellungen wie diese sich ändern müssen.

     

    Ich wähl die Linke schon wegen den wirtschaftspolitischen Positionen von Wagenknecht, aber auch wegen einiger wichtigen Stimmen der Aussenpolitik wie Dagdelen und Hunko.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...wer, oder was, sind "normale Leute"?

    Selbst die AfD spricht davon, dass ihre Anhänger ganz "normale Leute" sind.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @81331 (Profil gelöscht):

      "Normale Leute" ist dummer Politikersprech und natürlich ziemlich platt. Aber die Aussage die dahinter steckt finde ich gar nicht so schlecht.

       

      Vermutlich meint Herr Brie mit "normalen Leuten" von geringverdienenden Arbeitnehmern bis zum oberen Mittelstand die meisten Menschen.

       

      Die Linkspartei ist die Lobbypartei von Arbeitslosen, was ich als ehmaliger Arbeitloser gar nicht unsymphatisch finde.

       

      Nur stellen sich mit als Arbeitnehmer momentan andere Fragen. Kleines Beispiel gefällig?

       

      Ich bin momentan in der tollen Situation, das eine Gehalterhöhung/Beförderung oder mehr geleistete Arbeitstunden für mich bedeuten würde, in eine andere Steuerklasse zu rutschen und hinterher weniger im Geldbeutel zu haben als jetzt. Das mein Chef das Gehalt verdoppelt ist aber genauso unrealistisch.

       

      Das heißt im Alltag: Mir wird als einfacher Arbeiter jede Chance auf sozialen Aufstieg durch völlig absurde Steuerregelungen genommen.

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @6474 (Profil gelöscht):

        Niemand hat durch die kalte Progression nach einer Lohnerhöhung weniger Geld im Säckel als vorher. Wenn Sie aber daran glauben, dann sollten Sie bei Ihrem Chef um eine Lohnkürzung bitten, oder?

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @6474 (Profil gelöscht):

        Sie rutschen in eine andere Steuerklasse, wenn Sie eine Lohnerhöhung bekommen? Verrückt! Wo leben Sie denn?

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Das Phänomen nennt sich kalte Progression.

         

        Dieses kann aber auch genauso gut anders herum funktionieren. Wenn Sie zur Zeit mit Ihrem Einkommen knapp oberhalb einer Steuerstufe lägen, so würde eine Erhöhung bis an den oberen Rand dieser Stufe überhaupt keine zusätzliche Besteuerung nach sich ziehen. Und dabei ist es völlig gleich ob sie nun im Bereich von eher 1.500 oder 4.000 €/Monat liegen. Im Bezug auf Ihr Gehalt ist es dann leider einfach Pech, kann sich mit der nächsten Erhöhung aber schon egalisieren.

      • @6474 (Profil gelöscht):

        "Das heißt im Alltag: Mir wird als einfacher Arbeiter jede Chance auf sozialen Aufstieg durch völlig absurde Steuerregelungen genommen."

        Das gilt für Menschen ohne Eigentum - mal von einzelnen Ausnahmen abgesehen - im Kapitalismus doch sowieso. Real zeigt sich, das im Allgemeinen eine soziale Durchlässigkeit illusorisch ist. ;)

      • @6474 (Profil gelöscht):

        "Die breite linke Mitte der Gesellschaft hat keine Partei mehr, die sie vertritt..."

         

        Der dumme Rest, der letzendlich alles zahlt...

         

        Sie können von einem 10.000-Euro-im-Monat-Bundestagsabgeordneten nicht verlangen, dass er die gegenläufigen Interessen von 1500-EURO-netto-Arbeitnehmern wahrnimmt.

         

        Seine steuerfreie Pension nach acht Jahren ist das Minus bei Ihrer Rentenversorgung.

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Ich bin kein Freund von Parteien, also auch keiner der Partei "Die Linke", muß aber feststellen, dass sie die Unterschicht und untere Mittelschicht besser vertritt, als alle anderen. Benachteiligungen von Minderheiten anzugehen sollte das Anliegen eines jeden sein, denn je besser es dem Bodensatz der Gesellschaft geht, desto besser sind die allgemeinen Lebensbedingungen innerhalb einer Gesellschaft.

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Und BTW, man kann nicht nicht für mehr brutto, weniger netto haben - wir haben eine Grenzbesteuerung.

      • @6474 (Profil gelöscht):

        ziemlich naiv zu glauben, dass die soziale Absicherung der Arbeitslosen keinen Einfluss auf die Arbeitnehmer hat.

         

        Seit den Agenda-Reformen hat die untere Hälfte der Bevälkerung 1/4 von ihrem Anteil an Bruttovolkseinkommen verloren. Von 23% auf 17%. Diese 6% vom Volkseinkommen bedeuten 140.000.000.000 € (Milliarden €). Jedes Jahr.

        • 8G
          80576 (Profil gelöscht)
          @agerwiese:

          Das Absinken des Anteils am Volkseinkommens bedeutet zunächst nur, das der Anteil vom Gesamtkuchen kleiner wird. Da dieser aber nicht fix ist, sondern wächst, kann das eigene Einkommen trotzdem zugelegt haben, nur eben weniger als das der anderen.

        • 6G
          6474 (Profil gelöscht)
          @agerwiese:

          Das wäre in der Tat ziemlich naiv, nur ich habe das nie behauptet

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @agerwiese:

          "Seit den Agenda-Reformen hat die untere Hälfte der Bevälkerung 1/4 von ihrem Anteil an Bruttovolkseinkommen verloren."

           

          Das ist auch nicht verwunderlich, da ein Ziel der Agenda-Reformen war, einen Niedriglohnsektor in Deutschland zu etablieren. Das wurde erreicht, daher haben viele Menschen niedrige Einkommen. Die Frage ist, was hatten die Menschen vorher. Waren sie vorher Transferempfänger*innen oder waren sie zuvor in besser bezahlten Jobs.

          • @74450 (Profil gelöscht):

            Eigentlich egal was sie vorher hatten. Zwei Sachen sind bezeichnend.

             

            1. die Hälfte der Bevölkerung kann sich als eindeutige Verlierer sehen. Dass die meisten es nicht tun, haben wir v.a. Medien und antrainierter Genügsamkeit zu verdanken.

             

            2. Auf der Höhe der Arbeitslosigkeit (Anfang der Nuller JAhre) lagen die Gesamtkosten, inkl. der Ausfälle bei der SV und Steuer, bei ca. 90 Mrd e im Jahr. Diese Kosten dürften heute etwa die Hälfte betragen. Man hat also Reformen angestossen, die etwa 40-50 Mrd eingespart hatten und (mindestens) das dreifache umgeschichtet haben. BTW, fast der gesamte Betrag kam den oberen 10% zugute.

            • 7G
              74450 (Profil gelöscht)
              @agerwiese:

              "1. die Hälfte der Bevölkerung kann sich als eindeutige Verlierer sehen."

               

              Das können Menschen nur, wenn sie real an Vermögen verloren hätten. Das trifft auf den Großteil der Menschen nicht zu.

               

              2. Haben Sie einen Link zu den Daten?

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Deutsche Arbeitnehmer. Ich bin langjährige Linkswählerin, aber langsam habe ich den Eindruck, es geht immer nur noch um HartzIV, offene Grenzen und LBGT*etc.-Fragen.

      Betrifft mich aber alles nicht.

      Ich bin eine einfache Angestellte, mache mir Sorgen um meine Rente und den Zustand der Pflege, um die wachsende soziale und finanzielle Ungleichheit im Land - und höre dazu relativ wenig von links.

      • @Frida Gold:

        Bei Wagenknecht geht es weniger und LGGT..&Co.

         

        Und Sie liegen völlig falsch, wenn Sie glauben, dass HartzIV sie nicht betrifft, weil sie "kleine Angestellte" und nicht H4-Bezieherin sind. Der Zusammenhang zwischen der Höhe/Art der Sozialsicherung und dem Lohnniveau (auch der kleinen Angestellten) wurde schon zu genüge erörtert.

      • @Frida Gold:

        Ich höre da nicht nur von links relativ wenig...

        • @Sebas.tian:

          Richtig. Von der CDU/CSU, FDP und den Grünen erwarte ich aber auch nichts zu hören, die schauen eh nur auf Besserverdienende und Unternehmer. Von der SPD auch nicht mehr, nicht seit Schröder. Die Linke hat aber auch kein Interesse an mir. Ist es da wirklich so verwunderlich, wenn Leute zunehmend aus reinem Protest AFD wählen? Würde mir selbst im Traum nicht einfallen, ich bleibe links. Aber die Wut über die Parteien, die sich um die Belange "des kleinen Bürgers" schlicht nicht mehr kümmern, sondern sich mit Banken, Flüchtlingen, Arbeitslosen etc. beschäftigen, die kenne ich auch. Die breite linke Mitte der Gesellschaft hat keine Partei mehr, die sie vertritt - die Linken konzentrieren sich immer weiter an den linken Rand.

