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Kündigung eines Amazon ManagersGiftige Unternehmenskultur

Johannes Drosdowski
Kommentar von Johannes Drosdowski

Aus Protest gegen die Entlassungen von Whistleblowern bei Amazon hat Tim Bray gekündigt. Er erkennt sogar die Ursache allen Übels: den Kapitalismus.

Allein im großen Lager – einigen Amazon-Mitarbeiter_innen wurde gekündigt, ein Manager folgte ihnen Foto: reuters

A mazon hat mir vor Kurzem einen Blu-ray-Player gebracht. Ich musste dafür nur mein Rückgrat abgeben und mir eine Ausrede einfallen lassen: Wie sonst soll ich die Zeit der Ausgangsbeschränkungen gut überstehen? Amazon wird seit Jahren zu Recht kritisiert: nicht nur wegen der Bedrohung für kleine Geschäfte, sondern auch wegen der Arbeitsbedingungen. Eine Ausrede zu erfinden fiel mir leicht. Ich bin geübt darin, einige ­Ideale meiner Bequemlichkeit zuliebe zu vernachlässigen. Jetzt wurde diese Leichtigkeit zerstört – ausgerechnet von einem Manager des Amazon-Tochterunternehmens Amazon Web Services (AWS).

Wie sie die Coronakrise überstehen können, haben sich auch Amazon-Mit­arbei­te­r*in­nen in den Lagern gefragt: intern, aber auch laut auf der Straße. ­Einige agierten als Whistleblower und berichteten, dass sie sich durch die Schutzmaßnahmen des Konzerns nicht genug geschützt fühlen. Wie es sich für ­Amazon gehört, entließ man dort einfach einige dieser Menschen – auch mit der Begründung, sie würden die Schutz­maßnahmen missachten. Ma­nager Tim Bray zog Schlüsse und kündigte.

Als „lachhaft“ bezeichnete Bray in seinem Blog die offizielle Erklärung zu den Kündigungen zweier Hauptorganisatorinnen des Protestes. „Jedem vernünftigen Beobachter war klar, dass sie wegen Whistleblowings rausgeworfen wurden.“ Der Vorgang sei für ihn ein Zeichen für das Gift, das durch die Adern der Unternehmenskultur fließe. Das Problem sei nicht die Angst vor Covid-19, sondern wie Amazon mit Menschen umgehe.

Ja, mit seinem öffentlichen Groll versucht Bray, sich auch als Top-Führungsperson zu positionieren. Und verweist auf die scheinbar tollen Arbeitsbedingungen: Geld, Work-Life-Balance, Diversität. Doch er erkennt auch Naheliegendes: Bei AWS hätten die Mitarbeitenden „Macht“, die Amazon-Lagermitarbeiter*innen seien hingegen „schwach und werden immer schwächer“, Corona führte zu mehr Arbeitsplatzverlusten und damit dem Verlust von Krankenversicherungen.

Und warum das Ganze? Wegen des „Kapitalismus“. Jede überzeugende Lösung müsse damit beginnen, sie als Kollektiv zu stärken, so Bray. Ein Manager erkennt das Böse im Kapitalismus. Juhu!

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Johannes Drosdowski
Redakteur Medien/Digitales
Redakteur für Medien und Digitales. Ansonsten freier Journalist und Teamer zum Thema Verschwörungserzählungen und Fake News. Steht auf Comics, Zombies und das Internet. Mastodon: @drosdowski@social.anoxinon.de
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3 Kommentare

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  • Nur weil man Manager ist (oder war) ist man nicht zwanggsläufig blöd. Noch nicht mal zwingend sozial naiv. Es fängt meist an mit ich bin jung, gebildet und brauche das Geld (Familiembildung, Nachwuchs, etc.). Über Jahre prostituierst dich dann und wirst mit immer höheren Schmerzensgeld belohnt. Irgendwann bis dann so alt und hässlich, dass du mehr von den schmutzigen jobs machst. Firmenpolitik intern vertreten und durchsetzen.

    Und all das sollen einz(ige)elne Schuldige retten? Wacht auf, konsumiert anders. Arbeitet anders. Lebt so wie ihr sein wollt und nicht motzen auf andere. Das hilft in der Masse -vielleicht.

  • Tim Bray ist übrigens nicht "irgendwer" (Wikipedia [1] lesen).

    Das ist es ja -- diese mit Risikokapital befeuerten Monstern können es sich leisten, alles was Talent hat zu kaufen und so zu päppeln, dass sich bei den wenigsten das schlechte Gewissen regen kann.

    Die finden dann auch "irgendeine Ausrede" wie der Autor (danke für die Offenheit, übrigens!).

    Die Austauschbaren, zwei Stockwerke tiefer, werden wie Dreck behandelt (oft übernimmt diese Drecksarbeit irgend ein Subunternehmen). Kapitalismus pur.

    Kinder, kauft nicht bei Amazon. Das ist nicht die Welt, in der wir leben wollen.

    [1] en.wikipedia.org/wiki/Tim_Bray

    • @tomás zerolo:

      Ach, ich vergass, aus aktuellem Anlass: zwei Stockwerke tiefer sind die, die in beengten Verhältnissen wohnen und gerade in den Musterländern neue Infektionsherde darstellen.

      Ja hier auch: siehe Fleischindustrie: Kinder, kauft nicht bei Amazon... und auch kein Fleisch. Wennschon, dann kein Billigfleisch.