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Kursrutsch in den USANicht mehr so kreditwürdig

Kommentar von Leila van Rinsum

An der Wall Street purzeln die Aktien in die Tiefe. Fairerweise müssten Rating-Agenturen auf den Börsensturz reagieren – und die USA herabstufen.

Konjunkturängste lassen US-Aktien absacken Foto: Seth Wenig/AP/dpa

D ie US-Wirtschaft befindet sich im freien Fall. Bei Amtsantritt von Präsident Donald Trump frohlockte die Börse noch, Aktionäre freuten sich auf weniger Steuern und Deregulierung. Doch jetzt ist die Angst vor Trumps brachialer und widersprüchlicher Wirtschaftspolitik an der Wall Street angekommen. Sein Hin und Her in Bezug auf die Zölle, sinkender Konsum, weitreichende Kürzungen und Entlassungen und die Angst vor der Rezession: Die US-Aktien purzeln an der Börse.

Es trifft nicht nur den E-Auto-Konzern von Tech-Milliardär und Berater des Präsidenten, Elon Musk, der gerade Milliarden verliert. Immerhin hat Trump angekündigt, einen Tesla zu kaufen. Wer jetzt nachziehen müsste, sind die wichtigsten Kredit-Rating-Agenturen S & P, Moody’s und Fitch. Die sitzen alle in den USA und tun sich schwer damit, Industrieländer herabzustufen. Die Ratingagenturen bewerten, wie hoch das Risiko von Staaten ist, dass sie mit den Zins- und Tilgungszahlungen von ihren Schulden in Verzug geraten.

Dabei spielt nicht die Höhe der Schulden eine Rolle, sondern die Wirtschaftskraft und wie hoch das Defizit zwischen Staatseineinnahmen und Ausgaben ist. Die Ratings entscheiden darüber, zu welchen Konditionen Staaten Kredite bekommen. Entwicklungsländer zahlen dadurch viel höhere Zinsen für Kredite und verwenden oft einen großen Teil ihrer Budgets zur Schuldentilgung.

Mittlerweile gibt es zahlreiche Studien, die eine Voreingenommenheit von Ratingagenturen auf Entwicklungsländer beschreiben. Das wurde besonders in der Covidpandemie deutlich, die weltweit Staaten in die Rezession schickte, Ratings stuften jedoch vor allem afrikanische Länder herunter. Selbst bei Weltbank und IWF spielt das zunehmend eine Rolle.

Die USA wurden schon einmal heruntergestuft. Grund waren sinkende Einnahmen bei steigenden Schulden – und politisches Gezerre um die Aufhebung der Schuldenbremse, das laut Fitch „das Vertrauen in die Haushaltsführung untergraben“ haben. Dagegen ist die aktuelle Lage weitaus dramatischer – und ein reines Chaos. Also bitte, ihr seid am Zug Ratingagenturen!

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Wirtschaftsredakteurin
ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft & Umwelt. Dort schreibt sie über Internationalen Handel und Entwicklungspolitik. Sie war zuvor freie Journalistin in Nairobi und Berlin und schrieb über Nord-Süd Beziehungen, Kapitalismus und Queeres.
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24 Kommentare

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  • Make America GaGa Again

  • Man musste kein VWL Studium hinter sich haben, um das vorherzusehen. Aber man musste vermutlich faschistoid ideologisch versteinert zu sein, wie Trump und seine Clowns, um es zu ignorieren.

  • Das völlig überdrehte Aktienkurse leicht korrigiert werden, ist normal und kein Grund zur Panik.

  • Ein mögliches Gegengift im Werkzeugkasten?



    /



    "Mehr Börsenbetrug durch Social Media und KI?



    Dubiose Finanztipps oder manipulierte Bilder, die Kurse einbrechen lassen: Soziale Medien und KI eröffnen neue Möglichkeiten, Märkte zu beeinflussen."



    Quelle tagesschau.de



    Der Zugang ist bekannt...



    Regelbasiertes Vorgehen und Compliance sind nicht erst neuerdings in der Welt der "wahren Werte" dehnbare Begriffe geworden.