  • „Kein Gefühl mehr für normale Leute“

    Herr Brie, sie wissen doch, wie man solche Leute nennt:

    "Salonsozialisten"

  • Statt wie hier in der Diskussion deutlich geworde immer wieder "Offene Grenzen" zu thematisieren welches ja offensichtlich "die Linke" spaltet, sollte die Diskussion besser geführt warum es immer mehr Menschen in viel zu armen und krisengeschüttelten Gegenden gibt.

     

    Das ist kein Problem des westlichen Kaptilsmus.

  • 9G
    99960 (Profil gelöscht)

    Vielleicht sollte die Linke einfach mal ihren Namen ändern. „Links“ wie „rechts“ sind politisch gesehen einfach aus der Zeit gefallene Begriffe, die zu kurz greifen, um ein politisches Leitbild nachvollziehbar zu charakterisieren, außerdem diskriminiert diese eindimensionale Positionsbeschreibung das Oben und Unten.

    • @99960 (Profil gelöscht):

      sehe ich auch so. 5 Sterne Bewegung wäre ein schöner Name.

      Faktisch ist es so und alle Protagonisten bei den Linken wissen es auch. Wenn eine 10% Partei durchstarten will, geht das nicht, wenn davon 6% wie ein Bleiklotz am Bein hängen und jedwede Veränderung blockieren und ausbremsen. Wie soll das gehen?

      Siehe nur die Konflikte der Vergangenheit. Da hat man eine politische Lichtgestalt wie Oskar Lafontaine mehr oder weniger mit Parteierbenzählerei aufgerieben und zum Regionalpolitiker deklassiert. Oder blickt man zu den LINKEN in Berlin, die mehr mit Agitation und der „Hinrichtung“ der eigenen Leute beschäftigt sind, als mit dem poltischen Gegner.

      Die Partei LINKE verfügt nicht über Strukturen – w. B. die 5Sterne Bewegung in Italien – um ein einheitliches Auftreten zu gewähren. Es ist ein Haufen, wo irgend wie jeder tut und lässt was ihm gerade im Sinn steht. Mit so einem Haufen gewinnst Du keinen Blumentopf.

      Oskar und Sahra haben sich schon viel zu lange vor den Karen spannen lassen. Jetzt ist genug!

    • @99960 (Profil gelöscht):

      Es sind nicht die Begriffe, die problematisch sind. Es sind die Positionen. Auch linke Parteien können in rechten Becken fischen.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @99960 (Profil gelöscht):

      Die Nacht durchgemacht oder den Schlaf zu früh abgebrochen??? Solche Gedanken können wohl nur in Zeiten und Gesellschaften entstehen, in denen Marketing wichtiger ist als Inhalte und Performance.

       

      Alter Wein in neuen Schläuchen war noch nie die Lösung, sondern Teil des Problems.

    • @99960 (Profil gelöscht):

      Vielleicht sollten Leute wie du einfach verstehen, dass "links" und "rechts" für bestimmte Werte, bzw. im Fall von "rechts" Unwerte stehen und sich an de Werten nichts ändert, wenn man die Bezeichnung ändert.

      Dass die Bezeichnung links diskrimierend sein soll, ist ein besonders kurioser Einfall. Den habe ich noch nicht gehört.

      • @Max Mutzke:

        achso, und es gibt keine Linken Unwerte ? Blicken sie mal zurück in die DDR. Egal ob Links oder Rechts, alles was extrem ist, ist nicht gut für unser Land.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @Klartexter:

          Natürlich steht "links" für die Befreiung von Knechtschaft und zwar international. Dass die DDR diesbezüglich kläglich gescheitert ist, mindert nicht die Idee, ebensowenig wie die Nächstenliebe des Christentums dadurch falsch wird, dass seine Anhänger sie nicht üben.

           

          Rechte "Werte" haben hingegen stets die Erhöhung einer bestimmten Gruppe im Sinn, die sie nur durch die Erniedrugung anderer Gruppen erreichen. Da wird nichts besser dran, egal wie man es dreht oder wendet.

          • @849 (Profil gelöscht):

            Trefflich formuliert und auf den Punkt gebracht. Die Grundidee ist ja eben nicht der Militarismus, Totalitarismus und Nationalismus der in der DDR und anderen angeblich sozialistischen Staaten gepflegt wurde.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Ich kann den Aussagen des Herrn Brie durchaus etwas abgewinnen

     

    Viel zu oft diskutiere ich mit Linken die Sätze sagen wie "du bist ja gar kein Linker"

     

    Viel zu selten geht es um Frieden, Freiheit, Wohlstand für alle

    • 9G
      99710 (Profil gelöscht)
      @6474 (Profil gelöscht):

      Sie haben Eierkuchen vergessen.

      • 6G
        6474 (Profil gelöscht)
        @99710 (Profil gelöscht):

        Du hast recht, der Kommentar ist etwas beliebig. Das war die Uhrzeit...

    • @6474 (Profil gelöscht):

      Bei Hartz 4 Empfängern geht es eben häufig um das eigene Hemd und nicht die Fiktion der weltweiten Idylle.

  • Gewählt wird was Spaß macht , nicht was sinnvoll wäre dass ist das Problem mit "linker" Politik ... sobald sie dem "Wähler" seinen Garten zum Zaun rumbauen verschafft hat wird konservativ gewählt ... weil "linke" Politik ja eigentlich genau diese Zaun abmontieren soll ... hoffe diese Metapher ist nachvollziebar .... oder erfolgreiche "linke" Politik führt zum Abfluss von Wählern ... erfogreiche recht Politik hat den genau gegenteilig Effekt ... blöde Sache was dabei hilft kene Ahnung ... andere Menschen vielleicht aber di gibts halt zur Zeit ned ... blöde Sache. ...

  • Sahra und Oskar....wollen alles in der Hand behalten. Ja so ist es. Schade. Andererseits - ich kann bei den Wahlen jetzt daheim bleiben - oder spazieren gehen - zum Beispiel.

    • @Berrichon:

      Bitte animieren sie ihren Freundes und Bekanntenkreis es ihnen gleich zu tun.

       

      Wenn "echte Linke" ins Nichtwähler-Lager wechseln ist das ein Gewinn für uns alle.

    • @Berrichon:

      Ich bin froh, dass Openborder-Schwärmer wie Sie nicht mehr zur Wahl gehen. Das erleichtert manches.

  • "Oxfam hat kürzlich berichtet, dass 42 Milliardäre so viel besitzen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Aber ich verzweifle manchmal an meiner Partei."

     

    Da hat er wohl allen Grund zu. Will ein Teil der Partei doch der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung den Vogel zeigen und nicht in die deutsche Disco reinlassen.

     

    Mal erhrlich. Was ist das für ein ängstliches Interview in dem zentrale Brüche in der Linkspartei - die Haltung zum Thema offene Grenzen - mit keinem Wort angesprochen werden.

     

    Liegts an Bries Interview-Freigabe oder an der taz?

    • @Rudolf Fissner:

      Weltweit offene Grenzen würde letztendlich Kolonialisation 3.0 durch das Kapital bedeuten. Evtl. wäre das sogar besser, als wenn die Leute alle in die kapitalistischen Länder streben.

    • @Rudolf Fissner:

      Glaube Sie mir, wenn die Grenze offen ist, dann sind die 200 Milliardäre in Deutschland, die 1,3 Millionen Millionäre in Deutschland plus die Bevölkerungshälfte die ökonomisch die Flüchtlinge vielleicht bei der Altkleiderabgabe oder als Servicekraft für 8,50 (wenn sie das Glück haben) sieht, nicht im geringsten betroffen.

      • @agerwiese:

        Linksparteiler wollen die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung von den deutschen Fleischtöpfen fernhalten weil die Millionäre nicht betroffen wären? Genauso bescheuert wäre es deswegen den Mindestlohn oder H4 nicht zu erhöhen!

        • @Rudolf Fissner:

          Wenn Sie außergewöhnliche Lasten schultern wollen, dann soll man mit deren Kosten von oben herab anfangen.

           

          Ein Flüchtlingssoli und ggf. Vermögensabgabe und dann liest man 80% weniger Artikel die Ihr Lied singen.

    • @Rudolf Fissner:

      Welche Partei im Bundestag ist denn noch für offene Grenzen?

      • @Frederik Andersen:

        Dann soll die Linkspartei auch sagen, dass der ärmste Teil der Weltbevölkerung nur mit Almosen abgespeist wird.

      • @Frederik Andersen:

        Dann soll die Linkspartei auch sagen, dass der ärmste Teil der Weltbevölkerung nur mit Almosen abgespeist wird.

    • @Rudolf Fissner:

      Und mit offenen Grenzen als Forderung nähern Sie sich den Wahlergebnisse MLDP.

    • @Rudolf Fissner:

      Es hat halt nicht jeder eine Grenze offen, so wie Sie.

