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Lauterbach für vierte Corona-ImpfungZweiter Booster auch für Jüngere

Wegen steigender Coronazahlen rät Gesundheitsminister Lauterbach auch Menschen unter 60 zur vierten Impfung. Die Stiko empfiehlt die bisher nur für über 70-Jährige.

Vierter Piks auch für Jüngere? Gesundheitsminister Lauterbach rät dazu Foto: Richard Wainwright/AAP/imago

Berlin taz | Sollten sich Menschen ab 60 ein viertes Mal gegen Corona impfen lassen? Oder erst ab 70? Vielleicht aber doch schon alle Jüngeren?

Mal wieder findet sich bei den aktuellen Empfehlungen für eine Corona-Auffrischimpfung ein Sammelsurium an öffentlich artikulierten Meinungen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) empfiehlt im Gespräch mit dem Spiegel die vierte Impfung auch für Menschen unter 60 Jahren. Für einen zweiten Booster spreche für ihn, so sagt er, ein verringertes Infektionsrisiko sowie eine geringere Wahrscheinlichkeit, an Long Covid zu erkranken. Also auf zur vierten Spritze, damit man den „Sommer genießen“ kann, wie es Lauterbach formulierte?

Führende EU-Behörden hatten sich Anfang der Woche angesichts der neuen Coronawelle in Europa bereits für eine weitere Auffrischung für alle über 60 ausgesprochen. Die Ständige Impfkommission (Stiko), die in Deutschland für die Impfempfehlungen zuständig ist, sprach sich bislang nur für eine vierte Impfung für Menschen über 70 Jahre sowie Risikogruppen aus. Darunter fallen etwa Menschen mit unterdrücktem Immunsystem, Menschen in Pflegeheimen und Personal medizinischer Einrichtungen.

Mit der zweiten Booster-Impfung auf einen auf die Omikron-Variante angepassten Impfstoff zu warten, hält Lauterbach nicht für sinnvoll. Auch wenn er diesen Impfstoff in seinem Sieben-Punkte-Plan für den Coronaherbst regelmäßig propagiert, könne man sich diesen auch später zusätzlich impfen lassen. Lauterbach merkte im Gespräch mit dem Spiegel an, dass die Stiko sicher bald seinen Empfehlungen folgen werde.

In seinen Äußerungen war Unmut hörbar, dass das für ihn zu spät sei. In die Arbeit der Stiko müsse seiner Meinung nach „mehr Dynamik“ kommen. Dementgegen hat sich der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens kritisch zu Lauterbachs vierter Impfempfehlung geäußert. Gegenüber der Welt am Sonntag sagte er, dass er keine Daten kenne, die einen solchen Ratschlag rechtfertigen: „Ich halte es für schlecht, medizinische Empfehlungen unter dem Motto ‚Viel hilft viel‘ auszusprechen.“

Kri­ti­ke­r*in­nen werfen dem Gesundheitsminister seit einigen Wochen aufgrund der hohen Infektionszahlen vor, dass in Deutschland eine „Durchseuchung“ stattfinde, weil es aktuell kaum Eindämmungsmaßnahmen gebe. Lauterbach wehrt sich gegen den Vorwurf. Währenddessen räumte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas dem Spiegel gegenüber ein: „Auch wenn sich Durchseuchung schlimm anhört – das geschieht gerade.“ Sie sehe dem Herbst, vor dem Lauterbach so entschieden warnt, „relativ gelassen entgegen“.

Erneut zeigt sich in der Diskussion um die Coronamaßnahmen, dass die Kommunikationsstrategie von Po­li­ti­ke­r*in­nen zu Unmut und Verunsicherung führt. „Verheerend“ nennt der bayrische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) Lauterbachs Kommunikation. Inhaltlich stimme er zu, dass eine vierte Impfung sinnvoll sei, denn der Impfstoff sei vorhanden und Long Covid nicht zu unterschätzen. Allerdings habe das Gutachten der Sachverständigenkommission klar aufgezeigt, wie wichtig Kommunikation sei, so Holetschek: „Damit schafft man kein Vertrauen in der Bevölkerung.“

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20 Kommentare

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  • Nein Danke!



    Ich bin 2 mal geimpft, geboostert und genesen, nachdem es mich vor 8 Wochen doch erwischt hat. Der Verlauf war sehr leicht, etwas Schnupfen und Hals-kratzen.



