Kritik an Sahra Wagenknecht: „Aufstehen“ und „unteilbar“ sein
Die Kritik an Sahra Wagenknecht innerhalb ihrer Partei hält an. Nun bekennen sich auch enge Mitstreiter zur Großdemo am Samstag.
Nach dem außenpolitischen Sprecher der Fraktion, Stefan Liebich, meldet sich nun auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte, zu Wort: „Ich freue mich, wenn am Wochenende Zehntausende gegen Rassismus und für soziale Gerechtigkeit aufstehen“, sagte Korte der taz. „Ich finde den Beschluss der Fraktion ‚Unteilbar‘ zu unterstützen richtig und befürworte ihn ausdrücklich. Es ist mir unverständlich, dass sich Sahra Wagenknecht von der Demonstration offenbar irgendwie distanziert. Da haben wir eine deutliche Meinungsverschiedenheit.“
Korte hält sich als Geschäftsführer, der alle Flügel der Fraktion repräsentiert, normalerweise mit Bewertungen zu Meinungsäußerungen der beiden Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch strikt zurück. Dass er diese Zurückhaltung nun aufgibt, zeigt, dass die Geduld mit der Fraktionsvorsitzenden offenbar nahezu aufgebraucht ist und ihre Stellung wackelt.
Sahra Wagenknecht hatte in der Vergangenheit mehrfach Beschlüsse der Partei in Frage gestellt. Ihr Kritik richtet sich vor allem gegen die Migrationspolitik der Partei, die „offene Grenzen für alle“ fordert. Dass Wagenknecht diese Forderung nun auch in die von ihrer eigenen Partei und einem breiten Bündnis getragene „Unteilbar“-Demonstration hinein interpretiert und sich deshalb am Dienstag von der Demonstration distanzierte, hat bei sonst loyalen Fraktionskollegen das Fass zum Überlaufen gebracht. „Das hat aus meiner Sicht eine Grenze überschritten“, sagte der außenpolitische Sprecher der Fraktion Stefan Liebich im Interview mit der taz.
Liebich forderte Wagenknecht auf, sich zu entscheiden: „Auf Dauer wird die Fraktion nicht akzeptieren, dass die Fraktionsvorsitzende eine andere Politik in einem wichtigen Punkt vertritt.“
Auch „Aufstehen“-Mitstreiter unzufrieden
Das ist eine überdeutliche Warnung an die Fraktionsvorsitzende. Sie und Bartsch werden als Fraktionsvorsitzende von einem Mehrheitsbündnis aus Reformern und Parteilinken getragen. Diese Mehrheit, das sogenannte Hufeisen, erodiert. Die Reformerströmung „Forum demokratischer Sozialismus“, zu der auch Liebich gehört und die sich lange hinter Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch und das Modell der Doppelspitze mit Wagenknecht stellte, ist schon seit einigen Monaten offen unzufrieden. „Absolut richtig. Danke Stefan Liebich!“, kommentiete das Berliner Forum Liebichs Äußerungen auf Facebook.
Fabio de Masi
Nicht nur in der Linken, auch in Wagenknechts neuer Sammlungsbewegung Aufstehen sind sie nicht glücklich über die Äußerungen ihrer Ikone. Wagenknecht hatte nämlich auf einer Podiumsdiskussion in Berlin erklärt, dass Austehen formal nicht dabei sei und dies mit dem Aufruf des Unteilbar-Bündnisses begründet: In der Tendenz werde darin die Forderung nach offenen Grenzen für alle als die bestimmende Position hingestellt. „Man grenzt damit natürlich Teile von Menschen aus, die genauso bereit wären und überzeugt sind, dass man Rassismus entgegentreten muss.“
Versuch der Schadensbegrenzung
Allerdings findet sich in dem Aufruf gar keine Forderung nach offenen Grenzen. Der SPD-Linke Marco Bülow hat jedenfalls per Twitter erklärt: „Ich mache bei #aufstehen mit und bei #unteilbar und zwar ganz offiziell.“
Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi, eines der wenigen Fraktionsmitglieder, die auch offiziell bei Aufstehen aktiv sind, postete auf Twitter ein Video, in dem er erklärte: „Ich bin am Samstag bei Unteilbar auf der Straße, denn wir müssen aufstehen gegen soziale Spaltung.“ De Masi unterstützt Wagenknecht loyal, sein Statement darf wohl auch als ein Beitrag zur Schadensbegrenzung verstanden werden.
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