      • @Rainer B.:

        Schön für sie, dass bei ihnen alles dicht ist.

        Aber wo liegt dann die Obergrenze bei der Linkspartei? Die Linkspartei will sich dazu nicht äußern. Vordergründig den Anwalt der Flüchtlinge spielen und hintergründig das Spiel von Seehofer mitmachen, das halte ich für verlogen.

        • 9G
          99710 (Profil gelöscht)
          @Rudolf Fissner:

          "Vordergründig den Anwalt der Flüchtlinge spielen und hintergründig das Spiel von Seehofer mitmachen, das halte ich für verlogen."

           

          Stimmt. Die Grünen machen auf weltoffen, winken dann aber die Verschärfung des Asylrechtes durch ebenso wie die Erweiterung der sog. sicheren Herkunftsländer (und beweinen bis heute die geplatzte Koalition mit Seehofer und seinen Spießgesellen).

           

          Hier geht es aber um die Diskussion in der Linkspartei. Also entweder hatten Sie einen Mausrutscher (kann ja passieren) oder Sie haben Wahrnehmungsprobleme.

          • @99710 (Profil gelöscht):

            Die Grünen(Wähler) wissen v.a., dass die Flüchtlinge, deren Kinder und deren Enkel niemals ihren Job oder Wohnung bekommen. Oder den Job und die Wohnung ihrer Kinder, ihrer Enkel...

        • @Rudolf Fissner:

          "Obergrenze"? Keine Ahnung was das ist. Aber wie wärs mit "Eichstrich"? Mehr sollte man sich tatsächlich nicht einschenken - und auch nicht trinken, Herr Fissner. Sonst läuft man über.

          • @LittleRedRooster:

            Was soll das für ein Vergleich sein. Sind Flüchtlinge nun schon giftiger Schnaps? Werden in der Linkspartei schon Promillegrenzen diskutiert für ärmere Hälfte der Weltbevölkerung?

            • @Rudolf Fissner:

              "Was soll das für ein Vergleich sein?" (Zitat: Fissner)

              Wieso Vergleich? Ich vergleiche hier gar nichts miteinander. Das sind alles nur Ihre eigenen "giftigen" Assoziationsketten. Das findet alles nur in Ihrem Kopf statt.

            • 9G
              99710 (Profil gelöscht)
              @Rudolf Fissner:

              Ich erkläre es Ihnen mit Erich Kästners Worten:

               

              Nie sollst Du so tief sinken, den Kakao, durch den man dich zieht, auch noch zu trinken.

  • Ja der Parlamentsapparat frisst die besten Leute auf - so war es auch bei den Grünen. Das System domestiziert damit, die Linke ist als Partei aber im Apparat - führt ihre Debatten mit sich selbst.

    Brie irrt, die AfD wird nicht gewählt, weil sie Zuversicht oder Hilfe anbietet. Sie wird gewählt, weil sie den Spießern ein Hass-Symbol geben - den Ausländer/Flüchtling - der als Sündenbock herhält und den man ungestraft angreifen darf - verbal wie real. Ein großer Teil der Ost-Wähler der AfD kommt aus der Generation, die als Junge dem Märchenmann mit den 'blühenden Landschaften' hinterherliefen. Kommt die D-Mark nicht, dann kommen wir zu ihr - war die Devise. Wer hat sich wirklich engagiert? Die waren schnell weg vom Fenster und die Masse schwenkte Deutschlandfahnen. Nun sind sie - wie auch viele im Westen - alt und demoralisiert. Aber deshalb Rassisten wählen, Hassparolen brüllen, das bedarf schon einer längerfristigen entwicklung. Die gab es in der DDR genauso wie in der BRD. Letzlich weiß Brie auch keine Lösung, verteilt nur Platitüden. Also was soll das?

    • @Philippe Ressing:

      Hmm?

      Ihr Kommentar strotzt von Vorurteilen und Platitüden. Und wenn man mit Menschen spricht, die Afd wählen oder sympathisieren, dann klingt das anders, als von Ihnen dargestellt. Mit wievielen haben Sie bisher gesprochen?

       

      Ein Großteil der Ost-Wähler der AFD ist unter 30 und hat keinen Hochschulabschluss. Dürfte also 1989 kaum Kohl "hinterhergelaufen" sein. Die größere Idendifikationsgruppe dürfte aber das 2. sein, da ich dieser Gruppe ebenfalls angehöre weiss ich, wie dieses Gefühl ist in der Öffentlichkeit immer mehr marginalisiert zu werden.

       

      Menschen die, wenn sie Arbeit finden, 40 Stunden jede Woche malochen, um gerade so über die Runden zu kommen, spüren das sie von allen Seiten unter Druck gesetzt werden. Von der Neoliberalen durch niedrige Löhne und hohe Lebenskosten, von Linken durch völlige Ignoranz gegenüber ihren Lebensmodellen. Menschen wollen Sicherheit, Zukunft und sich etwas aufbauen. Wer für 8,50 Euro arbeitet und mit rumänischen Wanderarbeiter konkurriert hat dazu wenig Chancen.

       

      Was bleibt diesen Menschen?

      Sie bleiben den Wahlen fern oder wählen die Afd.

       

      Da scheint mir die Beschreibung von Brie näher an der Realität zu sein. Aber Lösungen hat er tatsächlich nicht.

  • Solange neben dem angeknacksten Neoliberalismus keine alternative "große Erzählung" mehr erzählt wird, in der die Gesellschaft zu sich selbst ein Verhältnis finden kann, solange wird der Bedeutungsverlust der Linken weitergehen. Kulturalistisch hängen die meisten schon längst dem neoliberalen Menschenbild des nutzenmaximierenden autistischen Individuums an, nur garniert mit einem plärrig-infantilen Anspruchsdenken.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @El-ahrairah:

      Wie wahr!

      • @849 (Profil gelöscht):

        Allerdings.

         

        Und es klappt nicht zuletzt deshalb so gut, weil die neoliberalen Ideen gar nicht als Erzählung sondern so geschickt getarnt im Gewand des Naturgegebenen und der einzig rationalen Ordnung daherkommen. Ideologen sind all die anderen.

        Diese Argumentationsfigur lässt sich auch hier im Forum regelmäßig finden.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @Ruhig Blut:

          Das sehe ich auf den Punkt genauso. Interessant finde ich dabei, nur als Beispiel, die Diskussion um die Beamten (bin übrigens selbst keiner). Eigentlich müsste doch ein jeder den Beamtenstatus haben wollen oder doch darauf dringen, dass die Angestellten diesen gleichgestellt werden. Aber was macht die neoliberal gehirngewaschene Meute: sie will den Beamten die Privilegien wegnehmen, weil sie selnst keine mehr haben. Statt etwas für sich zu fordern, fordert sie, anderen, die in ihrer Mehrheit ja nicht mehr als wohlhabend sind, etwas wegzunehmen. Neid im Kackapippitalismus scheint irgendwie nur zwischen Menschen zu funktionieren, deren Einkommen nicht himmelweit auseinander liegen. Oder warum sind sonst die hochkassierenden Manager, die im Lebkuchentag nicht so viel "verdienen", wie sie im Jahr bekommen oder die Fußball-"Stars" in der Regel von dem Neid des Volkes ausgenommen?

          • @849 (Profil gelöscht):

            Das Einkommen scheint mir in dieser Denke weitgehend der Gradmesser für den „Verdienst“ zu sein. Kritik an Großkapitalisten ruft ja nicht nur Schulterzucken sondern regelmäßig blanken Hass hervor.

            Fußballer, Topmanager erbringen die notwendige Leistung, ganz einfach daran zu erkennen, dass sie dort sind, wo sie sind, und entsprechend verdienen.

            Und die Gehirnwäsche sorgt für völlige Ignoranz gegenüber selbst den einfachsten Ungleichheits- und Ausbeutungszusammenhängen. Sogar bei leistungslosen Milliardenerben und den gierigsten und schamlosesten Arbeitsplatzvernichtern.

             

            Aber dann gibt’s noch die Betrüger, die bekanntermaßen nichts leisten und trotzdem als „Gewinner“ vergütet werden. Das auch noch von Steuergeldern. So ungefähr stellt es sich mir dar.

            Ich glaube dieses „auf unsere Kosten“ ist der wichtigste Punkt. Es trifft ja nicht nur Beamte sondern so ziemlich alle vom Staat Bezahlten. Selbst Sozialarbeiter, Erzieherinnen u. ä., die am offenkundigsten anstrengende Arbeit verrichten und am miesesten bezahlt werden.

            Polizisten und Soldaten eher nicht, ok, aber die schützen uns immerhin vor denen, die uns das Wenige, Wohlverdiente wegnehmen wollen.

            • 8G
              849 (Profil gelöscht)
              @Ruhig Blut:

              "Leistung" scheint mir ein Wort zu sein, worunter man je nach "Klassenzugehörigkeit" etwas anderes versteht.