    Über "Financial Engineering" von Finanzvorständen:



    "Konzerne manipulieren nach Belieben die Aktienkurse - und der Staat schaut einfach zu"



    www.focus.de/finan...u_id_11325544.html



    Dass Möglichkeiten bestehen, Einfluss zu nehmen, dürfte einigen wesentlichen Entscheidern in Washington bekannt sein.

  • Warum stellt keiner die entscheidenden Fragen: Wem gehören die Ratingagenturen oder wer kontrolliert sie? Da gibt es wohl mehr als nur einen Interessenskonflikt

  • Aktienkurse von Privatunternehmen als Argumentation für staatliche Zahlungsfähigkeit - und ich dachte schon alles gelesen zu haben

    • @Samvim:

      Ich glaube nicht, dass es mit den Aktienkursen zu tun hat. Die USA sind einfach auf der Abwärtsrutsche durch die "Politik", die die Trump-Clowns machen. Und damit ist keine Zuverlässigkeit mehr gegeben. Man sieht es ja schon an den Zöllen: an, aus, an, aus ...

  • Die Ratingagenturen werden sich hüten, die USA jetzt schon abzuwerten. dafür läuft die Wirtschaft noch zu rund. Das kann sich jedoch schnell ändern, wenn Trump und Musk es tatsächlich schaffen sollten, einen bedeutenden Anteil der Staatsbediensteten loszuwerden und wenn die Zölle, sofern sie nicht ganz schnell wieder beiseite gewischt werden, ihre volle negative Kraft entfalten und die Inflationsrate so stark ansteigen lassen, dass Zinsanhebungen statt Zinssenkungen wahrscheinlicher werden.

    Die Europäer sollten diese einmalige Chance, die die plötzliche selbstverschuldete Schwäche der US-Wirtschaft bietet, nutzen und ihre Wirtschaft durch gigantische Investitionen nach oben katapultieren. Wie ich aber - leider - die Europäer kenne, wird diese Chance von Bedenkenträgern, Kleingeld- und Erbsenzählern, mutlosen Politikern und trägen Wirtschaftsführern wieder einmal vertan werden.

  • Trump legt sein Land in Schutt und Asche, aber seine Fans jubeln trotzdem.



    Ja, abwerten.

  • Der Dollar ist nun mal Leitwährung der Welt, da hat eine Ratingagentur keinen Hebel.



    Die USA müssen als Land mit der Leitwährung gar nicht kreditwüdig sein.

  • "Allerdings gibt es eine Zahl, die Donald Trump Angst einflößt und die er ständig studiert: die Aktienkurse." schrieb Frau Herrmann kürzlich. Leider stimmt das nicht mehr. “Will there be some pain?wurde er mit Blick auf S&P500, Bonds und Anleihemärkten vor einigen Wochen gefragt. Trump antwortet: “Maybe and maybe not. But we will make America great again, and it will all be worth the price that must be paid.” Die USA demontieren gerade aktiv die von ihnen geschaffene Wirtschaftsordnung und das stellt eine noch nie dagewesenen Herausforderung für das globale Handelssystem dar. Man darf hier durchaus von einer epochalen Wende sprechen. Wer immer noch glaubt, Trump handle aus rein merkantilen Interessen, mit denen man ja irgendwie rational umgehen könnte, der irrt gewaltig.

  • What goes up must come down. ... Eine deutliche Korrektur im nach oben gehypten Tech-Sektor war doch seit Monaten überfällig. Allein daraus lassen sich keine Rückschlüsse auf den Zustand der US-Wirtschaft ziehen. Sonst müsste es der deutschen Wirtschaft ja prächtig gehen bei einem DAX knapp unter Allzeithoch.

  • Was haben Börsenkurse mit der Wirtschaft zu tun?

  • Manchmal enthalten schlechte Nachrichten auch gute:



    ich weine nicht gerade, wenn Musk um 100 Mrd.$ ärmer wird.



    Hinzu kommt, dass trump dieses Desaster nicht mit ein paar lauwarmen Sprüchen heilen kann. Es wird Einigen deutlich werden, was für eine Pfeife er, oder sie da gewählt hat.

  • Bischen konfus, Deutschland ist in de Rezession und die USA sollten runtergestuft werden wegen fallender Kurse für ein paar Tage? Was machen wir eigentlich wenn Deutschland runtergestuft wird ? Wenn die Zinsen jegliche Spielräume im Budget nehmen, wenn die Wirtschaftskrise anhält?