    Mein Hausarzt hält rein gar nichts von einer 4. Impfung, so lange es noch der alte Impfstoff ist.



    Meinem Hausarzt vertraue ich mehr als Klabauterbach.



    Kein neuer Impfstoff - keine weitere Impfung.

    • @Rudi Hamm:

      Wie auch gesagt wird, es geht darum, dass das weiter verringerte Risiko nach einem Booster auch nur wenige Monate (3 - 4) nachweisbar ist. Danach ist man wieder einem höheren Grundrisiko gegenüber der ersten Immunisierung ausgesetzt. Ob das Risiko für einen selbst entscheidend genug ist oder nicht, das muss man wohl selbst einschätzen. Und alle 3 Monate bekommt man die Impfung auch nicht, selbst wenn man möchte.



      Menschen mit Vorerkrankungen würde ich aber nachdem ich entsprechende Studien selbst gelesen und verstanden habe schon dazu raten, es zu versuchen.

    • RS
      Ria Sauter
      @Rudi Hamm:

      Das sehe ich auch so.

  • Endlich geht der Expertenstreit um die Impferei wieder los, ich habe schon sehnlichst darauf gewartet. Längst sind nicht alle sinnvollen und sinnlosen Vorschläge gemacht worden. Ich zum Beispiel schlage eine Viertimpfung ab dem Alter von neunundfünfzigeinhalb vor (in Worten: 59 1/2).

  • Unschön wenn die Experten nicht einer Meinung sind. In Bezug auf eine Auffrischung des Impfschutzes vertraue ich aber eher Karl Lauterbach. Die Stiko mit Mertens sind m.E. ein lahmer Haufen, bis von denen eine eindeutige Empfehlung kommt ist es längst zu spät.

    • @Dschou:

      Sehe ich ganz genau so und habe auch die vierte Impfung ohne irgendwelche Nebenwirkungen gut vertragen.

      Wer skeptisch ist, soll es halt lassen.

    • @Dschou:

      Vertrauen Sie mal einem (ehemaligen?) Lobbyisten.

      Jeder ernstzunehmende Immunologe wird der 4. Impfung widersprechen. Zudem haben viele (bald die meisten) neben der Impfung auch noch eine Infektion durchgemacht. Eine Überstimulation mit dem Antigen der Ur-Virus kann nicht mehr sinnvoll sein. Lediglich bei Älteren gibt es einen kurzen Effekt, den man sich besser für den Herbst aufheben sollte. Jüngere und ganz junge Menschen haben wahrscheinlich gar nix von der Impfung, im Gegenteil wie man ja gerade am Beispiel unserer Außenministerin sieht - 4 mal geimpft und trotzdem erkrankt und dann noch schwerer als bei Omikron5 zu erwarten wäre.

    • 6G
      658349 (Profil gelöscht)
      @Dschou:

      Die Experten waren noch NIE einer Meinung, das ist völlig normal.



      Nicht normal ist, nur eine der Meinungen als die richtige zu definieren.

      • @658349 (Profil gelöscht):

        Na dann folgen Sie dem ehemaligen Pharma- und Gesundheitskonzern-Lobbyisten weiter. Dessen Meinung ist ja ministrabel und damit leider recht durchsetzungsstark.

        • 6G
          658349 (Profil gelöscht)
          @Taztui:

          Da haben Sie mich falsch verstanden ;-)



          Meine Antwort ging an dschou, den Klabauterbachversteher.



          Ich bin der NICHTversteher.



          Die Meinungsmache hat sich ja seit über 2 Jahren darauf eingeschossen, nur die Meinung der Pharmalobbyisten als die Wahre darzustellen. Kritiker wurden für gestört erklärt. Fachleute zu Schwurblern degradiert.

  • Mit dieser Empfehlung hat er sich wirklich weit aus der Vernunft heraus katapultiert... wobei es bei weitem nicht das erste Mal ist.

    Grund für die bisher (noch?) zurückhaltende Position der STIKO ist die Tatsache, dass ein weiterer Booster eine nur wenige Wochen anhaltende Steigerung der Antikörper verursacht. Diese ist sehr wichtig für Menschen, deren Immunsystem schlecht auf die Impfung reagiert (Alte, Immunsupprimierte), daher auch die 4. Impfempfehlung für diese Gruppe.