               

              Den Minderverdienenden wird von oben suggeriert, sie mögen sich ganz doll anstrengen, wohl wissend, dass über die reine Arbeit im etymologischen Sinn der Mühsal und Plackerei kein Reichtum entstehen kann. Diese Leistung bemisst sich ihrem eigentlichen Sinn nach noch irgend am Ergebnis.

               

              Für Großverdiener (die Leistungsträger, die unter der Last der Leistung anderer "leiden") ist das ganze ein komodes Roulette (mit Menschenmaterial alias Human Resources als Einsatz) mit besten Gewinnaussichten, auch beim Setzen auf die falsche Zahl.

               

              Den reichen Nichtleistern wird allgemein unterstellt, sie ruhten sich auf ihrer historischen Leistung aus. Wie sie zu dem Reichtum gekommen sind, spielt (wie bei den Raubrittern, die zu Adeligen wurden) keine Rolle (siehe die Quandts).

               

              Wahrscheinlich sind wir nach wie vor eine Ständegesellschaft, die diesen Umstand nach Kräften zu verwischen trachtet.

              • @849 (Profil gelöscht):

                Oh ja. Diese ständischen Züge unserer Gesellschaft nehme ich sehr deutlich wahr, auch im Kontrast zu vielen anderen westlichen Ländern. In Westdeutschland viel ausgeprägter als im Osten und im Süden mglw. stärker als im Norden.

                Das erklärt auch am besten die bescheidene Demut gegenüber Quandts und Co. (der schwächste Punkt in meiner Argumentation), neben oder gerade in Kombination mit den unterstellten historischen Leistungen, wie Sie sagen.

                 

                (Muss mich noch korrigieren, Sozialarbeiter verdienen so schlecht nicht, aber sei’s drum.)

                • 8G
                  849 (Profil gelöscht)
                  @Ruhig Blut:

                  Unter diesen Bedingungen von einer gefestigten Demokratie zu reden, wie es die TAZ laut Radiopresseschau heute wieder getan hat, scheint mir da doch mehr als lächerlich.Einer Demokratie würde ich nämlich unterstellen, dass alle ihre Beteiligten an einem permanenten sozialverträglichen Wandel der Gesellschaft interessiert sind. Bei uns und bei den übrigen Demokratien sehe ich leider vorwiegend Stillstand.

                  • @849 (Profil gelöscht):

                    Nicht Stillstand sondern Rückbau.

                     

                    Die Errichtung von demokratischer Herrschaft war im Westen ja stets notwendig und untrennbar mit dem Kampf gegen die alte Ständeordnung verbunden.

                     

                    Jetzt, wo sich Oligarchenherrschaft und eine über Vermögen, „Leistung“ etc. konstituierte Ständegesellschaft mittels neoliberaler Verdummung als natürliche Ordnung reetablieren, kann das die Demokratie kaum unbeschadet lassen.

                    • 8G
                      849 (Profil gelöscht)
                      @Ruhig Blut:

                      Sie haben Recht, es ist reaktionär, was durch die neoliberale Verdummung uns offenbar erfolgreich einzubläuen versucht wird.

                       

                      Ich war beim Fall der Mauer schon Vater. Ich hätte nicht gedacht, dass sich alles so ändern würde, aber eine gewisse Furcht hatte ich schon davor, was kommen würde.

                       

                      Nun hatte ich aber, im Gegensatz zu den Schwestern und Brüdern aus dem Osten auch eine gute Ausgangsposition und einen vielleicht übertriebenen Optimismus, dahingehend, dass die Ideale, die ich in den "Predigten" für bare Münze genommen habe, Bestand haben würden.

                       

                      Mein Fazit heute: die Menschen haben es noch nie in der Geschichte geschafft, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. Sie haben nur immer reagiert, nie agiert und sich dabei von dieser sich wandelnden Ideologie stets einlullen lassen. Demokratie unserer Prägung, so fürchte ich heute, ist nur der Durchlauferhitzer für einen neuen smarten Faschismus.

                      • @849 (Profil gelöscht):

                        Zur Wendezeit war ich noch zu klein, um auch nur annähernd einschätzen zu können, was für eine Zäsur das Ende dieses großen Systemkonflikts auch für uns Westler eigentlich bedeutet hat. Ein paar mehr Ostler hier, ein paar Finanzhilfen rüber, fertig.

                        Ich glaube mich aber zu erinnern, damals schon Leute gehört zu haben, die vor ungefähr den Folgen gewarnt haben, die wir heute global zu spüren bekommen. Reichlich paradoxerweise deshalb, weil der „real existierende Sozialismus“, so undemokratisch und beschissen er weitgehend auch war, als bremsendes Gegengewicht weggebrochen ist.

                         

                        Ob die Massen wirklich immer nur reagiert haben, puh, das ist ein weites Feld. Kann ich mich gerade nicht kompetent zu äußern.

                        Über die Defizite unserer heutigen Demokratie sind wir uns aber vmtl. recht einig, und mit dem smarten Faschismus könnten Sie sehr richtig liegen, befürchte ich.

                        • 8G
                          849 (Profil gelöscht)
                          @Ruhig Blut:

                          Das mit dem Gegengewicht ist mir dann auch 92 so richtig klargeworden. Da war ich zu einer politischen Tagung in Berlin und die haben da ein Gedöns abgehalten über die Chancen, die der Osten bringen und wie Berlin bald brummen und boomen würde. Da habe ich mir gedacht, das seien eher so Hymnen, die man anstimmt, um die Kakophonie darunter zu übertönen und zu vernebeln, was man im Schilde führt. Aber vielleicht haben die Leute das auch geglaubt...

                           

                          Die Goldgräberstimmung hat auch immer was mit Gräbern zu tun. Und das war damals so eine. Ich hatte einen Freund bei der Treuhand, der mich, als ich noch in kleinen Verhälnissen war und wohnte, großkotzig fragte (ausgerechnet mich!), ob ich nicht ein gutes Objekt zum Kauf auf der besten Straße meiner Stadt wüsste.

                           

                          Selbst war ich auch mal im Gespräch, eine ostdeutsche Uni mit "aufzubauen", was sich aber gottseidank zerschlagen hat, insofern ich auch nur sehr ungern als Hopplajetzkommichwessie dorthin gegangen wäre. Ich kannte zudem die ostdeutsche Mentalität ein wenig von Besuchen in der DDR und anderweitigem Kontakt mit DDR-Bürgern. Die Arroganz meiner "Landsleute" hat mich jedenfalls alles andere als kalt gelassen. Heute sehe ich natürlich, dass auch uns Wessies das Heimlige abhanden gekommen ist, dieses Gefühl einer bräsigen Sicherheit.

                           

                          Ich versuche die These von den reagierenden Massen der historischen und aktuellen Wirklichkeit anzuhalten. Ich habe früher gedacht, die Leute denken sich was zusammen und dann machen sie das. Heute denke ich - ganz marxistisch -, da braut sich aufgrund der Ökonomie (des Seins) etwas zusammen und dann wird das von jenen ausgeführt, die auf den Zug springen.

                           

                          Bisher habe ich noch keinen Beweis gegen meine These antreten künnen. Die DDR ist nicht wegen dem Freiheitsdrang der Leute gefallen, sondern weil Gorbi ob der ökonomischen Lage drankam und etwas anders machen wollte.

                          • @849 (Profil gelöscht):

                            Ja, diese Goldgräberstimmung habe ich wohl entfernt mitbekommen, nur damals nicht richtig zu deuten gewusst.

                            Genau. Chancen, Boom, in 10 Jahren hat uns der Osten überholt, so hieß es damals.

                             

                            Ich, der ich in den glücklichen 90ern, am Ende der Geschichte, groß geworden bin, muss heute feststellen, wie erschreckend lange ich gebraucht habe, Ausmaß und v. a. Wesen der Umbrüche halbwegs zu kapieren. Trotz der warnenden Stimmen, die gibt’s ja eh immer.

                            Erst in der späten Schröder-Fischer-Zeit, glaube ich, wurde es mir ganz allmählich klar.

                             

                            Will gar nicht sagen, dass ich Ihre These pauschal ablehne oder annehme, mit einer plausiblen Gegenthese aufwarten zu können. Sie wird mich vmtl. noch ein Weilchen beschäftigen. Aber heute abend macht mein Hirn das nicht mehr mit, die elende Existenzsicherung fordert ihren Tribut ;-)

  • Der wichtigste Satz ist der:

    "Man bräuchte eine größeres, breites Bündnis, nicht verengt auf links. Dafür sind weder Sahra noch Oskar bereit. Die wollen das enger haben. Und selbst in der Hand behalten. Ein großes gesellschaftliches Bündnis, um soziale Spaltungen zu überwinden, geht nicht parteipolitisch."