  • "Fairerweise müssten Rating-Agenturen auf den Börsensturz reagieren – und die USA herabstufen"



    Ähm der Dow ist immer noch im Plus. Auf die letzten 6 Monate mit 1%, aufs letzte Jahr gesehen um 6% und auf 5 Jahre gesehen um 77%...



    Bei aller Häme seitens des Artikel wie US-Aktien gerade purzeln - wieso sollte eine Rating-Agentur die Kreditwürdigkeit der Amis bereits jetzt abstufen?



    Weltweit fand an den Börsen die letzten 2 Jahre eine irre Rally statt - teilweise völlig entkoppelt von der wirtschaftlichen Entwicklung.



    Trumps tägliche Kehrtwenden bezüglich Zöllen, Ukraine, etc ist sicherlich Gift dem aktuellen Trend entgegenzuwirken, eine Konsolidierung der Börsen wurde aber bereits seit letztem Jahr befürchtet - lange bevor Trump an die Macht kam, Biden stolperte oder Harris ihren Wahlkampf versemmelt hat 🤷‍♂️



    Wer schlau war hat seit Jahresbeginn seine Gewinne aus Techaktien mitgenommen, das Beben hat sich ja durchaus angekündigt beispielsweise durch die harte Landung von Nvidia...



    Aktuell geht die Karawane noch in Kommunikationstitel oder auf Banken - da zeigt die Fieberkurve teils weiter stabil nach oben und ansonsten gilt die alte Weisheit "buy the dip"

  • Das Downrating könnte nicht nur den USA blühen...

  • Das muss man sich einmal geben: In wenigen Tagen sind mehrere Billionen Dollar vernichtet worden. Und die Aktien vieler börsenorientierter Unternehmen sind noch lange nicht bei null angelangt. Dank Donald Trump. Geld, das den Armen auf der ganzen Welt zusteht, für sauberes Trinkwasser und um nicht mehr unterernährt am Rande des Hungertodes zu stehen.

    Geld, das auch dafür ausreicht, wieder ein gut ausgebautes ÖPNV-Netz in den USA zu errichten wie vor über 70 Jahren und die Verwendung des PKWs obsolet zu machen.

    Soll es ruhig zu einer Rezession kommen. Das haben die da drüben verdient. Besonders Trump und Musk.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Nein, es werden in der Baisse keine Billionen vernichtet, ebensowenig wie sie in der Hausse geschaffen werden. Spekulation kann die Kurse in schwindelerregende Höhen oder gähnende Tiefen treiben, und einzelne Spekulanten können dabei reich oder arm werden. Man kann aber nicht sinnvoll sagen, dass die Welt als Ganzes dadurch reicher oder ärmer würde. - Freilich ließe sich die Spekulation mit einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer anzapfen, um Mittel für den Kampf gegen Hunger und Armut abzuzweigen (politischen Willen und staatenübergreifende Koordination vorausgesetzt).

    • @Troll Eulenspiegel:

      Da ist kein Geld vernichtet worden genauso wenig wie keines erzeugt wird wenn ein Kurs steigt.

  • Was haben denn Aktienkurse mit der Kreditwürdigkeit der USA zu tun?

    • @Wonko the Sane:

      Nachtrag zu vorher: Sinken die Unternehmenswerte und die Erträge der Unternehmen, sinken auch die Steuereinnahmen. Der Staat verschuldet sich noch mehr, die Kreditwürdigkeit wird herabgestuft.

      • @Hans Dampf:

        Aktienkurse sind aber schon mal nicht Gewinne und haben damit auch nur sehr indirekt zu tun. Zudem kann der Staat seine Schuldenobergenze durch puren politischen Willen erhöhen, völlig unabhängig von Einnahmen und Ausgaben. Ein Zahlungsausfall ließe sich politisch herbeiführen, diese Gefahr besteht ja bei den gegenwärtigen Republikanern manchmal tatsächlich, aber nicht durch sinkende Aktienkurse.

    • @Wonko the Sane:

      Wenn der Aktienwert eines US-Unternehmens sinkt, sinkt auch der Unternehmenswert. Sinkt der Unternehmenswert, sinkt auch der mögliche Kreditrahmen und die Zinsen erhöhen sich.