    Für die jüngeren Gesunden sieht die Situation etwas anders aus.



    Dem oben geschilderten kurzfristigen Nutzen steht leider auch ein Nachteil gegenüber: die fortwährende Stimulierung des Immunsystems mit demselben Impfstoff führt zu einer Fokussierung des Immunsystems auf diesen (also die Ursprungsvariante). Angepasste Impfstoffe an andere Varianten wirken anschließend kaum noch, bzw. stimulieren auch nur den schon bekannten Part des Virus. (also die Gemeinsamkeit des angepassten und ursprünglichen Virus/Impfstoff)



    Fraglich ist allerdings ob das Verzichten auf eine 4. Impfung (also das Vermeiden des beschriebenen Nachteils) einen Nutzen hat.

    Wenn wir aber in einer Situation sind, in der eine medizinische Maßnahme nur wenig Nutzen bringt, fällt die Abwägung Nutzen-Risiko anders aus.

    Um das klar zu stellen: für Ungeimpfte macht es nach wie vor Sinn (auch nach Infektionen) sich noch zu impfen; für die Risikogruppen, die von der STIKO-Empfehlung erfasst sind, natürlich auch!

    Alle anderen müssen sich wohl oder übel der Durchseuchung aussetzen - zumindest solange, bis evtl. doch noch ein Pan-Corona-Impfstoff entwickelt wird...(hört man auch nichts mehr davon)

    Gefordert sind Aufbau und Erhalt des Gesundheitswesens, Förderung von Post-Covid-Reha - und nicht zusätzliche Belastung der Arbeitnehmer durch einseitige Erhöhung der GKV-Beitrage, Herr Lauterbach!

    Die Impfstoffe waren teuer und wichtig, aber sie sind (leider) nicht das Allheilmittel.

  • RS
    Ria Sauter

    Oha, die Nebenwirkungen werden komplett aussen vor gelassen.



    Herzmuskelentzündung, gerade bei jüngeren Menschen.



    Nicht wichtig?

    • @Ria Sauter:

      Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit einer Herzmuskelentzündung nach der Viertimpfung?

    • @Ria Sauter:

      Die kommen sehr viel seltener vor als bei der Infektion. Vergessen?

      • 6G
        658349 (Profil gelöscht)
        @Suryo:

        Sie müßten aber extrem! viel seltener vorkommen, um ein akzeptables Nutzen-Risiko Verhältnis zu erhalten.



        Nicht vergessen, daß die Erfassung der Nebenwirkungen nur wenige Prozent der tatsächlichen erfasst.

    • @Ria Sauter:

      Die Impfung ist doch laut Lauterbach "nebenwirkungsfrei" ;-)

  • "für mehrere paar Monate" - so präzise sind mittlerweile alle unsre Angaben zum Vürüs.



    Hallali.

    • @lesnmachtdumm:

      Das ist tatsächlich unsere Sachlage. Mehr können wir nicht voraussehen, bis dahin ist dann eh wieder die nächste Mutation dran. Selbst wenn wir dann einen Impfstoff haben, der aktuelle Mutationen perfekt abdecken würde...

  • Das ein sich für besonders seriös haltender Lauterbach ganz schnell eine separate Politiker-Meinung äußern muss, macht - schon wieder - einen ganz unseriösen Eindruck, insbesondere auf jene, die ohnhin mit dem Impfen hadern.



    Kann sich auch ein Minister nicht mal vorher absprechen?



    Es ist doch klar, dass die Stiko da irgendwann folgen wird.



    Auf ein paar Wochen kommt es hier nicht an und sehr viele werden Lauterbach jetzt ohnehin nicht folgen.

    Für Politiker scheint es nichts Wichtigeres mehr zu geben als jede Gelegenheit zu nutzen irgendetwas zu sagen, auch Sinnloses.

    Nun ja, Hund beißt Mann...

    • @Sonntagssegler:

      Bei Herrn Lauterbach kann man auf Twitter gut verfolgen, auf welche Studien er sich bezieht. Er verfolgt die aktuellen Studien und Datenlagen und gibt entsprechende Empfehlungen. Etwas, das ich mir von der Stiko wünschen würde...