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Die Leute wählen nicht mehr nach ihren Klasseninteressen, weil sie sich keiner Klasse im klassischen Sinn mehr zugehörig fühlen, sondern alle - wider die Fakten - glauben, sie seien was besseres als das gute alte Proletariat. Bei Anzeichen der Krise denken sie also nicht daran, mit welcher Partei es den Massen besser gehen könnte, sondern daran, wer ihren fiktiven oder realen Status am besten absichert. Deswegen sind alle sozialen Projekte oder solche, bei welchen ein wirkliches Umsteuern erforderlich wäre, solange nicht vermittelbar, wie die gefühlt klassenlosen Genossen ihre Klassenzugehörigkeit nicht wieder gehörig zu spüren bekommen. Die neoliberale Politik ist zudem nicht doof und hebelt den Sozialsstaat nur langsam aus und pocht zugleich durch Bonbons für Besserverdienende (z.B. das Elterngeld oder Baukindergeld) darauf, ihn in Wirklichkeit sogar auszubauen. Niemand will in diesem Land einen Wechsel. Das ist viel zu gefährlich für den Wohlstand, in dem sich ein jeder wähnt, der nicht Aufstocker oder Hartzer ist.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Gute Teil-Analyse. Stimme zu.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @849 (Profil gelöscht):

      "Die Leute wählen nicht mehr nach ihren Klasseninteressen, weil sie sich keiner Klasse im klassischen Sinn mehr zugehörig fühlen, sondern alle - wider die Fakten - glauben, sie seien was besseres als das gute alte Proletariat."

       

      Aus Interesse: Bis wann ist mensch noch Proletariat und ab wann Bourgoisie/Kapitalist*in? Geht das nach Einkommen+Vermögen?

       

      "Bei Anzeichen der Krise denken sie also nicht daran, mit welcher Partei es den Massen besser gehen könnte, sondern daran, wer ihren fiktiven oder realen Status am besten absichert."

       

      Vielleicht liegt es auch daran, dass "die Massen" erheblich geschrumpft sind. In Befragungen geben immer wieder ca. 80% der Bürger*innen an, mit ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation zufrieden zu sein. Bleiben nur 20% Unzufriedene.

       

      "Das ist viel zu gefährlich für den Wohlstand, in dem sich ein jeder wähnt, der nicht Aufstocker oder Hartzer ist."

       

      Ab wann meinen Sie, wird gefühlter Wohlstand zu echtem Wohlstand?

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Jeden weisungsgebundenen Lohnabhängigen könnte man als Proletarier bezeichnen, weil er seinen Unterhalt nicht aus Besitztiteln bestreitet, sondern zum Verkauf seiner Arbeitskraft gezwungen ist. Wo Lohnabhängige in Besitztiteln bezahlt werden (Aktienoptionen, Boni etc) hören sie auf Proletarier zu sein. Alles dazwischen ist kulturelle bzw psychologische Manipulation (Nein, DU wirst nicht beherrscht. Du bist ja nicht so dumm/faul/häßlich/schwach wie die eine Stufe tiefer. DU bist natürlich ganz toller Leistungsträger. Hilf nur mit die Dummen/Faulen etc mit anzutreiben und zu triezen)

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @El-ahrairah:

          Wo bzw. wie würden Sie Soloselbstständige einsortieren? Die sind nicht weisungsgebunden und haben höchst unterschiedliche Einkommen. Von prekär bis sehr gut.

           

          "Wo Lohnabhängige in Besitztiteln bezahlt werden (Aktienoptionen, Boni etc) hören sie auf Proletarier zu sein."

           

          Was wird z.B. der Siemens- oder VW-Mensch, wenn er*sie eine Aktie vom Unternehmen bekommt?

          • @74450 (Profil gelöscht):

            Bekommt der Vw-Mensch am Band eine Aktie? Geschenkt? Habe ich noch nichts von gehört.

             

            Die Selbstständigen sind rein juristisch Unternehmer, aber wenn in diesen Unternehmen kein nennenswertes KAPITAL investiert ist wie auch bei den Kleingewerbetreibenden und Handwerkern, dann verkaufen sie ja auch nur ihre Arbeitskraft.

            • 7G
              74450 (Profil gelöscht)
              @El-ahrairah:

              "Bekommt der Vw-Mensch am Band eine Aktie? Geschenkt? Habe ich noch nichts von gehört"

               

              Kommt aber vor: http://gvb.volkswagen.de/aktie.html

               

              Ziel der Aktion war: "Ziel ist es, jeden Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin als Unternehmer zu gewinnen, um an jedem Ort für eine noch bessere Zukunft von Volkswagen und seiner Belegschaft zu arbeiten."

               

              Damit ist die Frage wohl beantwortet. :)

              • @74450 (Profil gelöscht):

                Das war wohl die Niedersachsen-SPD, die da dem freien Markt ins Handwerk gestolpert ist. Die Porsches und die Ölscheichs haben für solche sozialpartnerschaftliche Folklore eher keinen Sinn.

              • 8G
                849 (Profil gelöscht)
                @74450 (Profil gelöscht):

                Solange der Aktienbesitz nicht eine gewisse Mitbestimmungsmacht gewährt, sind sie m.E. immer noch Lohnsklaven. Erst wenn sie wirklich etwas zu melden haben in Bezug auf die Produktionsmittel und deren EInsatz, an den Gewinnen des Unternehmens beteiligt werden, würde das eine andere Qualität gewinnen.

                • @849 (Profil gelöscht):

                  Der Aktienbesitz hat ALLE Mitbestimmungsmacht. Mit 0,001 Prozent der stimmberechtigten Anteile haben sie auch das entsprechende Stimmgewicht.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @74450 (Profil gelöscht):

        Die Diskussion über Spätkapitalismus und dessen vermeintliche Auflösung der Klassen ist ja ein alter Hut. Wir sollten deshalb vielleicht nicht, wie ich es getan habe, vom Proletariat reden, sondern davon, ob die Menschen von Lohnarbeit leben müssen oder andere oder Geld für sich arbeiten lassen (Kapitalist ist, wenn ich Marx recht verstehe, wer den Mehrwert der Arbeit anderer einstreicht). Das Proletariat von früher hat zu existieren aufgehört. Dennoch muss die Mehrheit der Menschen, wenn man sieht, wie der Reichtum verteilt ist, arbeiten, ohne Aussicht auf ein Eigenheim oder eine auskömmliche Rente.

         

        Ich kann mir nicht vorstellen, dass 80% der Bürger wirklich mit ihrer wirtschaftlichen Situation zufrieden sind. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass sie diese einem Wagnis vorziehen. Es ist auch die Frage, wie bei der Zuordnung zu der Klasse, ob die Massen sich nicht über ihren Status täuschen. Heute arbeiten beide Partner, haben aber dennoch keine besseren Stand als früher, als noch überwiegend die Frau zuhause bleiben konnte. Dafür haben sie die Option auf Spasss im Billigurlaub und sonst an der Freud. Aber das halte ich für eine Wiederkehr des alten "Brot-und-Spiele-Tricks".

         

        Wohlstand würde ich nicht unbedingt an Geld festmachen. Wichtig wäre m.E. dass die Menschen ein Eigenheim hätten, dass sie keine Angst vor dem Arbeitsplatzverlust und dem sozialen Abstieg haben müssten und dass sie genug Freizeit haben, um müßig zu gehen. Heute, so will es mir scheinen, ist Arbeit ein Fetisch geworden und die Zeit, die man ohne sie zubringt, macht derart Angst, dass man sie möglichst schrill vernichten muss. Aber vielleicht war das ja schon immer so, siehe dieses bekannte Werther-Zitat:

         

        "Es ist ein einförmiges Ding um das Menschengeschlecht. Die meisten verarbeiten den größten Teil der Zeit, um zu leben und das bisschen, das ihnen von Freiheit übrigbleibt, ängstigt sie so, dass sie alle Mittel aufsuchen um es loszuwerden."

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @849 (Profil gelöscht):

          "Ich kann mir nicht vorstellen, dass 80% der Bürger wirklich mit ihrer wirtschaftlichen Situation zufrieden sind."

           

          Ob das wirklich der Fall ist, bleibt eine offene Frage. Umfragen deuten in diese Richtung, haben aber natürlich immer methodische Mängel bzw. Grenzen.

           

          "Wohlstand würde ich nicht unbedingt an Geld festmachen. Wichtig wäre m.E. dass die Menschen ein Eigenheim hätten, dass sie keine Angst vor dem Arbeitsplatzverlust und dem sozialen Abstieg haben müssten und dass sie genug Freizeit haben, um müßig zu gehen."

           

          Die Eigenheimquote liegt bei ca. 50%. Ich weiß nicht wie es früher war (und habe keine Zeitreihe dazu gefunden). Laut Mikrozensus leben 49,3% der Menschen in Deutschland zur Miete, 50,7% in Eigentum (Tabelle 5.1.2 https://www.destatis.de/DE/Publikationen/StatistischesJahrbuch/Wohnen.pdf?__blob=publicationFile).

           

          Angst vor Arbeitsplatzverlust sollte in den kommenden Jahren für die meisten Menschen auch immer weiter abnehmen. Der demografische Wandel führt dazu, dass immer mehr Stellen frei werden, aber immer weniger Menschen ins erwerbsfähige Alter kommen. Dazu kommt der technische Fortschritt, der zwar einige Arbeitsplätze kosten wird, aber auch viele andere bringen wird.

           

          Was die Freizeit angeht bin ich ebenfalls optimistisch. Es ist ein branchenübergreifender Trend, dass immer mehr Menschen in Teilzeit arbeiten. Häufig ist das gewollt und Umfragen zeigen, dass zumindest Männer gerne noch mehr Arbeitszeit reduzieren möchten.

           

          Das heißt nicht, dass alles super ist. Die soziale Spaltung schreitet voran, da sich ein fester Kern an Langzeitarbeitslosen gebildet hat die von den guten Wirtschaftsdaten nicht profitieren. Sozio-ökonomisch Begünstigte erzielen hingegen immer höhere Einkommen. Da muss natürlich mehr abgeschöpft werden.

          • @74450 (Profil gelöscht):

            "Dazu kommt der technische Fortschritt, der zwar einige Arbeitsplätze kosten wird, aber auch viele andere bringen wird."

             

            Das ist eine Behauptung, die durch jedwede Entwicklung seit der Rationalisierung widerlegt wird. Insgesamt sinkt die Zahl der benötigten Arbeitskräfte, um ein Produkt herzustellen, sonst wäre jeder Unternehmer doof und bald pleite, wenn er Geld in technische Entwicklung stecken würde, wenn dies seine Produktionskosten vermehren würden.

             

            "Es ist ein branchenübergreifender Trend, dass immer mehr Menschen in Teilzeit arbeiten. Häufig ist das gewollt und Umfragen zeigen, dass zumindest Männer gerne noch mehr Arbeitszeit reduzieren möchten. "

             

            Und genau hier singen Sie das Lied von der sozialen Spaltung. Natürlich würde die Altenpfleger, die gerade mit ihrem Vollzeitgehalt hinkommt, ein paar Stunden weniger Streß haben, kann sie sich aber nicht leisten. Dafür bekommt der gelernte Erzieher in einer Kita nur einen Teilzeitjob zeitlich befristet als Schwangerschaftsvertretung, mit dem er aufstocken muss. Und die gutsituierte Informatikerfamilie kann dann ohne Schwierigkeiten auch auskommen, wenn beide Teilzeit machen. Wenn der Chef sie das machen lässt.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ein kurzer Exkurs zum Thema Alte und Junge.

     

    Als "alter Sack", der auch mal jung war und sich daran noch gerne erinnert, verweise ich gerne auf Folgendes: auch "damals" in den 1960ern und 1970ern gab es Konflikte und Kämpfe zwischen Jungen und Alten. Auch gab es Alte, die glaubten, alles besser zu wissen.

     

    Für mich war es - wie für andere auch - Identitätsstiftend, in der Auseinandersetzung und Abgrenzung mit/ von den Alten die eigene Position und den eigenen Weg zu finden.

     

    Was soll daran heute anders sein?

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Was anders ist?

      Früher hat man darum gekämpft, weil man selber etwas machen wollte.

      Man durfte etwas nicht, und hat erkämpft, es machen zu dürfen.

       

      Heute darf man alles, heute kämpft man dagegen, dass andere etwas machen.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      Ich habe im Vergleich zu meiner eigenen Entwicklung oft den Eindruck, dass die Auseinandersetzung heute oft gering oder ganz ausfällt, weil die Ansichten der Eltern sich gar nicht so stark von jenen der Kinder unterscheiden (auch weil die Kinder - bei allem Cool- und Öko-Getue oft recht bürgerlich denken). Eltern, die noch vor WK2 geboren wurden, sind sicher in der Regel ganz anders geprägt als die aus den 50ern oder 60ern. Da stand man oft vor einer unerschütterlich und stolzen Mangel an Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen. Bescheidenheit, Religion, Ruhe und Ordnung waren noch hochgeschätzt. Was ich davon noch übernommen habe oder auf andere Weise weiterführe, hatte jedenfalls wenig Konfliktpotenzial für meine Kinder, die sehr ähnlich denken wie ich. Mit der Identitätsstiftung mag es sich also heute womöglich doch ein wenig anders zu verhalten als damals.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @849 (Profil gelöscht):

        Um es kurz zu machen: meine eigenen Erfahrungen sind im wirklichen Leben ähnlich wie die Ihren. Von jüngeren Menschen gesuchte Auseinandersetzungen erlebe ich, ein Kind der 1950er Jahre, in meinem Umfeld eher selten. Sie sind wohl zu anstrengend und für früh Angepasste eher lästig. Oder es liegt - wie Sie schreiben - an der marginalen Unterschiedlichkeit.

         

        Meine Frage war übrigens eine rhetorische.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @76530 (Profil gelöscht):

          Das mit dem "angepassten" und "zu anstrengend" hatte ich im Entwurf zur voranstehenem Einwurf stehen, habe es aber gelöscht, weil es mir so vorwurfsvoll in den Ohren klang.

           

          Ich wäre gern, trotz immer schon vorhandener Rentitenz, in jungen Jahren gerne angepasst gewesen. Allein, es ist mir nur mittelmäßig gelungen. Und das "schiebe" ich durchaus auf das Elternhaus, mit dem ich viele Hühnchen zu rupfen hatte (nicht auf die Eltern, die konnte nix dafür).

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @849 (Profil gelöscht):

            Ja, ja, die Ansprüche an sich selbst!

             

            Rebellion und Anpassung waren die Antipoden, zwischen denen sich manch einer bewegte, gelegentlich auch hin und hertorkelte. Manchmal mehr der einen, mitunter eher der anderen Seite zuneigend. Ich habe manch faulen Kompromiss geschlossen, ehe ich im Alter wieder zu meinen Wurzeln gefunden habe.

             

            Das Mittelmaß besitzt zwar keinen besonders guten Ruf, ist aber dem Scheitern gegenüber - außer für Selbsthasser - im Vorteil. ^^

            • 8G
              849 (Profil gelöscht)
              @76530 (Profil gelöscht):

              Ich wäre ja mit Mittelmaß durchaus zufrieden, wenn ich nur den Willen dazu sehen würde... :-)

      • @849 (Profil gelöscht):

        Und was macht man wenn man kein „Ökogetue“ betreibt?

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @Rudolf Fissner:

          Sich anderweitig geil fühlen!

          • @849 (Profil gelöscht):

            Kann ich mir nicht vorstellen. Hat doch kaum einer das Geld fürn SUV, schmeist doch kaum einer seine Kottlettknochen in die Papiertonne oder seinen Beer-to-Go aus dem Autofenster.

             

            Was soll also das Gegenteil von "Ökogetue"sein? Trifft man sich da in geheimen Zirkeln um das Fleisch im käfig verrekter Eiermaschienen zu verspeisen?

            Streut man sich Glyphosphat eimerweise auf den Kopf um die Erleuchtung zu erlangen

            Was ist das für ein Ding, diese Anti-Ökögetue?

            • 8G
              849 (Profil gelöscht)
              @Rudolf Fissner:

              Ich weiß ja nicht, wo sie leben oder wohnen. Ich erlebe dieses Land als ein El Dorado für Leute, die offenbar so viel Geld haben, um es tagtäglich für irgendeinen überflüssigen Scheiß auszugeben und dann darüber zu jammern, dass sie keins haben.

               

              Das bedeutet übrigens nicht, dass ich das Prekariat nicht ernst nähme. Wer indes nicht Prekariat ist, haut gerne auf die Kacke, fährt mit dem Auto zum 100 Meter entfernten Bäcker oder in die nahe Stadt, um sich ein Eis zu holen oder kauft sich jeden Morgen am Bahnhof einen Kaffe und was zu mampfen, obwohl er das zuhause billiger und besser haben könnte, fliegt dauernd irgendwo hin, fährt dauernd irgendwo rum, vorwiegend mit dem PKW, auch gerne mit dem SUV, geht gerne und ausgiebig essen, hat stets das neuste Smartphone, achtet kurz und gut 0 auf die Implikationen seines Lebensstils, meckert aber rum, wenn ihm nahegelegt wird, daran Abstriche zu machen.

              • @849 (Profil gelöscht):

                Das hört sich aber so an, als ob Sie dem „Ökogetue“ ne ganze Menge abgewinnen können. Sie scheinen sogar ein echter Öko zu sein. Finde ich toll.

                • 8G
                  849 (Profil gelöscht)
                  @Rudolf Fissner:

                  Ich habe was gehen diese Etikettierung. Ich bemühe mich, so weit als möglich meinen Überzeugungen gemäß zu handeln. Das schlechte Gewissen bleibt, weil es kein richtiges Leben im falschen geben und ich aufgrund bestimmter "Sachzwänge" nicht immer das tun kann und vor allem lassen kann, was ich aufgrund meiner Überzeugung am liebsten täte oder ließe. Das Getue jener, die sich für bessere Menschen halten, weil sie dies oder jenes tun, finde ich aber ganz und gar nicht angenehm. Natürlich kann man auch mal mit dem SUV vor dem Bio-Supermarkt oder dem Bio-Bäcker parken, aber ein Öko ist man deshalb nicht, höchstens ein Ökö-Tuer, der sich durch den vermeintlich besseren Konsum von der Mitschuld an den Konsequenzen losspricht.

                  • @849 (Profil gelöscht):

                    Man kann doch nicht etwas bei anderen negativ etikettieren was man selber für positiv erachtet.

                     

                    Und ich habe den Eindruck, sie spielen weniger mit treffenden Etikettierungen, als vielmehr mit populistischen knackigen Bildern (der Öko mit dem SUV, der gerade Frösche platt fährt).

                    • 8G
                      849 (Profil gelöscht)
                      @Rudolf Fissner:

                      Wieso sollte man das nicht können? Öko ist doch vor allem erst mal ein Label, das einem in Sicherheit wiegen soll, dass mit diesem Bezeichnetes gesünder ist als Konventionelles. Wem es also um die Gesundheit allein geht, ist der dann ein Öko oder profitiert er nur anderweitig von diesem Gedanken?

                       

                      Das mit dem SUV zum ALDI oder zum Bio-Supermarkt zu fahren ist doch schon nachgerade zum Gemeinplatz geworden. Wobei die meisten Bio-Supermärkte noch in der Stadt anzutreffen sein dürften und nicht einmal über eigene Parkplätze verfügen.

                       

                      Aber das Bild trifft es dennoch. Denn ebenso wie ein "Öko" sich nicht nur für die Gesundheit interessieren darf, um dem Begriff nach einer zu sein, muss er wenigstens auch den Willen dazu haben, seiner ökologischen Überzeugung entsprechend zu handeln. SUV-fahrende "Ökos" scheinen mir da ein Widerspruch im Beiwort zu sein.

                       

                      An die Frösche hatte ich dabei aber gar nicht gedacht. :-)

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @849 (Profil gelöscht):

            Gut gebrüllt, Löwe!!!

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Der Anteil der SED-sozialisierten über 60 Jährigen liegt bei den Linksparteimitgliedern bei 50% und damit in der Spitzenposition der Bundestagsparteien. //http://www.bpb.de/politik/grundfragen/parteien-in-deutschland/zahlen-und-fakten/140358/soziale-zusammensetzung

      Bei den Grünen sind es z.B. Gerade mal halb so viele über 60. Was ist also heute anders? Art und Anzahl!

      • @Rudolf Fissner:

        "Der Anteil der SED-sozialisierten über 60 Jährigen liegt bei den Linksparteimitgliedern bei 50% und damit in der Spitzenposition der Bundestagsparteien."

         

        Sie mit ihrer subjektiven Faktenauslegung...

         

        "in der Spitzenposition" - auf Platz 3 (hinter Union, SPd) bei 6 untersuchten Parteien.

        BTW, die Linke ist die einzige Partei wo der Anteil der über 60-jährigen seit 2000 gesunken ist, und zwar deutlich (von 70% auf unter 50%) und der Anteil der unter 30-jährigen gestiegen ist von 2% auf 13%. Bei den unter 30-jährigen ist die PArtei mit diesem Wert sogar Spitzenreiter.

  • Da muss ich dem Andre leider zustimmen. Bei uns haben einige Funktionäre nicht besseres zu tun, als einen benachbarten Kreisverband zu Maßregeln. Und das in der Wir-Partei. Siehe: https://www.ruhrbarone.de/linke-protestieren-gegen-antiisraelische-veranstaltung-der-linkspartei-muelheim/154123#more-154123

    Schon im KV Selbstdarsteller, Schwätzer und Ehrgeizlinge. Wie soll so Politik aussehen für Menschen die keine Lobby haben?

    Will ich solchen Menschen meine Wahlstimme anvertrauen? Eher nicht.

  • Ich frage mich bei den Linken in Deutschland, wieso konnten sie nicht zur Bundestagswahl 2017 erheblich zulegen, obwohl die SPD in einer desolaten Situation war und weiter hin ist?

    Wieso funktioniert das bei den LINKEN in Frankreich, in Griechenland, Spanien und in Italien? In all diesen Ländern verloren die etablierten elite Sozialdemokraten bzw. Sozialisten mit der Maßgabe das die LINKEN stark zulegten?

    Was ist also bei den LINKEN in Deutschland so besonders, das sie nicht dazu gewinnen, sondern im Grunde Wähler, wie die SPD auch, verlieren?

     

    Oskar Lafontaine im Phoenix Dialog erklärte hierzu, wenn die LINKE wirklich eine Alternative zur SPD sein will, dann darf die Linke bei der Bevölkerung nicht mit der kommunistischen und zum Teil Stasi kontaminierten Mitglieder in Ostdeutschland in Verbindung gebracht werden. Daran sei auch die Presse mit schuld.

     

    Ostdeutschland ist aus meiner Sicht ohnehin schon an die rechtsradikalen von der AfD verloren. Mit der Fusion der West-Linken mit der zum Teil mit der SED / Stasi kontaminierten PDS wurde aus meiner Sicht der Grundstein gelegt, erstens, das die PDS langersamer abstirbt und zweitens, die Westlinken sich eben nie zur einer wirklichen Alternative zur SPD positionieren konnten bzw. so nie wahrgenommen wurden. Wenn ich als Bayer die LINKE höre oder diese Frau Kipping sehe - höre, denke ich sofort Ostpartei die LINKE, schalt sofort die Kiste ab!

    • @Nico Frank:

      Mein Gott, auf der einen Seite die Mullahs im Iran unterstützen und bei uns die Linken.

       

      Das sind die Leute, die nach der islamischen Revolution im Iran hingerichtet wurden oder ins Exil gingen.

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @Nico Frank:

      Ist Ihnen eigentlich klar, was für einen Stuss Sie hier von sich geben und gerade mal so, die Menschen, die im Osten wohnen, auf widerliche Art abstempeln?

    • @Nico Frank:

      Deutschland ist nicht Frankreich und wird es wohl auch nie annähernd sein können. Alle Vergleiche zwischen diesen Beiden Ländern hinken und lahmen doch gewaltig.

      In Frankreich gehört Revolution zur Geschichte und zum nationalen Erbe. Das ist da ganz und gar nicht Igitt.

      In den Köpfen der Deutschen herrscht dagegen kontinuierlich Wilhelminismus, Preußentum und ein nie wirklich aufgearbeiteter Faschismus fort. Wenn hier einer auch nur das Wort Revolution in den Mund nimmt, bewegt sich allenfalls das Ordnungsamt, die Polizei und der Staatsschutz, aber sonst gar nichts. Ihre Reflexe auf Frau Kipping bestätigen mich darin nur.

      • @Rainer B.:

        Richtig, ein Kriecher vor der "Obrigkeit" war der Deutsche schon immer.

         

        Die Franzosen haben aber auch nicht mehr den Schneid ihrer Vorfahren vom 14. Juli 1789. Allerdings sind die Franzosen noch nicht solche Duckmäuser wie die Deutschen, die sich eine Demonstration, z.B. gegen soziale Ungerechtigkeit, erst vom Amt genehmigen lassen, bevor sie auf die Straße gehen. Bei uns herrscht eben noch der preußische Gehorsam.

         

        Der preußische Innen- und Staatsminister Gustav von Rochow (1792 - 1847) formulierte es einmal so: "Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen!"

    • @Nico Frank:

      Ich glaube auch, dass dieses miefige Image, v. a. im Westen, das größte Problem der Linkspartei ist. Und, dass ihre Gegner erfolgreich alles tun, es aufrechtzuerhalten.

      • @Ruhig Blut:

        das ist so. Es sind wirklich mehr oder weniger die Medien. Man betrachte nur die taz-Berichterstattung oder sogar die im "Freitag", obwohl ausgewogener. Dabei dürfte es mittlerweile weniger um die SED-Vergangenheit gehen, sondern schlicht und einfach darum, dass eine Partei die die Verteilungs- und Gerechtigkeitsfrage klar stellt um jeden Preis verhindert werden muss. Natürlich wird immer irgendwas anderes vorgeschoben.

         

        Eher lesen wir in paar Jahren Kommentare, die eine Regierungsbeteiligung der domestizierten AfD begrüßen, als dass die Linke fair medial behandelt wird.

  • Als kritischer Rückblick eines Linken aus der alten Garde ist das ja alles völlig in Ordnung, aber Brie übersieht, dass die jungen Leuten, die heute in den Bezirken auf den Wahllisten für die Linke stehen, überwiegend ganz „normale“ Leute sind und keineswegs irgendwie Priviligierte, die sich vom Alltag der übrigen Menschen entfernt haben. Es ist heute schlicht „normal“ einige Semester studiert zu haben. Deshalb ist man doch den Fleischtöpfen noch lange nicht näher, als andere. Dass sich junge Leute heute überhaupt noch in einer linken Partei engagieren, ist allerdings alles andere als „normal“ undzwar nicht zuletzt deshalb, weil die alten Säcke es partout immer noch besser wissen wollen.

    Sicher, die AfD bindet derzeit haufenweise diffus Unzufriedene und Protestwähler, aber sind die nicht erfahrungsgemäß genauso schnell wieder weg, wie sie gekommen sind? Kann die Strategie der Linkspartei darin bestehen, Wähler mit populistischen Fakenews zu ködern?

     

    „Ein großes gesellschaftliches Bündnis, um soziale Spaltungen zu überwinden, geht nicht parteipolitisch.“ Ernsthaft?

    Die sozialen Spaltungen in diesem Land sind doch nicht zuletzt parteipolitisch (schwarz-gelb/rot-grün) angelegt worden. Warum denn sollten sie nicht auch parteipolitisch beseitigt werden können? Nach der Verfassung ist genau das doch der einzig gangbare Weg - oder ändert man neuerdings Gesetze durch kreative Aktionen? Das geht schlicht und ergreifend nicht - womit ich mich hier allerdings keineswegs gegen kreative Aktionen positionieren möchte.

    • @Rainer B.:

      Es ist nicht "normal" einige Semester studiert zu haben. Auch wenn die aktuellen Jahrgänge bis zu 60% Abitur haben (wobei ich dazu andere Zahlen finde - es waren 2014 nur 40%), ist der Anteil der Nichtabiturienten und damit derer die nicht studieren können, in der Gesamtbevölkerung deutlich höher.

       

      Und das "Akademikerproletariat" ist natürlich ein Problem (aber wer hat das "weg" geleugnet? Es ging um die Formulierung "normal"). Was aber viele Gründe hat, die auch für linke Politik eine Rolle spielen sollte. Aber eben nicht hauptsächlich.

       

      Ich glaube aber schon, das für die Kassiererin die Debatte über neoliberalen Politik eine Rolle spielt, weil die sich schon fragt warum ihr Konzern die Steuern und Sozialabgaben gesenkt bekommt, während sie dafür weniger Rente und Krankenkassenleistungen erhält.

       

      Das Problem ist, dass viele Medien den Abbau orchestriert haben, sodass wir Arbeiter und Angestellte Leistungssenkungen mit Versicherungen ausgleichen müssen.

       

      Ein Faktor der immer mehr Menschen klar wird. Es spielt nicht unbedingt der aktuelle Lohn eine so grosse Rolle, sondern die soziale Absicherungen die von einer "linken" Regierung massiv beschnitten wurde. Und der Kampf dafür das wieder gerade zu richten, ist in der Linke leider nicht laut genug.

      • @Struppi:

        Nur zur Ergänzung:

        Die Probleme, die „die Kassiererin“ heute hat, wurden ihr sicher nicht von der Linkspartei beschert.

        Wem die Linke im Kampf gegen Sozialabbau nicht laut genug ist, der kann dies doch jederzeit beeinflussen, indem er sich in der Linkspartei entsprechend engagiert.

        Die Linkspartei stellt nur die Bühne - spielen müsst ihr.

    • @Rainer B.:

      Auch wenn ich Ihnen in einigen der genannten Punkte recht gebe, würde ich dennoch Brie dahingehend recht geben, dass sich zu wenig konkret bei den Problemen der Leute abspielt. Ob es 'die Normalität' ist, einige Semester studiert zu haben? Ich glaube nicht, vielleicht in Ihrem Milieu, aber sicher nicht für die breite Masse derjenigen Menschen, die irgendwo irgendwelche schlecht bezahlten, befristeten Jobs erledigt. Das heißt nicht, dass man sich hier nicht - milieuübergreifend - solidarisieren könnte, denn auch der akademische Mittelbau ist bspw. sehr prekär beschäftigt und zwar trotz Studium etc.. Allerdings sind viele rechte- und rechtsextreme Parteien und Initiativen hier sehr viel näher direkt an den Leuten dran, organisieren Feste, Unterstützung und versuchen die Menschen konkret zu binden. Natürlich haben diese dahingehend einen Vorteil, als sie die Unzufriedenheit sehr viel direkter kanalisieren und auf ein konkretes Feinbild lenken können, aber ich glaube, dass linke Politik wirklich genau dort ansetzen muss - und zwar nicht nur, wenn gerade Wahlkampf ist, sondern eigentlich kontinuierlich.

       

      Was interessiert den*die Kassierer*in bei Aldi an der Kasse irgendeine Debatte über neoliberale Politik? Klar ist sie davon betroffen usw., aber das sind mehr oder weniger intellektuelle Debatten. Das Beispiel im Text bzgl. des Arbeitsamtes und der Skanalisierung wären hier ein guter Punkt, wie es ganz konkret aussehen könnte. Das schließt andere, abstraktere Themen und Debatten nicht aus, darf diese sehr konkret-lebensweltlichen Probleme aber nicht verlieren und sie schon gar nicht an irgendwelche Personen an_sich binden (wie bei Wagenknecht oder Lafontaine etc.).

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @White_Chocobo:

        Bei einer Studienanfängerquote von fast 60% eines Jahrgangs (2014) muss ich Ihrem Vorredner schon Recht geben, auch wenn nur 32% des Jahrgangs einen Abschluss machen. Das Akademikerproletariat ist nicht wegzuleugnen.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Sehr gute und wahre Worte!

    Danke, für dieses Interview!

  • Der alte Durchblicker - So isset!

    Feines Interview - Danke.

  • oder es gibt einfach nicht mehr als ca. 10% die mit den Positionen der Linken übereinstimmen.

    • @Lain Lainsen:

      Unwahrscheinlich. Dafür gibt es zu viele Verlierer in dieser Gesellschaft.

       

      Es sind nicht die "Positionen". Die Positionen werden durchaus geteilt. Das Problem ist, dass diese Leute den etablierten Parteien nicht mehr zutrauen, dass sie ihre "Positionen" in der Praxis sinnvoll umsetzen. Es gibt zu viele Widerstände und zu viele Unwägbarkeiten, als dass ein Wort mehr sein könnte als ein Wort in ihren Augen.

       

      Die Linke genießt nicht mehr und nicht weniger Glaubwürdigkeit in dem Zusammenhang, als alle anderen Parteien. Vielleicht sogar weniger, weil ihre Wähler etwas kritischer sind als, sagen wir, die der Union oder der SPD.

       

      Fakt ist: Vom Reden allein ist noch nie etwas besser geworden. Und wer schon Reden hält im Bundestag, der kann nicht gleichzeitig wo anders sein und zupacken. Zumal das Zupacken echt mühsam ist, wenn man gegen dämliche Strukturen angehen muss. Im Zweifel ist deswegen auch vielen Spitzen-Linken die Macht wichtiger als die Basis, die dazu verhilft.

       

      Das liegt vor allem daran, dass sich auch Linken-Politiker in einer permanenten Konkurrenzsituation stecken (Haifischbecken). Sie müssen sich schon deswegen mehr mit ihren Konkurrenten und mit „den Medien" befassen als mit ihren Wählern, weil sie sonst schneller der nächstbesten Intrige zum Opfer fallen, als sie Links sagen können. Und wer nicht "drin" ist, der kann gar nichts machen.

       

      Das wurde schon vor 30 Jahren prophezeit von Leuten, die sich auskannten im Politik-Geschäft, dass sich die Linke selbst "entzaubern" würde. So, wie sich alle anderen Parteien vor ihr selber "entzaubert" haben. Man kann nicht kämpfen lassen für sein eigenes Glück. Wer sich nicht um sich selber kümmert, fällt hinten runter. Gegen Macht hilft allenfalls Masse.

       

      Der AfD und ihren Wähler*innen steht die Erkenntnis noch bevor. Alle anderen könnten sie bereits haben. Und zwar nicht nur in den Parteien, sondern auch außerhalb davon.

      • @mowgli:

        ---oder es gibt einfach nicht mehr als ca. 10% die mit den Positionen der Linken übereinstimmen.---

         

        ---@LAIN LAINSEN Unwahrscheinlich. Dafür gibt es zu viele Verlierer in dieser Gesellschaft. ---

         

        Wenn es so viele Verlierer gibt, warum wählen die dann nicht so wie sie das so gerne hätten?

        Ist natürlich einfach zu sagen, die sind alle doof und unkritisch, aber ich würde auch niemanden wählen oder mich von ihm überzeugen lassen, der mich so bezeichnet.

        Wenn man ein großes gesellschaftliches Bündnis möchte, sollte man sowas vielleicht lassen.

    • 9G
      96177 (Profil gelöscht)
      @Lain Lainsen:

      na, da sind wir aber froh dass uns der Faschismus näher ist, als der böse Sozialismus und die 42 Milliardäre näher als die eigene Fallgrube